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Titel: Vorschlag von Peter Conradi für das SPD-Wahlprogramm: „Bahnreform statt Bahnverkauf“ – Bitte weiterleiten

Datum: 7. Januar 2009 um 9:09 Uhr
Rubrik: Privatisierung, SPD, Verkehrspolitik, Wahlen
Verantwortlich:

Der ehemalige MdB Peter Conradi, der sich schon beim Hamburger Parteitag der SPD im Oktober 2007 gegen die Privatisierung der Bahn geschlagen hatte, hat einen entsprechenden Antrag für den Wahlprogrammparteitag der SPD im Juli 2009 formuliert. Wir unterstützen diesen Vorstoß und bitten unsere Leser mit SPD-Kontakten um Mitwirkung. Außer dem Antrag in Anlage A finden Sie in Anlage C auch den Text des Begleitschreibens, mit dem Peter Conradi SPD-Mitglieder um Unterstützung bittet. In Anlage B notiere ich ein paar Verbesserungsvorschläge zum Antrag. Peter Conradi hält diese zum Teil für nutzbar, zum Teil nicht, weil es ihm um ein breites Bündnis für einen Vorstoß zur Erhaltung einer öffentlichen und verkehrspolitisch aktiven Bahn ankommt. Das ist eine berechtigte Erwägung. Albrecht Müller.

Anlage A

Entwurf für einen Antrag “Bahnreform statt Bahnverkauf”
05.01.2009/pc
für das SPD-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009
(Wahlprogramm-Parteitag im Juni 2009)

Der Parteitag wolle beschliessen:
In das SPD-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009 wird folgender Abschnitt aufgenommen:

Bahnreform statt Bahnverkauf

  1. Die bundeseigene Deutsche Bahn AG
    Aus ökologischen (Umwelt und Klimaschutz), aus ökonomischen (steigende Energiepreise) und aus sozialen Gründen (Mobilität für alle und Sicherung der Arbeitsplätze) muss der Anteil der Deutschen Bahn (DB AG) am Personen- und Güterverkehr in den Ballungsräumen und in der Fläche deutlich erhöht werden. Deshalb muss die DB AG ein zu 100% bundeseigenes Instrument der Klima-, Umwelt-, Energie- und Sozialpolitik Deutschlands bleiben.
  2. Die Ziele der Bahnreform
    • Die DB AG soll alle Mittelstädte stündlich/alle Grosstädte halbstündlich mit IC/ICE-Zügen bedienen und die Reisezeiten durch integrierte Taktfahrpläne verkürzen.
    • Die DB AG braucht ein transparentes, attraktives Preissystem, das die Bahnpreise mit der Benutzung anderer Verkehrsangebote verbindet.
    • Die DB AG muss ihren Anteil am Güterverkehr weiter steigern, zum Beispiel durch mit anderen Verkehrsunternehmen kombinierte Transportangebote, auch im grenzüberschreitenden Güterverkehr und durch eine Wiederbelebung des regionalen Güterverkehrs.
    • Die DB AG muss ihre Politik der Streckenstilllegungen und Bahnhofsschliessungen beenden. Die Ausdünnung des Bahnverkehrs in der Fläche und die Konzentration auf schnelle Fernverkehrsstrecken widersprechen unseren Zielen der Bahnreform.
  3. Die Organisationsform der DB AG
    • Die Organisationsform der DB AG muss sicherstellen, dass Bundestag und Bundesregierung ihre verfassungsrechtliche Verantwortung für diesen Bereich der Daseinsvorsorge wahrnehmen.
    • Die Vorstände und Aufsichtsräte der DB AG und ihrer Tochterunternehmen müssen personell und institutionell so besetzt werden, dass das Wohl der Allgemeinheit – die Interessen der Fahrgäste, des Güterverkehrs und der Umwelt – Maßstab für die Unternehmensführung sind.
    • Die Unabhängigkeit und die Aufsichts- und Kontrollpflichten und -rechte des Eisenbahnbundesamts (EBA) sollen gestärkt werden, auch im Hinblick auf die Sicherheit des Bahnverkehrs.
    • Die Bundesregierung soll durch das Eisenbahnbundesamt (EBA) sicherstellen, dass andere Anbieter von Verkehrsleistungen im Personen- und Güterverkehr nicht diskriminiert werden.
  4. Die Finanzierung der Bahnreform
    • Die Verschuldung der DB AG muss durch den Verkauf ihrer Anteile an bahnfremden Tochterunternehmen und ausländischen Bahnunternehmen abgebaut werden. Die Deutsche Bahn soll nicht ausländische und bahnfremde Verkehrsunternehmen erwerben und beherrschen, sondern mit anderen Verkehrsunternehmen gemeinsame Angebote im Güter- und Personenverkehr machen.
    • Falls die Erlöse aus dem Verkauf von Tochterunternehmen und die für die Bahn vorgesehenen Bundesmittel nicht ausreichen, die oben genannten Ziele zu erreichen, sollen die erforderlichen Mittel durch eine Bahnanleihe des Bundes über die Bundesfinanzagentur GmbH zu marktgerechten Zinsen ergänzt werden.

    Begründung:

    Grundgesetz
    “Der Bund gewährleistet, dass dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten Rechnung getragen wird.” (GG Art 87e Abs 4)

    SPD-Grundsatzprogramm 2007
    In einer teilprivatisierten DB AG haben die Renditeerwartungen der Investoren Vorrang vor dem Wohl der Allgemeinheit. Deshalb haben wir im Hamburger SPD-Grundsatzprogramm (S.32) beschlossen: “Kernbereiche öffentlicher Daseinsvorsorge wollen wir nicht den Renditeerwägungen globaler Kapitalmärkte aussetzen.”

    Bundestag und Bundesregierung, DB-Vorstand und -Aufsichtsrat
    Bundestag und Bundesregierung nehmen ihre verfassungsmäsßigen Rechte und Pflichten gegenüber der bundeseigenen DB AG bisher nicht ausreichend wahr. Vorstand und Aufsichtsrat der DB AG verhalten sich so, als gehöre die DB AG ihnen, nicht dem Bund.

    DB-Fahrpreise
    Die DB AG hat die Fahrpreise im Personenverkehr seit 2004 um rund 22 Prozent erhöht mit dem Ziel, ihre Bilanz für einen Börsengang zu verbessern. Im gleichen Zeitraum betrug die addierte Inflationsrate elf Prozent. Wir wollen dagegen eine Preispolitik, die die Verlagerung von Strassen- und Luftverkehr auf die Schiene fördert.

    Teilverkauf nach dem “Holding-Modell”
    Der SPD-Parteivorstand, die SPD-Bundesminister und die SPD-Bundestagsfraktion haben 2008 eine Teilprivatisierung der DB AG (“Holding-Modell”) beschlossen, die den Forderungen des Hamburger SPD-Parteitags 2007 in keiner Weise entsprach. Das hat viele Mitglieder und WählerInnen der SPD enttäuscht und verärgert. Damit sich solches nicht wiederholt, soll der SPD-Parteitag einen eindeutigen, die SPD-Führung und -Bundestagsfraktion verpflichtenden Beschluss für das SPD-Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009 fassen.

    Aussetzung des geplanten Börsengangs
    Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung angesichts der Krise der Finanzmärkte und der drohenden Weltwirtschaftskrise die geplante Teilprivatisierung der DB AG vorerst abgesagt hat. Damit ist die Gefahr erneuter Vorstösse zur Teilprivatisierung der DB AG nach der Bundestagswahl jedoch nicht ausgeräumt. Der Klimawandel und die Verknappung der fossilen Energieressourcen erfordern jetzt eine gründliche Reform der bundeseigenen DB AG. Dazu gehören klare Zielvorgaben von Bundestag und Bundesregierung.

    Finanzierung der Bahnreform durch Anleihen statt durch Teilverkauf der DB AG
    Wenn wir es mit den Aufgaben der DB AG und den Zielen der Bahnreform ernst meinen, muss die DB AG im Eigentum und Besitz des Bundes bleiben. Deshalb sollen die für die Bahnreform erforderlichen Mittel nicht durch Teilverkäufe der DB AG, sondern durch Verkäufe bahnfremder und ausländischer Tochterunternehmen der DB AG und mit öffentlichen Anleihen finanziert werden. Statt weiter auf einen Börsengang (nach Ende der Wirtschaftskrise?) zu hoffen, sollte die Bundesregierung auch aus konjunkturpolitischen Gründen jetzt eine Bahnanleihe auflegen und damit die notwendigen Investitionen der DB AG auf den Weg bringen.

Anlage B

Änderungsvorschläge beziehungsweise Anregungen von Albrecht Müller

  1. Es fehlt die Forderung, dass die Bahn ihren Service insgesamt und speziell für Nicht-Internetnutzer, für Nicht-Automatennutzer und für alle, die unterwegs sind und gerade keinen Zugang zum Internet haben, wieder ausbauen sollte. Die Möglichkeit zum Ticketkauf am Schalter sollte erhalten und wieder verbreitert werden. Alte Leute wie auch Spontanreisende haben es heute sehr schwer. Die langen Warteschlangen an den Schaltern sind eigentlich nicht zumutbar. Die Bahn signalisiert damit den potentiellen Kunden, dass sie sie eigentlich nicht mag.
  2. Ziffer 3, vierter Spiegelstrich: M.E. wäre es wichtig, die Bahn von der permanenten Rosinenpick-Konkurrenz zu entlasten. Ein gemeinsames einheitliches Unternehmen ist wichtig. Die Zerfaserung in verschiedene Betreiber hat keine guten Konsequenzen. Die Trennung von Netz und Betrieb wird langfristig Folgen haben, die nicht im Interesse der geforderten verkehrspolitischen Leistungen der Schiene liegen. Die permanenten Ausschreibungen vergeuden Ressourcen. Die Wirkung von Konkurrenz muss man auf andere Weise sichern.
  3. Zu Ziffer 4, erster Spiegelstrich: Ob es wirklich sinnvoll ist, die Bahn zum Verkauf z.B. bahnfremder Verkehrsunternehmen wie Schenker zu zwingen, ist fraglich. Auch der Verkauf der Touring-Bus-Gesellschaft war zum Beispiel höchst fragwürdig. Und ich wüsste beispielsweise auch nicht, warum die Bahn die SüdwestBusgesellschaft in unserem Bereich verkaufen sollte. Anders sieht es bei ausländischen Verkehrsunternehmen aus. Hier Mehdorn zu einer Kurskorrektur zu zwingen, wäre dringend notwendig. Es macht auch keinen Sinn, ausländische Verkehrsunternehmen auf Pump zu kaufen und so die Bahn-Schulden hochzutreiben.

Anlage C

Begleitschreiben Peter Conradis an die SPD-Mitglieder, von denen er hofft, dass sie den Antrag unterstützen:

Liebe Genossinnen und Genossen –

die Bundesregierung hat den geplanten Börsengang der Deutschen Bahn AG wegen der Krise der Finanzwirtschaft verschoben. Doch die Bahnprivatisierer geben nicht auf. Deshalb wollen wir beim SPD-Parteitag für das Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2009 die SPD für eine Bahnreform und gegen einen Bahnverkauf festlegen.

Dazu füge ich Euch einen Antragsentwurf bei, den Ihr gerne verändern, kürzen oder ergänzen könnt. Dieser Antrag sollte von möglichst vielen SPD-Ortsvereinen, -Unterbezirken und Landesverbänden an den SPD-Vorstand gerichtet werden,
damit deutlich wird, dass dieses Thema weiterhin aktuell ist:

SPD Parteivorstand oder [email protected]
Bürgerbüro
Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 141
10963 Berlin

Mit der Bitte um zahlreiche, aktive Unterstützung und mit allen guten Wünschen für 2009

Euer Peter Conradi
[email protected]


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