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Titel: „Dann liest man … nach langer Zeit mal wieder sowas von der ‚Zeit‘ und merkt: Das ist Zeitverschwendung. Sie haben es nicht so mit Fakten. …

Datum: 26. April 2019 um 10:44 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Leserbriefe, Medienkritik, Wirtschaftspolitik und Konjunktur
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Sie leben von Konjunktiven und ‚was wäre, wenn-Szenarien‘“. – Das ist eine interessante Beobachtung, die ein Leser der NachDenkSeiten bei der Lektüre der Wochenzeitung „Die Zeit“ gemacht hat. Es ging dabei um den Mueller-Bericht. Was der NDS-Leser Wessinger feststellt, ist typisch für die große Zahl der Berichte zum Thema: Keine Fakten, dafür eine Unzahl von Behauptungen, die die Hauptthese – Putin und die Russen haben die Wahl Trumps besorgt – stützen sollen. “Zeit”-Lesern wäre die Lektüre der im Folgenden wiedergegebenen Mail des NDS-Lesers aus Pforzheim zu empfehlen, auch der Vergleich mit den NachDenkSeiten. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Betreff: Zeit-Online-Artikel zu Donald Trump / Medienkompetenz / Gewöhnungseffekte im Medien-Konsum

Sehr geehrter Herr Müller, Liebes NDS-Team, 

vorab vielen herzlichen Dank für alle ihre vielen, wertvollen Artikel, die in den letzten 12 Jahren zu einer Veränderung in der Wahrnehmung von Informationen und Medien geführt haben. Seit 2001 besitze ich kein TV-Gerät mehr, seit 2004 / 2005 kenne ich ihre Seiten. Am letzten Wochenende ist mir bei der Lektüre dieses Artikels, den ich auch nochmal als pdf beilege, falls online nicht mehr erreichbar, etwas ganz ungewöhnliches aufgefallen.

Da wird auf den ersten Zeilen getrommelt, als kämen jetzt endlich die alles entscheidenden Fakten dieses Mueller-Reports auf den Tisch, und dieser Trommel-Wirbel wird umfangreich mit Adjektiven versehen, die von Beginn an den Eindruck erwecken….da war also doch was…mit dem Trump und Russland…… Man liest weiter und merkt: Gar nichts. Es bleibt dabei, es werden keine Fakten genannt, da war nichts, es ist nichts und deshalb wird es auch nicht „hässlich“….alles heiße, mediale Luft. Aber der Autor fährt fort mit leeren Konjunktiv-Konstruktionen und möglichen Fiktionen…. und die eigentliche Aussage bleibt bei 0! 

Was ich damit sagen will:

Wenn man Ihre Artikel oder die von Herrn Berger oder von anderen ihrer (verlinkten) Autoren gewohnt ist, dann hat man damit zu tun, das Wort einzuordnen und Sinn zu verstehen, weil es da welchen gibt. Dann liest man plötzlich nach langer Zeit mal wieder sowas von der „Zeit“ und merkt: Das ist Zeitverschwendung. Sie haben es nicht so mit Fakten. Sie leben von Konjunktiven und „was wäre, wenn-Szenarien“.

Nein Danke. Da ist mir meine Zeit doch zu schade. 

Ihnen weiterhin gute Gesundheit und nochmals vielen herzlichen Dank für ihre bereichernden Gedanken: z.B. der Niedergang der USA, der keiner ist und auf den Herr Rügemer jetzt noch einen draufgesetzt hat. Weltklasse. 

Raimund Wessinger, Pforzheim

Nachbemerkung Albrecht Müller:

Der Vergleich der NachDenkSeiten mit der „Zeit“ fällt ausgesprochen freundlich aus. Anzumerken bleibt, dass in diesem Blatt auch wirklich interessante und faktenreiche Artikel erscheinen. Aber die große Linie der unkritischen Begleitung des Geschehens in der Welt und in Deutschland wird konsequent beibehalten. Deshalb hat unser Leser mit seinem Urteil nicht Unrecht.

Es kommt hinzu, dass wir uns auf den NachDenkSeiten Zumutungen nicht leisten würden, die sich die große „Zeit“ locker leistet:

Drei Tage vor dem von Raimund Wessinger analysierten Stück zum Mueller-Bericht erschien bei Zeit online eine Kolumne von Marc Schieritz mit dem Titel „Warum Staatsschulden kein Problem sind“. Schon der Vorspann zum Text ist zum Haare raufen:

„Neue ökonomische Theorien verändern den Blick auf unser Zahlungsmittel. Wir können uns mehr leisten, als wir denken – deshalb ist Sparpolitik von gestern.“

In diesem Artikel wie auch in einigen anderen (siehe auch den heutigen Hinweis Nr. 5) wird der Eindruck erweckt, eine expansive staatliche Konjunktur- und Beschäftigungspolitik sei etwas Neues. Seit Jahren fordern Ökonomen wie zum Beispiel Heiner Flassbeck und ich eine solche Wirtschafts- und Finanzpolitik. Sie wurde (und wird) außerdem weltweit und auch in Deutschland immer wieder angewendet. Mit Erfolg, übrigens auch in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, von denen man heute behauptet, sie hätten das Scheitern der von Keynes mit inspirierten Beschäftigungspolitik gezeigt.

Auf diese für die praktische Politik folgenreiche Behauptung werde ich in einem weiteren Beitrag eingehen. Heute geht es vor allem darum, zu zeigen, was uns die berühmte und in ihrem Milieu hochgeschätzte „Zeit“ so alles zumutet.

P.S.: Der Autor des Zeit-online-Artikels ist wirtschaftspolitischer Korrespondent der „Zeit“ im Hauptstadtbüro, also nicht irgendwer. Siehe hier.


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