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Titel: Sehr gut: Die spanische Regierung verweigert den Rüstungs-Exzess der NATO
Datum: 20. Juni 2025 um 10:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Aufrüstung, Sozialstaat, SPD
Verantwortlich: Tobias Riegel
In einem aktuellen Brief pocht Spanien auf seine Souveränität und bezeichnet die Rüstungspläne der NATO als „inkompatibel mit dem Fortbestand unseres Wohlfahrtsstaats und unserer Sicht der Welt“. Die deutschen Sozialdemokraten sollten sich an der spanischen Position dringend ein Beispiel nehmen. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.
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Kurz vor dem NATO-Gipfeltreffen kommende Woche in Den Haag hat die spanische Regierung den wichtigsten Beschluss infrage gestellt, der bei der Zusammenkunft gefasst werden soll – die geplante Zusage, dass alle Mitglieder der NATO ihre jährlichen Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung steigern. Für Spanien wäre diese Festlegung „unvernünftig“ und „kontraproduktiv“, schrieb der sozialdemokratische Premierminister Pedro Sánchez am Donnerstag in einem Brief an NATO-Generalsekretär Mark Rutte, wie Medien berichten.
Außerdem könnte es das spanische Wirtschaftswachstum gefährden und die Inflation anschieben, wird Sanchez in Medien wiedergegeben. Sanchez pocht außerdem auf die Souveränität Spaniens: Spanien sei souverän, so Sanchez, und könne sich nicht zu einem bestimmten prozentualen Anteil verpflichten lassen, den es für Verteidigung ausgeben müsse.
In manchen Beiträgen in deutschen Medien werden die sozialpolitischen Begründungen von Sánchez allerdings nicht angemessen zitiert, der Politiker begründet die Ablehnung der NATO-Rüstung nämlich auch mit den Gefahren der sozialen Kürzungen: Eine solch massive Aufrüstung sei „unvereinbar mit unserem Sozialstaat und unserer Weltanschauung“. An dieser an den Interessen der Bürger orientierten Politik könnten sich auch die deutschen Sozialdemokraten ein Beispiel nehmen.*
Vorbild für die deutschen Sozialdemokraten?
Die Position der spanischen Sozialdemokraten sollte, wie gesagt, den deutschen Sozialdemokraten als Vorbild dienen. Die langfristigen Folgen für die SPD, sollte sie bei ihrem jetzigen militaristischen Kurs bleiben, wären nicht nur politisch und gesellschaftlich dramatisch, sondern auch für die Partei selbst existenzbedrohend. Der Haushalts- und finanzpolitische Sprecher der SPD in der Bürgerschaft Bremen, Arno Gottschalk, hat das in diesem Tweet auf X ganz gut auf den Punkt gebracht:
„Die Folgen der 5% für die SPD: ‚Müsste Deutschland 225 Milliarden Euro für militärische Zwecke ausgeben, wäre nicht nur das Etikett ‚Friedenspartei‘ passé, auch der zweite Identitätskern, Partei der sozialen Gerechtigkeit zu sein, wäre dann hinfällig. Eine dauerhafte Umschichtung so gewaltiger Summen gehe letztlich immer zulasten der Sozialpolitik, sagt Gottschalk. Die SPD würde, wie Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi es ausdrückt, ihre Wurzeln kappen. Insofern ist das Manifest auch ein SPD-Selbstverteidigungspapier, was den Gegnern durchaus bewusst ist, sonst würden sie nicht derart ablehnend reagieren.”
Der kommende SPD-Parteitag wäre eine gute Gelegenheit, um den Kriegs-Kurs der SPD zu korrigieren. Das jüngste „Manifest“ von SPD-Friedenspolitikern könnte dafür ein Ausgangspunkt und eine Diskussionsgrundlage sein. Man kann das Friedenspapier mit einer Petition unterstützen – sie findet sich unter diesem Link.
* Aktualisierung 20.6.2025, 11.15 Uhr: An dieser Stelle wurde ein irreführender Satz zu aktuellen Korruptionsskandalen in Spanien entfernt.
Titelbild: Ink Drop / shutterstock.com
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