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Titel: „Gelöscht, weil wir stören“ – YouTube schaltet ohne Begründung alle YouTube-Kanäle von OVALmedia ab

Datum: 3. August 2022 um 9:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Erosion der Demokratie, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien
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OVALmedia ist eine Produktionsfirma des deutschen Filmemachers Robert Cibis, die YouTube-Kanäle in deutscher, französischer, englischer und italienischer Sprache unterhielt. Auf diesen wurden Dokumentarfilme, Reportagen und Interviews wie zum Beispiel mit dem Vater von Julian Assange, Eugen Drewermann oder auch Hannes Hofbauer veröffentlicht. Am 27. Juli wurden auf einen Schlag, und laut den Betreibern ohne jede Vorankündigung, alle vier Kanäle gelöscht. Eine Spurensuche. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Der Mittwoch, der 27. Juli 2022 war ein schwarzer Tag für die Pressefreiheit. Um 17.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit wurden alle Kanäle der Firma OVALmedia gelöscht. Die Löschung betraf sämtliche Sprachen, in denen die multimediale Firma gewöhnlich sendet. Die Inhalte des deutschen, italienischen, französischen und englischen Kanals von OVALmedia wurden gleichermaßen gelöscht. Dieser brutale Abschaltung, die weder angekündigt noch begründet worden ist, verstößt nicht nur gegen die demokratische Gepflogenheiten nahezu aller europäischen Länder. Sie verstößt zudem gegen die Richtlinien des Monopolisten YouTube selbst.“

So beginnt die Pressemitteilung von OVALmedia. Weiter wird in dieser noch ausgeführt, dass die Tatsache, dass „der Digitalkonzern unterschiedslos Hunderte von Filmen, Kurzfilmen, Interviews und Reportagen zensiert“, zeige, dass diese Entscheidung nicht auf Algorithmen zurückgeführt werden könne, sondern dass es sich um eine politische Entscheidung gehandelt haben muss:

„Eine politische Zensur, die mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar auf der Ebene der EU getroffen worden ist.“

OVALmedia-Chef Robert Cibis hat zudem noch ein Video veröffentlicht, in welchem er ausführt, dass es zuvor keinerlei Warnungen oder „Strikes“ gab, und aus seiner Sicht die Lage beurteilt: „Bei diesem gezielten Angriff geht es letztlich darum, die langsame aber stetige Expansion der multimedialen Firma OVALmedia zu unterbinden. Anders als die meisten alternativen Medien ist OVALmedia nämlich gleich in mehreren Sprachräumen tätig und veröffentlicht kritische Informationen zudem in mehreren Medien, die vom Dokumentarfilm über der Reportage bis hin zum Interview und sogar Buch reichen. Durch diesen Ansatz war OVALmedia in der Lage kritische und demokratische Diskurse in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien, Belgien, Frankreich und Großbritannien miteinander zu verbinden.“

Er fasst die Situation mit dem Satz zusammen:

„Da wird einfach gelöscht, weil wir stören.“

In dem Video wird auch eine Mitteilung des Quasi-Monopolisten und Besitzers von YouTube, dem US-Großunternehmen Google LLC, eingeblendet, die OVALmedia nach Sperrung ihrer Kanäle erhielt. Diese zeigt auf, wie willkürlich Konten von Google und damit auch von YouTube eliminiert werden können:

“Google behält sich das Recht vor, ein Konto jederzeit ohne Ankündigung und ohne Angabe von Gründen aufzulösen.”

Soweit die Darstellung der von der Löschung betroffenen Vertreter von OVALmedia.

Wer steht hinter OVALmedia und was haben sie produziert und veröffentlicht?

OVALmedia wurde 1998 von den Filmemachern Robert Cibis und Lilian Franck gegründet. Zu ihr gehören die OVALmedia Berlin GmbH, die OVALmedia Cologne GmbH sowie die Produktionsfirmen OVALmedia Paris SAS und OVALmedia Rome SRL. Die multimediale Firma ist als Filmproduktion, Filmverleih und Dienstleistungsproduktion tätig und erstellte auch zahlreiche Beiträge für ARD, ZDF und Arte. Der Dokumentarfilm „Halbe Chance?“, bei dem Cibis und Franck erstmals gemeinsam Regie führten, wurde mit dem Deutsch-Französischen Journalistenpreis prämiert. Der ebenfalls gemeinsam entstandene Kino-Dokumentarfilm Pianomania hatte international Erfolg und erhielt zahlreiche Preise. 2017 wurde der investigative Dokumentarfilm „trustWHO“ (in der deutschen Fassung „WHO: Am Tropf der Geldgeber“) über den Einfluss von Industrielobbyisten auf die Weltgesundheitsorganisation veröffentlicht. Dieser erhielt laut Cibis sogar noch eine Co-Finanzierung durch das Bundeskanzleramt (BKM).

Kritische Berichterstattung zu Corona-Maßnahmen ändert alles

Doch diese Zeiten sollten sich mit Beginn der Corona-Maßnahmen ab März 2020 ändern. Denn neben Interviews und Videoformaten zu Themen wie der Lage von Julian Assange, Zensur oder gesellschaftlichen Traumata begann OVALmedia auch mit einer kritischen Begleitung der Corona-Maßnahmen durch die Bundesregierung. So finden sich auf der Website von OVALmedia Interviews und Dokumentarfilme zu der Thematik unter anderem mit Ulrike Guérot, Wolfgang Wodarg und Sucharit Bhakdi. Zudem beauftragte die sich mit Beginn der Corona-Maßnahmen konstituierende Stiftung „Corona-Ausschuss“ in Folge OVALmedia mit der technischen Betreuung, also Aufnahme und Übertragung der Ausschuss-Sitzungen. Damit war es vorbei mit der wohlwollenden Behandlung durch Bundeskanzleramt, Wikipedia und Mainstream-Medien.

Die selbsternannten „Faktenchecker“ von Correctiv begannen, sich OVALmedia zu widmen, und kritisierten:

„In einem Video von „Ovalmedia“ wird behauptet, die Covid-19-Impfstoffe wären nicht so wirksam wie behauptet.“

Der Berliner „Tagesspiegel“ widmet OVALmedia gleich mehrere Artikel in explizit denunziatorischer Absicht. Schon der erste Artikel unter dem Titel „Ovalmedia verbreitet Verschwörungslügen – und produziert für Arte“ geht in die Vollen:

„Dass man im Internet Videos mit Lügen und Verschwörungsmythen findet, war bereits lange vor Corona bekannt. Ungewöhnlich ist dagegen, dass solche Videos von einem Unternehmen hergestellt und veröffentlicht werden, das ansonsten ARD, ZDF und Arte beliefert, Filmförderungen erhält und in der Branche bislang als seriös galt. Genau das ist bei Ovalmedia der Fall.“

Im weiteren Verlauf des Artikels wird dann geschildert, wie der Tagesspiegel die Geld- und Projektgeber von OVALmedia, unter anderem ARTE, den Berufsverband von Medien- und Filmschaffenden sowie die Alice-Salomon-Hochschule, kontaktiert und fragt, wieso diese noch mit der Produktionsfirma zusammenarbeiten. Spätestens an diesem Punkt scheint die Trennlinie zwischen gerechtfertigter journalistischer Recherche und bewusster Denunziation, mit dem Ziel, die wirtschaftliche Grundlage der OVALmedia-Betreiber zu ruinieren, überschritten. Die Kampagne des Tagesspiegels scheint zumindest teilweise „Erfolg“ zu haben. So kündigte unter anderem die Volksbank das Firmenkonto von OVALmedia.

Der Tagesspiegel behauptet in seinen Artikeln zudem, es gäbe eine inhaltliche Zusammenarbeit vom „Corona-Ausschuss“ mit OVALmedia. Dies verneint OVALmedia-Chef Cibis allerdings auf Nachfrage der NachDenkSeiten und erklärt:

„Wir von OVALmedia haben keinerlei inhaltliche Funktion bei dem „Corona Ausschuss“. Wir sind ausschließlich für die technische Übertragung verantwortlich.“

Vieles deutet darauf hin, dass eine nicht genehme Berichterstattung zu den Corona-Maßnahmen durch OVALmedia zu der Komplettlöschung der YouTube-Kanäle führte. Aber ganz unabhängig davon, wie man sich zu den Corona-Maßnahmen und der Kritik dagegen verhält. Selbst wenn man ein vehementer Vertreter dieser Maßnahmen wäre, kann man es doch unter keinen Umständen gutheißen, dass ein privates US-Unternehmen und de facto Monopolist wie YouTube ohne weitere Begründung Kanäle in vier europäischen Amts- und Kultursprachen, die eine große Bandbreite an politischen und kulturellen Themen abdeckten und Menschen eine Stimme gab, deren Meinungen und Einschätzung keinen Eingang in den sogenannten „etablierten Medien“ fanden, einfach so per digitalem Fingerschnips eliminieren kann.

Es wäre eigentlich schon vor Jahren die Aufgabe der Politik und Judikative gewesen, die beinahe uneingeschränkte Macht und Willkür der digitalen Monopole, die zudem ausschließlich ihre Hauptsitze in den USA haben, wie Alphabet Inc. (u.a. Google und YouTube), Meta Platforms (Facebook, Whatsapp, Instagramm) sowie Twitter zu brechen und im Sinne einer demokratischen Kontrolle zu reglementieren. Man fragt sich ganz naiv, wieso die Bundesregierung bisher kaum Interesse zeigt, diesbezüglich zu handeln.

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Titelbild: Cloudy Design / Shutterstock


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