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Titel: Zur Diskussion gestellt: Arbeitet das Spitzenpersonal Steinmeier und Merkel für uns oder für fremde Interessen?

Datum: 6. September 2019 um 14:46 Uhr
Rubrik: Aktuelles, Außen- und Sicherheitspolitik, Audio-Podcast, einzelne Politiker/Personen der Zeitgeschichte, Gedenktage/Jahrestage
Verantwortlich:

Bevor Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, über diese harte Frage empören, habe ich die herzliche Bitte, sich mit den Fakten zu beschäftigen. Mich irritiert immer noch folgender Vorgang: Am 1. September wurde des Beginns des Zweiten Weltkrieges gedacht, in Polen. Dorthin reisten Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Steinmeier. Auf Einladung der polnischen Regierung. Nicht eingeladen waren Vertreter Russlands, obwohl Russland die meisten Opfer gebracht hat. Polen arbeitet mit der Nicht-Einladung an Russland an der Verschärfung der Spaltung Europas. Das ist ganz nach dem Wunsch der USA und der NATO. Merkel und Steinmeier machen dabei mit. Alleine dieser Vorgang ist Grund genug, darüber nachzudenken, für wen die Spitzen unseres Staates arbeiten. Das wollen wir hiermit zur Diskussion stellen. Wir werden alle Lesermails, in denen sachlich und mit Fakten und schlüssigen Indizien belegt berichtet wird, veröffentlichen. Albrecht Müller.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Zunächst noch einige Informationen zum Thema:

  1. Christian Müller vom Info Sperber hat an Steinmeier einen kritischen Brief geschrieben. Wir haben in den Hinweisen des Tages darauf verlinkt, fügen den Text aber unter Anhang A unten noch einmal an. Christian Müller ist in seiner Aussage nicht so hart wie ich hier. Aber er beschreibt ausführlich und begründet, wie der deutsche Bundespräsident die USA und die NATO hofiert – ohne Rücksicht auf die vielen Kriege, die die USA in aller Welt führen.
  2. Der österreichische ORF hat ein paar wichtige Informationen zum Vorgang geliefert. Das finden Sie unter Anhang B.
  3. Zur Rolle Russlands im Zweiten Weltkrieg hat sich Götz Aly in einer Rede zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar 2019 geäußert:

    „Sowjetische Soldaten mussten die mit Abstand schwersten Opfer auf sich nehmen. Sofern sie den Krieg lebend überstanden hatten, kehrten sie in eine zerstörte, ausgeplünderte und ausgeblutete Heimat zurück; mehr als zwei Millionen von ihnen wurden in deutscher Gefangenschaft vorsätzlich ermordet, zumeist mit dem Mittel des Hungers. Zu den Gefallenen oder von Deutschen als Gefangene ermordeten sowjetischen Soldaten zählen auch 200.000 der insgesamt 500.000 jüdischen Rotarmisten.“

Alleine diese Feststellungen über die unermesslichen Opfer hätten Steinmeier und Merkel dazu veranlassen müssen, am 1. September 2019 nicht nach Polen zu fahren oder auf einer Einladung der Vertreter Russlands zu bestehen. Dass sie diese Selbstverständlichkeit nicht erbracht haben, kann man nur damit erklären, dass sie keine freien Menschen sind, sondern in anderen Diensten.

Mein Verdacht, dass unser Bundespräsident kein freier Mann ist, folgt aus langer Beobachtung von außenpolitischen und innenpolitischen Vorgängen und Äußerungen. Ich nenne ein paar wenige Stichworte:

  • Steinmeiers zusammen mit dem polnischen und französischen Außenminister unternommener Vermittlungsversuch in der Ukraine. Die drei haben im Februar 2014 mit dem damaligen, gewählten Präsidenten eine Vereinbarung ausgehandelt – als dann diese Vereinbarung unter anderem durch Schüsse auf dem Maidan gebrochen wurde, war Steinmeier verschwunden. Meine Einschätzung: das Verhandeln war ein Vorwand und der damalige Außenminister wusste das.
  • Steinmeiers Auftritt in Finnland. Siehe hier: Kein Interesse am Frieden – mal wieder ziehen die NachDenkSeiten die Stimmung runter.
  • Steinmeiers Rede auf einer Versammlung des Arbeitgeberverbandes im Jahre 2013. Siehe hier. Hier bin ich dann ausführlich auf weitere Indizien für die Fremdbestimmung eingegangen.
  • Dass Bundeskanzlerin Merkel in ihren Entscheidungen so frei wie nötig ist, glaube ich auch nicht. Aber wir von den NachDenkSeiten-Redaktion wollen diese Debatte nicht allein bestimmen. Wir bitten darum, sich über die Leserbriefadresse [email protected] zu äußern und Indizien zu nennen. Das kann Pro und Contra sein. Wir sind offen für die Debatte. Aber wir wollen sie anstoßen.

Nachtrag. Hier ein einschlägiger, treffender Artikel von Andreas Richter in RT Deutsch. Das gehört zum Thema:

Meinung

“Die Größe Amerikas” – Geschichtsunterricht mit Frank-Walter Steinmeier

Der deutsche Bundespräsident hat am Sonntag bei der Veranstaltung zur Erinnerung an den Kriegsbeginn 1939 eine Rede gehalten. Russland und die Sowjetunion, deren Armeen den Krieg entschieden, kamen in der Rede nicht vor. Dafür hielt Steinmeier eine Eloge auf: die USA.

von Andreas Richter

deutsch.rt.com/meinung/91933-geschichtsunterricht-mit-frank-walter/

Anhang A. Offener Brief des Schweizers Christian Müller vom Info Sperber an den deutschen Bundespräsidenten Steinmeier

War das nötig, Herr Steinmeier?

© aw

Christian Müller / 03. Sep 2019 – Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in Polen vor allem die USA hofiert. Aus welchem Anlass?

Sehr geehrter Herr Bundespräsident

Ihr persönlicher Auftritt in Wieluń und Warschau vor zwei Tagen war zwar nicht so eindrücklich wie der spontane Kniefall von Willy Brandt am 7. Dezember 1970 in Warschau. Es ehrt Sie aber sehr, dass Sie anlässlich der Erinnerungsfeiern an den Angriff Nazi-Deutschlands auf Polen vor 80 Jahren Klartext gesprochen und die grosse Schuld Deutschlands am Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ungeschminkt eingestanden haben. Ihre Entschuldigung für die Kriegsverbrechen Hitler-Deutschlands wirkt glaubwürdig, Ihre wohlvorbereiteten Worte sind angekommen. Danke insbesondere auch für den einen Satz: «Dass auf diesem Platz, an diesem Tag ein deutscher Präsident vor Ihnen stehen und sprechen darf – das zeigt das lebendige Wunder der Versöhnung.»

Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, haben mit der stillschweigenden Akzeptanz, dass zu diesem Anlass, an dem gemäss Ihrer eigenen Ansprache Staatsvertreter aus 40 Ländern (!) anwesend waren, ausgerechnet Russland aber nicht eingeladen war, allerdings keinen Beitrag zu einem «Wunder der Versöhnung» geleistet.

Wörtlich haben Sie gesagt:

«Unsere Verantwortung, sie gilt auch der transatlantischen Partnerschaft. Wir alle blicken an diesem Jahrestag mit Dankbarkeit auf Amerika. Die Macht seiner Armeen hat – gemeinsam mit den Verbündeten im Westen und im Osten – den Nationalsozialismus niedergerungen. Und die Macht von Amerikas Ideen und Werten, seine Weitsicht, seine Grosszügigkeit haben diesem Kontinent eine andere, eine bessere Zukunft eröffnet.»

Und weiter:

«Herr Vizepräsident, das ist die Grösse Amerikas, die wir Europäer bewundern und der wir verbunden sind. Dieses Amerika hat der Welt die Augen geöffnet für die unbändige Kraft der Freiheit und der Demokratie – gerade auch uns Deutschen. Diesem Amerika war das vereinte Europa immer ein Anliegen. Dieses Amerika wollte echte Partnerschaft und Freundschaft in gegenseitigem Respekt.»

Und dann:

«Vieles davon scheint heute nicht mehr selbstverständlich. Deshalb: Lasst uns nicht vergessen, was uns stark gemacht hat – diesseits und jenseits des Atlantiks! Lasst uns das Gemeinsame bewahren in dieser Welt voller Veränderung und schwindender Gewissheiten!»

Und schliesslich:

«Wir wissen wohl: Europa muss stärker und selbstbewusster werden. Aber wir wissen auch: Europa soll nicht stark sein ohne Amerika – oder gar gegen Amerika. Sondern Europa braucht Partner. Und ich bin sicher, auch Amerika braucht Partner in dieser Welt. Also lasst uns diese Partnerschaft pflegen! Lasst uns den Anspruch bewahren, dass der ‹Westen› mehr ist als eine Himmelsrichtung!»

Was, sehr geehrter Herr Bundespräsident, gab Ihnen Anlass zu dieser einseitigen USA-Hofiererei an einem Gedenktag des deutschen Angriffs auf Polen? Haben Sie, heute Bundespräsident und vordem deutscher Aussenminister, vergessen, dass es – militärisch – die Sowjetarmee war, die Hitler in Stalingrad und Kursk in die Knie gezwungen hat und damit den Niedergang der deutschen Wehrmacht einleitete? Haben Sie vergessen, dass Churchill noch im Januar 1945 – also ein halbes Jahr nach der Landung in der Normandie – Stalin ausdrücklich darum gebeten hat, die Kämpfe gegen die deutschen Truppen an der Ostfront aufrecht zu erhalten oder sogar zu intensivieren, weil er wusste, dass die USA und Grossbritannien bei den bevorstehenden Schlachten an der neu eröffneten Westfront gegen die Hitler-Truppen kaum eine Chance hatten, wenn Hitler seine Truppen von der Ostfront abziehen und an die Westfront verschieben konnte? Haben Sie vergessen, dass der von Deutschland mit dem Abkommen von München und dem Angriff auf Polen eröffnete Zweite Weltkrieg in Russland um die 27 Millionen Opfer forderte, die Hälfte davon Zivilisten, während die USA 400’000 Soldaten verloren haben und null zivile Opfer zu beklagen hatten?

Haben die USA oder die Transatlantische Partnerschaft, die NATO, in letzter Zeit etwas von sich gegeben, das nach Versöhnungspolitik getönt hat? Haben Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, vergessen, dass es die USA und die NATO waren – unter Beteiligung der deutschen Luftwaffe –, die im Rahmen der «Operation Allied Force» im Jugoslawienkrieg im Frühling 1999 erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder einen militärischen Angriff auf einen anderen Staat starteten und dabei mit schweren Bombardierungen beileibe nicht etwa gespart haben? Haben Sie vergessen, dass die NATO seit nunmehr 18 Jahren in Afghanistan einen Krieg führt, der bisher über 150’000 Menschen das Leben kostete, darunter vielen Zivilisten? Haben Sie vergessen, dass die NATO ihrem Bündnispartner Türkei erlaubt, kurdische Gebiete in Nordsyrien gegen den Willen der dortigen Bevölkerung zu annektieren?

Sehr geehrter Herr Bundespräsident, es ist nachvollziehbar, dass Sie an diesem Gedenktag des deutschen Angriffs auf Polen die Polen nicht daran erinnern wollten, dass Polen nach dem Abkommen von München 1938 im Schatten des deutschen Einmarsches in die Tschechoslowakei diesem Land – unter Einsatz von Dutzenden von Panzern – noch schnell die Stadt Těšín weggenommen hat. Eine solche Bemerkung hätte Polens Gastfreundschaft zweifellos verletzt. Aber war es nötig, Amerika zu hofieren, nur weil Sie wissen, dass viele Polen die USA deutlich mehr lieben als die EU (Auch Donald Tusk, den Präsidenten des Europäischen Rates, hat Polen ja nicht eingeladen)? Und weil Sie wissen, dass Polen bei der US-Rüstungsindustrie in den letzten Monaten für 3,8 Milliarden Euro Patriot-Raketenabwehr-Systeme und für 365 Millionen Euro 20 mobile Raketenabschuss-Systeme bestellt haben? Oder war es einfach nur ein peinlicher Kotau vor dem anwesenden US-Vizepräsidenten Mike Pence?

War Ihre Lobesrede an die Adressen der USA und der NATO ausgerechnet bei diesem Anlass, wo Sie «das Wunder der Versöhnung» thematisieren wollten, wirklich nötig?

Eine Antwort würde mich freuen.

Hochachtungsvoll
Christian Müller
ein für einmal nicht ganz stiller Beobachter aus dem Ausland

Anhang B. Pence lobt Polen

US-Vizepräsident Michael Pence hat Polen heute – unter anderem für seinen Widerstand gegen die russische Erdgasleitung „North Stream 2“ – gelobt. Er stellte zudem ein Ende der Visapflicht in Aussicht. Polen will seinerseits noch heuer über den Stationierungsort für zusätzliche US-Truppen auf polnischem Boden entscheiden.

Letzteres kündigte Polens Präsident Andrzej Duda nach dem Treffen mit Pence an. „Ich hoffe, dass wir noch in diesem Jahr die finalen Verträge zur Erweiterung der amerikanischen Militärpräsenz unterschreiben werden und dass die endgültige Entscheidung fällt, wo die Truppen stationiert werden sollen“, so Duda.

Das US-Truppenkontingent soll von 4.500 auf 5.500 Soldaten aufgestockt werden. Trump hat ins Spiel gebracht, dafür Soldaten aus Deutschland abzuziehen.

Polen bei Gas auf US-Linie

Duda sagte, ein weiteres Thema der bilateralen Gespräch mit Pence sei die Zusammenarbeit in der Energiewirtschaft gewesen. Polen hat sich zum Kauf von amerikanischem Flüssiggas im Wert von umgerechnet rund 30 Milliarden Euro entschieden und ein eigenes Terminal gebaut, an dem Gastanker aus den USA anlegen können. Die USA sind gegen die „North Stream 2“-Pipeline, einerseits aus strategischen Gründen, andererseits, weil sie eigenes Flüssiggas an Europa verkaufen wollen.

Pence vertritt US-Präsident Donald Trump, der seinen Polen-Besuch und seine Teilnahme am Weltkriegsgedenken wegen des Hurrikans „Dorian“ kurzfristig abgesagt hatte.

red, ORF.at/Agenturen


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