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Titel: Die EU-Sanktionen gegen Lipp und Röper sind ein Skandal
Datum: 22. Mai 2025 um 10:00 Uhr
Rubrik: einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Erosion der Demokratie, Medienkonzentration, Vermachtung der Medien
Verantwortlich: Tobias Riegel
Die EU hat jetzt auch zwei deutsche Journalisten, die im Ausland leben, auf die Sanktionsliste gesetzt. Der Schritt ist ein Schlag gegen die Meinungsfreiheit und andere Grundrechte. Zusätzlich illustriert der Vorgang die Heuchelei der EU bezüglich ihrer eigenen Phrasen von der „Freiheit“. Vermutlich folgt das Vorgehen dem Motto: „Bestrafe einen, erziehe Hundert“. Ein Kommentar von Tobias Riegel.
Die Europäische Union hat am Dienstag ihr mittlerweile 17. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen – erstmals betroffen sind auch zwei deutsche Staatsbürger, wie Medien berichten. Im Fokus stehen demnach die Journalistin Alina Lipp und der Autor Thomas Röper. Beide sollen laut EU „russische Propaganda“ verbreitet und durch ihre Berichterstattung zu „destabilisierenden Aktivitäten“ beigetragen haben. Auf die konkreten Inhalte der Sanktionen und ihre Folgen geht Thomas Röper etwa in diesem Artikel ein:
„Diese Sanktionen bedeuten laut dem ‘BESCHLUSS (GASP) 2024/2643 DES RATES‘ der EU erstens, dass ich nicht mehr in EU-Länder einreisen darf. Für die Regelung gibt es eine Ausnahme, die lautet, dass die Bundesrepublik Deutschland selbst entscheiden darf, ob ich noch nach Deutschland einreisen darf. Für alle anderen EU-Staate gilt für mich nun eine Einreisesperre.“
Röper ergänzt:
„Zweitens bedeutet das für mich laut dem Beschluss: ’Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum (von Thomas Röper) stehen oder von (Thomas Röper) gehalten oder kontrolliert werden, werden eingefroren.’ Und es bedeutet weiter für alle anderen Menschen: ‚(Thomas Röper) dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.‘“
Das sind massive und inakzeptable Angriffe auf Grundrechte. Röper weist zusätzlich darauf hin, dass er allen Spendern rate, erst einmal nichts mehr zu spenden, weil sie sich sonst der Umgehung von Sanktionen schuldig machen könnten. In dem Artikel zählt er weitere, teils gravierende Folgen für seine Tätigkeit und seine Person auf, weitere Infos hat er in seinem aktuellen Podcast zusammengefasst. Eine Erklärung der EU zu den Sanktionen findet sich unter diesem Link.
„Bestrafe einen, erziehe Hundert“
Es geht bei der Beurteilung des Vorgehens der EU nicht um die journalistischen Inhalte von Lipp und Röper, sondern es geht um ein wichtiges Prinzip. Würde es um die konkreten Inhalte gehen, dann wäre ein weites Feld der Sanktionierung eröffnet: Viele Bürger würden ein „destabilisierendes“ Verhalten und den Vorwurf der Propaganda eher mit einigen Vertretern aus den deutschen und europäischen Mainstream-Medien in Verbindung bringen: Schließlich erschüttern die mit ihrem Trommeln für Waffenlieferungen und einen sinnlosen Wirtschaftskrieg die hiesige Gesellschaft viel stärker, als es Lipp und Röper je könnten, schon allein wegen der stärkeren Reichweite. Oder wie sieht es mit radikalen pro-israelischen Stimmen aus, die den Krieg in Gaza anfachen? Diese Fragen sollen nur die doppelten Standards illustrieren, sie sind rein rhetorischer Natur: Ich fordere keineswegs die Sanktionierung von irgendeinem Medium oder irgendeinem Journalisten.
Röper und Lipp machen aus ihren politischen Präferenzen kein Geheimnis. Diese Präferenzen stimmen zum Teil nicht mit meiner Meinung überein, aber meine Meinung ist bei dieser Frage genauso irrelevant wie die Meinung von EU-Bürokraten. Solange kein Gericht nach seriösen Kriterien Tatbestände wie persönliche Beleidigung oder Volksverhetzung etc. festgestellt hat, sind die Beiträge der Beiden als gegebenenfalls der eigenen Meinung widersprechende Standpunkte hinzunehmen und auszuhalten. Und ohne ein solches seriöses Urteil bleibt das „Urteil“ der EU über die beiden Journalisten selber ein Akt der Propaganda. Zumindest im Fall Alina Lipp stehen zwar fragwürdige Ermittlungen wegen „Kriegspropaganda“ im Raum, die wegen fehlendem Zugriff aber ruhen und darum ebenfalls keine Orientierung geben.
Und wenn der Koloss EU angeblich Angst vor einer „Destabilisierung“ durch die beiden Blogger hat, dann sagt das auch viel über die innere Verfassung des Staatenbündnisses und dessen offensichtlich bröckelnde Stabilität. Auf diesen Punkt ist Thomas Röper in diesem Artikel eingegangen.
Die Entscheidung der Sanktionierung folgt meiner Meinung nach dem Motto „Bestrafe einen, erziehe Hundert“, Einschüchterung auch in Richtung anderer Alternativmedien ist sicherlich erwünscht. Und wer nun meint, dieser Skandal sei keiner, weil es ja „die Richtigen“ trifft, der hat das Risiko nicht erfasst, das in der selektiven Einschränkung der (allgemeinen) Meinungsfreiheit und in der Beschädigung von wichtigen Prinzipien der Gleichbehandlung und anderen Grundrechten liegt.
Titelbild: ANDRANIK HAKOBYAN / Shutterstock
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