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Titel: „Einmischung der US-Botschaft in innere Angelegenheiten“ – Diplomatische Verstimmung um Privatstädte in Honduras

Datum: 9. Oktober 2022 um 14:00 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Erosion der Demokratie, Länderberichte
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Mit einem Besuch ihres stellvertretenden Leiters Roy Perrin in der Privatstadt ZEDE Próspera hat die US-Botschaft in Honduras für diplomatische Verstimmungen gesorgt. Denn die US-Botschaft unterstützt – trotz eines offiziellen Verbots durch das honduranische Parlament – die Errichtung dieser Privatstädte, in denen klassische staatliche Gewalten auf private Verwaltungen übertragen werden sollen, inklusive der Rechtsprechung. Von Jutta Blume

Laut einem Tweet der Botschaft vom 29. September ging es bei dem Treffen mit den Betreibern von Próspera um “das Investitionsklima in Honduras, rechtliche Garantien, die es den Unternehmern ermöglichen, Arbeitsplätze zu schaffen und nachhaltige Entwicklung, die wirtschaftliche Chancen für alle Honduraner schafft.”

Damit stützt die US-Botschaft die Position des Betreiberunternehmens Honduras Próspera, das behauptet, über Rechtsgarantien für den Sonderstatus als “Sonderzonen für Arbeit und Entwicklung” (ZEDE) für 50 Jahre zu verfügen, selbst wenn diese abgeschafft sind.

Der honduranische Kongress hatte am 21. April 2022 einstimmig beschlossen, das ZEDE-Gesetz und damit verbundene Regularien aufzuheben, da es im Widerspruch zur honduranischen Verfassung stand. In den Sonderzonen waren große Teile der staatlichen Gewalten auf die von den jeweiligen Betreiberunternehmen eingesetzten Verwaltungen übergegangen, die Rechtsprechung sollte in privaten Schiedsgerichten erfolgen.

Der Außenminister Honduras Enrique Reina erklärte:

“Die Schaffung von Arbeitsplätzen und Investitionen ist wichtig, aber in einem sauberen rechtlichen Rahmen. Die ZEDE sind als größte juristische Verirrung aus einem Narco-Staat hervorgegangen, der durch Betrug an die Macht gekommen ist.”

Die ZEDE waren ein politisches Projekt des Ex-Präsidenten Juan Orlando Hernández, der seit Ende April wegen mutmaßlichem Drogenhandel in großem Stil in den USA in Haft sitzt.

Der US-Botschafterin Laura F. Dogu warf Reina „Einmischung in innere Angelegenheiten“ vor.

Bereits in einem im Juli veröffentlichten Bericht zum Investitionsklima in Honduras hat das US-Außenministerium die Abschaffung der ZEDE kritisiert. Im Hinblick auf das bilaterale Investitionsabkommen zwischen den USA und Honduras und das Freihandelsabkommen CAFTA-DR (Tratado de Libre Comercio entre Estados Unidos, Centroamérica y República Dominicana) hätte sich die Regierung mit der Abschaffung der ZEDE “einer potenziell erheblichen Haftung ausgesetzt und Bedenken hinsichtlich des Engagements der Regierung für die Rechtsstaatlichkeit im Handel geschürt”.

Die Anwälte von Honduras Próspera haben am 3. Juni in einem Brief an die Regierung die Aufnahme von Verhandlungen gefordert und sich dabei auf den Artikel 10.15 des Freihandelsabkommens CAFTA-DR berufen. Im Falle eines Disputs zwischen Investoren und Staaten sind demnach zunächst Gespräche und Verhandlungen vorgesehen. Wenn diese nicht zu einer Einigung führen, kann der Fall vor ein Schiedsgericht gebracht werden.

Derweil sind auf dem Grundstück der ZEDE Próspera die Bauarbeiten zu Duna Residences, vier mehrstöckigen Komplexen mit Apartments und Büroräumen, in vollem Gang. Nach Aussage von ehrenamtlichen Gemeinderatsmitgliedern aus dem benachbarten Crawfish Rock begannen die Bauarbeiten erst nachdem der Kongress die Abschaffung der ZEDE beschlossen hatte.

Laut dem Stadtplanungsamt von Roatán hat die ZEDE Roatán keinen Bauantrag gestellt und verfügt daher auch über keine Baugenehmigung.

Dieser Artikel ist zuerst auf Amerika21 erschien.

Titelbild: Screenshot dunaresidences


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