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Titel: Auch die Heute Show reiht sich bei den Kalten Kriegern ein.

Datum: 19. März 2018 um 8:57 Uhr
Rubrik: Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medien und Medienanalyse, Medienkritik, Strategien der Meinungsmache, Wahlen
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So am vergangenen Freitag, den 16. März. Da ging es von Minute 11:30 bis 18:48 zur Sache. Das übliche Putin-Bashing mit voller Unterstützung für die britische Regierung und garniert mit einem Stück von Carolin Kebekus zu RT Deutsch. Das ist ein großer Erfolg für die Propagandisten des Westens beim Feindbildaufbau – jedenfalls sehr viel mehr wert als die 50. Auflage der Agitation bei Bild, der Tagesschau oder ZDFheute. Leser der NachDenkSeiten kennen vermutlich die Methode der Manipulation: Eine Botschaft wird dann besonders glaubwürdig, wenn sie aus verschiedenen Ecken ausgesendet wird. Siehe hier. – Steht Oliver Welke unter Druck des ZDF oder geschieht so etwas aus eigenem Antrieb? Na dann könnten wir ihm noch ein paar Tipps geben. Albrecht Müller.

  1. Die heute Show könnte sich die Deutsche Welle mal vorknöpfen.

    Das würde gut zum Stück von Frau Kebekus über RT Deutsch passen. Die Deutsche Welle wird von uns, den deutschen Steuerzahlern, bezahlt wie RT Deutsch von den russischen Steuerzahlern.

    Interessant ist der bellizistische Kurs der Deutschen Welle. Hier wird der Urheber des Nervengiftanschlags als feststehend unterstellt und die Deutsche Welle stellt quasi als Hilfssheriff der Briten Überlegungen darüber an, welches die Konsequenzen der britischen Regierung sein könnten:

    INTERNATIONALE BEZIEHUNGEN

    Wie Theresa May Russland bestrafen könnte

    Der Nervengiftanschlag auf Ex-Spion Skripal belastet das Verhältnis zwischen Großbritannien und Russland. Nachdem Moskau ein Ultimatum hat verstreichen lassen, berät London nun Konsequenzen. So könnten sie aussehen. …

    In einem anderen Stück der Deutschen Welle empfiehlt die Brüsseler Korrespondentin: „Theresa May muss jetzt ganz hart sein“.

    Die in diesem Text enthaltene Aussage:

    „Der eingesetzte chemische Kampfstoff wurde inzwischen als Super-Gift aus russischer Produktion identifiziert“ 

    ist schlicht falsch.

    Es würde sich wirklich lohnen, lieber Oliver Welke, sich bei nächster Gelegenheit mal der Propaganda des deutschen Staatssenders zuzuwenden.

    Oliver Welke könnte über das Verhältnis von Deutscher Welle und RT Deutsch und insbesondere über die Aggressivität der Deutschen Welle gegenüber dem russischen Pendant in Deutschland einiges lernen, wenn er ohne Binde vor den Augen und ohne Ohrenstöpsel RT Deutsch genau zu diesem Disput anschauen würde. Zum Beispiel hier Teil 1 von zwei Beiträgen aus 2017 zum Thema Deutsche Welle vs. RT Deutsch: „Wer macht hier tatsächlich “Propaganda”“? – Und hier Teil 2.

    Aber um himmelswillen, wer wird denn in diesen Zeiten auch noch Feindpropaganda anschauen!

    Hier ruft die Deutsche Welle zum Wahlboykott in Russland auf. So berichtete RT Deutsch: „Deutsche Welle mischt sich durch Aufruf zum Boykott in Russlands Präsidentschaftswahl ein“. Wer des Russischen mächtig ist, wird das im Text bestätigt finden.

  2. Die heute Show könnte sich die ARD-Berichterstattung zum gestrigen Wahltag in Russland anschauen und zum Thema machen. Hier ein bisschen Anschauungsmaterial, nur eine Auswahl. Zum Erbrechen:
    • Video
      Udo Lielischkies, ARD Moskau, zur Wahl in Russland
      A.M.: Die erste Frage gilt Wahlfälschungen.
    • Wahl in Russland
      Der ewige Putin
      Stand: 17.03.2018 20:25 Uhr
      Russland steht vor der vierten Amtszeit Putins. Während er 2012 nach landesweiten Protesten um die Kreml-Spitze kämpfen musste, zweifelt heute niemand an seiner Wiederwahl.
      Von Golineh Atai, ARD-Studio Moskau
    • Russische Politikwissenschaftlerin
      “Eine Politik, die auf ständigem Betrug aufbaut”
      Stand: 17.03.2018 20:25 Uhr
    • Politologe zur Russland-Wahl
      “Eine Rückkehr in Sowjetzeiten”
      Stand: 18.03.2018 16:53 Uhr
      Die Wirtschaft stagniert, die Lebensbedingungen verbessern sich nicht mehr – dennoch ist Präsident Putin populär. Weil er auf militärische Stärke setzt, sagt Politologe Oreschkin im Interview.
    • Video
      Birgit Virnich, ARD Moskau, zu den ersten Ergebnissen der Präsidentenwahl in Russland

      A. M.: Eine reine, teilweise stotternde Propaganda auf vorgegebener Linie – überall massiver Druck zur Wahlbeteiligung. Und dann offensichtlich eine neue Linie der Tagesschau-Zentrale: Putin kümmert sich um das Militärische, die Gouverneure um die Innenpolitik. Solch einen Mist müssen wir uns bieten lassen! Zur besten Sendezeit. Welke, übernehmen Sie!

    • Russland
      Klarer Sieg für Putin
      Stand: 19.03.2018 02:15 Uhr
      Golineh Atai, ARD Moskau, bewertet das Wahlergebnis in Russland
      tagesthemen 23:15 Uhr, 18.03.2018
    • Zahlreiche Unregelmäßigkeiten
      Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen.
      Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin. Sie stellte Bilder einer Überwachungskamera in einem Wahllokal nahe Moskau zur Verfügung, die offenbar zeigen, wie Wahlhelfer gefälschte Stimmzettel in eine Urne stopfen. Nawalny hatte die Wahl bereits im Vorfeld als Farce bezeichnet und zum Boykott aufgerufen.
  3. Und hallo, liebe Macher von der heute Show: Ein Blick auf dpa und die Machenschaften dieser Agentur würde sich unglaublich lohnen.

    Eines von unendlich vielen Beispielen geben wir hier einfach mal wieder. Bei Verwendung eines Fotos von dpa und eines Textes – zumindest teilweise von dpa – erschien am 16. März die folgende Abbildung auf der ersten Seite der Regionalzeitung Die Rheinpfalz. Das ist ein Musterbeispiel an übler Agitation. Die Quelle ist dpa. Wie dabei gearbeitet wird, das lässt sich gut am letzten Absatz der rechten Spalte erkennen. Dort heißt es, syrische Regierungssoldaten hätten „systematisch“ Tausende Frauen vergewaltigt. Auch Rebellen hätten Frauen vergewaltigt, doch sei dies keine Kriegsstrategie gewesen. Wahnsinn!

Schlussbemerkung: Selbstverständlich kann man sich als demokratisch gesonnener Mensch nur wünschen, dass die Redaktion der Heute Show und ihr Macher Oliver Welke zur Besinnung kommen. Es gibt so wenige aufklärende Medienformate, dass es wirklich dramatisch wäre, wenn die Heute Show endgültig ins Lager der Agitation abdriftet.


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