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Titel: Wieso traf sich der Leiter des Bundeswehr-Planungsstabs mit rechtsradikalem Asow-Kommandeur Romanow?

Datum: 19. Mai 2025 um 12:30 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Rechte Gefahr
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Ausgerechnet am 8. Mai traf sich der Leiter des Planungs- und Führungsstabs des Bundesministers der Verteidigung, Generalmajor Christian Freuding, mit dem Asow-Kommandeur Oleg Romanow und posierte mit diesem in Felduniform für ein Foto. Romanow und dessen Einheit, die 3. Separate Sturmbrigade, sind dafür bekannt, regelmäßig die Waffen-SS-Division „Galizien“ zu verherrlichen – und auf seinem Instagram-Kanal stellt er bis heute völlig offen seine Tattoos mit NS-Referenzen zur Schau, unter anderem die von der Waffen-SS propagierte Schwarze Sonne, die aus drei übereinandergelegten Hakenkreuzen besteht. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, aus welcher Motivation dieses Treffen stattfand und ob es Handreichungen für den Umgang von Bundeswehroffizieren mit Asow-Vertretern, eingedenk deren rechtsradikaler Tradition, gibt. Von Florian Warweg.

Hintergrund

Am 11. Mai machte der ukrainische Oppositionspolitiker und Politik-Blogger Anatolij Scharij mit folgenden (sarkastischen) Worten auf das Treffen von Generalmajor Freuding mit dem Asow-Kommandeur Romanow in Kiew aufmerksam:

„Der deutsche Generalmajor Christian Freuding posiert mit dem Asow-Kommandeur Oleg Romanov, der dafür bekannt ist, Totenkopfabzeichen der SS zu tragen. Die Deutschen sind bewundernswert.“

Dazu veröffentlichte er aktuelle Fotos vom Instagram-Kanal des Asow-Kommandeurs, in welchem dieser neben dem Treffen mit dem deutschen Generalmajor auch SS-Totenkopfabzeichen genauso öffentlich zur Schau stellt wie mehrere auf seinen Oberkörper tätowierte Hakenkreuz-Ornamente.

Was machte der Generalmajor der Bundeswehr in Kiew?

Der Leiter des „Planungs- und Führungsstabs des Bundesministers der Verteidigung“ sowie des „Lagezentrums Ukraine“ reiste offiziell am 8. Mai für Gespräche mit Regierungsvertretern nach Kiew. Themenschwerpunkt war die verstärkte militärische deutsche Unterstützung für die Ukraine. Neben Regierungsvertretern traf Freuding aber auch den besagten Oleg Romanow, Kommandeur des Panzerabwehrbataillons des 3. Korps „Asow“ der ukrainischen Armee. Von dem Treffen gibt es auch ein Foto auf Romanows Instagram-Kanal, auf dem er gemeinsam mit dem Leiter des deutschen Planungs- und Führungsstabs ein T-Shirt der „Asow“-Drohneneinheit „Paskuda Group“ hochhält – ausgerechnet zum „Tag des Gedenkens und des Sieges über den Nazismus“, wie es in dem Post heißt:

Die 3. Separate Sturmbrigade, der Romanow angehört und die das Rückgrat des 3. Armeekorps bildet, hat wiederholt, wie unter anderem die Junge-Welt-Journalistin Susann Witt-Stahl mit Verweis auf eigene Recherchen berichtet, die Waffen-SS-Division „Galizien“ geehrt und gelobt, „auch Jahrzehnte später unsere gemeinsame und große Sache fortzusetzen: den Kampf bis zum endgültigen Sieg und der Befreiung der Ukraine vom russischen Invasor“.

Hitler-Kollaborateure als „Widerstandskämpfer“ gegen Nazideutschland und Sowjetunion geehrt

Im weiteren Verlauf nahm Freuding noch am 17. Sicherheitsforum in Kiew vom 8. bis zum 9. Mai teil. Auf der von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung mitfinanzierten Konferenz beklagte unter anderem, wie Witt-Stahl berichtet, ein „Asow“-Oberfeldwebel, dass bei den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht auch „die sowjetischen Kriegsverbrecher“ zur Rechenschaft gezogen worden waren. In einem zum „Gedenken“ am Tag der Befreiung auf der Konferenz abgespielten Film wurde die von Historikern allgemein als faschistisch eingeordnete „Ukrainische Aufständische Armee“ (UPA), paramilitärischer Arm des Bandera-Flügels der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN-B), die als Hitler-Kollaborateure proaktiv am Massenmord an Polen und Juden beteiligt waren, als „Widerstandskämpfer“ gegen Nazideutschland und die Sowjetunion idealisiert.

Arsenij Jazenjuk, der von 2014 bis 2016 Ministerpräsident der von Rechtsradikalen des Rechten Sektors und der Swoboda-Partei durchsetzten ukrainischen Putschregierung war (siehe hierzu den NDR-Panorama-Beitrag vom 6. März 2014 „Putsch in Kiew: Welche Rolle spielen die Faschisten?“) und dessen „Open Ukraine Foundation“ Haupt-Ausrichter des Sicherheitsforums war, verkündete dort anlässlich des Gedenkens an den 8. Mai den „Aufbau einer neuen „Anti-Hitlerkoalition“ – gerichtet gegen den „gegenwärtigen Hitler“, wie Jazenjuk den russischen Präsidenten bezeichnete. Vor diesem Hintergrund der erwähnten Aussagen seiner Vorredner führte Generalmajor Freuding dann aus, dass der „Imperialismus“ Moskaus nur mit erheblich aufgestockter Militärhilfe für Kiew gestoppt werden und für einen „langen Krieg“ (gegen Moskau) die Rüstungsproduktion der EU und der Ukraine die russische überflügeln müsse. Abschließend verkündete der Leiter des Planungsstabs von Verteidigungsminister Pistorius in bester geschichtsrevisionistischer Tradition seiner Vorredner:

„Lassen Sie uns nicht durch Zögern, sondern durch Entschlossenheit in die Geschichte eingehen. (Andernfalls) verraten wir unser historisches Erbe.“

Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 16. Mai 2025

Frage Warweg
Herr Müller, letzte Woche traf sich der Leiter des Planungs- und Führungsstabs des Bundesministers der Verteidigung, Generalmajor Christian Freuding, mit dem Asow-Kommandeur Oleg Romanow in Kiew und posierte mit diesem, in Bundeswehrfelduniform gekleidet, für ein Foto. Romanow und dessen Einheit, die dritte separate Sturmbrigade, sind dafür bekannt, regelmäßig die Waffen-SS-Division Galizien zu verherrlichen, und sein Körper ist mit NS-Referenzen überseht (sic!), die er bis heute völlig offen auf seinem Instagram-Account zur Schau stellt, unter anderem etwa der von der Waffen-SS propagierten Schwarzen Sonne.

BPK-Vorsitzende Buschow
Herr Warweg, können Sie es ein bisschen raffen? Danke.

Warweg
Keine Sorge! – Da würde mich interessieren, aus welchen Motiven der Leiter des Planungs- und Führungsstabs ausgerechnet am 8. Mai mit einem Asow-Kommandeur posiert, dessen Einheit und der selbst für die Affinität zur Waffen-SS-Division Galizien bekannt sind.

Müller (BMVg)
Generalmajor Freuding war letzte Woche zu Besuch in der Ukraine und hat dort die ukrainischen regulären Streitkräfte besucht. Im Rahmen dieses offiziellen Besuchsprogrammes hat die ukrainische Seite vorgeschlagen, dass man hier ein T-Shirt einer Drohnenabwehreinheit überreicht. Dieses T-Shirt hatte keine Symbole oder Ähnliches darauf, sondern hat lediglich den Namen der Drohnenabwehreinheit darauf gehabt, und ein Vertreter dieser Einheit hat dieses T-Shirt übergeben. Das war der einzige Kontakt von Generalmajor Freuding mit diesem Vertreter, und dieser war auch vorher nicht bekannt. Er hatte eine Uniform an. Also kann ich darüber gar nicht weiter berichten, weil mir der Mann auch nicht bekannt ist. Aber das geschah alles im Rahmen eines Besuchsprogramms, und wir können nicht davon ausgehen, dass man – egal, wer es ist, und unabhängig von diesem Fall – jeden einzelnen Soldaten der ukrainischen Streitkräfte oder anderer Streitkräfte sowie die Hintergründe persönlich kennt.

Zusatzfrage Warweg
Hier handelt es sich ja um einen Asow-Kommandeur, also nicht irgendwie einen einfachen Gefreiten oder so. Vor dem Hintergrund würde mich interessieren: Gibt es denn angesichts auch des Hintergrunds von Asow bis heute und des aufgezählten Hochlebenlassens von NS-Referenzen irgendeine Handreichung der Bundeswehr, was den Umgang von ranghohen deutschen Bundeswehroffizieren mit Asow-Vertretern in der Ukraine oder auch in Deutschland angeht?

Müller (BMVg)
Wir haben für unsere Bundeswehr eine ganz klare Linie, und die ist nicht zweideutig, nämlich dass alles, was mit Rechtsextremismus zu tun hat, bei uns keinen Platz hat. Das gilt erst einmal für die Bundeswehr.

Wie ich gerade gesagt habe, ist uns nicht bekannt, wer in welchen Streitkräften – das betrifft nicht nur die ukrainischen Streitkräfte – welchen Hintergrund hat. Das kann gar nicht sein. Dabei belasse ich es.

Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 16.05.2025


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