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Titel: Benachteiligung der AfD – Der Bundestag ist doch kein Ponyhof!

Datum: 27. Mai 2025 um 10:00 Uhr
Rubrik: AfD, Audio-Podcast, Bundestag, Erosion der Demokratie
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Die Abgeordneten der AfD werden im Bundestag offensichtlich ungleich behandelt. Ob bei Ausschuss-Posten, Sitzungssälen oder beim „FC Bundestag“: Es entsteht der Eindruck der Unfairness. Das ist politisch kontraproduktiv, weil es Solidarität mit der AfD erzeugt, auch außerhalb der Partei. Zusätzlich entsteht ein problematischer Präzedenzfall, denn so ein Umgang kann künftig auch andere Politiker treffen. Außerdem ist es ganz einfach unanständig. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die AfD wird im Bundestag auf mehreren Ebenen ungleich behandelt. So werden die vorgeschlagenen AfD-Abgeordneten für die Posten von Bundestags-Ausschüssen nicht bestätigt – entgegen bisherigen Gepflogenheiten. Demnach stünden der AfD als größter Oppositionspartei und zweitgrößter Fraktion im Bundestag „eigentlich die Vorsitzposten von sechs Bundestagsausschüssen zu, darunter der wichtige Haushaltsausschuss“, wie die „Tagesschau“ schreibt, in dem Artikel gibt es weitere Infos zur den Verfahrensweisen.

Eine weitere Ebene ist die Entscheidung, der AfD nicht den größeren Sitzungssaal im Bundestag zuzugestehen, den momentan noch die SPD nutzt, die ihn nicht räumen will, wie das ZDF beschreibt. Und sogar beim „FC Bundestag“ gibt es Widerstand dagegen, dass Abgeordnete der AfD mitspielen, wie es in diesem Artikel heißt.

Ungleichbehandlung schließt die Reihen der AfD

Das alles zusammen betrachtet, erscheint sehr fragwürdig, auch wenn durch das Verhalten wohl keine Gesetze berührt werden – und es ist kein Dienst an der Demokratie, die man damit doch angeblich schützen will. Immerhin sehen das auch einige Stimmen in den Mainstream-Medien so, etwa kritisiert die FAZ den Umgang zu den Ausschüssen und das Redaktionsnetzwerk Deutschland den Vorgang um die Sitzungssäle.

Das Verhalten ist auch aus Sicht der der „etablierten Parteien“ politisch kontraproduktiv, weil es für Solidarität mit der AfD sorgt. Zum einen schließt es innerparteilich die Reihen. Aber auch außerhalb der Partei fehlt vielen Bürgern das Verständnis für die offensichtlich ungleiche Behandlung, zumal damit auch universelle Werte wie Anstand und Fairness berührt werden. So sorgt dieses Verhalten für Sympathien mit der Partei, auch dort, wo sie mit ihren Inhalten bisher nicht vordringen konnte. So ein absurder „Kampf gegen Rechts“ kann dafür sorgen, dass wir irgendwann tatsächlich eine AfD-Regierung haben könnten.

Zusätzlich: Es ist nicht akzeptabel, wenn eine „radikale Mitte“ bestimmen will, welche gewählten Abgeordneten zu radikal für eine „normale“ Behandlung im Parlament sind.

Der Bundestag ist kein Ponyhof

In diesem Artikel geht es nicht um die politischen Inhalte der AfD, mit denen ich mich nicht gemein mache. Es geht stattdessen um rein formale Fragen und um ein wichtiges Prinzip: das der Gleichbehandlung. Wenn dieses Prinzip jetzt durch ganz offen unfaires Verhalten und zusätzlich mit aufreizender Selbstverständlichkeit beschädigt wird, dann trifft das zukünftig auch andere Gruppen. Dieser Hinweis soll wiederum nicht heißen, dass die AfD das benachteiligende Verhalten im Gegensatz zu anderen Gruppen jetzt „verdient“ hätte – es ist aber zusätzlich ein gefährlicher Präzedenzfall für die Zukunft.

Der Bundestag ist kein Ponyhof, auf dem nach Tageslaune die Regeln geändert werden können, auch wenn diese nicht in Gesetzesform gegossen sind. Prinzipien, die „ausnahmsweise“ beschädigt werden dürfen, haben keinen prinzipiellen Wert. Der Bundestag muss auch keine konfliktfreie Wellness-Zone sein, wo man sich vom politischen Gegner einfach „abgrenzen“ kann, als gäbe es ihn und seine Millionen von Wählern nicht: Sagen die Kämpfer für „die Demokratie“ nicht selber immer, dass Demokratie anstrengend zu sein habe?

Es drängt sich die (für viele Bürger längst beantwortete) Frage auf, wieso die stolzen Kämpfer für „die Demokratie“ immer öfter zu halbseidenen Tricks greifen müssen, um damit angeblich die Demokratie zu verteidigen. Können sie sich nicht auf dem politischen Feld und mit Inhalten wehren?

Ein peinliches Schauspiel

Das durch die eigene „Stillhaltezusage” vorerst auf Eis liegende „Gutachten“ des plötzlich als seriös und „unabhängig“ dargestellten Verfassungsschutzes (BfV) kann nicht die Grundlage und kein Freifahrtschein dafür sein, plötzlich selber die Regeln bestimmen oder gar verbiegen zu dürfen. Dass die Materialsammlung des BfV mit den jetzt gebetsmühlenartig beschworenen „über tausend Seiten“ ein politisch und gesellschaftlich kontraproduktives Vorgehen wie ein AfD-Verbot seriös begründen könnte, erscheint mir unwahrscheinlich. So ein Parteiverbot müsste außerdem als ein radikales Vorgehen bezeichnet werden und doch zeigt sich nun auch der SPD-Chef „offen“ dafür – mögliche Motive der SPD für diese Haltung hat Jens Berger gerade in diesem Artikel formuliert.

Anstatt mit unnötigen Demütigungen und einem in der Vergangenheit nicht üblichen Umgang mit gewählten Abgeordneten aufzufallen, müssten doch die Kämpfer für „die Demokratie“ im Gegenteil mit leuchtendem Beispiel vorangehen und sich – gemäß ihren eigenen Phrasen – im Bundestag auch formal extra-korrekt verhalten. Sie sind doch die „Guten“, da müssen sie sich schon an den eigenen hochtrabenden Maßstäben messen lassen.

Doch das Gegenteil passiert momentan im Bundestag. Das ist nicht nur ein peinliches Schauspiel, es trifft auch indirekt die ganze Gesellschaft. Zum einen, weil es die AfD (voraussehbar!) stärker und stärker macht – und zum anderen, weil dieser auf höchster Bühne zelebrierte unanständige Umgang mit dem politischen Gegner den gesellschaftlichen Umgang allgemein beschädigen kann.

Titelbild: AndryDj / Shutterstock


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