Schlagwort:
Binnennachfrage

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Ist die Geldschwemme Ursache der Finanzmarktkrise? Ein Anstoß zu ein paar Zweifeln an einer gängig werdenden These.

Man bekommt in der öffentlichen Debatte, in Talkshows und Interviews des Öfteren zu hören, weltweit strömten Billionen um den Globus und suchten nach Anlagemöglichkeiten. Die Geldschwemme stehe in keinem Verhältnis zu der Realwirtschaft. Jetzt bin ich einer ähnlichen Argumentation in Werken zweier Personen begegnet, die ich bisher als verlässlich analysierende Volkswirte kennen und schätzen gelernt habe: Michael Schlecht und Axel Troost. Ihre These kurz zusammengefasst: Die ungerechte Einkommensverteilung habe eine Geldschwemme verursacht, die wiederum verantwortlich sei für die Aufblähung der Finanzmärkte und die jetzige Krise. Ich fürchte, dass diese These auf einigen Denkfehlern beruht. Sicher bin ich mir nicht. Deshalb stelle ich meine Beobachtungen und Zweifel zur Diskussion. Albrecht Müller

Sachverständigenrat: Die alte Leier mit ein paar leisen Zwischentönen

Jahr für Jahr mussten wir auf den NachDenkSeiten den Gutachten des Sachverständigenrats vorhalten, dass sie den wirtschaftspolitischen „Holzweg“ stur fortsetzen und statt einer kritischen Bestandsaufnahme der tatsächlichen Wirkung ihrer neoliberalen „Reformvorschläge“ ständig nur eine weitere Erhöhung der „Reform“-Dosis vorschlugen. Daran hat sich auch im Jahresgutachten 2008/2009 unter dem Titel „Die Finanzkrise meistern – Wachstumskräfte steigern“ nichts Grundlegendes geändert. Mit der Ausnahme, dass diesmal ein (viel zu kleines) staatliches Konjunkturprogramm in Höhe von 0,5 bis 1 Prozent des BIP (also etwa im Umfang von bis zu 25 Milliarden Euro) vorgeschlagen wird, das über eine staatliche Kreditaufnahme finanziert werden soll. Wolfgang Lieb

Das Jahresgutachten des Sachverständigenrats zielt immerhin in die richtige Richtung – auch wenn die Mehrheit des SVR nicht sonderlich glaubwürdig ist

Im vergangenen Jahr hatten wir den Sachverständigenrat hart kritisiert („… nur noch eine Maschinerie der Meinungsmache“), so etwa hier und im Kritischen Jahrbuch 2007. Im Anhang finden Sie Meldungen zum Sachverständigenratsgutachten, das heute in Berlin präsentiert wird. Soweit man sich auf der Basis der Ankündigungen ein Urteil bilden kann (zwei Meldungen siehe Anlage), kann eines zumindest vermerkt werden: Dass der Sachverständigenrat eine Wende um 180° vollzieht und ein größeres Konjunkturpaket fordert, ist ein Fortschritt. Allerdings sind die Versuche des Sachverständigenrates, die Wende mit der Finanzkrise zu begründen, allzu durchsichtig. Der Sachverständigenrat versucht, seine Mitverantwortung abzuschieben. Albrecht Müller.

Rentner und die Binnenkaufkraft

„Drei Viertel aller deutschen Unternehmen sind seit Ausbruch der globalen Finanzkrise nicht mehr in der Lage, uneingeschränkt nötige Investitionen und Käufe zu tätigen.“ Das meldete dpa. Ähnlich ist das ganz sicher in den deutschen Haushalten, Rentnerhaushalte eingeschlossen. Nur, dass das nicht erst mit der Finanzmarktkrise begonnen hat. Die Financial Times Deutschland schreibt: „Die Bundesregierung nutzt den Finanzcrash, um von eigenen Versäumnissen abzulenken.“ Die schwache Konsumnachfrage ist nicht von der Finanzmarktkrise verursacht, sie ist hausgemacht. Seit Jahren setzt die Regierung einseitig auf den Exportsektor: Sie beschneidet Sozialleistungen und staatliche Ausgaben und fördert Lohndumping. Von Kurt Pittelkau, Mitglied im Arbeitskreis Alterssicherung ver.di-Berlin

Die aktuelle Debatte um Konjunkturprogramme – von Meinungsmache geprägt, absolut schräg und weit von der Sache entfernt.

Die Debatte und auch die Entscheidungen zu konjunkturpolitischen Maßnahmen sind nicht geprägt von sachlichen Erwägungen, sondern vor allem vom Ergebnis einer Dauerpropaganda: Konjunkturprogramme sind Strohfeuer, sie bringen mehr Schulden – das glaubt nicht nur der Spitzenökonom der deutschen Wirtschaft Hüther, der sich gerade in ZDF-heute zu Wort gemeldet hat. Das glaubt auch der Bundesfinanzminister, der uns unentwegt mit unglaublichen Wortkombinationen unterhält – “Ich warne auch davor, aus der Hüfte etwas abzuschießen, was eher Symbolpolitik sein könnte, … was nur Geld verbrennen würde“ (Siehe unten). Und leider glaubt vermutlich auch die Mehrheit unseres Volkes, dass dies so sei. Konjunkturprogramme seien Strohfeuer, das ist eine Mär, die belegt, wie sehr ein Volk und seine Eliten manipuliert werden können. Quasi vollständig. Ein Wunder ist das nicht; denn auch Wirtschaftsforschungsinstitute, die noch bei der Begutachtung der Konjunkturprogramme in den siebziger Jahren vor allem Positives über ihre Wirkung notierten, behaupten heute das Gegenteil. Albrecht Müller.

Wirtschaft schrumpft gegenüber dem ersten Quartal 2008 um 0,5 Prozent

Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2008 zum ersten Mal seit knapp vier Jahren wieder geschrumpft: Um 0,5% war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – preis-, saison- und kalenderbereinigt – niedriger als im ersten Quartal 2008. In den ersten drei Monaten des Jahres war das BIP, das den Wert der im Inland erwirtschafteten Leistung misst, um 1,3% gestiegen. Einen Rückgang verzeichnete die deutsche Wirt­schaft zuletzt im dritten Quartal 2004 (– 0,2%). Auch die Wirtschaftsleistung der gesamten europäischen Währungsunion ging im zweiten Quartal zurück. Sie sank laut Eurostat [PDF – 140 KB] um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal.

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, waren für die Wirtschaftsentwicklung im zweiten Quartal rückläufige Konsumausgaben der privaten Haushalte und geringere Anlageinvestitionen kennzeichnend. Insbesondere die Bauinvestitionen waren deutlich niedriger als im ersten Vierteljahr. Positive Impulse kamen vom Außenhandel, was aber vor allem auf einen signifikanten Rückgang der Importe zurückzuführen ist. Anmerkungen von Wolfgang Lieb.

Hertie, Wehmeyer, SinnLeffers – die „unternehmerischen Erfolge“ von Finanzinvestoren?

Eine Welle von Insolvenzen von Textil-Handelsketten schwappt über das Land und bedroht tausende von Arbeitsplätzen und die Einkaufsmöglichkeiten vieler Kunden. Dafür gibt es viele Gründe. Etwa, dass der private Konsum stagniert oder beim Einzelhandel sogar rückläufig ist. Ein weiterer Grund ist sicherlich auch, dass durch die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich den Kaufhäusern des mittleren Preissegments die Kundschaft wegbricht. Bemerkenswert ist allerdings vor allem, dass alle diese Handelsketten von Finanzinvestoren aufgekauft worden sind. Dass sie nun vor der Insolvenz stehen, spricht nicht gerade für deren unternehmerische Fähigkeiten. Oder haben sie diese aufgekauften Unternehmen nur „ausgesaugt“ und werfen sie jetzt weg, wie ausgelutschte Zitronen? Wolfgang Lieb

Dramatischer Einbruch der Lohnquote: von 2000 bis 2007 um 8% gesunken!

Inzwischen werden jährlich 135 Milliarden EUR vom Arbeitnehmer/Staat/Sozialversicherung wegverteilt.
Die Lohnquote – der Anteil der Arbeitnehmerentgelte (d.h. der Bruttolöhne incl. Lohnsteuern, Sozialabgaben und incl. AG-Anteile an Sozialversicherungsbeiträgen) am Volkseinkommen lag noch Anfang der 80er Jahre bei 76%. Bis zum Jahr 2000 ist der Anteil auf 72,2% (Destatis) nur langsam zurückgegangen. In den letzten 7 Jahren seit dem Jahr 2000 hingegen brach die Lohnquote regelrecht ein: im Gesamtjahr 2007 auf nur noch 64,6% (Destatis)! Zum Vergleich: Die USA haben seit Jahr-zehnten eine konstante Lohnquote von etwa 70%!

Was steckt hinter diesem scheinbar harmlosen Rückgang der Lohnquote um rd. 8%? Nun, dieser Rückgang bedeutet schlicht, dass die Arbeitnehmer und mit Ihnen die Sozialversiche-rungssysteme und der Staat auf nunmehr jährlich 135 Milliarden Euro (in den letzten 4 Jahren insgesamt über 400 Milliarden Euro) verzichten zugunsten der Unternehmer und Vermö-genden. Von Uwe Hans Staub

Denkfehler Nr. 13 – Panik wegen der Abwanderung von Arbeitsplätzen? Auszug aus: „Die Reformlüge“ (2004) Seiten 189 – 193

Bemerkungen aus aktuellem Anlass:
Der folgende Text ist im Frühjahr 2004 geschrieben. Schon damals war erkennbar, dass die Behauptung von einer quantitativ bedrohlichen Abwanderung übertrieben ist. Was man heute weiß, konnte man auch damals wissen. Und dennoch ist massiv Abwanderungspropaganda gemacht worden. Auch mit der Folge, dass manche Unternehmer meinten, sie müssten sich diesem Trend anschließen.

Zum Frühjahrsgutachten der Konjunkturforschungsinstitute: Dogmatischer Wunderglaube

Man muss die Messlatte für das Wachstum nur tief genug legen, dann gilt der Aufschwung der letzten beiden Jahre als „kräftig“, und dann zeugen auch ein Wachstum von 1,8% in diesem Jahr und von 1,4% im kommenden Jahr von einer „robusten Wirtschaft“. Und auch mit einem Wachstum von durchschnittlich 1,5% bis 2012 kann man sich dann zufrieden geben. 3,2 Millionen Arbeitslose gelten bei solchen Maßstäben schon als Erfolg. Wenn die weltwirtschaftlichen Risiken nicht durchschlagen, bleibt alles gut. Auch gegen die Finanzkrise helfen die Arbeitsmarktreformen. Und wenn die Weltkonjunktur auch einbricht, dann brauchen wir in Deutschland kein Konjunkturprogramm wie etwa die USA. Bei uns fangen die „binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte“ negative Schocks aus dem Ausland auf. Dabei bringen die Konjunkturforscher das auberkunststück fertigt, in einem Atemzug auf die Steigerung der Binnennachfrage zu setzen und gleichzeitig vor höheren Lohnabschlüssen zu warnen. „Weiter so“: auf diese banale Empfehlung lässt sich das Frühjahrsgutachten der Konjunkturforschungsinstitute zusammenfassen. Wolfgang Lieb

Köhlers Agenda 2020 – Nach der Reform ist vor der Reform

Bundespräsident Horst Köhler hat eine „Agenda 2020“ gefordert, um die Arbeitslosigkeit weiter zu verringern und Vollbeschäftigung in Deutschland zu erreichen. Dieses Ziel sei im Falle einer Fortsetzung der Reformanstrengungen realistisch.
Wie alle „Reformer“ verweigert Köhler eine kritische Bestandsaufnahme der Agenda 2010, und weil deren Ergebnisse alles andere als befriedigend sind, verlangt er eine Erhöhung der Reformdosis. Mit den Agenda-Reformern ist es wie bei Drogensüchtigen, je schlechter es geht, desto höher die Dosis. Wolfgang Lieb

Verteilungsbericht des DGB für das Jahr 2008. Wir zitieren das Wichtigste in Kürze

Trotz des Konjunkturaufschwungs der Jahre 2006 und 2007 sind nicht nur nach den im vergangenen Jahr vorgelegten Zahlen aus amtlicher Statistik und Forschungsarbeiten unabhängiger Institute, sondern auch nach dem Empfinden der breiten Mehrheit der Bundesbürger die Unterschiede zwischen Arm und Reich eher größer geworden. Nur noch 15 Prozent der Bundesbürger sind laut einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung davon überzeugt, dass die Einkommensverteilung in Deutschland „im Großen und Ganzen gerecht zugeht“. Weit mehr als 50 Prozent halten die Einkommensverteilung dagegen für ungerecht. Trotz des kräftigen Wirtschaftswachstums der vergangenen zwei Jahre haben sich die Stimmung in der Bevölkerung und die Zufriedenheit mit der Verteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland kontinuierlich verschlechtert. Dies steht in krassem Gegensatz zu Erfahrungen in vorherigen
Aufschwungsphasen, in denen die Mehrheit der Deutschen stets die Einschätzung vertrat, die Boomzeiten würden zu mehr Verteilungsgerechtigkeit beitragen. Wolfgang Lieb