Schlagwort:
Konjunkturprogramme

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Gibt es irgendwann Sanktionen gegen die fortgesetzte Unfähigkeit in der Wirtschaftspolitik?

Leser der NachDenkSeiten könnten sich daran stören, dass wir immer wieder auf den Zusammenhang zwischen der Meinungsbildung zu einem politischen Problem und der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung dazu hinweisen. Es hilft aber nichts, denn die überall herumschwirrenden Vorurteile und Legenden haben eine verheerende Wirkung auf die politischen Entscheidungen: Wir wussten auch vor zwei oder drei Jahren, dass es in der Bundesrepublik, anders als behauptet, keinen wirklichen, möglichst alle Bereiche der Volkswirtschaft erfassenden Boom gibt. Wir wussten, dass die wirtschaftliche Belebung weit übertrieben wurde, um die Agenda 2010-Politik als erfolgreich erscheinen zu lassen. Wir wussten, dass die Ankurbelung der Binnennachfrage dringend nötig gewesen wäre. Wir wussten, dass man sich angesichts des extremen Leistungsbilanzdefizits der USA auf den Export nicht verlassen kann, weil irgendwann es so nicht weitergehen konnte. Es ist Standardwissen, dass man die Konjunktur nicht von heute auf morgen umsteuern kann, dass konjunkturpolitische Maßnahmen Zeit brauchen und man sie deshalb rechtzeitig in Gang setzen muss. Albrecht Müller

Die gefährlichen Vorurteile unseres Führungspersonals – Steinbrück ist voll davon und tut deshalb nicht das Richtige.

Die Bundesregierung zwang uns Steuerzahler, fast 10 Milliarden für die Rettung der Industriekreditbank (IKB) zu zahlen, und dann 27, vielleicht sogar 50 Milliarden für die Münchner HRE-Bank, mehrere Milliarden für die Commerzbank, für die Bayerische Landesbank, usw. In der Summe mehrere 10 Milliarden, wenn nicht über 100 Milliarden, die uns alle in Zukunft belasten werden. Das mutet Peer Steinbrück uns und dem Bundeshaushalt zu. Zu Gunsten der Gesinnungsgenossen in der Finanzwirtschaft. Wenn es aber darum geht, zu Gunsten der Mehrheit der Beschäftigten und Arbeitslosen unser Land vor einer schlimmen Rezession zu bewahren, dann präsentiert uns Steinbrück seinen bekannten Wust von Vorurteilen gegen Konjunkturprogramme und gegen angeblich weitere Verschuldung. Auf den NachDenkSeiten konnten Sie schon viel dazu lesen. Deshalb beschränke ich mich auf Hinweise auf einen früheren Eintrag und einige andere einschlägige Artikel. Dies soll Ihnen zur Orientierung dienen. Albrecht Müller.

Sachverständigenrat: Die alte Leier mit ein paar leisen Zwischentönen

Jahr für Jahr mussten wir auf den NachDenkSeiten den Gutachten des Sachverständigenrats vorhalten, dass sie den wirtschaftspolitischen „Holzweg“ stur fortsetzen und statt einer kritischen Bestandsaufnahme der tatsächlichen Wirkung ihrer neoliberalen „Reformvorschläge“ ständig nur eine weitere Erhöhung der „Reform“-Dosis vorschlugen. Daran hat sich auch im Jahresgutachten 2008/2009 unter dem Titel „Die Finanzkrise meistern – Wachstumskräfte steigern“ nichts Grundlegendes geändert. Mit der Ausnahme, dass diesmal ein (viel zu kleines) staatliches Konjunkturprogramm in Höhe von 0,5 bis 1 Prozent des BIP (also etwa im Umfang von bis zu 25 Milliarden Euro) vorgeschlagen wird, das über eine staatliche Kreditaufnahme finanziert werden soll. Wolfgang Lieb

Das Jahresgutachten des Sachverständigenrats zielt immerhin in die richtige Richtung – auch wenn die Mehrheit des SVR nicht sonderlich glaubwürdig ist

Im vergangenen Jahr hatten wir den Sachverständigenrat hart kritisiert („… nur noch eine Maschinerie der Meinungsmache“), so etwa hier und im Kritischen Jahrbuch 2007. Im Anhang finden Sie Meldungen zum Sachverständigenratsgutachten, das heute in Berlin präsentiert wird. Soweit man sich auf der Basis der Ankündigungen ein Urteil bilden kann (zwei Meldungen siehe Anlage), kann eines zumindest vermerkt werden: Dass der Sachverständigenrat eine Wende um 180° vollzieht und ein größeres Konjunkturpaket fordert, ist ein Fortschritt. Allerdings sind die Versuche des Sachverständigenrates, die Wende mit der Finanzkrise zu begründen, allzu durchsichtig. Der Sachverständigenrat versucht, seine Mitverantwortung abzuschieben. Albrecht Müller.

Die aktuelle Debatte um Konjunkturprogramme – von Meinungsmache geprägt, absolut schräg und weit von der Sache entfernt.

Die Debatte und auch die Entscheidungen zu konjunkturpolitischen Maßnahmen sind nicht geprägt von sachlichen Erwägungen, sondern vor allem vom Ergebnis einer Dauerpropaganda: Konjunkturprogramme sind Strohfeuer, sie bringen mehr Schulden – das glaubt nicht nur der Spitzenökonom der deutschen Wirtschaft Hüther, der sich gerade in ZDF-heute zu Wort gemeldet hat. Das glaubt auch der Bundesfinanzminister, der uns unentwegt mit unglaublichen Wortkombinationen unterhält – “Ich warne auch davor, aus der Hüfte etwas abzuschießen, was eher Symbolpolitik sein könnte, … was nur Geld verbrennen würde“ (Siehe unten). Und leider glaubt vermutlich auch die Mehrheit unseres Volkes, dass dies so sei. Konjunkturprogramme seien Strohfeuer, das ist eine Mär, die belegt, wie sehr ein Volk und seine Eliten manipuliert werden können. Quasi vollständig. Ein Wunder ist das nicht; denn auch Wirtschaftsforschungsinstitute, die noch bei der Begutachtung der Konjunkturprogramme in den siebziger Jahren vor allem Positives über ihre Wirkung notierten, behaupten heute das Gegenteil. Albrecht Müller.

Die Unfähigkeit zu makroökonomischer Vernunft – ein Kern unseres Problems

Gestern, an einem Montag gegen 16:30 Uhr besuchte ich einen Baumarkt. Verkaufsbereich leer, im Lagerbereich auch keine Kunden. Ich fragte den Lagerarbeiter, was los sei. Das sei einige Zeit schon so. Die Leute hätten offenbar kein Geld zum Bauen. – Zuhause im Laptop finde ich dann das Interview des SPD Haushaltsexperten Carsten Schneider (Anlage D) mit der saloppen Bemerkung, er sehe eine „konjunkturelle Delle“ statt einer Krise. Der Mann kommt aus Thüringen, einer Region, der es insgesamt sicher nicht besser geht als der Südpfalz. Dieser wichtige Mann hat offenbar weder einen Sensor für die wirkliche Lage noch begreift er wirtschaftliche Zusammenhänge. Das verbindet ihn mit dem Bundesfinanzminister. Wo ihre Schwächen, ihre Fehleinschätzungen und Manipulationsversuche liegen, soll anhand von vier Medienbeiträgen gezeigt werden. Albrecht Müller.

Die öffentliche Debatte ist (fast nur noch) geprägt von unbegründeten Schlagworten, Etiketten und Phrasen

In den Hinweisen hatten wir schon auf den Beitrag „Meister der Phrase“ in der taz hingewiesen. Ulrike Herrmann beschreibt dort sehr gut, wie die öffentliche Debatte und Meinungsbildung von Phrasen geprägt ist. Wir werden zugeschüttet mit Parolen: Heißes Herz und klare Kante, Konjunkturprogramme sind verbranntes Geld, wir sind die Mitte, den Hartz IV-Beziehern geht es zu gut, Lafontaine – der Populist, CDU/CSU tendiert zum Sozialen/Sozialdemokratisierung, Überalterung, Merz – der Wirtschaftsfachmann, Merkel – eine gute Kanzlerin, und so weiter und sofort. Es nimmt kein Ende, und meist kommen die immer wieder gestreuten Behauptungen ohne Belege aus. Albrecht Müller

Der Freitag und Steinbrück am gleichen Strang – Das kostet den Freitag leider Glaubwürdigkeit

Im Aufmacher des Freitag (siehe unten) wie in einem Interview Steinbrücks mit dem Stern (siehe unten) wird gegen Konjunkturprogramme polemisiert – beides etwa gleich unbegründet und voller Vorurteile. „Mit Konjunkturprogrammen wird nur Geld verbrannt“, meint Steinbrück. Das ist der Satz eines Menschen, der volkswirtschaftliche Zusammenhänge immer noch aus der Sicht eines Einzelnen betrachtet. Steinbrück hat noch nicht einmal wahrgenommen, dass seine besseren Steuereinnahmen des Jahres 2006 und 2007 ganz wesentlich mit der Verbesserung der Konjunktur zusammenhängen. Er hat noch nicht einmal in sich aufgenommen, dass der Sparkurs seines Vorgängers Eichel zwischen 2001 und 2003 „Geld verbrannt hat“, weil nämlich die Konjunktur und damit auch die Steuereinnahmen einbrachen. Steinbrück ist ein hoffnungsloser Fall. Ganz ähnlich Robert Kurz in der Titelgeschichte des Freitag. Wenn man diesem Aufmacher folgen will, dann muss man einem Klischee nach dem anderen Glauben schenken. Albrecht Müller.

Zum Frühjahrsgutachten der Konjunkturforschungsinstitute: Dogmatischer Wunderglaube

Man muss die Messlatte für das Wachstum nur tief genug legen, dann gilt der Aufschwung der letzten beiden Jahre als „kräftig“, und dann zeugen auch ein Wachstum von 1,8% in diesem Jahr und von 1,4% im kommenden Jahr von einer „robusten Wirtschaft“. Und auch mit einem Wachstum von durchschnittlich 1,5% bis 2012 kann man sich dann zufrieden geben. 3,2 Millionen Arbeitslose gelten bei solchen Maßstäben schon als Erfolg. Wenn die weltwirtschaftlichen Risiken nicht durchschlagen, bleibt alles gut. Auch gegen die Finanzkrise helfen die Arbeitsmarktreformen. Und wenn die Weltkonjunktur auch einbricht, dann brauchen wir in Deutschland kein Konjunkturprogramm wie etwa die USA. Bei uns fangen die „binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte“ negative Schocks aus dem Ausland auf. Dabei bringen die Konjunkturforscher das auberkunststück fertigt, in einem Atemzug auf die Steigerung der Binnennachfrage zu setzen und gleichzeitig vor höheren Lohnabschlüssen zu warnen. „Weiter so“: auf diese banale Empfehlung lässt sich das Frühjahrsgutachten der Konjunkturforschungsinstitute zusammenfassen. Wolfgang Lieb

Unser Finanzminister ist aufgewacht. Und Herr Ackermann ruft nach dem Staat.

Laut Spiegel Online warnt Bundesfinanzminister Steinbrück jetzt mit Blick auf das Chaos auf den Finanzmärkten vor der „größten Krise der letzten Jahrzehnte“. Wen meint er denn mit seinen Warnungen? Sich selbst. Das wäre angebracht. Die Krise um die faulen Kredite ist seit mindestens einem Jahr absehbar. Wenn man die Gefahren eines Dollarkursverfalls miteinbezieht, dann weiß man seit mindestens vier Jahren um Gefahren für die reale Wirtschaft bei uns. Und nichts ist geschehen. Im Gegenteil. Die jetzige Bundesregierung mit Steinbrück an der Spitze des zuständigen Ressorts wie auch die Regierung Schröder haben die Verursacher der Krise gepflegt: die Spekulanten in den Reihen von Hedgefonds und Privat Equity, die Banken und Investmentbanker wurden bewundert und hofiert und es wurden politische Entscheidungen zu ihren Gunsten getroffen und andere unterlassen. Vor allem hat die Bundesregierung nichts getan, um unsere Volkswirtschaft auf die absehbare Krise vorzubereiten. Albrecht Müller.

Medien zur Geldpolitik bar jeder kritischen Vernunft

Die weitere Geldpolitik und die parallel laufende Fiskalpolitik werden entscheidend dafür sein, ob wir die Gefahr einer neuen großen Rezession vermeiden können. Mit einer Meldung vom 25.1. haben wir auf einen Konstruktionsfehler in Europa hingewiesen: die Beschränkung der EZB auf die Sorge um die Preisstabilität und noch dazu auf ungenügende Weise. Jetzt sind mir zwei Beiträge in den Medien aufgefallen, die zeigen, wie unkritisch Medien bei uns mit der in der EZB und früher bei der Bundesbank herrschenden Linie umgehen. Siehe unten im Anhang. Sogar die TAZ berichtet unbeleckt von den historischen Hintergründen und der ökonomischen Fragwürdigkeit vom angeblichen Gegensatz zwischen konjunkturstützender und inflationsverhindernder Politik. Albrecht Müller.

Auszug aus „Machtwahn“ zur richtigen Wirtschaftspolitik einschließlich eines fiktiven Kanzleramtspapiers

Dies ist ein einschlägiger Text aus „Machtwahn. Wie eine mittelmäßige Führungselite uns zugrunde richtet“. Dieser Text enthält auch ein fiktives Kanzleramtspapier, das ich im Blick auf die Koalitionsverhandlungen vom September 2005 und die damalige Entscheidung zur Mehrwertsteuererhöhung um drei Punkte geschrieben habe einschließlich eines „10-Punkte-Programms zur Kurskorrektur in der Wirtschaftspolitik“. Die Bundesregierung hat jede notwendige Kurskorrektur nicht konsequent vollzogen. Siehe im Kontext auch den heutigen Beitrag „Wir sind einfach schlecht regiert“. Albrecht Müller.