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Schulsystem

Kampf um Konfessionsschulen und Gemeinschaftsschulen (68)

Kampf um Konfessionsschulen und Gemeinschaftsschulen (68)

An unserem heutigen Dokument und dem Thema können wir mit Staunen beobachten, dass es Fortschritt gibt. Der Spiegel beschreibt hier, wie es in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre des letzten Jahrhunderts den bis dahin weitverbreiteten Konfessionsschulen „an den Kragen“ ging. Ich greife beim Thema Konfessionsschulen, ihrem Ende und dem Übergang zu Gemeinschaftsschulen auf persönliche Erfahrungen zurück. Vorweg aber noch die Anmerkung: In der damaligen DDR war meines Wissens alles ganz anders, auf diesem Feld eindeutig fortschrittlicher.

Anmerkungen zum Phantom der „Selbstständigen Schule“

Anmerkungen zum Phantom der „Selbstständigen Schule“

Vor gut 20 Jahren präsentierte die damalige Bildungsministerin des Landes Nordrhein-Westfalen Gabriele Behler die „Selbstständige Schule“ als neue bildungspolitische Idee. Sie schrieb dazu am 23. August 2001 einen Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau. Darauf antwortete am 13. September 2001 Anke Bering-Müller. Sie war damals Leiterin des Trifels Gymnasiums in Annweiler, vorher Schulleiterin in Köln und dann Mitinitiatorin der NachDenkSeiten. Wir dokumentieren beide Texte in der Reihenfolge des Erscheinens. Dass das Projekt „Selbstständige Schule“ in der Praxis florierte und floriert, kann man wohl nicht behaupten.

Paradies und Resterampe. Private Schulen florieren, öffentliche verkommen.

Paradies und Resterampe. Private Schulen florieren, öffentliche verkommen.

Der Trend zur Privatschule ist ungebrochen. Nie gab es mehr freie, kirchliche und kommerzielle Lehranstalten, nie wurden sie von mehr Schülern besucht. Dabei bildet das staatliche Bildungssystem erst den Boden für die Alternativen mit sozial und ethnisch homogenerem Lernumfeld bei besserer technischer und personeller Ausstattung. Gewinner sind ein paar wenige, die Gesellschaft als Ganze verliert. Von Ralf Wurzbacher.

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Rechte und linke Demonstrationen in Spanien gegen das neue Bildungsgesetz

Rechte und linke Demonstrationen in Spanien gegen das neue Bildungsgesetz

Helmut Jutzi, ein NachDenkSeiten-Leser, der in Spanien in der Region Alicante lebt, hat im letzten Mai einen NDS-Gesprächskreis in Spanien gegründet. Seither tauscht sich dort eine kleine Gruppe – meistens virtuell – nicht nur über spanische gesellschaftspolitische Themen aus. Herr Jutzi engagiert sich in der parteilosen Organisation Hispanohablantes, er führt ein Blog zum Katalonienkonflikt und reklamiert zu recht, dass bei den NachDenkSeiten Berichte aus und über Spanien selten vorkommen. Seinen Artikel über das neue Bildungsgesetz, die Hintergründe und die für heute angekündigten Demonstrationen empfehlen wir deshalb gerne zur Lektüre, weil er uns interessante Einblicke ermöglicht. Von Anette Sorg.

Lernen für Google. Wie die Digitalisierung der Schulen unsere Kinder systematisch und vorsätzlich entmündigt.

Lernen für Google. Wie die Digitalisierung der Schulen unsere Kinder systematisch und vorsätzlich entmündigt.

Der vor einem Jahr beschlossene Digitalpakt ist ein echter Rohrkrepierer. Bis zuletzt wurde nur ein Bruchteil des milliardenschweren Förderprogramms abgerufen. In Zeiten der Pandemie soll nun alles besser werden. 100 Millionen Euro wollen Bund und Länder ganz unbürokratisch locker machen, damit der Auf- und Ausbau von Online-Lernplattformen rascher vonstatten geht. Das wäre bitter nötig, um die Kinder in den Zwangsferien aus der Ferne fachgerecht unterrichten zu können, heißt es. Der Pädagoge, Medienwissenschaftler und Buchautor Ralf Lankau sieht die Entwicklung mit Sorge. Die Corona-Krise sei ein Einfallstor für IT-Industrielle, Privatisierer und Bildungsökonomen in den Schutzraum Schule, erläutert er im Interview mit den NachDenkSeiten. Das Gespräch führte Ralf Wurzbacher.

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PISA: Das deutsche Schulsystem ist unsozial – Und doch ändert sich nichts

Der unsoziale Charakter des deutschen Schulsystems ist lange bekannt – ohne, dass diese Erkenntnisse Folgen hätten. So müsste die frühe Aufteilung unserer Kinder auf verschiedene Schulformen lange abgeschafft sein. Weil aber unsoziale Praktiken beibehalten werden, kommt eine aktuelle Erhebung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erneut zu einem für Deutschland inakzeptablen Ergebnis: So stark wie in kaum einem anderen Land entscheidet hierzulande die soziale Herkunft über den Bildungserfolg. Diese bittere Erkenntnis wird nun von vielen Medien hinter scheinbaren Erfolgsmeldungen versteckt. Von Tobias Riegel.

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Alles paletti? Nachdenken über Gesellschaft und Wirtschaft mit dem Fokus … Schulbildung

Deutschland ist stolz auf seine Ingenieure, Entdecker und Freigeister, es gibt einige herausragende Persönlichkeiten. Wir haben aber eigentlich das Potential für viel mehr Kreativität. Das wird uns jedoch abtrainiert. Zunehmend sind andere auch schneller als wir, versuchen nur halbausgereifte Sachen und beherrschen die Fähigkeit, auf komplexe Herausforderungen entsprechend zu reagieren. Auf vernetztes Denken wird in unseren Schulen niemand konsequent vorbereitet, dort geht es hauptsächlich um Wissensvermittlung. Veränderung ist möglich: Es gibt weltweite Initiativen dies zu ändern, mit Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Von Jörg Knebusch[*].

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Kommentar zum WDR-Film – “Für dumm erklärt – Nenads zweite Chance”

Der vom WDR kürzlich ausgestrahlte Film “Für dumm erklärt – Nenads zweite Chance” hat hohe Wellen geschlagen – und das ist gut so! Immerhin ist auf diese Weise das sonst kaum beachtete deutsche Förderschulwesen ganz unerwartet in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten. Eine andere Frage ist, ob die auf den Film bezogenen Schlussfolgerungen Hand und Fuß haben oder (wieder einmal) am Kern der Sache vorbeigehen. Von Magda von Garrel[*].

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Bessere Bildung? Mehr Ungleichheit!

Das öffentliche Bildungssystem steckt in der Privatisierungszange. Allerorten findet offene oder verdeckte Privatisierung entweder von Institutionen oder Wissensinhalten statt. Nur bemerkt das kaum jemand, denn in endloser Litanei vorgetragene Reformkonzepte und -versprechen seitens der Politik legen stets aufs Neue ideologische Schleier über die katastrophale Situation im deutschen Bildungssystem. Beim Konzept der „Kommunalisierung von Bildung“ – bekannt vor allem unter dem Bertelsmann-Namen „Kommunale Bildungslandschaften“ – lichtete sich dieser jedoch gerade für einen Moment. Denn Anika Duveneck von der Freien Universität Berlin hat die Entwicklungen des Konzeptes in der Praxis analysiert und ihre besorgniserregende Erkenntnisse soeben in Form eines Buches veröffentlicht. Jens Wernicke sprach mit ihr.

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Schulen im Würgegriff – Überlegungen zur staatlichen und privatwirtschaftlichen Umklammerung des öffentlichen Schulwesens

Hierzulande geht es den öffentlichen Schulen in vielerlei Hinsicht ähnlich wie den alleinerziehenden Müttern, die von Hartz IV leben müssen: Sie werden finanziell äußerst knappgehalten,[1] stark kontrolliert, mit Erwartungen überhäuft und zur Einhaltung vieler neuer Vorschriften verpflichtet. Mit anderen Worten haben wir es in beiden Fällen mit einem “Vater Staat” zu tun, der in einer sehr bevormundenden Weise deutlich mehr fordert als fördert. Von Magda von Garrel[*].

Die Inklusionslüge

Uwe Becker

Unsere Schulen scheinen nicht nur kinderfeindlich zu sein. Auch und gerade die Rhetorik und aktuelle politische Praxis um das diesbezügliche „Endlich soll das besser werden!“, das insbesondere Politiker, die sich für inklusive Beschulung und also eine bessere Behandlung von Kindern mit Behinderungen einsetzen, könnte sich als groß angelegte Täuschung erweisen. Das befürchtet jedenfalls – gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren [PDF] – der Sozialethiker Uwe Becker im Gespräch mit Jens Wernicke.

Zur Kritik der Inklusionskritik Clemens Koblochs

Auch wenn die Veröffentlichung von Clemens Koblochs geharnischte Kritik der Debatte über die Inklusion von Kindern mit besonderen Förderbedarfen in Regelschulen auf den Nachdenkseiten schon mehr als ein halbes Jahr zurückliegt, sollte sie nicht ohne eine Entgegnung an gleicher Stelle bleiben. Denn die Nachdenkseiten sind als aufklärerisch-kritisches Medium bekannt, und Clemens Knobloch, Professor an der Universität Siegen, ist kein schulpolitischer „Rechtskonservativer“, wie man es angesichts vieler Passagen seines Beitrags vermuten könnte. Nein, seine „Inklusionskritik“ kommt von links, in aufklärerischer Absicht gegen Bestrebungen neoliberaler Bildungsprivatisierung. Umso frappierender muss seine anti-inklusionistische Philippika erscheinen, gilt doch die politische und gesellschaftliche Linke meist als entschiedene Kämpferin für die Verwirklichung von Menschenrechten im Allgemeinen und für den Umbau des selektiv-hierarchischen deutschen Schulsystems zu einem inklusiven System im Besonderen. Die Entgegnung muss sich vorliegend auf Fragen beschränken, die mir von eher grundsätzlicher Bedeutung scheinen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Darstellungen Knoblochs im Detail, die aus meiner Sicht Kritik verdienen, deren umfassende Behandlung aber hier den Rahmen sprengen würde. Von Daniel Kreutz[*]

Wie man öffentlich über „Inklusion“ spricht (und was man daraus schließen kann)

Die medienöffentliche Debatte über Inklusion ist nach zaghaften Anfängen in den vergangenen Jahren jetzt wirklich in Gang gekommen. Sie hat die Grenzen der so genannten Qualitätspresse überschritten und Stern und BILD ebenso erreicht wie die Talkshows. Das liegt daran, dass die Sache aus der Sphäre wohlmeinender Absichtserklärungen nunmehr heraustritt und auf die nüchternen Realitäten des öffentlichen Schulwesens trifft. Verstehen wird diese Debatte nur, wer sie als Symptom und Indikator, aber auch als einen zentralen Faktor des Bildungsdiskurses nimmt. Das öffentliche Reden über Bildung und Bildungschancen – so meine These – ist ein Stellvertreterdiskurs. Wo mit Emphase über Bildung, Bildungschancen und „bildungsferne“ Schichten gesprochen wird, da geht es im Kern um etwas anderes: um soziale Gerechtigkeit. Obwohl Bildungsabschlüsse und gesellschaftlich-ökonomische Positionen de facto nur (noch) wenig miteinander zu tun haben, steht Bildung symbolisch für den Teil der gesellschaftlichen Position eines Individuums, für den man (eben durch Bildungsanstrengungen) selbst verantwortlich ist bzw. gemacht werden kann. Die deutschen Mittelschichten, denen Soziologen wie Heinz Bude (2011) eine ausgeprägte „Statuspanik“ bescheinigen, versuchen (oft als eine Art Bildungsmanager ihrer Kinder), den eigenen Statuszugewinn per Bildungsanstrengung präventiv an ihre Kinder weiterzugeben. Dieses Motiv treibt Inklusionsbefürworter wie Inklusionsgegner, die einen öffentlich und die anderen heimlich. Von Clemens Knobloch.

Inklu…was?

Inklusion – was ist das eigentlich? Viele Menschen haben den Begriff schon gehört. Immer öfter findet man ihn in Zeitungen und Diskussionen um notwendige Reformen im Bildungssystem – das meist im Kontext sich verschlechternder Bedingungen. Aber was genau steckt dahinter? Und was bedeutet Inklusion für jeden von uns persönlich? Jens Wernicke sprach hierzu mit Brigitte Schumann, die als ehemalige NRW-Landtagsabgeordnete inzwischen als Bildungsjournalistin mit Schwerpunkt Inklusion tätig ist.

Bildung auf einen Blick: Einige Lichtblicke und viel Schatten

Bei Kitas, bei Krippen, bei höheren Schulabschlüssen und beim Anteil der Studierenden pro Altersjahrgang hat sich laut OECD-Bildungsbericht 2014 in Deutschland einiges getan. Aber bei den Hochschul-, Fachhochschul- oder Meister-Abschlüssen hängt unser Land nach wie vor hinterher. Von einem „Akademikerwahn“ kann keine Rede sein. Im Land mit der hochgelobten „Dualen Ausbildung“ beziehen Akademiker ein um 74% höheres Einkommen. Das Auseinanderdriften der Einkommen ist umso dramatischer, als die Möglichkeit, sich hochzuarbeiten, in Deutschland gering ist.
Die Behauptung, berufliche Bildung und ein Studium seien „gleichwertige Alternativen“, ist falsch. Gäbe es tatsächlich einen Mangel an beruflich gebildeten Fachkräften, so hätten sich die Lohnunterschiede nicht so weit auseinander entwickeln können. „Aufstieg durch Bildung“ ist für sozial Benachteiligte ein leeres Versprechen.
Von Wolfgang Lieb.