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Titel: Impfpflicht und „Geiselhaft“

Datum: 29. März 2022 um 12:36 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Gesundheitspolitik, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech
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Das Prinzip „Sündenbock“ wird jetzt voll ausgereizt: Nach der „Pandemie der Ungeimpften“ und nach deren „Tyrannei“ werden Andersdenkende nun von mehreren Seiten als „Geiselnehmer“ bezeichnet. Das fördert nicht nur eine weitere Verrohung der Gesellschaft, es stellt auch die Realität auf den Kopf: Wenn Vokabeln wie „Geiselnehmer“ schon eingeführt wurden, dann darf man auch darauf hinweisen, dass diese Kampfbegriffe eine andere Gruppe viel treffender beschreiben – nämlich ausgewählte Politiker, Journalisten und Wissenschaftler. Ein Kommentar von Tobias Riegel.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Die Meinungsmache gegen Kritiker der Impfpflicht und der unangemessenen Corona-Maßnahmen wird aktuell nochmals intensiviert. Nach der „Pandemie der Ungeimpften“ und der „Tyrannei der Ungeimpften“ werden andersdenkende Bürger nun ganz offiziell als Geiselnehmer bezeichnet. Erstmals habe ich die inakzeptable und sachlich nicht haltbare Diffamierung von Günther Jauch gehört. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat sie gerade bei der („unterirdischen“) Bundestagsdebatte zur Impfpflicht auf die große offizielle Bühne gehoben, als er sagte, „das ganze Land“ befinde sich „in Geiselhaft“ durch Ungeimpfte. Nun hat auch der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, die Beschimpfung von der Geiselnahme aufgegriffen, dazu weiter unten mehr.

Die aktuelle Verbreitung des Schlagworts „Geiselhaft“ wird mit verteilten Rollen praktiziert. Kurz vor der Abstimmung über die Impfpflicht Anfang April werden nun die besonders groben Geschütze der Meinungsmache aufgefahren und das Prinzip „Sündenbock“ nochmals voll ausgereizt. Diese Kampfbegriffe sind gefährlich, weil die Akzeptanz ihrer Nutzung zu einer Verrohung der Gesellschaft (über das aktuelle Thema hinaus!) führt. Aber da diese gefährlichen Begriffe nun einmal eingeführt sind, darf man auch mutmaßen, wer momentan die Gesellschaft tatsächlich in „Geiselhaft“ nimmt: Ist das nicht viel eher eine Gruppe aus Journalisten, Politikern, Juristen und Wissenschaftlern, die sich in den letzten zwei Jahren massiv selber belastet haben, indem sie die Gesellschaft durch Panikkampagnen, Grabenkämpfe und unangemessene Repressionen schwer beschädigt haben?

Der „Rest der Bevölkerung in Geiselhaft“

Wie erwähnt, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, gerade: Wer die Impfung jetzt noch verweigere, Personen mit medizinischen Gründen natürlich ausgenommen, „nimmt den Rest der Bevölkerung in Geiselhaft“. Fischbach möchte mit der Formulierung für eine Impfpflicht trommeln. Zusätzlich infam finde ich, dass er dafür Kinder instrumentalisiert:

„Der Bundestag muss eine Impfpflicht für alle Erwachsenen einführen, die Impfungen ab Juni verpflichtend macht, sonst kommen wir bis zum Herbst nicht vor die Welle, und dann werden vor allem wieder die Kinder und Jugendlichen unter den unvermeidbaren Einschränkungen leiden.“

Fischbach verbindet hier die Verleumdung Andersdenkender mit dem Argument einer (nicht vorhandenen) „höheren Gewalt“, woraus sich ein nur scheinbarer Automatismus ableitet: Ohne eine Impfpflicht „werden“ im Herbst wieder Maßnahmen gegen die Bedürfnisse der Kinder ergriffen. Die gesamten Aussagen Fischbachs sind aus mehreren Gründen zurückzuweisen. Zum einen, wegen der eingangs geschilderten destruktiven Wirkung der verrohten Sprache. Zum anderen aber inhaltlich: Es gibt keine Orte, an denen die Corona-Maßnahmen unangemessener wären als in Kitas und Schulen – sie hätten dort niemals eingeführt werden dürfen.

Sorge um die Kinder als Tarnung

Fischbach tarnt sich darum meiner Meinung nach nur mit den Sorgen um die Kinder. Als Kinderarzt müsste man dafür plädieren, die Maßnahmen gegen die Kinder umgehend, ohne Vorbedingungen und ersatzlos zu streichen. Das sollte mit einer demütigen Bitte um Verzeihung geschehen, denn die verbreitete Akzeptanz der Maßnahmen gegen die Kinder (auch unter vielen Ärzten) gehört zu den größten Skandalen der Corona-Phase. Die längst überfällige „Befreiung“ der Kinder von zweifelhaften Impfungen und aussagelosen „Inzidenzen“ abhängig zu machen, ist ein (fortgesetztes) Vergehen an den Kindern und Jugendlichen. Dieses Vorgehen stützt Fischbach durch seine Aussagen.

Zum Aspekt der „höheren Gewalt“ ist zu sagen, dass sich die Corona-Verantwortlichen aus Politik, Medien und Wissenschaft schon längst nicht mehr hinter diesem Schlagwort verstecken können: Sie waren es (und keine „höhere Gewalt“), die mit Meinungsmache und Gesetzen (also mit persönlichen Handlungen) die Gesellschaft schwer geschädigt und langfristig gespalten haben. Das Corona-Virus birgt viele gesundheitliche Gefahren. Aber wie wir hier geschrieben haben: Eine Corona-Politik, die Kinder malträtiert, die Gesellschaft spaltet und die Alten dennoch nicht angemessen schützen kann, muss umgehend verändert werden. Das Beharren auf den gefährlichen und nicht wirkungsvollen bisherigen Strategien ist eine verantwortungslose Realitätsverweigerung.

Immer wieder muss auch auf die mutmaßlich vorsätzlich ungenügende Datenbasis zu Corona hingewiesen werden. Und auf die langfristigen Corona-Aspekte jenseits der aktuellen Maßnahmen: Das durch die „Neue Normalität“ eröffnete Potenzial an Mitteln zur massenhaften Überwachung der Bürger ist real und brandgefährlich, Hintergründe finden sich etwa unter diesem Link. Dass „die Corona-Geister von den Bürgern vertrieben werden müssen, weil es Andere nicht tun werden, haben wir kürzlich hier beschrieben.

„Sachstand“ zu den Sanktionen bei einer Impfpflicht

Auch ein momentan beachteter Beitrag des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zum „Sachstand“ rund um die Fragen der Sanktionen bei einer Impfpflicht hat es in sich. Der Text ist zwar nicht ganz neu und er ist auch kein Vorstoß von Parlamentariern für ein konkretes Gesetz. Dennoch kann der Text eine Mahnung sein: In der Corona-Phase wurden bereits zahlreiche Dinge Realität, die zunächst undenkbar erschienen. Der Originaltext findet sich unter diesem Link. Die „Berliner Zeitung“ berichtet aktuell, dass laut dem Gutachten Impfverweigerer möglicherweise als Straftäter betrachtet werden könnten, die im Fall einer Impfpflicht mit Zwangsmaßnahmen belegt werden dürften. Grundlage sei der § 74 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG), welches „einen Straftatbestand beinhaltet“.

Titelbild: Zhuravlev Andrey / shutterstock.com


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