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Titel: Auch 2020: Meinungsmache gegen Russland

Datum: 31. Dezember 2020 um 11:30 Uhr
Rubrik: Außen- und Sicherheitspolitik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkritik
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Im alten Jahr wurde die antirussische Meinungsmache nochmals gesteigert. Dieses Thema war eines der wenigen, das sich trotz Corona durchsetzen konnte – weil viele große Medien an dieser gefährlichen Stimmungsmache interessiert sind. Ein Rückblick von Tobias Riegel.

Eine der fragwürdigsten Medien-Kampagnen des Jahres 2020 ist zum Jahresende nochmals hochgekocht: der „Fall Nawalny“. Unter anderem der „Spiegel“ hatte unter Berufung auf das dubiose „Recherche-Netzwerk“ Bellingcat Vorwürfe gegen den russischen Geheimdienst erneuert. Im Gegensatz zur vorschnellen Praxis vieler großen Medien sollen die neuen Entwicklungen in diesem Text noch nicht kommentiert werden.

Es gibt aber Aspekte, die eine vorläufige Beurteilung der Seriosität der ganz aktuellen Vorwürfe gegen Russland erleichtern: Sie betreffen den mindestens fragwürdigen Umgang mit dem Fall Nawalny in Politik und Medien zu Beginn der Affäre im August. Die antirussische Meinungsmache war im Sommer eines der wenigen Themen, die sich gegen Corona behaupten konnten, weil große Medien an dieser Meinungsmache interessiert sind. Diese Propaganda bezog sich in einem Strang auf den konkreten Fall Nawalny. Dazu haben die NachDenkSeiten unter anderem die Artikel Fall Nawalny: „Putins Gift, Putins Anschlag“ oder Nawalny und die Laufburschen der USA veröffentlicht. Darin wird die Ausblendung des gesunden Menschenverstands, der Unschuldsvermutung und weiterer wichtiger Prinzipien beschrieben. Zudem wird festgestellt, wie gesellschaftlich unbedeutend der extremistische Politiker Nawalny in Russland (entgegen der Darstellung in Deutschland) ist. Ein Auftragsmord durch den russischen Präsidenten wird darum, bei derzeitigem Wissensstand, als sehr unwahrscheinlich eingeordnet. Die damalige Berichterstattung wird als extrem unseriös bezeichnet.

Brücken zu Russland sollen abgerissen werden

In einem anderen Strang der Berichterstattung wurde in großen deutschen Medien in diesem Jahr auch ganz allgemein die Verständigung mit Russland angegriffen. Dieses Verhalten muss immer wieder als skandalös, als gegen deutsche Interessen gerichtet und als brandgefährlich bezeichnet werden. Das haben die NachDenkSeiten etwa in den Artikeln Russland trägt die Schuld an den Kriegen des Westens oder Alle Brücken zu Russland sollen abgerissen werden: Auch der kulturelle Austausch oder Sanktions-Regime wendet sich gegen Deutschland beschrieben. Gleichzeitig wurden in vielen deutschen Medien die Reaktionen Russlands auf diese fortgesetzte mediale und politische Feindschaft nicht angemessen thematisiert, wie wir etwa in dem Artikel Lawrows Paukenschlag: Medien stellen Realität auf den Kopf beschrieben haben. Dass sich mit Heiko Maas ausgerechnet ein Sozialdemokrat zum besonders eifrigen „antirussischen Torwächter“ aufschwingt, haben wir in diesem Artikel thematisiert.

Kaum eine Gegenüberstellung entlarvt die Heuchelei vieler deutscher Redakteure treffender als die Fälle Nawalny und Julian Assange. Diese Praxis haben wir im Artikel Große Gefühle für Nawalny – eisige Kälte für Assange kommentiert:

„Im Vergleich zur kalten Missachtung von Julian Assange erscheint der Aufruhr um Nawalny als eine politisch motivierte Farce. Der Fall ist Anlass für massive antirussische Meinungsmache – die Rolle des Moralapostels erscheint bei vielen westlichen Journalisten grotesk.“

Titelbild: helloRuby / shutterstock.com


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