Jens Berger

Jens Berger

Jens Berger ist freier Journalist und politischer Blogger der ersten Stunde und Chefredakteur der NachDenkSeiten. Er befasst sich mit und kommentiert sozial-, wirtschafts- und finanzpolitischen Themen. Berger ist Autor mehrerer Sachbücher, etwa „Der Kick des Geldes“ (2015) und des Spiegel-Bestsellers „Wem gehört Deutschland?“ (2014).

Beiträge von Jens Berger

Italien hat kein Schulden-, sondern ein Wachstumsproblem

In einem Punkt scheinen sich die deutsche Politik und die deutschen Medien einig zu sein, wenn es um Italien geht: Die Italiener leben über ihre Kosten, sparen nicht genug und der Euro kann nur dann überleben, wenn Italiens Regierung brav und vorbildlich ihre Schulden abbaut. Interessanterweise sind all diese Aussagen ökonomisch falsch. Seit Beginn der Eurokrise ist Italien vielmehr in eine realwirtschaftliche Abwärtsspirale geraten: Die Wirtschaft schrumpft, dadurch steigt die Staatsschuldenquote, dadurch „muss“ die Regierung die Ausgaben kürzen und die Neuverschuldung herunterfahren und so bekommt auch die Wirtschaft keine Chance, sich zu regenerieren. So lange diejenigen, die in Berlin und Brüssel die Regeln bestimmen, diesen eigentlich simplen Zusammenhang nicht verstehen, wird die Eurokrise nie ein Ende finden. Von Jens Berger.

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Fragen zum Fall Skripal – Bundesregierung und Medien gehen auf Tauchstation

Die Zeichen verdichten sich, dass die Bundesregierung zum Zeitpunkt der Ausweisung russischer Diplomaten im Zuge der Skripal-Affäre sehr genau wusste, dass die britischen Vorwürfe gegen Russland, auf die auch Berlin sich damals öffentlich berief, unwahr sind. Dies geht zumindest zwischen den Zeilen aus einer nicht beantworteten Anfrage einer Gruppe von Abgeordneten der Linkspartei rund um Sevim Dağdelen hervor. Das Schweigen des Kanzleramts lässt eigentlich nur zwei Interpretationen zu, die beide ein sehr schlechtes Licht auf die Regierung werfen. Angela Merkel und Heiko Maas können sich glücklich schätzen, dass die großen Medien den Fall mittlerweile anscheinend zu den Akten gelegt und vergessen haben. Von Jens Berger.

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Falsch verstandene Humanität?

Häppchenweise kommt zur Zeit ans Licht, was in den zuständigen Länder- und Bundesbehörden und im Innenministerium offenbar schon sehr lange bekannt war – beim Abarbeiten der zahlreichen Asylanträge wurde „das Bamf auf marktwirtschaftliche Benchmarks getrimmt“ und „über das Grundrecht auf Asyl wie am Fließband entschieden“, wie es der Gesamtpersonalratschef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) formuliert. Dabei kam es nicht nur zu Unregelmäßigkeiten; die Staatsanwaltschaft ermittelt vielmehr wegen des Verdachts auf „bandenmäßigen Betrug“, bei dem auch und vor allem die Flüchtlinge selbst zu Opfern korrupter Anwälte und Schleuser wurden. Die durch die Schlagzeilen geisternden Zustände in Bremen könnten dabei sogar nur die Spitze des Eisbergs sein. All dies sind Gründe genug, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzuberufen. Doch ausgerechnet die Vorsitzende der Linkspartei stellt sich quer, interpretiert den Skandal nach eigenem Gusto fröhlich um und wittert eine “durchsichtige politische Offensive, um die Politik weiter nach rechts zu drücken und Stimmung gegen Geflüchtete zu machen”. Von Jens Berger.

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Italien – Ein marktkonformer Putsch von oben

Jens Berger

Staatspräsident Sergio Mattarella könnte als der Mann in Italiens Geschichte eingehen, der die Weichen für das Ende der Republik gestellt hat. Um eine Regierung aus Lega und fünf Sternen zu verhindern, verweigerte er dem Kabinett des designierten Ministerpräsidenten Conte seine Zustimmung, nur um einen Tag später eine “Technokraten-Regierung” unter Führung eines ehemaligen hohen IWF-Vertreters bilden zu lassen. Da diese Regierung keine Chancen im Parlament hat, wird es wohl auf Neuwahlen hinauslaufen. Doch was sollen die bringen? Die einzige “Perspektive” scheint mittel- bis langfristig eine Rechtsaußen-Regierung unter Führung der Lega zu sein. Dann werden auch deutsche Medien wieder mit gespielter Naivität fragen: Wie konnte es nur so weit kommen? Dabei sollte es doch bekannt sein, dass rechtsextreme Regierungen nicht vom Himmel fallen. Von Jens Berger.

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Was wolle Qualitätsjournalist?

Leinen los für das Narrenschiff! Mit genau dem gesunden Maß an Überheblichkeit und Engstirnigkeit, für die wir Deutschen ohnehin weit über unsere Grenzen hinaus geliebt werden, versuchten Deutschlands Leitartikler die italienische Regierungsbildung in den letzten Tagen für ihre Qualitätsleser zu deuten. Der passende Sponti-Spruch hieße wohl „Alles Populisten, außer Mutti“. Die größte Sorge gilt dabei offenbar dem Szenario, dass Italien seine „Horror-Schulden“ nicht zurückzahlen mag und damit unseren Euro kaputtmacht. Gemach, Gemach, liebe Kollegen. Zum Einen sollte man klar und deutlich sagen, dass es die neoliberale Politik in Form einer wahnsinnigen Flat-Tax ist, die auch bei der ach so populistischen Rechtspopulisten-Irgendwoindermittepopulisten-Koalition aus Lega und fünf Sternen fröhlich Urständ feiert und tatsächlich auf eine massive Neuverschuldung hindeutet. Zum Anderen fehlt im hohen Klagelied der Edelfedern jedwede Nennung einer Alternative für die Italiener. Dass sie weder den durch und durch korrupten Christdemokraten unter ihrem Bunga-Bunga-Capo Berlusconi, noch den abgewirtschafteten Sozialdemokraten samt dem deutschen Megadarling Matteo Renzi auch nur ein Jota über den Weg trauen, dürfte sich doch schon bis in die Redaktionsstuben herumgesprochen haben. “Was wolle Qualitätsjournalist?” müsste man als in Anlehnung an einen anderen berühmten Italiener fragen? Von Jens Berger

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