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Titel: Der Politikchef der „Zeit“ bestätigt das „ journalistische Eingebettetsein“ von Journalisten in „amerikanische Denkart der Außenpolitik“

Datum: 25. November 2015 um 11:37 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, Medienkritik, Strategien der Meinungsmache
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Am 20. und 21.März 2014 haben die NachDenkSeiten über die Forschungen von Uwe Krüger berichtet. Er hatte 2013 beschrieben, wie und welche deutschen Medien und Journalisten auf US-nahen Kurs gebracht werden, wie sie über verschiedene Organisationen wie die Atlantikbrücke vernetzt sind. „Die Anstalt“ hatte das Thema zum Gegenstand ihrer Sendung vom 29. April 2014 gemacht. Dort ab Minute 35. Darüber gab es dann einen juristischen Disput mit zwei Vertretern der „Zeit“, Joffe und Bittner. Umso mehr werden wir überrascht von Äußerungen des stellvertretenden Chefredakteurs der „Zeit“, Bernd Ulrich, in seinem Buch „Sagt uns die Wahrheit!“. Dort finden sich auf den Seiten 45 bis 49 bemerkenswerte Erkenntnissen. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Diese drei Seiten sind hier wiedergegeben [PDF – 1.6 MB] – mit Markierungen. (Das stört Sie hoffentlich nicht.) Die wichtigsten Erkenntnisse von Bernd Ulrich sind hier zusammengefasst:

  • Er macht sich Gedanken über die Skepsis der Medienkonsumenten und schreibt: „Was die Leute im Kopf behielten, war: Immer wenn die Medien unisono auftreten, dann sind sie auf der Jagd, dann sind sie im Fieber, dann sind sie mutmaßlich im Unrecht, dann müssen wir als Staatsbürger und Zeitungsleser uns gegen sie wehren.“ Das ist gut beobachtet.
  • Ulrich stellt in einer Kapitelüberschrift dann die Frage: „Apropos Wahrheit – lassen sich deutsche Journalisten von Washington steuern?“
  • Dazu berichtet er dann von der oben erwähnten Sendung der „Anstalt“: „Sie nahm sich einige wichtige außenpolitische Journalisten vor. Auf einer Schautafel wurden tatsächliche und angebliche Verbindungen dieser Kollegen mit amerikanischen Thinktanks dargestellt, die Botschaft war unmissverständlich: Die relative Einheitlichkeit der Ukraine-Berichterstattung sei allzu leicht zu erklären, sie rühre nämlich daher, dass die Journalisten von der US-Regierung, von der NATO und sonst wie von der Politik gesteuert seien.“ Und weiter:

    „Das alles war überspitzt und teilweise sachlich falsch, aber wiederum, was hilft’s: Die im Internet rasend populär gewordene Sendung hatte erfolgreich ein Muster bedient. Und, schlimmer noch: Sie hatte auch ein bisschen Recht.“ (gefettet von mir)

  • Dann kommt Ulrich auf die entsprechenden Organisationen und Konferenzen wie die Atlantik-Brücke und die Bilderberg-Konferenz zu sprechen und schreibt: „Diese Veranstaltungen, von denen nicht berichtet werden darf, haben einen bestimmten Zweck – in der Regel: offiziell die Stärkung der transatlantischen Zusammenarbeit. De facto sind sie auch ein Transmissionsriemen für die amerikanische Denkart in der Außenpolitik, für die je angesagte Politik Washingtons. In diesen Netzwerken wurde in den Jahren der Mittelost-Kriege eine Politik vordiskutiert und rationalisiert, die aus heutiger Sicht als stellenweise durchgeknallt bezeichnet werden muss.
  • „Durch dieses journalistische Eingebettetsein hat die außenpolitische Debatte hierzulande zuweilen einen merkwürdigen amerikanischen Akzent, oft gewinnt man beim Lesen den Eindruck, als würde einem in Leitartikeln etwas beigebogen, als gäbe es Argumente hinter den Argumenten, fast glaubt man, eine Souffleur-Stimme zu hören. Das spüren auch jene, die von der Atlantik-Brücke gar nichts wissen, und das macht sie misstrauisch. Insofern sind auch die Journalisten in der Bringschuld, wenn es um einen neuen realistischen und ehrlichen Diskurs in der Außenpolitik geht und darum, Leservertrauen zurückzugewinnen: Sie müssen sich aus diesen Institutionen verabschieden.“

Soweit der Politikchef und stellvertretende Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Zeit“. Man muss ihm für diese Offenheit dankbar sein. Jedenfalls beschreibt er die Situation besser und ehrlicher als zum Beispiel der Grafiker Klaus Staeck, der ohne Hinterfragen von „anspruchsvollem Journalismus“ schreibt und meint, „Wir müssen verhindern, dass das Vertrauen in den anspruchsvollen Journalismus weiter schwindet.“ Siehe dazu NachDenkSeiten vom 23. November.– Dass ich Bernd Ulrich einmal positiv mit Klaus Staeck vergleichen müsste, kam bisher in den schlechtesten Träume nicht vor.

Ersatzbegriff für „Gleichschaltung“ gesucht

Ulrich bestätigt die „Gleichschaltung“, von der in unserem Beitrag vom 21. März die Rede war. Aber diesen Begriff darf man offensichtlich nicht gebrauchen. Das führt nämlich, so meine Erfahrung, dazu, dass die Kritiker der Analyse des Versagens unserer Medien leichtes Spiel haben, indem sie auf die Nazivergangenheit dieses Begriffes hinweisen und damit das Nachdenken über den bedenklichen Zustand und die Gefahr für die demokratische Willensbildung vermeiden können. Was soll man stattdessen sagen? „Eingebettetsein“ ist ja auch ein toller Begriff.


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