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Titel: Julian Assange im Gerichtssaal – Ein Schatten seiner selbst

Datum: 25. Oktober 2019 um 14:16 Uhr
Rubrik: Aktuelles, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Erosion der Demokratie, Gestaltete PDF
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Craig Murray

Am vergangenen Montag fand vor dem Westminster Magistrates Court in London eine Anhörung statt, in der es um das weitere Vorgehen im Fall Assange ging. Es war der erste öffentliche Auftritt von Julian Assange seit seiner Verhaftung vor einem halben Jahr. Der britische Historiker, Ex-Botschafter und Menschenrechtsaktivist Craig Murray war unter den Anwesenden im Gerichtssaal. Er veröffentlichte auf seiner Webseite einen bewegenden Bericht über das, was er im Gerichtssaal sehen und hören musste. Nachfolgend aus dem Englischen die Übersetzung ins Deutsche von Susanne Hofmann und Moritz Müller, die Craig Murray uns freundlicherweise gestattete.

Julian Assange im Gerichtssaal

Ich war zutiefst erschüttert, als ich den gestrigen Vorgängen vor dem Westminster Magistrates Court beiwohnte. Jede Entscheidung wurde von einer Richterin, die noch nicht einmal so tat, als würde sie zuhören, gegen die kaum gehörten Argumente und Einwände des Assange-Rechtsbeistands durchgeboxt.

Bevor ich auf den eklatanten Mangel an fairem Prozedere zurückkomme, muss ich zunächst auf Julians Zustand eingehen. Ich war zutiefst schockiert über den Gewichtsverlust meines Freundes, über die Geschwindigkeit, mit der sein Haar zurückgegangen ist, und über die Anzeichen vorzeitigen und stark beschleunigten Alterns. Er hinkt merklich, was ich noch nie zuvor gesehen habe. Seit seiner Verhaftung hat er über 15 kg Gewicht verloren.

Aber seine körperliche Erscheinung war nicht so schockierend wie sein geistiger Verfall. Als er gebeten wurde, seinen Namen und sein Geburtsdatum zu nennen, kämpfte er mehrere Sekunden lang sichtlich, sich an beides zu erinnern. Ich werde zum gegebenen Zeitpunkt auf den wichtigen Inhalt seiner Erklärung am Ende des Verfahrens kommen, aber seine Schwierigkeit, sie abzugeben, war sehr offensichtlich; es war ein echter Kampf für ihn, die Worte zu artikulieren und sich auf seinen Gedankengang zu konzentrieren.

Bis gestern war ich immer leicht skeptisch gegenüber denen gewesen, die behaupteten, dass Julians Behandlung Folter sei – sogar gegenüber Nils Melzer, dem UN-Sonderberichterstatter für Folter – und gegenüber denen, die behaupteten, dass er möglicherweise einer zermürbenden Drogenbehandlung ausgesetzt sei. Aber weil ich in Usbekistan an den Prozessen gegen mehrere Opfer extremer Folter teilgenommen und mit Überlebenden aus Sierra Leone und anderen Ländern zusammengearbeitet habe, kann ich Ihnen sagen, dass ich gestern meine Meinung vollständig geändert habe. Julian zeigte genau die Symptome eines Folteropfers, das blinzelnd ins Licht der Öffentlichkeit gebracht wird, insbesondere in Bezug auf Orientierungslosigkeit, Verwirrung und die echte Mühe, seinen freien Willen durch den Nebel antrainierter Hilflosigkeit zu behaupten.

Ich war noch skeptischer gegenüber denen gewesen, die behaupteten – wie ein leitender Mitarbeiter seines Anwalt-Teams am Sonntagabend mir gegenüber – sie seien besorgt, dass Julian möglicherweise nicht bis zum Ende des Auslieferungsverfahrens überleben würde. Nun glaube ich nicht nur an diese Möglichkeit, sondern ich werde auch von diesem Gedanken verfolgt. Jeder, der gestern in diesem Gerichtssaal war, konnte sehen, dass einer der größten Journalisten und wichtigsten Dissidenten unserer Zeit vom Staat vor unseren Augen zu Tode gefoltert wird. Meinen Freund, den redegewandtesten Menschen und schnellsten Denker, den ich je kannte, zu diesem taumelnden und verwirrten Wrack degradiert zu sehen, war unerträglich. Doch die Vertreter des Staates, insbesondere die gefühllose Richterin Vanessa Baraitser, waren nicht nur bereit, sondern begierig, an dieser Hetzjagd teilzunehmen. Sie sagte ihm sogar, seine Anwälte könnten ihm ja später erklären, was sich zugetragen habe, wenn er nicht in der Lage sei, das Verfahren zu verfolgen. Die Frage, warum ein Mann, der gerade durch die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als hochintelligent und kompetent anerkannt wurde, von der Hand des Staates zu einem Menschen gemacht wurde, der nicht in der Lage war, ein Gerichtsverfahren zu verfolgen, beunruhigte sie keine Millisekunde lang.

Die Anklage gegen Julian ist sehr konkret; Verschwörung mit Chelsea Manning, um die Irak-Kriegsprotokolle, die Afghanistan-Kriegsprotokolle und die diplomatischen Depeschen des Außenministeriums zu veröffentlichen. Die Anschuldigungen haben nichts mit Schweden zu tun, nichts mit Sex und nichts mit den US-Wahlen 2016; eine einfache Klarstellung, die die Mainstream-Medien anscheinend nicht verstehen können.

Zweck der gestrigen Anhörung war das Fallmanagement, um den Zeitplan für das Auslieferungsverfahren festzulegen. Die Streitfragen waren, dass Julians Verteidigung mehr Zeit für die Vorbereitung ihrer Beweise forderte und dass politische Straftaten ausdrücklich vom Auslieferungsvertrag ausgeschlossen wurden. Es sollte daher in den Augen seiner Verteidiger eine Voruntersuchung stattfinden, um festzustellen, ob der Auslieferungsvertrag überhaupt Anwendung findet.

Die Gründe, die die Anwälte von Assange für mehr Zeit zur Vorbereitung anführten, waren so überzeugend wie alarmierend. Sie hatten nur sehr begrenzten Zugang zu ihrem Klienten im Gefängnis und durften ihm bis vor einer Woche keine Dokumente über den Fall übergeben. Er habe auch nur begrenzten Computerzugang erhalten und alle seine relevanten Aufzeichnungen und Materialien waren von der US-Regierung in der ecuadorianischen Botschaft beschlagnahmt worden; er habe keinen Zugang zu seinem eigenen Material zur Vorbereitung seiner Verteidigung.

Darüber hinaus argumentierte die Verteidigung, dass sie mit der spanischen Justiz in Kontakt stünde, und zwar in Bezug auf einen äußerst relevanten Rechtsstreit in Madrid, welcher entscheidende Beweise liefern würde. Er zeige, dass die CIA die Überwachung von Julian in der Botschaft in Auftrag gegeben hatte, und zwar durch eine spanische Firma, UC Global, welche dort für Sicherheit sorgen sollte. Dazu gehörte vor allem das Abhören vertraulicher Gespräche zwischen Assange und seinen Anwälten über seine Verteidigung gegen dieses Auslieferungsverfahren, das seit 2010 in den USA in Vorbereitung war. In jedem normalen Verfahren würde diese Tatsache an sich ausreichen, die Einstellung des Auslieferungsverfahrens zu erreichen. Übrigens habe ich am Sonntag erfahren, dass das spanische Beweismaterial, das bei dem Gericht eingereicht wurde und das von der CIA in Auftrag gegeben wurde, insbesondere eine hochauflösende Videoaufzeichnung beinhaltet, in der Julian und ich verschiedene Themen besprechen.

Zu den Beweisen vor dem spanischen Gericht gehört auch ein Plan der CIA, Assange zu entführen. Das zeigt die Einstellung der US-Behörden zur Rechtmäßigkeit in Julians Fall auf und die Art von Behandlung, die er in den Vereinigten Staaten zu erwarten hat. Julians Team erklärte, dass das spanische Gerichtsverfahren jetzt im Gange sei und die dort vorgelegten Beweise für Julians Verfahren äußerst wichtig wären, dass der Prozess in Madrid aber möglicherweise nicht rechtzeitig abgeschlossen und die dortigen Beweise nicht vollständig validiert sein würden, um für den aktuell vorgeschlagenen Zeitplan für die Assange-Auslieferungsanhörungen verfügbar zu sein.

Für die Anklage erklärte James Lewis QC (Kronanwalt, Anm. MM), dass die Regierung einen Aufschub zur Vorbereitung der Verteidigung entschieden ablehne und sich entschieden gegen jede gesonderte Betrachtung der Frage wende, ob die Anklage eine politische Straftat sei, die durch den Auslieferungsvertrag ausgeschlossen sei. Baraitser griff dieses Stichwort von Lewis auf und erklärte kategorisch, dass der Termin für die Auslieferungsanhörung, der 25. Februar, nicht geändert werden könne. Sie war offen für Änderungen der Fristen für die Einreichung von Beweismitteln und Erwiderungen vor diesem Zeitpunkt und verfügte eine zehnminütige Unterbrechung zur Vereinbarung dieser Schritte zwischen Anklage und Verteidigung.

Was danach geschah, war sehr erhellend. Fünf Vertreter der US-Regierung waren anwesend (zunächst drei, zwei weitere kamen im Laufe der Anhörung dazu), die an Schreibtischen hinter den Anwälten vor Gericht saßen. Die Staatsanwälte steckten sofort mit den US-Vertretern die Köpfe zusammen und dann gingen sie mit ihnen vor den Gerichtssaal, um zu entscheiden, wie sie auf die vorgeschlagenen Termine reagieren sollen.

Nach der Pause erklärte das Verteidigungsteam, sie könnten sich nach ihrer fachlichen Einschätzung nicht angemessen vorbereiten, wenn der Verhandlungstermin auf Februar festgelegt werde. Doch auf Baraitsers Anweisung, dies doch zu tun, skizzierten sie dennoch einen vorgeschlagenen Zeitplan für die Beweiserbringung. Als Reaktion darauf eilte Lewis’ Junior Counsel (Assistent, Anm. MM) nach hinten, um die Amerikaner wieder zu konsultieren, während Lewis dem Richter doch tatsächlich sagte, dass er „Anweisungen von denen hinter uns entgegennehme”. Es ist wichtig festzuhalten, dass, als er dies sagte, nicht das Büro des britischen Generalstaatsanwalts konsultiert wurde, sondern die US-Botschaft. Lewis erhielt seine amerikanischen Anweisungen und stimmte zu, dass die Verteidigung zwei Monate Zeit haben könnte, um ihre Beweise vorzubereiten (sie hatten gesagt, sie bräuchten mindestens drei), dass aber der Termin im Februar nicht verschoben werden könne. Baraitser stimmte in ihrem Urteil allem zu, was Lewis gesagt hatte.

Zu diesem Zeitpunkt war unklar, warum wir diese Farce durchstehen mussten. Die US-Regierung diktierte Lewis ihre Anweisungen, der diese an Baraitser weitergab, die sie wiederum als ihre rechtliche Entscheidung anordnete. Dieses Schauspiel hätte genauso gut abgekürzt werden können, indem die US-Regierung sich einfach auf den Richterstuhl gesetzt hätte, um den gesamten Prozess zu kontrollieren. Niemand im Gerichtssaal konnte glauben, dass er sich in einem echten Gerichtsverfahren befand oder dass Baraitser auch nur einen Moment lang über die Argumente der Verteidigung nachdachte. Ihr Gesichtsausdruck in den wenigen Momenten, in denen sie die Verteidigung ansah, reichte von Verachtung über Langeweile bis hin zu Sarkasmus. Als sie Lewis ansah, war sie aufmerksam, offen und herzlich.

Die Auslieferung soll offensichtlich nach einem von Washington vorgegebenen Zeitplan durchgepeitscht werden. Was macht das Datum im Februar für die USA so wichtig? Abgesehen von dem Wunsch, dem spanischen Gerichtsverfahren, welches Beweise für die CIA-Tätigkeit bei der Sabotage der Verteidigung liefert, vorzugreifen? Ich würde Ideen dazu willkommen heißen.

Baraitser wies den Antrag der Verteidigung auf eine separate vorherige Anhörung, um zu prüfen, ob der Auslieferungsvertrag überhaupt anwendbar ist, zurück, ohne sich die Mühe zu machen, einen Grund dafür anzugeben (möglicherweise hatte sie sich nicht richtig eingeprägt, was Lewis ihr aufgetragen hatte). Doch dies ist Artikel 4 des Auslieferungsvertrags zwischen dem Vereinigten Königreich und den USA von 2007 in vollem Umfang:

Auf den ersten Blick ist das, was Assange vorgeworfen wird, die genaue Definition eines politischen Vergehens – wenn nicht, was dann? Es fällt unter keine der Ausnahmen auf der Liste. Es gibt allen Grund zu prüfen, ob diese Anklage vom Auslieferungsvertrag ausgeschlossen ist, und zwar vor dem langen und sehr kostspieligen Prozess der Prüfung aller Beweise, ob der Vertrag Anwendung finden sollte. Aber Baraitser wies dieses Argument einfach von vornherein zurück.

Für den Fall, dass jemand an dem, was hier geschah, gezweifelt haben sollte, stand Lewis dann auf und schlug vor, dass es der Verteidigung nicht erlaubt sein sollte, die Zeit des Gerichts mit vielen Argumenten zu verschwenden. Alle Beweise für die wirkliche Anhörung sollten im Voraus schriftlich mitgeteilt werden und eine “Guillotine sollte angewendet werden” (seine genauen Worte) auf Argumente und Zeugen vor Gericht, um die Verteidigung auf vielleicht fünf Stunden zu beschränken. Die Verteidigung hatte angedeutet, dass sie mehr als die vorgesehenen fünf Tage benötigen würde, um ihren Fall vorzubringen. Lewis konterte, dass die gesamte Anhörung in zwei Tagen beendet sein solle. Baraitser sagte, dies sei nicht der richtige Zeitpunkt, um dem zuzustimmen, aber sie werde es in Betracht ziehen, sobald sie die Beweiskonvolute erhalten habe.

(SPOILER: Baraitser wird tun, was Lewis anweist, und die inhaltliche Anhörung verkürzen).

Baraitser vollendete dann alles, indem sie sagte, dass die Februar-Anhörung nicht am vergleichsweise offenen und zugänglichen Westminster Magistrates Court, wo wir uns befanden, sondern am Belmarsh Magistrates Court, stattfinden solle, der grimmigen Hochsicherheitseinrichtung, die für die vorläufige Aburteilung von Terroristen verwendet wird und an das Hochsicherheitsgefängnis angeschlossen ist, in dem Assange festgehalten wird. Es gibt selbst im größten Gerichtssaal von Belmarsh nur sechs Plätze für die Öffentlichkeit, und das Ziel besteht eindeutig darin, der öffentlichen Kontrolle zu entgehen und dafür zu sorgen, dass Baraitser in der Öffentlichkeit nicht wieder einem authentischen Bericht über ihre Verfahrensweise, wie diesem, den Sie gerade lesen, ausgesetzt wird. Ich werde wahrscheinlich nicht an der ordentlichen Anhörung in Belmarsh teilnehmen können.

Offensichtlich waren die Behörden verunsichert über Hunderte von anständigen Menschen, die gekommen waren, um Julian zu unterstützen. Sie hoffen, dass weitaus weniger Menschen am viel weniger zugänglichen Belmarsh erscheinen werden. Ich bin mir ziemlich sicher (und erinnern Sie sich, dass ich auf eine lange Karriere als Diplomat zurückblicke), dass die beiden zusätzlichen amerikanischen Regierungsbeamten, die zur Hälfte der Sitzung angekommen sind, bewaffnete Sicherheitskräfte waren, die angefordert wurden aus Sorge über die Anzahl von Demonstranten bei einer Anhörung, bei der hohe US-Beamte anwesend waren. Der Umzug nach Belmarsh ist möglicherweise eine amerikanische Initiative.

Das Verteidigungsteam von Assange wandte sich heftig gegen die Verlegung der Anhörung nach Belmarsh, insbesondere mit der Begründung, dass dort keine Konferenzräume für die Konsultation ihres Mandanten zur Verfügung stehen und sie im Gefängnis nur sehr unzureichenden Zugang zu ihm haben. Baraitser wies ihren Einwand sofort und mit einem sehr deutlichen Grinsen zurück.

Schließlich wandte sich Baraitser an Julian und befahl ihm, sich zu erheben, und fragte ihn, ob er das Verfahren verstanden habe. Er verneinte dies und sagte, dass er nicht denken könne, und gab allen Anschein von Orientierungslosigkeit. Dann schien er eine innere Kraft zu finden, zog sich ein wenig hoch und sagte:

„Ich verstehe nicht, wie dieser Prozess gerecht sein soll. Diese Supermacht hatte 10 Jahre Zeit, sich auf diesen Fall vorzubereiten, und ich kann nicht einmal auf meine Schriften zugreifen. Es ist sehr schwierig, dort, wo ich bin, etwas zu tun. Diese Leute haben unbegrenzte Ressourcen.“

Die Anstrengung schien ihn dann zu überwältigen, seine Stimme wurde leiser und er wirkte zunehmend verwirrt und sprach unzusammenhängend. Er sprach davon, dass Informanten und Verleger als Feinde des Volkes bezeichnet werden, dann davon, dass die DNA seiner Kinder gestohlen wurde und dass er bei seinen Treffen mit seinem Psychologen bespitzelt wird. Ich behaupte überhaupt nicht, dass Julian sich darin geirrt hat, aber er konnte diese Punkte nicht richtig präsentieren oder artikulieren. Er war offensichtlich nicht er selbst, sehr krank, und es war einfach schrecklich schmerzhaft zu beobachten. Baraitser zeigte weder Anteilnahme noch die geringste Sorge. Mit scharfen Worten merkte sie an, dass, wenn er das Geschehen nicht verstehen könne, seine Anwälte es ihm erklären könnten, und dann rauschte sie ab.

Die ganze Erfahrung war zutiefst erschütternd. Es war sehr deutlich, dass hier keine echte rechtliche Prüfung stattfand. Was wir sahen, war eine nackte Machtdemonstration des Staates und ein nacktes Diktat des Verfahrens durch die Amerikaner. Julian war in einem Kasten hinter Panzerglas, und ich und die dreißig anderen Mitglieder der Öffentlichkeit, die sich hineingequetscht hatten, befanden sich in einem anderen Kasten hinter Panzerglas. Ich weiß nicht, ob er mich oder seine anderen Freunde vor Gericht sehen konnte oder ob er in der Lage war, jemanden zu erkennen. Er gab keine Hinweise darauf, dass das der Fall war.

In Belmarsh wird er 23 Stunden am Tag in völliger Isolation gehalten. Er hat 45 Minuten Hofgang. Wenn er im Gebäude bewegt wird, räumen sie die Gänge, bevor er diese entlanggeht, und alle Zellentüren werden verriegelt, um sicherzustellen, dass er außerhalb des kurzen und streng überwachten Hofgangs keinen Kontakt zu anderen Gefangenen hat. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass dieses unmenschliche Regime, das gegen Top-Terroristen eingesetzt wird, einem Verleger, der ein Untersuchungshäftling ist, auferlegt wird.

Ich dokumentiere und protestiere seit Jahren gegen die zunehmend autoritären Kräfte des britischen Staates, aber dass sich der übelste Amtsmissbrauch so offen und unverhohlen vollziehen könnte, ist immer noch ein Schock. Die Kampagne zur Dämonisierung und Entmenschlichung von Julian, die auf einer Regierungs- und Medienlüge nach der anderen basiert, hat zu einer Situation geführt, in der er langsam, öffentlich sichtbar getötet werden kann und in der er der Veröffentlichung der Wahrheit über Fehlverhalten der Regierung angeklagt ist, während die „liberale” Gesellschaft ihm keine Unterstützung gewährt.

Wenn Julian nicht bald freigelassen wird, wird er vernichtet. Wenn der Staat dies tun kann, wer ist dann der nächste?

Anm. MM: Dass im Herzen Londons, in der EU, unter den Augen der Öffentlichkeit, ein Mensch so gnadenlos misshandelt und seiner Menschenrechte beraubt werden kann, ohne dass eine Welle des Protests von Seiten der Politik oder der Medien aufbrandet, zeigt leider sehr deutlich, in welcher Art von Staat wir leben.

Es wird immer gerne auf Machthaber und nicht genehme Präsidenten anderer Länder gezeigt, aber vor der eigenen Haustür zu kehren, ist dann doch zu mühsam oder würde die eigenen Pfründe gefährden.

Noch ist es hoffentlich nicht zu spät …


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