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Titel: Die LINKE und der „umstrittene“ Protest gegen einen Putsch in Venezuela

Datum: 28. Februar 2019 um 13:11 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, DIE LINKE, Erosion der Demokratie, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech
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Eine Solidaritätsaktion für die bedrängte Regierung Venezuelas beim jüngsten LINKE-Parteitag wurde partei-intern in bemerkenswerter Schärfe kritisiert – diese Kritik wurde erwartungsgemäß auch von zahlreichen großen Medien transportiert. Einmal mehr bildete sich so eine fragwürdige Koalition aus Medienhäusern und einem Flügel der Linkspartei. Von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Beim jüngsten Parteitag der Linkspartei kam es zu einer Solidaritätsaktion für das von einer US-Intervention bedrohte Venezuela und für dessen Regierung unter Präsident Nicolás Maduro: Parteimitglieder strömten mit Venezuela-Fahnen und Transparenten auf die Bühne. Diese Aktion wurde auch partei-intern bemerkenswert scharf kritisiert – so bezeichnete etwa Vorstandsmitglied Thomas Nord die Solidaritätsbekundung laut Berichten als “zielgerichtete Provokation” und als „pervers“. Und der Leiter des Parteitags, Rico Gebhardt, brüstete sich gegenüber dem „Tagesspiegel“, dass die Entscheidung des Parteitages, sich nicht mit einem Solidaritätsantrag für Venezuela zu befassen, auf sein Konto geht.

Sollte die LINKE den Umsturz geißeln?

Konkrete Maßnahmen und Vorhaben der venezolanischen Regierung kann man unterschiedlich bewerten – eventuelle Kritikpunkte sollten jedoch immer genau umrissen werden, da die sehr allgemeinen Bezeichnungen wie „zunehmend autoritär“ oder „diktatorisch“ im besten Falle aussagelos, wenn nicht propagandistisch sind. Das trifft auch auf die oft nicht ausgefüllten Floskeln „Misswirtschaft“ und „Korruption“ zu.

Wenig bis keinen Bewertungsspielraum gibt es jedoch bei der Frage, ob der drohende Putsch gegen die Regierung Venezuelas zu verurteilen ist. Ebensowenig gibt es diesen Spielraum bei der Frage, ob die venezolanische Regierung in dieser Situation der Bedrängnis die Solidarität „linker“ Parteien „verdient“ hat: Die Antwort auf beide Fragen sollte ein klares „Ja“ sein. Darum kann die geradezu feindliche Reaktion in Teilen der Partei nur als befremdlich bezeichnet werden.

Putsch-Gegner im medialen Sturm

Dass Parteimitgliedern mit Anti-Putsch-Haltung momentan der scharfe Wind großer Medien ins Gesicht bläst, kann nicht überraschen. So schreibt der „Focus“, bei der Venezuela-Debatte zeige die „Linkspartei ihr wahres Gesicht“. Die Äußerungen einiger Parteimitglieder würden „zeigen, dass die Partei ihren radikalen Flügel nicht unter Kontrolle hat und auf Bundesebene schlicht nicht regierungsfähig ist“. Der „Fokus“ demonstriert, auf welchem verkürzten und verzerrenden Niveau sich die Angriffe gegen Teile der LINKEN und gegen den „sozialistischen Diktator“ Venezuelas abspielen: „Wie kann man Hilfslieferungen an ein Volk politisch missbrauchen, das von einem diktatorischen Präsidenten aus reinem Machtkalkül ausgehungert wird?“

Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, fordert ganz „demokratisch“, den „problematischen“ Parteiflügel kurzerhand rauszuschmeißen: „Damit hat aber die ganze Linkspartei ein Demokratieproblem, so lange sich die Partei nicht von ihrem linksradikalen Flügel trennt, und das allein aus machttaktischen Gründen“, sagte Röttgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Da wollten auch die Grünen nicht nachstehen: „Wer beim Thema Menschenrechte auf dem linken Auge blind ist, der macht sich unglaubwürdig. Denn Menschenrechte kennen kein Links und Rechts“, so der außenpolitische Sprecher Omid Nouripour zum RND.

„Apologeten des Maduro-Regimes“

Manche LINKE-Abgeordnete seien „Maduro-Apologeten“ und würden das „Regime von Nicolás Maduro“ stützen, so „Cicero“:

„Hauptsache, es geht gegen Trump und ‚vorwärts zum Sozialismus’“.

Auch der „Tagesspiegel“ moniert ein „Verständnis für die diktatorische Maduro-Regierung in Venezuela“ und bedauert wie Röttgen, dass man die putsch-kritischen (laut Zeitung „links-autoritären“) Querulanten nicht einfach loswerden kann:

„Derartige Solidarisierungen mit autoritären Regimen gibt es auf Linken-Parteitagen immer wieder, und sie werden vom realpolitischen Flügel hinter den Kulissen wahlweise bissig oder verzweifelt kommentiert. Allerdings ist der links-autoritäre Flügel zu stark und für die Linke immer noch zu bedeutend, um ihn an den Rand oder ganz aus der Partei zu drängen.“

Die „Leipziger Volkszeitung“ konstatiert einen „verlorenen Kompass“, der Linkspartei werde schließlich die „Verteidigung der Diktatur Maduros“ vorgeworfen.

Guaidó-Unterstützung widerspricht mutmaßlich dem Völkerrecht

Man muss angesichts der scheinbar klaren „anti-diktatorischen“ Front und der Quantität der Anti-Maduro-Beiträge immer wieder darauf hinweisen, dass die Unterstützung und Anerkennung des venezolanischen „Interimspräsidenten“ Juan Guaidó auch laut dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages ein außenpolitisches und diplomatisches Novum darstellt.

Doch in Erklärungsnot geraten wegen der bekannten medialen Schieflagen nicht jene mutmaßlichen Völkerrechtsbrecher, sondern die Verteidiger der Regierung Venezuelas. Die Medienkampagne zu Venezuela der letzten Wochen zeigt auch bei jungen Mitgliedern der LINKEN ihre Wirkung, wie das Medium „Bento“ zusammenfasst: Die Soli-Aktion auf dem Parteitag wirke angesichts der derzeitigen Krise in Venezuela „für viele Beobachter menschenverachtend“. Bei der Soli-Aktion seien „offensichtliche Halbwahrheiten verbreitet“ worden, sagt da ein junger LINKER und ein anderer konstatiert: „Das war eine Aktion von Ewiggestrigen, die ein antiquiertes Verständnis von Sozialismus haben.“ Nun ja.

Die Propaganda mit dem Mangel

Interessant ist, dass dieser Teil des LINKEN-Nachwuchses zwar den Mangel in Venezuela thematisiert, aber dessen wichtigste Ursache nicht angemessen würdigt: den mutmaßlichen westlichen Wirtschaftskrieg gegen das Land. Diese Haltung brachte kürzlich „RT“ mutmaßlich auf den Punkt:

„Das ist neben den “Demokratie”-Phrasen ein Hauptvorwurf, der an die westlichen Medien zu richten ist – nämlich, dass der Mangel in Venezuela medial unredlich von den illegalen wirtschaftlichen Angriffe des Westens auf das Land getrennt wird. (…) Wenn der politische Wunschkandidat erst installiert ist, wird der nun exzessiv thematisierte Mangel ruckzuck aus den Schlagzeilen verschwinden. Und die Regale der Supermärkte werden sich – wie von Zauberhand – über Nacht wieder füllen.“

Der Graben zwischen den Genossen

Gegen solche Verzerrungen und gegen die oben beschriebene Haltung einiger junger Genossen haben sich nun wiederum andere junge Genossen in einem Artikel gewandt. Dort beschreiben sie, warum sie Solidarität und eine klare Positionierung gegen den laufenden Putschversuch für wichtig halten.

Einen Kompromiss-Modus, auf den sich die Parteiflügel bei der wichtigen Frage des drohenden Putsches in Venezuela vielleicht einigen könnten und sollten, hat Andrej Hunko gegenüber der „Welt“ formuliert:

„Eine große Mehrheit bei uns ist gegen die Putschisten. Ich kenne aber niemanden, der für Maduro ist und Venezuela für einen tollen Sozialismus hält.“

Allerdings habe Maduros Wahl den Standards in Lateinamerika entsprochen und man könne ihm nicht die Legitimität aberkennen, so Hunko.


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