NachDenkSeiten – Die kritische Website

Titel: Im Namen des Wahnsinns

Datum: 3. März 2021 um 12:06 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Audio-Podcast, Gesundheitspolitik, Innen- und Gesellschaftspolitik
Verantwortlich:

Der Frühling zeigt seine ersten Knospen, die Tage werden länger und unser Land verfällt so langsam dem kollektiven Wahnsinn. Hubschrauber kontrollieren die Maskenpflicht in Parks, die Staatsmacht liefert sich hollywoodreife Verfolgungsjagden mit Jugendlichen, die es gewagt haben, ihre Freunde zu umarmen. Im Harz jagt man derweil unmaskierte Rodler, in Sachsen gilt die Maskenpflicht nun auch für Autofahrer und wer am Rheinufer Goethes Rat „Verweile doch!“ befolgt, muss mit einem saftigen Bußgeld rechnen. Hätte ich dies vor anderthalb Jahren geschrieben, hätten Sie mich für verrückt gehalten. Heute sind wir offenbar alle verrückt. Die Medien schweigen, die Polizei exekutiert voller Diensteifer jeden noch so grotesken Unsinn und die meisten unserer lieben Mitbürger machen gute Miene zum bösen Spiel. Die Regierung wird schon wissen, was gut für uns ist. Es ist zum Verzweifeln. Ein Kommentar von Jens Berger.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Wenn Sie die ersten Sonnenstrahlen in diesem Jahr für einen Spaziergang am Düsseldorfer Rheinufer nutzen und nach den trostlosen Monaten des Winterlockdowns einen Moment innehalten und die frische Luft genießen wollen, so stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar – selbst wenn Sie sich im Einklang mit den absurden Verordnungen mit einer Schutzmaske bewaffnet haben und weit und breit kein weiterer Mensch zu sehen ist. In Düsseldorf gilt nämlich an den Wochenenden ein „Verweilverbot“. Dort ist es zwar gestattet, sich in schnellen Schritten maskiert und mit Abstand zu Menschen fremder Haushalte fortzubewegen; sobald man jedoch stehenbleibt oder sich – Lauterbach bewahre – sogar hinsetzt, muss man damit rechnen, dass die emsigen uniformierten Vollstrecker der immer zügelloseren Staatsmacht einschreiten und die enttarnten Gefährder der Volksgesundheit mit einem spürbaren Bußgeld zur Ordnung rufen. Und da hilft es auch nichts, wenn man gehbehindert oder gebrechlich ist. Gleiches Recht für Alle. Gleiche Pflichten für Alle.

Düsseldorf ist in diesen Tagen überall. In Hamburg und am Steinhuder Meer nahe Hannover kontrollierte die Polizei mit einem Hubschrauber die Einhaltung von Maskenpflicht und Abstandsregeln. In zahlreichen Städten, wie beispielsweise Dortmund oder Köln, gilt nun auch in Parks eine Maskenpflicht. Die Stadt Hamburg verhängte sogar voller Stolz als „erste Stadt Europas“ (sic!) eine Maskenpflicht auf den beliebten Laufstrecken an Alster und Elbe. Wer dort seiner Gesundheit etwas Gutes tun will und an der frischen Luft joggt, darf dies nur noch mit einer Schutzmaske tun. Für Hobbyjogger ist dies kein einfaches Unterfangen, werden solche Masken doch ansonsten auch ganz ohne Corona eher von Leistungssportlern als Trainingshilfsmittel verwendet – der Atmungsprozess wird erschwert, der Puls bei konstanter Leistung in ungeahnte Höhen getrieben. Für so manchen Anfänger könnte dieses Experiment schnell in der Notaufnahme enden. Hieß es nicht vor kurzem noch, wir müssen die Krankenhäuser freihalten?

Lebensgefährlich sind auch die – ebenfalls völlig absurden – Maskenregelungen für Fahrradfahrer und Autofahrer. In Städten wie Augsburg gilt beispielsweise die Maskenpflicht explizit auch für Radfahrer. Brillenträger kennen das Problem, dass die Gläser bei körperlicher Aktivität mit Maske vor dem Mund in Kürze beschlagen – im Straßenverkehr stellt dies ein nicht gerade kleines Problem dar. Das erkannte auch die Stadt Augsburg. Nun sind Radfahrer auf Straßen von der Maskenpflicht ausgenommen. Für Rad- und gemeinsame Rad- und Gehwege gilt dies jedoch ausdrücklich nicht – Kollisionen zwischen Fußgängern und „blinden“ Radfahrern sind damit vorprogrammiert.

Kaum zu glauben ist auch eine Regelung der Stadt Flensburg. Dort wurden zwei Damen, deren Hunde am Strand gemeinsam spielten, vom Ordnungsamt zur Kasse gebeten. Die beiden Damen hielten dabei wohlgemerkt den Mindestabstand ein; nicht jedoch ihre Hunde. Laut Behörden stellt dies einen Verstoß gegen die Maßnahmen dar, da das gesetzwidrige Verhalten der Hunde die Besitzer ja dazu anhalten könnte, ins Gespräch zu kommen. Nun könnte man das ja als übereifrige Eselei eines besonders verblendeten kleinen Ordnungsbeamten abtun. Doch weit gefehlt. Auf eine Anfrage hin bezeichnete der Pressesprecher der Stadt Flensburg diesen Fall nicht etwa als bedauerlichen Fehler, sondern als „lupenreinen Grenzfall“.

All diese Fälle sind weit mehr als Skurrilitäten einer Gesellschaft, die drauf und dran ist, den Verstand zu verlieren. Ist die Maskenpflicht ohnehin in Fachkreisen umstritten, so sind sich sämtliche Fachleute – und nein, Karl Lauterbach gehört nicht dazu – darin einig, dass eine Maskenpflicht im Freien keinen nennenswerten Beitrag zur Eindämmung der Infektionen darstellt. Handelt es sich hierbei also um Aktionismus? Will man durch möglichst rigide wirkende Maßnahmen vom Versagen an anderer Stelle ablenken? Oder sind wir dem kollektiven Wahnsinn verfallen?

Egal für welche der drei Antworten Sie sich entscheiden. Bemerkenswert ist doch vor allem, dass es gegen diesen offenkundigen Irrsinn fast keinen Widerstand gibt. Die Medien berichten, halten sich mit Kritik jedoch zurück – offenbar hat man Angst, in die selbst gestellte Falle zu tappen und sich des „Querdenkertums“ verdächtig zu machen. Die Mitarbeiter von Polizei und Ordnungsämtern schweigen – auch wenn sicher viele von ihnen sich schämen, ihre Mitbürger mit derlei sinnlosen Vorgaben zu drangsalieren. Es gibt jedoch auch Staatsdiener, die allen Anschein nach voll in der Sache aufgehen und sich bei der Exekution irrsinniger Verordnungen vor lauter Diensteifer kaum halten können. Dazu gehören die tapferen Harzer Rodlerjäger genauso wie die Hamburger Streifen-Rambos, die auf der Jagd nach einem Jugendlichen, der es gewagt hatte, seine Freunde in einem Park zu umarmen, den Jugendlichen, ihre Kollegen und nicht zuletzt sich selbst in Lebensgefahr brachten und dabei nebenbei auch noch den von Steuerzahlern finanzierten Dienstwagen zu Klump fuhren.

Wo bleibt da der öffentliche Aufschrei? Wo der zivile Widerstand? Es wirkt fast so, als befänden wir uns in einem riesigen Experiment, in dem man herausfinden will, wie weit der Staat mit immer absurderen Regeln gehen kann. Werden die Testhamster diese Regeln befolgen oder hinterfragen? Werden sie vielleicht sogar Widerstand leisten? Immerhin sind gerade wir Deutschen ja stolz darauf, dass wir aus der Geschichte gelernt hätten und wir sind uns ja auch ganz sicher, dass wir nie wieder dem kollektiven Wahnsinn verfallen. Ist das so? Wohl nicht.

Frei nach Karl Marx wiederholt sich Geschichte immer zweimal – das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce. Wer sich vor kurzem noch gefragt hat, wie es denn sein konnte, dass eine ganze Gesellschaft dem kollektiven Wahnsinn verfällt, der muss heute nur mit offenen Augen durch unsere Städte gehen. Wir befolgen vollkommen sinnlose Anordnungen von oben, duckmäusern, grenzen diejenigen, die es wagen, den Mund aufzumachen, als Leugner und Querdenker aus und sind fest davon überzeugt, dass unsere Regierung nur das Beste für uns will – und wer sind wir schon, das zu hinterfragen? Wer hinterfragt, ist ja schließlich unsolidarisch, ein Querdenker, Verschwörungstheoretiker oder gar Nazi. Amen. So langsam verliere ich meine Hoffnung.

Ja, ja der Wahnsinn schleicht durch die Nacht,
denn uns hat der Wahn um den Sinn gebracht,
er hat einen Mantel aus Kälte an,
weil man Frierende besser regieren kann.

Ja, ja der Wahnsinn schleicht durch die Nacht,
und nennt sich Recht und nennt sich Macht,
verjagt die Sonne, löscht die Zeit
und stiehlt uns aus der Wirklichkeit.

Aus Konstantin Wecker – Im Namen des Wahnsinns

Titelbild: hedgehog94/shutterstock.com


Hauptadresse: http://www.nachdenkseiten.de/

Artikel-Adresse: http://www.nachdenkseiten.de/?p=70363