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Bildungspolitik

NRW-Rektoren setzen auf bedingungslose Kapitulation der Landespolitik

Wenn nun die Landesregierung NRW gehofft hatte, durch einen Kotau vor den Hochschulleitungen den Hochschulfrieden wieder herstellen zu können, so muss sie sich spätestens durch das Interview der Vorsitzenden der Landesrektorenkonferenz und Rektorin der TU Dortmund, Ursula Gather mit der Welt am Sonntag vom 23. März 2014 vom Gegenteil belehren lassen. Die Rektorinnen und Rektoren setzen offenbar auf die bedingungslose Kapitulation der Landespolitik gegenüber den Hochschulen. Von Wolfgang Lieb.

Was nützt ein „Hochschulzukunftsgesetz“, das Reformen in der Zukunft verbaut?

Die NRW-Landesregierung hat am 20. Februar einen überarbeiteten Entwurf eines Hochschulzukunftsgesetzes (HZG NRW) [PDF – 795 KB] vorgelegt. Im Neuentwurf sind zum allergrößten Teil nur redaktionelle, klarstellende oder symbolische Änderungen vorgenommen worden. An einigen Stellen sind verbindliche Regelungen zu Soll-Bestimmung abgeschwächt worden. Ein kleiner Reformschritt könnte der neu eingefügte „Rahmenkodex für gute Beschäftigungsbedingungen“ sein. Bei den vor allem von Seiten der Rektoren, der Hochschulratsvorsitzenden und von Wirtschaftslobbyisten besonders bekämpften Regelungen sind jedoch im neuen Entwurf entweder Klarstellungen im Sinne der Kritiker vorgenommen worden oder die Regierung ist vor dem öffentlichen Aufstand zurückgewichen oder hat einige Reizparagrafen gleich ganz gestrichen.
Man muss sich fragen, ob ein so entkerntes „Hochschulzukunftsgesetz“, das die Zukunft für ein Leitbild zu einer demokratischeren Hochschule in öffentlicher Verantwortung eher verbaut, überhaupt noch Sinn macht. Von Wolfgang Lieb.

Das öffentliche Schulsystem in der Privatisierungszange

Ein kleiner Verein greift mit einer neuen Publikation in die Debatte um die Privatisierung öffentlicher Bildung ein. Neben der „Verbetriebswirtschaftlichung“ von innen, beispielsweise mittels New Public Management, und Privatisierung von außen, etwa mittels der Austrocknung des öffentlichen Schulsystems bei gleichzeitigem Boom privater Träger, verorten die Autoren der Streitschrift eine dritte Flanke des Angriffes auf das staatliche Bildungsmonopol. Jens Wernicke sprach hierzu mit Reinhard Frankl, Vorsitzender des GEW-Bezirksverbands Unterfranken und Mitglied im Vorstand von KLARtext e.V.

Die Illusion vom Bildungsaufstieg

Von Jens Wernicke

Dass das deutsche Bildungssystem hochgradig sozial selektiv ist, ist inzwischen ein Allgemeinplatz. Dass die meisten aktuellen Reformbemühungen jedoch faktisch auf eine umfassende „Modernisierung von Auslesemechanismen“ hinauslaufen, wie Torsten Bultmann und Oliver Schwedes dies bereits vor einigen Jahren in ihrem Aufsatz „Die Zukunft des Bildungssystems: Lernen auf Abruf – eigenverantwortlich und lebenslänglich!“ konstatierten, gerät bei weitergehender Analyse aktueller Bildungsreformen zu schnell aus dem Blick.

Ministerin Schulze knickt ein und verteidigt Rektorenbezüge

„Wer die besten Köpfe will, muss entsprechende Gehälter zahlen“ [PDF – 61.3 KB], dieser Satz der NRW-Wissenschaftsministerin hätte gepasst, wenn es um die Anwerbung von WissenschaftlerInnen oder vor allem um die Bezahlung des wissenschaftlichen Nachwuchses ginge, aber nicht in erster Linie, wenn es um die Gehälter der Hochschulmanager geht. Auch im NRW-Innovationsministerium scheint sich das Bild festgesetzt zu haben, dass Professorinnen und Professoren leitende Angestellte einer Maschinenfabrik oder eines Medienkonzerns sind, die der Weisung ihres Vorstands zu gehorchen hätten, der für den Gewinn der Firma verantwortlich ist. Von Wolfgang Lieb.

Geheime Rektoren-Gehälter als Politikum

Mit der Veröffentlichung der aus Steuermitteln finanzierten üppigen Gehälter von Hochschulrektoren, scheinen die NachDenkSeiten in ein Wespennest gestochen zu haben. Die ertappten Präsidenten reden von „Skandal“ und „Rechtsbruch“ und sie erwägen Anzeigen wegen „Geheimnisverrats“. Es wird eine „gezielte Indiskretion“ des Wissenschaftsministeriums unterstellt und darüber hinaus werden die eigenen Gehaltsangelegenheiten zum Politikum erhoben. Wieder einmal wird der Bote der Information beschimpft, um von der Botschaft selbst abzulenken. Die Rektoren sehen „Vertrauen“ zerstört, wo doch sie selbst durch ihre „Selbstbedienung“ Vertrauen gegenüber den Hochschulangehörigen und der Öffentlichkeit verloren haben. Ein beachtlicher Teil der Uni-Präsidenten ist offenbar Opfer der Ideologie der „unternehmerischen Hochschule“ geworden: Sie betrachten sich als Chefs der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihrer Hochschulen und wollen sich deren wissenschaftliche Leistungen auf ihrem Gehaltskonto gutschreiben lassen. Von Wolfgang Lieb.

Warum soll ein Uni-Präsident nicht 150.000 Euro Jahreseinkommen haben?

Diese Frage wurde mir seit der Veröffentlichung der Jahreseinkommen der NRW-Rektoren auf den NachDenkSeiten von vielen Journalisten gestellt. Warum soll ein/e Hochschulpräsident/in nicht so viel bekommen, wie der durchschnittliche Manager eines mittleren Unternehmens (also etwa zwischen 350.000 bis 600.000 Euro) oder wie ein nordrhein-westfälischer Sparkassendirektor (zwischen 190.000 – 750.000 Euro im Jahr) oder der WDR-Intendant (340.000 Euro p.a.)? Von Wolfgang Lieb

Auf dem richtigen Weg? PISA 2012 und die Migranten

Migrantenkinder machen zwar einen rasch anwachsenden Anteil der Schülerschaft aus (in Köln schon insgesamt 50%), es gibt aber nur wenige Überlegungen, was das heißen könnte für schulisches Lehren und Lernen. In der Grundschuldidaktik wird vielfach übersehen, dass ein wachsender Anteil an Schülern nicht mehr Deutsch als Muttersprache spricht. PISA macht bei aller berechtigten Kritik immerhin auf die Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und aus soziökonomisch benachteiligten Familien aufmerksam. Aber die richtigen Konsequenzen werden nicht gezogen, vielleicht auch deshalb, weil Pädagogen zwar Aufgaben für das sprachliche Lernen formulieren, während die eigentlich zuständige Didaktik für das sprachliche Lernen aber höflich schweigt.
Eine fortschrittliche Schulpolitik muss sich Gedanken über diese Situation machen. Additive Maßnahmen bei Weiterbestehen der Regelsysteme helfen nicht mehr, wenn es um eine langfristige Trendwende gehen soll. Ein Kommentar zu PISA 2012 und daraus abzuleitende Schlussfolgerungen für Migrantenkinder von Thomas Jaitner [*]

Hochschulfreiheit und W-Besoldung – Eine Umfrage des Hochschullehrerbundes NRW unter Fachhochschulprofessorinn/en

Die Absicht des Gesetzgebers, durch Einführung der W-Besoldung die Vergütung für Professorinnen und Professoren leistungsgerechter zu gestalten, wurde nach Ansicht von 72 % der Befragten nicht erreicht. 76 % fühlen sich nicht motiviert mehr Leistung als zuvor zu erbringen. Für 86 % entspricht das W-Vergütungssystem nicht den Anforderungen der Professur. Berufungen werden schwieriger und die Qualität der Bewerber/innen ist schlechter geworden.
Mit Einführung des Hochschulfreiheitsgesetzes in NRW wurde für knapp drei Viertel der Befragten die Selbstverwaltung der Hochschule durch den akademischen Senat entwertet.
Als Ursache wird von den meisten die Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse auf die Leitungsorgane (69 %) gesehen. Das mit großen politischen Visionen eingeführte Gesetz hinterlässt bereits nach einigen Jahren erhebliche Kollateralschäden. So beklagen in der Umfrage rund 40 % der Befragten, ihr Engagement in der Hochschule sei dadurch gebremst worden und 43 % der Professorinnen und Professoren fühlen sich sogar in ihrer wissenschaftlichen Freiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG beeinträchtigt. Ergebnisbericht von Leo Hellemacher.

Für eine demokratische und soziale Hochschule, für eine freie Forschung und Lehre in Verantwortung vor der Gesellschaft

Die Kritik von Seiten der Rektoren, von Hochschulratsvorsitzenden und von einzelnen Wirtschaftsvertretern, aber auch von konservativen Ordinarien am Referentenentwurf eines Hochschulzukunftsgesetzes für NRW hat teilweise geradezu hysterische Züge angenommen. Schaut man auf die rasch organisierten Reaktionen, so kann man den Eindruck gewinnen, als seien hier Freiheitskämpfer gegen eine Politik angetreten, die einen „bürokratischen“ Kontroll- und Überwachungsstaat über die Hochschulen errichten will.
Angesichts der Vermachtung der veröffentlichten Meinung im Sinne der konservativen Wortführer kommen Kritiker der „unternehmerischen“ Hochschule kaum noch zu Wort.
Die Politik nimmt allerdings den Kampf mit den Propagandisten der inzwischen funktionell privatisierten Hochschulen nicht wirklich auf. Man hat politisch offenbar nicht mehr den Mut, klar zu bekennen, dass das Leitbild der „unternehmerischen Hochschule“ noch nie zu wissenschaftlichen Hochschulen gepasst hat und dass es darum gehen müsste, für eine demokratische und soziale Hochschule, für eine freie Forschung und Lehre in Verantwortung vor der Gesellschaft einzutreten. Von Wolfgang Lieb.

Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar.

Freie Wissenschaft als Geisel der Wirtschaft

Es war einmal eine freie Wissenschaft, über Jahrhunderte und über alle Staatsformen hinweg hat es Einrichtungen gegeben, in denen (wenigstens der Idee nach) frei von politischer, ökonomischer oder sonstiger Macht kluge Menschen „freigestellt“ wurden, um sich auf die Suche nach Wahrheit zu begeben und die Menschen aufzuklären. Dieses Märchen hat unser Grundgesetz in einen Grundrechtsartikel gefasst, der diese Freiheit der Wissenschaft an staatlichen Hochschulen garantieren soll.
Wenn man die Debatte um den Referentenentwurf für ein „Hochschulzukunftsgesetz“ in NRW verfolgt, dann muss man resigniert konstatieren, dass das Pathos der Wissenschaftsfreiheit nur noch hohl ist. Wie die Politik allgemein in den Fängen der Finanzwirtschaft zur „marktkonformen Demokratie“ gezwungen wird, so ist offenbar auch die Wissenschaft an staatlichen Hochschulen schon eine Geisel der Geldgeber geworden. Von Wolfgang Lieb

Unternehmerlobby will die Hochschulen steuern – Zum offenen Brief der Vorsitzenden der Hochschulräte an die NRW-Landesregierung

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Vorsitzenden der Hochschulräte in NRW mehrheitlich die Hochschulen als durch den Wettbewerb um die Einwerbung von Drittmitteln gesteuerte „Unternehmen“, ja noch mehr als die verlängerten Werkbänke der Wirtschaft betrachten, dann liefert diesen Beleg ihr offener Brief an die Landesregierung [PDF – 78.5 KB].
Allein dieses Schreiben an die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und an die Wissenschaftsministerin Svenja Schulze müsste eigentlich alle, für die die Freiheit von Forschung und Lehre noch den im Grundgesetz verbürgten hohen Wert besitzt, von der Notwendigkeit der Novellierung des bisherigen sog. „Hochschul-„Freiheits“-Gesetz des früheren FDP-Innovationsministers Pinkwart überzeugen. Die „unternehmerische Hochschule“, wie sie die Mehrheit der Hochschulratsvorsitzenden anstrebt, hat nichts mehr mit dem Grundgedanken der Wissenschaftsfreiheit zu tun, wie ihn das Bundesverfassungsgericht postuliert hat. Den unterzeichnenden Hochschulratsvorsitzenden geht es nicht um die Wahrung einer autonomen Wissenschaft an den Hochschulen, ihnen geht es – wie sie selbst schreiben – um den „Schulterschluss der Hochschulen mit Industrie und Wirtschaft“. Von Wolfgang Lieb.

Schwarz-Grüner hessischer Löwe als Bettvorleger

Der sich aufbäumende rot-weise Löwe im hessischen Wappen ist mit dem Koalitionsvertrag zwischen der CDU und Bündnis 90/Die Grünen als schwarz-grüner Bettvorleger gelandet. Wobei bestenfalls der Schwanz noch grün eingefärbt ist. Der Koalitionsvertrag trägt die Überschrift „Verlässlich gestalten, Perspektiven eröffnen“. Mit diesem Koalitionsvertrag ist nicht ein von den Grünen vor der Wahl geforderter „Wechsel“ in der hessischen Politik vollzogen. Noch weniger: Es werden nicht einmal „Perspektiven eröffnet“. Nur zwei von zehn Ministerien sollen an die Grünen gehen. In Hessen wird „verlässlich“ die Politik weitergemacht, die die CDU nun schon seit 14 Jahren betrieben hat. Kein Wunder, dass der konservative Hardliner Volker Bouffier nach den Koalitionsverhandlungen sein gelassenes Raubtiergrinsen aufsetzen konnte. Von Wolfgang Lieb.

Quo vadis Bildung?

Seit Jahr und Tag werden uns die „Bildungsrepublik Deutschland“ und „Vorrang für Bildung“ versprochen. Geschehen ist in all der Zeit nicht wirklich viel. Wird sich dies nun ändern – mit und dank der Großen Koalition? Jens Wernicke sprach mit Ulrich Thöne, ehemaliger Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).