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Arbeitslosigkeit

DGB-Bilanz zu fünf Jahren “Hartz”. 89,7 Prozent empfinden den sozialen Abstieg als größte Bedrohung

Die Hartz-Gesetze sind der größte Einschnitt in die Arbeitsmarktpolitik seit Bestehen der Bundesrepublik. Sie führten zu erheblichen Verwerfungen am Arbeitsmarkt und erhöhten deutlich das Verarmungsrisiko Arbeitsloser”, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach zur DGB-Zwischenbilanz der ´modernen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt` am Mittwoch in Berlin. Vor fünf Jahren hatte die Hartz-Kommission ihre Empfehlungen der Öffentlichkeit vorgestellt.

Brief eines Gewerkschafters an MdB Klaus Brandner zu den Plänen über eine weitere Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

Lieber Gewerkschaftskollege und Bundestagsabgeordneter Klaus Brandner,
ich habe ich lesen müssen, dass du dich für eine weitere Absenkung der Arbeitslosenbeitragspunkte stark machst. Das halten wir Betriebsräte für einen falschen Weg. Gerade du als “ehemaliger Gewerkschaftssekretär der IG Metall in Gütersloh” solltest noch wissen, dass eine Absenkung nicht im Sinne von Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Arbeitslosen sein kann. Brief des Betriebsratsvorsitzenden Manfred Steingrube.

Das Sommermärchen des Bundespräsidenten

Ein Bundespräsident darf und soll auch seine politischen Überzeugungen vertreten, er darf sogar einer wirtschaftspolitischen Ideologie anhängen, was man aber vom obersten Repräsentanten unseres Staates und seiner Bürgerinnen und Bürger erwarten darf und muss, das ist, dass er wenigstens die Meinungen, ja noch mehr die Sorgen der Mehrheit der Menschen zur Kenntnis nimmt und sich damit auseinandersetzt.
Köhler redet im Sommerinterview des ZDF zwar darüber, „dass sich jeder Gedanken machen sollte, wie wir dieser Entfremdung zwischen Politik und Bürgern etwas entgegensetzen“, er spricht davon, dass sich die Leute danach „sehnen“, „dass sie ernst genommen werden“, er fordert sogar, die „Politiker sollten den Bürgern zuhören“, doch er tut genau das Gegenteil. Er übernimmt die Rolle des rigorosesten Propagandisten der „Reform“-Politik und plappert fast wortwörtlich die Apologetik des Neoliberalismus der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft nach. Wolfgang Lieb.

BILD: Zu fein zum Arbeiten!

Der Krawall-„Journalist“ (Tagesspiegel) Georg Gafron darf in BILD mal wieder gegen die faulen Arbeitslosen hetzen. Wolfgang Lieb.

Eurobarometer zeigt für D.: Ruin des Vertrauens in Zukunft und soziale Sicherungssysteme

Vom Eurobarometer “Social Reality” hat z.B. der Spiegel nur berichtet, dass die Deutschen sich bei der Arbeit überfordert fühlen. Wesentlich Interessanteres ist dort allerdings zu finden, wenn man sich genau ansieht, wie die Deutschen ihre gegenwärtige Situation und die Zukunft einschätzen. Die Befragung fand statt, bevor „Bild“ den Boom ausgerufen hat, aber prinzipiell wird sich durch diese Kampagne nicht viel geändert haben. Die Deutschen sind verunsichert wie kaum ein anderes Volk. Michael Buckup, Mitarbeiter beim Eurobarometer der Europäischen Kommission hat für die NachDenkSeiten die Umfrage ausgewertet und dazu eine PowerPoint Präsentation vorgelegt. Sie ist hilfreich zur Information und für alle unsre Leser, die selbst schreiben oder reden müssen.

Spiegel-Leser bezahlen ihre eigene Gehirnwäsche – mit 171,60 € im Jahr. Helfen Sie ihnen, sich dieser zu entziehen.

Wir starten zu diesem Zweck eine weitere Aktion zum Aufbau einer Gegenöffentlichkeit: Sie finden unten eine Analyse mit Kommentar zu einem Spiegel-Artikel dieser Woche. Er hat den Titel „Konjunktur. Wirtschaftswunder 2.0“ (Ausgabe Nr. 17 Seite 80 bis 82). Der Autor schwärmt von der „Kraft des deutschen Aufschwungs“ und ordnet ihn selbstverständlich vor allem den Reformen zu. An diesem Text kann man gut zeigen, wie systematisch und wie dreist Spiegel-Leser in die Irre geführt werden. Eine Reihe von Aussagen stimmen einfach nicht, anderes wird falsch und unsinnig interpretiert.
Drucken Sie bitte die Analyse aus und geben Sie Kopien an Spiegel-Leser weiter. Wenn Sie dann Abonnenten des Spiegel überzeugen können, dass ihr Geld beim Ausbau und der Weiterverbreitung der NachDenkSeiten um vieles besser angelegt ist, dann ist das ein Nebeneffekt, der dem Aufbau einer Gegenöffentlichkeit direkt zugute kommt. Albrecht Müller.

Lohnerhöhungen: Ein heftiger Streit unter den ökonomischen Schulen

Die Tarifauseinandersetzungen werden von Stellungnahmen der Ökonomen und von wirtschaftswissenschaftlichen Instituten begleitet. Die Streitfrage lautet: Ist der (mäßige) Aufschwung Folge der zurückliegenden Lohnzurückhaltung oder stärken Lohnerhöhungen nicht gerade durch eine Erhöhung der Binnennachfrage die Eigendynamik des Aufschwungs?
Die Vertreter der angebotsorientierten ökonomischen Schule, wie der Ifo-Chef und „Boulevard-Professor“ (FTD) Hans-Werner Sinn, das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) [PDF – 134 KB] oder das marktliberale Kieler Institut für Weltwirtschaft [PDF – 225 KB], plädieren massiv für weiterhin niedrige Löhne, um die Arbeitslosigkeit zu senken und die wirtschaftliche Dynamik weiter anzustoßen.
Im Gegensatz dazu argumentiert das eher gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) [PDF – 398 KB] für eine an der Produktivität und der Inflationsrate orientierte Lohnerhöhung zur Sicherung von Beschäftigung und Wachstum.
Interessant ist dabei die wissenschaftliche Kritik des IMK an den Berechnungen des IW, wonach die „maßvollen Lohnabschlüsse seit Mitte der neunziger Jahre rund 600.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen“ hätten.

4,108 Millionen registrierte Arbeitslose – aber 6,427 Millionen “Arbeitslosengeld-Empfänger/innen” (SGB III und SGB II)

Gegenüber dem Vorjahr wurden im März 869.000 oder 17 Prozent weniger Arbeitslose gezählt, das meldete die Bundesagentur für Arbeit vor wenigen Tagen [PDF – 960 KB].
Wir freuen uns über jeden Arbeitslosen, der wieder Arbeit gefunden hat. Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) [PDF – 216 KB] meldet allerdings, dass die Zahl der Alg- oder AlgII-Empfänger nur etwa um die Hälfte, nämlich um 447.000 zurückgegangen ist. 2,56 Millionen AlgII-Empfänger/innen gelten nicht als Arbeitslose im Sinne der amtlichen Statistik. Wenn es 6,427 Millionen Alg- oder AlgII-Empfänger/innen gibt, heißt das, dass über die registrierten 4 Millionen weitere 2 Millionen Menschen zwar nicht als arbeitslos gelten, aber so wenig verdienen, dass sie nach den Sozialgesetzbüchern noch anspruchsberechtigt sind. Wolfgang Lieb.

Glos will Arbeitspflicht für alle Hilfeempfänger

„Jeder Erwerbslose müsste einer regulären Beschäftigung oder einer öffentlich bereit gestellten Arbeit – in Art der Ein-Euro-Jobs – nachgehen, sonst würde er keine staatliche Unterstützung mehr bekommen. Wer einen normalen Job hat, dadurch aber zu wenig zum Leben verdient, bekäme einen öffentlichen Zuschuss: Der Staat würde sein Einkommen aufstocken, sodass er genauso viel erhält wie eine Bezieher des Arbeitslosengelds II.“
Die Ökonomen des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) glauben, dass die Pläne von Glos ein wahres Job-Wunder auslösen könnten. 1,4 Millionen Stellen für Geringverdiener könnten entstehen, wenn Glos sich mit seinen Reformvorschlägen in der Großen Kolaition durchsetzt. Zugleich könnten die öffentlichen Haushalte bis zu 25 Milliarden Euro pro Jahr sparen.

Dem Bundesfinanzminister wird schwindlig. Toll, aber ohne Grund.

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat seine Prognose für das reale Wachstum des Jahres 2007 auf 2,8% erhöht. Peer Steinbrück dazu: „Das ist eine Prognose, die einen schon schwindlig werden lässt.“ (SZ vom 13.3.). Wenn es unserem Bundesfinanzminister bei 2,8% schon schwindlig wird, dann zeigt es nur, dass er von den ökonomischen Zusammenhängen wenig Ahnung hat und wie die gängige Propaganda die Stärke des Aufschwungs weit überschätzt und zugleich unterschätzt, was nötig wäre, um die Arbeitslosigkeit wirklich abzubauen.

Die Folgen der Hartz-Gesetze waren vorhersehbar

Am 30.11.2002(!) hat der Berliner Dipl. Ingenieur Reinhard Dunkel vor der Delegiertenversammlung der IG Metall Berlin eine Rede zu den Hartz-Gesetzen u.a.m. gehalten. Weil das eine gute Vorhersage war und zugleich belegt, dass unsre Verantwortlichen wissen konnten, was sie tun, und dennoch einige heute aus der Verantwortung fliehen wollen, geben wir den Text wieder, einschließlich eines aktuellen Nachtrags des Autors. Albrecht Müller.

Allensbach-Umfrage: Die „Sozialschmarotzer“-Kampagne scheint angekommen zu sein

In der Bevölkerung hat sich nach einer Allensbach-Umfrage der Eindruck verfestigt, dass viele Arbeitslose gar nicht arbeiten wollen. 57 Prozent sind nach der Anfang Februar veröffentlichten Erhebung des Instituts dieser Meinung, für 33 Prozent sind dies nur Einzelfälle. Wie heißt es doch so schön, man bekommt bei Umfragen immer das Ergebnis, dass man sich vorher wünscht. Aber erstaunlich wäre es nicht, wenn die erlogene Hartz-IV-Missbrauchsdebatte bei der Bevölkerung angekommen wäre. Wolfgang Lieb.

Anmerkungen zur Strategie der Meinungsmache: „Die Wirtschaft boomt“ und „Null Bock auf Job“.

Seit längerem fällt schon auf, dass die ein bisschen besser verlaufende Konjunktur zu einem Boom hochstilisiert und in der Regel auch den Reformen zugeschrieben wird. Jetzt bringt der WDR in einer Ankündigung für „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg – der Fernsehtipp auf der WDR-Startseite vom 30.1. – eine Erklärung dafür ins Spiel, dass trotz des angeblichen Booms noch zu viele Menschen arbeitslos sind: „Null Bock“ – also selbst schuld. Beide Behauptungen sind höchst fragwürdig. Sie sind vermutlich Teil der fortwährenden Gehirnwäsche.