Jens Berger ist freier Journalist und politischer Blogger der ersten Stunde und Chefredakteur der NachDenkSeiten. Er befasst sich mit und kommentiert sozial-, wirtschafts- und finanzpolitischen Themen. Berger ist Autor mehrerer Sachbücher, etwa „Der Kick des Geldes“ (2015) und des Spiegel-Bestsellers „Wem gehört Deutschland?“ (2014).
Beiträge von Jens Berger
Syrizias Entgegenkommen
Eine interessante kleine Meldung stand in der FAZ vom 2. Mai: Die Europafiliale von Goldman Sachs empfiehlt neuerdings den Kauf spanischer Aktien. Die Begründung: Die Schwierigkeiten der Syriza-Regierung in Athen und die Tatsache, dass sie ihr Wahlprogramm nur sehr begrenzt realisieren kann, habe dazu beigetragen, dass Podemos in den spanischen Umfragen an Boden verliert. Ob der unterstellte Zusammenhang zwischen den Problemen der Regierung Tsipras und den Umfragewerten für Podemas zu verifizieren ist, ist gar nicht so wichtig. Denn schon indem Goldman Sachs einen solchen Zusammenhang herstellt, ergibt sich eine politische Wirkung. Sie erinnert uns daran, dass die (über)optimistische Erwartung, ein Sieg der Linken in Griechenland würde die gesamte europäische Linke beflügeln, auch ihre Kehrseite hat. Wenn das Unternehmen Syriza misslingt oder eine Episode bleibt – ein „Ereignis in Parenthese“, wie man in Griechenland sagt – hat nicht nur die griechische Linke für längere Zeit verspielt. Auch im europäischen Maßstab hätten dann die neoliberalen Krisenmanager ihre Vorherrschaft langfristig abgesichert. Von Niels Kadritzke
Wie in Hamburger Medien durch fragwürdige Heldenverehrung das Leid von NS-Opfern und deren Nachkommen 70 Jahre nach der Befreiung verdrängt wird.
In der Hamburger Medienwelt wurde des 70. Jahrestages der Befreiung vor allem mit einer Heldengeschichte zur „Kapitulation“ gedacht. Im Mittelpunkt steht ein „Dokumentarspiel“, verantwortet vom öffentlich-rechtlichen Sender NDR: „Unsere Geschichte – Hamburg 1945. Wie die Stadt gerettet wurde“, ausgestrahlt am 23. April 2015 (N3). Grundlage war eine Auftragsarbeit der Hamburger Handelskammer über „Hanseaten unter dem Hakenkreuz“. Im Vorfeld und danach stiegen fast alle regionalen Medien ein, vor allem auf die in Film und Buch ausgebreiteten Heldentaten des damaligen Direktors der Phoenix Gummiwerke, Albert Schäfer. Die Autorin Brigitta Huhnke forscht und unterrichtet seit vielen Jahren über Erinnerung, Gedenken und Leugnen nach der NS-Zeit. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sie sich auch mit Albert Schäfer. Dieser war aktiv in das NS-System verstrickt. Für die kriegswichtige Phoenix befehligte er mehrere Zwangsarbeiterlager. Doch davon ist weder im Film noch in der Hamburger Presse die Rede. Von Brigitta Huhnke
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Bahnstreik – Die Bundesregierung legt die Republik lahm
Ab heute weitet sich die nunmehr achte Runde im Arbeitskampf der Eisenbahner auch auf den Personenverkehr aus und man darf getrost davon ausgehen, dass auch in dieser Streikrunde für die allermeisten Medien der „Schuldige“ bereits feststeht: GDL-Chef Claus Weselsky. Doch so einfach ist es nicht. Schaut man ein wenig hinter die Kulissen, entdeckt man schnell, dass es vielmehr die Deutsche Bahn AG ist, die durch ihre Blockadehaltung ein Ende des Arbeitskampfs verhindert. Dabei wird sie ganz maßgeblich vom Bund unterstützt, der die DB AG zu 100% besitzt. Für die Arbeitgeberseite ist dies eine großartige Gelegenheit: Die Bundesregierung will ihr Gesetz zur Tarifeinheit noch in diesem Sommer durchboxen und die Deutsche Bahn spielt auf Zeit, um mithilfe dieses Gesetzes die kämpferische GDL de facto handlungsunfähig zu machen. Dies ist nicht nur ein dreister Eingriff in die Tarifautonomie, sondern auch ein Angriff auf das Grundgesetz. Von Jens Berger.
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