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Titel: Das unterirdische Niveau der Impfdebatte

Datum: 18. März 2022 um 11:25 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Bundestag, Gesundheitspolitik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech
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Die Gegner der Corona-Maßnahmen sind an den Folgen der Corona-Maßnahmen schuld! Das ist einer der bizarren Standpunkte der Impf-Enthusiasten. Mit Emotionen und mit Hetze gegen Andersdenkende werden wissenschaftliche Begründungen ersetzt. Heraus sticht der Beitrag einer jungen Grünen. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Am Donnerstag wurde im Bundestag über Anträge für eine allgemeine Impfpflicht beraten. Das erschreckende Niveau dieser Diskussion soll hier am Beispiel des Redebeitrags der Grünen Emilia Fester gezeigt werden. Das weiter unten verlinkte Video ist aus mehreren Gründen symptomatisch: Zum einen entblößt es gnadenlos den intellektuellen Zustand von Teilen der Grünen – auch unterhalb der politisch hochproblematischen grünen Führungsebene. Zum anderen transportiert es in besonders unverschämter Form das nun allerorten vorgebrachte „Argument“, nach dem die Gegner der Corona-Politik indirekt verantwortlich für die gesellschaftlichen Folgen eben jener Corona-Politik seien.

Corona-Politiker wollen sich weißwaschen

Ein groß angelegter Versuch der eigenen Weißwaschung ist aber auch darüber hinaus festzustellen. Umgesetzt wird er durch die für Lockdowns, maskierte Kinder, soziale Verwerfungen, 2G-Spaltungen, Demo-Verbote und einsam Sterbende verantwortlichen Bundestagsparteien und durch ihre Mitläufer unter den Bürgern. Das sture Beharren auf einer allgemeinen Impfpflicht ist vermutlich auch Teil eines Versuchs, die eigenen (Un-)Taten rückwirkend abzuschirmen: „Seht her, wie extrem gefährlich das Virus war und ist: Wir müssen sogar jetzt noch eine Impfpflicht einführen. Angesichts dieser (durch die Impfpflicht anscheinend bewiesenen) Gefahr wird auch unsere Corona-Politik rückwirkend gerechtfertigt.“ Man muss dieses Beharren als Akt der gefährlichen Rechthaberei einordnen. Nicht nur Norbert Häring bezeichnet eine Impfpflicht ab 18 Jahren als „ein Verbrechen an jungen Menschen“. Weitere Infos zur mangelhaften Datenbasis der Corona-Politik und zu Argumenten gegen eine Impfpflicht finden sich unter diesem Text.

Mit einer sachlichen Einordnung wird die Gefährlichkeit von Corona nicht prinzipiell in Abrede gestellt. Aber eine Corona-Politik, die Kinder malträtiert, die Gesellschaft spaltet und die Alten dennoch nicht angemessen schützen kann, muss umgehend verändert werden. Das Beharren auf den gefährlichen und nicht wirkungsvollen bisherigen Strategien (dazu gehört die Massenimpfung) ist Realitätsverweigerung. Das ficht Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht an. Er behauptet, dass nicht geimpfte Bürger „das ganze Land in Geiselhaft“ nehmen würden (und nicht die Gruppe fanatischer Corona-Politiker). Und auch die im folgenden Video exemplarisch vorgestellte Rede der Grünen Emilia Fester ist nichts für schwache Nerven:

Trotzige Selbstgerechtigkeit: „Ich fordere jetzt den Payback“

Oft hat man bei Versuchen von offizieller Seite, die Corona-Politik zu rechtfertigen, zunächst den Eindruck einer Selbstanklage. So zählt auch Emilia Fester erstmal auf, dass die Corona-Politik „manche von uns depressiv macht, Menschen in die Einsamkeit stürzt und Familien in den Wahnsinn treibt“. Es seien verlorene Zeiten für die Jugend: ohne Freude, Sport, Bildung, Reisen. Soweit ist man sich also offenbar einig: Die Corona-Politik ist ein Desaster für die Gesellschaft. Aber Schuld daran sind nicht die dabei ganz vorne mitmachenden Grünen und die Panikkampagnen in den Medien: Schuld sind die nicht geimpften und andersdenkenden Bürger. An deren Adresse ruft Fester schließlich theatralisch:

„Wenn Sie und Ihre Freunde der Freiheit sich einfach hätten impfen lassen – dann wäre ich jetzt wieder frei! (…) Wir sind bereit, unsere Freiheit für das Leben anderer Menschen zu geben – das ist unsere Solidarität. Aber: Ich fordere jetzt den Payback. Wir haben nämlich etwas gefunden, was uns schützen kann und darum will ich meine Freiheit zurück!“

Die von trotziger Selbstgerechtigkeit getragene Rede hat auch einen „wissenschaftlichen“ Teil:

„Nicht die Impfpflicht ist die Zumutung, sondern keine Impfpflicht ist die Zumutung für die solidarische Mehrheit. Es muss hier um die Impfpflicht für alle Erwachsenen gehen – nicht ab einer willkürlichen Altersgrenze. Denn alle Menschen, egal welchen Alters, übertragen das Virus stärker, wenn sie ungeimpft sind. Es reicht nicht mehr, mit kosmetischen Eingriffen die schweren Verläufe zu drücken: Wir arbeiten hier an der Herdenimmunität. Und deswegen nehme ich Sie nun in die Pflicht – lassen Sie sich impfen: Für die Kinder, die Jugendlichen, für unsere Freiheit. Impfen darf keine Individual-Entscheidung mehr sein.“

Das ist also das niederschmetternde Niveau des parlamentarischen Nachwuchses. Emotionen sind in der Impfdebatte absolut fehl am Platz – wer die Debatte dennoch damit aufladen will, zeigt, dass seine sachlichen Argumente schwach sind. Die Rede von Fester badet geradezu in Gefühlen, zudem möchte sie ihrem Auftritt einen pseudo-strengen Anstrich geben. Zu ihrer Entlastung könnte man auch sie als naives Opfer der Corona-Panik-Kampagne bezeichnen. Aber auch dann sollten Politiker es tunlichst vermeiden, persönliche Angstzustände auf die gesamte Gesellschaft übertragen zu wollen.

Nach der ersten Beratung im Parlament soll an diesem Montag eine Experten-Anhörung stattfinden. Entscheiden soll der Bundestag dann voraussichtlich Anfang April. Selbstverständlich ist die Rede von Fester nur ein Ausschnitt aus der Debatte. Laut DPA wurden dabei auch gegensätzliche Ansichten quer durch die Fraktionen deutlich. So wandte sich Tabea Rößner von den Grünen gegen eine Impfpflicht: „Viele haben Ängste, einige berichten von starken Impfreaktionen.“ Der LINKEN-Politiker Gregor Gysi sagte: „Bei Masern war ich dafür, weil das die Krankheit ausrottete, das schafft der Impfstoff hier nicht.“ AfD-Fraktionschefin Alice Weidel rief die Befürworter auf, ihre Anträge zurückzuziehen, eine Impfpflicht verletze Grundrechte.

Sündenböcke und höhere Gewalt

Doch die dominierende Sicht ist eine andere. Neben den Sündenböcken kommt aktuell in zahlreichen Beiträgen auch „höhere Gewalt“ ins Spiel: Die Maßnahmen „müssen“ wieder kommen – schließlich leben wir „in Zeiten der rasant steigenden Inzidenzen“. Beides (Sündenböcke und höhere Gewalt) können die verantwortlichen Politiker und Journalisten aber nicht von ihrer Verantwortung entlasten. Nicht weiter erläuterte Begründungen für verlängerte Ausnahmezustände gehen heutzutage trotzdem extrem leicht von der Hand – etwa der „Spiegel“ hält sich nicht weiter mit Details auf:

„Dann diskutierte der Bundestag über Corona. Falls es jemand vergessen hat: Die Neuinfektionen erklimmen immer neue Höchststände, die Omikron-Welle ist nicht gebrochen, im Herbst drohen neue Virusvarianten.“

Die Inzidenzen sind mittlerweile völlig aussagelos. Wer die Aussagelosigkeit der Inzidenzen nicht betont, der hat nichts Gutes im Sinn, sondern will den Sonderzustand verewigen. Dazu werden momentan auch Betrugsvokabeln wie „Basisschutz“ eingeführt.

Die Corona-Maßnahmen sind aber keine Naturgewalt. Sie werden von Abgeordneten beschlossen. Also sind diese Politiker für die Existenz und die dauernde Verlängerung der Maßnahmen verantwortlich. Und darum sind es auch sie, die für die katastrophalen Folgen der Maßnahmen verantwortlich sind. Der Versuch, die Verantwortung für diese Folgen der eigenen Politik auf nicht geimpfte Bürger und Kritiker der Corona-Politik abzuwälzen, ist durchschaubar und abzulehnen. Die angebliche „Zustimmung“ der Bürger in Umfragen ist durch Kampagnen hergestellt – sie ist darum irrelevant zur politisch-moralischen Einordnung einer Impfpflicht.

Die Alten schützen, die Kinder befreien, die Skandale aufklären!

Anstatt öffentlich Sündenböcke für die Folgen der eigenen Politik zu markieren, sollten sich die verantwortlichen Politiker lieber darum kümmern, dass endlich(!) die Corona-Risiko-Gruppen wirkungsvoll (und würdig) geschützt werden. Und während diese Gruppen endlich würdigen Schutz erhalten sollten, müssen die Kinder endlich aus der von den Erwachsenen „Schutz“ genannten Drangsalierung entlassen werden. Und anstatt emotionale Virus-Panik zu schüren, sollten lieber mit kühlem Kopf die Abrechnungs-Skandale in den Krankenhäusern und die irreführende Zählung der „an oder mit“ Verstorbenen untersucht werden. Anstatt gegen Andersdenkende zu hetzen und die gesellschaftlichen Gräben nochmals zu vertiefen, sollte endlich die materielle Situation in den Krankenhäusern konkret verbessert werden. Eine Umleitung eines Bruchteils der 100 Rüstungs-Milliarden ins Gesundheitssystem wäre ein Anfang.


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