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Titel: Es kann nicht sein … was Söder so von sich gibt
Datum: 3. Juli 2025 um 9:00 Uhr
Rubrik: Finanzpolitik, Hartz-Gesetze/Bürgergeld, Kampagnen/Tarnworte/Neusprech, Lobbyismus und politische Korruption
Verantwortlich: Redakteur
Spitzenpolitiker sind eine besondere Spezies, weil sie oft anderes sagen als das, was sie wirklich im Schilde führen – oder es gar verschweigen. Beispiel Markus Söder von der CSU: Der wortgewandte Ministerpräsident von Bayern prescht vor, wo es wehtut, wie gerade wieder beim ewigen Klagen über hohe Sozialkosten (ohne die Ursachen in Angriff zu nehmen). Söder haut drauf und verwendet einen Trick: Die Politik würde ja, wenn sie könnte, aber … Das verhasste Bürgergeld koste zu viel, deshalb fehlten dann die Mittel für die Senkung der Stromsteuer (außer für Konzerne). Schweigen herrscht indes beim CSU-Politiker zu wirklich sinnlosen „Kosten“. Lieber reist Söder nach Brüssel zu NATO-Chef Mark Rutte und zu Frau von der Leyen, um für den Freistaat zu werben – gilt Bayern doch als starker Standort der deutschen Rüstungsindustrie, die sehr viel Geld (für sich selbst und die Aktionäre) einbringt und uns (!) sogar noch mehr kostet als zum Beispiel das Bürgergeld … Von Frank Blenz.
Söder in Brüssel obenauf – daheim geht es gegen die Bürgergeldbezieher
Wessen Geistes Kind die Spitzenvertreter der derzeitigen politischen Klasse wirklich sind, können diese nicht immer verbergen – so wie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Der weilte dieser Tage in Brüssel, wo der Landesvater Bayerns EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen 70 Seiten langen Forderungskatalog überreichte und danach ins NATO-Hauptquartier fuhr, um bei Mark Rutte für den Rüstungsstandort Bayern zu werben. Das Treffen war ganz nach dem Geschmack Söders, so mitten im militärischen Machtzentrum. Vorher tobte Söder sich daheim noch mal über die zu hohen Kosten für das schmarotzerische Bürgergeld aus und verriet ungeniert klar seine Haltung mit der ewigen Leier der Politiker über Einsparungen bei den Sozialausgaben:
„Es kann nicht sein, dass wir beim Bürgergeld Rekordausgaben haben und deswegen andere wichtige Anliegen wie Entlastungen bei der Stromsteuer aufschieben müssen. Genau darüber wird im Koalitionsausschuss zu sprechen sein“, sagte Söder der Nachrichtenagentur dpa.
Quelle: Welt
Was Söder unter den Tisch fallen ließ, dass es eben nicht sein kann, dass die Bundesregierung erneut und wohl systematisch Versprechen einkassiert, so wie bei der angekündigten Entlastung in Sachen Stromsteuer. Die Senkung dieser Last sollte laut Koalitionsvertrag als Sofortmaßnahme alle Bürger erreichen. Doch Pustekuchen – Markus Söders hinterlistige, ja falsche Begründung für das Abrücken lautete: die „Rekordausgaben“ beim Bürgergeld. Kein Wort kam von ihm (und seinen sozialen, christdemokratischen, christsozialen Kollegen), dass das Bürgergeld im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten zu niedrig ist, dass nicht wenige Bezieher das leidige Bürgergeld ergänzend als Aufstocker bekommen, weil zum Beispiel der Lohn nicht reicht; dass viele Arbeitslose zig Bewerbungen schreiben, um dann im sogenannten „ersten Arbeitsmarkt“ doch keine faire Chance zu bekommen. Weil Menschen zu wenig verdienen oder keine Arbeit bekommen, darum steigen die Sozialausgaben – kein Ton von Söder zu diesem Zusammenhang, der ja eigentlich nicht sein kann, würde die Politik sozial und den Menschen zugewandt agieren. Kein Wort von Söder, dass die Stromkosten auch deshalb so hoch sind, weil Deutschland lieber teure Rohstoffe einkauft als preiswerte.
König Söder will lieber Bayerns Waffenschmiede weiter stärken
Was kümmert Markus Söder das alles? Der Ministerpräsident verbrachte lieber eine schöne Zeit in Brüssel und gefiel sich als Lobbyist der bayrischen Waffenschmieden und der dort ganz ohne schnödes Bürgergeld auskommenden Fachkräfte. Aus gutem Grund:
Ein Drittel der deutschen Rüstungsproduktion läuft im Freistaat vom Band. „Mit über 45.000 Beschäftigten in der Verteidigungsindustrie ist Bayern ein zentraler Drehpunkt für die deutsche Verteidigungswirtschaft“, hieß es kürzlich von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft.
Und siehe da, Söders Besuch wurde entsprechend gefeiert und bekam wie gewohnt eine gute, wohlwollende Presse, der er dann glücklich verklickerte:
„Man spürt geradezu die Erleichterung, dass Deutschland seine Verantwortung wahrnimmt, dass Deutschland nach vorne geht beim Thema Verteidigung“, sagte Söder nach dem Termin. Und Bayern sei ein „Eins-A-Standort“. Hinter ihm wehten die Flaggen der 32 Nato-Mitgliedstaaten. Markus Söder wirkte zufrieden.
Quelle: Augsburger Allgemeine
Zurück daheim – wie wäre es mit der Wahrheit?
Deutschland geht nach vorne, so Söder im Fußballsprech. Bayerns Rüstungsindustrie ist dank des Aufrüstungswahns und der künftigen Planungen ja auch dick im Geschäft. Der Ministerpräsident jubelte über den Standort, über den Vorteil, er wies nicht auf die wirklichen Nachteile des Wahns hin. Was bei den Waffenschmieden verdient wird, fehlt anderswo. Deren Einnahmen sind des Staates, also unsere Ausgaben. Der soziale Christ Söder sollte folglich sagen: „Es kann nicht sein, dass wir bei der Aufrüstung Rekordausgaben haben, während unser Zivilleben, unsere sozialen Verpflichtungen leiden.“ Er spricht anders.
Noch ein echter Söder – es geht um die Abschaffung einer Pflicht, die es gar nicht gibt
Doch manchmal wird er ertappt. Radio Hören bildet. Vor einiger Zeit berichtete der Bayerische Rundfunk von einem glanzvollen Auftritt Söders im Landtag. Der Ministerpräsident gab eine Erklärung zum Bürokratie-Abbau ab.
Darunter war auch das Versprechen, landesrechtliche Statistikpflichten für die Wirtschaft für zwei Jahre auszusetzen. Söder sagte damals: „Unsere Handwerker, viele, auch Bäcker und Metzger, empfinden diese ganzen Statistikpflichten als echte Belastung im Alltag. Wir werden für Statistik im Landesrecht ein Moratorium für zwei Jahre machen. Und wir überprüfen noch einmal detailliert und entschlacken auch die bayerischen Regeln zum Datenschutz.“
Der Ankündigung Söders folgten Aktivitäten.
Tatsächlich wurde mit Artikel 28b des Statistikgesetzes ein entsprechender neuer Gesetzesartikel eingefügt. Da heißt es wörtlich: „In den Jahren 2025 und 2026 werden auf landesrechtlicher Grundlage weder Daten zum Zwecke der Statistiken erhoben noch entsprechende Statistiken geführt.“
Nicht bekannt ist, ob und inwieweit die bayerischen Handwerker ihrem mitfühlenden Landesvater dankten und/oder von der Entlastung dieser ganzen Statistikpflichten profitierten. Viele werden bald den Söder‘schen Blödsinn entdeckt haben:
Der Schönheitsfehler: Es existieren keine landesrechtlichen Statistikpflichten für Handwerker oder Unternehmen.
Quelle: Bayrischer Rundfunk
Titelbild: Foto-berlin.net/shutterstock.com
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