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Titel: US-Investmentgesellschaft BlackRock soll im Auftrag von Zelenskij den Wiederaufbau der Ukraine koordinieren

Datum: 18. Januar 2023 um 9:00 Uhr
Rubrik: Audio-Podcast, Aufrüstung, Drehtür Politik und Wirtschaft, Lobbyismus und politische Korruption, Militäreinsätze/Kriege
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Ende Dezember 2022 hatte der US-Milliardär und Vorstandsvorsitzende von BlackRock, Larry Fink, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskij vereinbart, dass sein Unternehmen die „Investitionsbemühungen zum Wiederaufbau der Ukraine“ koordinieren soll. Zuvor hatte bereits im November letzten Jahres das ukrainische Wirtschaftsministerium ein sogenanntes ‚Memorandum of Understanding‘ unterzeichnet, welches der weltweit größten Investmentgesellschaft weitreichenden Einfluss und Beratungstätigkeiten „bei der Gestaltung eines Investitionsrahmens zum Wiederaufbau“ einräumt. Gleichzeitig finanzieren die größten finanziellen Profiteure des Krieges, die US-Rüstungsfirmen Northrop Grumman, Raytheon und Lockheed Martin, Schampus-Empfänge der ukrainischen Botschaft in Washington. Der Krieg in der Ukraine als einzigartige „business opportunity“ für US-Firmen. Von Florian Warweg.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

„Und lassen Sie uns das klarstellen. Der Grund dafür, dass eine große parteiübergreifende Mehrheit im Kongress die weitere Unterstützung der Ukraine befürwortet, liegt nicht in dem Wunsch, sich philanthropisch zu engagieren. Die wichtigsten Gründe für die weitere Unterstützung der Ukraine bei der Niederringung der russischen Invasoren sind kalte, harte, praktische amerikanische Interessen.“

Dies erklärte unverhohlen am 21. Dezember 2022 der Fraktionsvorsitzende der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell. Und er meinte dabei nicht nur militärische Interessen, sondern auch die ebenso knallharten „Geschäftsmöglichkeiten“, die der Krieg in der Ukraine für die US-amerikanische Rüstungs- und Investmentindustrie darstellt.

Ukrainekrieg als Umsatzturbo für US-Rüstungsfirmen

US-Verbündete haben allein 2022 Waffen für über 50 Milliarden US-Dollar in den USA eingekauft, eine Steigerung um 43 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zu den größten Gewinnern gehören die US-Rüstungsfirmen Lockheed Martin, Raytheon und Northrop Grumman. Auch deren Aktien sind seit dem 24. Februar geradezu in die Luft geschossen, im Falle von Lockheed zum Beispiel um satte 38 Prozent.

Diese Euphorie führt so weit, dass die drei erwähnten US-Rüstungsfirmen mitten im Ukraine-Krieg völlig unverblümt Festempfänge der ukrainischen Botschaft in Washington D.C. finanzieren.

Quelle: Verifizierter Screenshot der Einladung der ukrainischen Botschaft in Washington D.C.

Diese offen zur Schau gestellte Schampus-Laune sorgt selbst bei vehementen Ukraine-Unterstützern für Irritationen. Bill Hartung, ein Forscher am Quincy Institute for Responsible Statecraft, äußerte gegenüber VOX seine Verwunderung über diese Art von „Sponsoring“:

“Ich kann mir keine andere Situation und Land vorstellen, in der Auftragnehmer der Rüstungsindustrie eine Veranstaltung für ein Land sponsern würden, das sie mitten im Krieg bewaffnen.“

Ähnlich fällt die Einschätzung von Matt Duss, Mitarbeiter der US-Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace, aus:

“Die ukrainischen Diplomaten sollten sich besser überlegen, wie es aussieht, wenn sie Partys mit den Rüstungsunternehmen feiern, die an diesem schrecklichen Krieg verdienen.“

Der Krieg in der Ukraine kennt vor allem einen Gewinner: BlackRock

Der größte Anteilseigner an den erwähnten US-Rüstungsfirmen ist die US-Firma BlackRock, der erste Finanzdienstleister der Welt, welcher die ungeheure Summe von zehn Billionen US-Dollar verwaltet.

Um diese Zahl besser einschätzen zu können. Der gesamte Staatshaushalt der Bundesrepublik Deutschland lag im vergangenen Jahr bei circa umgerechnet 500 Milliarden Dollar und selbst die Staatsausgaben der USA lagen beispielsweise 2021 mit 9,6 Billionen Dollar unter dem Wert der aktuell von BlackRock verwalteten Summen.

BlackRock hat allein Dutzende von Milliarden Dollar in die führenden Militärunternehmen der Vereinigten Staaten investiert und ist damit einer der größten Miteigentümer von Lockheed Martin (6,4%), Boeing (5,2%), Northrop Grumman (5,5%) und Raytheon (6,6%). Die US-Investmentgesellschaft profitiert entsprechend von deren aktuellen Waffenverkäufen in Rekordhöhe an die Ukraine. Doch BlackRock ist nicht nur finanziell eng mit den US-Rüstungsherstellern verflochten – sondern auch personell. Führungskräfte des Finanzdienstleisters sind mit diversen Rüstungsherstellern direkt verbunden. Exemplarisch sei auf die vormalige Generalinspektorin der US-Luftwaffe und jetzige Boeing-Vorständin Stayce D. Harris verwiesen, welche zugleich auch den „Fixed Income Mutual Funds“ von BlackRock leitet.

BlackRock-Führungskräfte in Schlüsselpositionen der Biden-Regierung

Diese Verflechtungen von BlackRock-Führungskräften ist nicht auf den Rüstungssektor beschränkt. Im August 2022 wechselte Eric Van Nostrand, zuvor geschäftsführender Direktor von BlackRock, ins US-Finanzministerium als „leitender Berater für Wirtschaftsfragen im Zusammenhang mit Russland und der Ukraine“.

Bereits unmittelbar nach seinem Wahlsieg im November 2020 hatte US-Präsident Joe Biden zwei BlackRock-Führungskräfte in leitende Positionen seines Wirtschaftsteams berufen: Brian Deese, der frühere Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit bei BlackRock, wurde Chef des Nationalen Wirtschaftsrats und Adewale Adeyemo, früher Senior-Berater bei BlackRock, wurde Vize-Finanzminister. Damit nicht genug, wenig später wechselte Mike Pyle, der frühere Chef-Investmentstratege von BlackRock, ebenfalls in die Biden-Regierung als Chef-Wirtschaftsberater von Kamala Harris. Er gilt aktuell als Schlüsselfigur in Bezug auf die Umsetzung der Russland-Sanktionen. Alle vier hatten zuvor Führungsposition in der Obama-Regierung inne, bevor sie zu BlackRock wechselten und nun wieder strategische Positionen in der Biden-Regierung innehaben.

Wiederaufbau“-Deal zwischen BlackRock und Selenskyj

Die beschriebenen Drehtür-Verflechtungen zwischen BlackRock und dem US-Wirtschaftsministerium sollte man bei der Einschätzung der jüngst zwischen BlackRock und der ukrainischen Regierung geschlossenen Vereinbarungen „zur Koordinierung der Investitionsbemühungen zum Wiederaufbau“ im Hinterkopf behalten.

Am 28. Dezember gab das Präsidialbüro der Ukraine bekannt, dass Wolodymyr Selenskyj und BlackRock-Chef Larry Fink im Rahmen eines Videogesprächs übereinkamen, „sich auf die Koordinierung der Bemühungen aller potenziellen Investoren und Teilnehmer am Wiederaufbau zu konzentrieren und die Investitionen in die wichtigsten und wirkungsvollsten Sektoren der ukrainischen Wirtschaft zu lenken.“

Ergänzend hieß es in der Pressemitteilung:

„Gemäß den Vereinbarungen, die Anfang des Jahres zwischen dem Staatschef und Larry Fink getroffen wurden, arbeitet das BlackRock-Team seit mehreren Monaten an einem Projekt zur Beratung der ukrainischen Regierung bei der Strukturierung der Wiederaufbaufonds des Landes.“

In diesem Zusammenhang wurde zudem angekündigt, dass mehrere Führungskräfte von BlackRock zu Beratungszwecken zeitnah in die Ukraine reisen werden.

Zuvor hatte am 10. November 2022 das ukrainische Wirtschaftsministerium ein Memorandum of Understanding mit BlackRock in Washington D.C. unterzeichnet. In der entsprechenden Pressemitteilung von BlackRock heißt es dazu in bester Finanzdienstleister-Sprache:

„Als Teil der Vereinbarung, die am 10. November 2022 in Washington, D.C., unterzeichnet wurde, wird BlackRock FMA das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit bei der Erstellung eines Fahrplans für die Umsetzung des Investitionsrahmens beraten, einschließlich der Identifizierung von Gestaltungsmöglichkeiten für den geplanten Aufbau, die Struktur, das Mandat und die Governance.“

Der US-amerikanische Politik-Analyst und Investigativ-Journalist Jordan Chariton kommentierte die vereinbarte Zusammenarbeit von BlackRock mit der ukrainischen Regierung wie folgt:

„BlackRock will die Ukraine “wiederaufbauen”. Das wird den Neoliberalismus und die Privatisierung, die die USA dem postsowjetischen Russland auferlegt haben, wie ein Kinderspiel aussehen lassen.“

Dieser Einschätzung ist wohl nichts hinzuzufügen.

Titelbild: Der ukrainische Präsident im Gespräch mit dem CEO von BlackRock, Larry Fink – Quelle


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