Schlagwort:
Reformpolitik

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Große Mehrheit für weitere Reformen? Ein weiteres Beispiel, wie die Bertelsmann Stiftung mit fragwürdigen Umfragen, Stimmung zu machen versucht.

„Mit überwältigender Mehrheit (84 Prozent) hat sich die deut sche Bevölkerung für weitere Reformen in Staat und Gesellschaft ausgesprochen.“ Das zeige eine repräsentative Umfrage von TNS Emnid im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, so heißt es in einer Pressveröffentlichung vom 30.09.05.
Schaut man sich die Umfrage genauer an, so ist die Fragestellung so formuliert, dass eigentlich jeder vernünftige Mensch die „Notwendigkeit weiterer Veränderungen des Staates“ für erforderlich halten muss. Außerdem macht die Studie deutlich, dass die Befragten an völlig andere Reformen denken, als solche, wie sie etwa in der Agenda 2010 vorgesehen sind. Die Überschriften und Schlagzeilen, die wir lesen und hören, suggerieren jedoch, als forderten die Deutschen „weitere“ Reformen im Sinne der neoliberalen Reformkonzepte.

Große Koalition zu welchem Zweck?

Aus meiner Sicht wäre eine große Koalition dann sinnvoll, wenn sie sich darauf verständigen würde, die Binnenkonjunktur unseres Landes anzukurbeln und dafür undogmatisch alle Instrumente der Wirtschaftspolitik zu optimieren und einzusetzen. Die damit zu erreichende Verringerung der Arbeitslosigkeit und Verbesserung der Einkommenssituation der Arbeitnehmer und der auf den Binnenmarkt angewiesenen Unternehmer wäre die Basis zur Konsolidierung der Staatshaushalte und der sozialen Sicherungssysteme.
In der öffentlichen Debatte wird diese Priorität, endlich die Konjunkturschwäche unseres Landes zu überwinden, meist nicht gesehen. So soll aus der Sicht des amtierenden Bundeskanzlers die große Koalition vor allem die Agenda-Reformpolitik absichern und weiterführen.
Heute haben sich zu diesem Thema zwei Autoren zu Wort gemeldet, die ich gleichermaßen sympathisch finde: Richard Meng in der Frankfurter Rundschau mit “Wege einer großen Koalition” und Heiner Flassbeck in der taz mit “Auf dem falschen Trip. – In Deutschland gibt es derzeit fast alle Zutaten, die man für hohes Wachstum braucht – nur eine einzige extrem gewichtige fehlt: eine kräftig steigende Binnennachfrage”. Es lohnt sich, beide Texte parallel zu lesen. Ich gestehe, dass ich die Linie von Richard Meng und damit auch eines wichtigen Teils der Frankfurter Rundschau nicht mehr verstehe.

Was für den SPIEGEL „Chaos“ und „Anarchie“ ist, das ist in unseren Nachbarländern demokratische Normalität. Wie man den Wählerwillen auch anders interpretieren kann.

Rot ist das Cover beim SPIEGEL ja immer noch, doch die Farbe hat nichts mehr mit der politischen Gesinnung zu tun, sondern allenfalls noch etwas mit der Zornesröte der Redaktionsoberen. Da hat doch der SPIEGEL, allen voran der Leiter der Berliner Redaktion, Gabor Steingart, und mangels eigener Positionen der wieselflinke Chefredakteur Stefan Aust, mit dem Spitznamen die „linke Bügelfalte“, alles getan und geschrieben, dass der nach deren Meinung historische Irrtum des deutschen Sozialstaates, der mit Bismarck begonnen und von Adenauer fortgesetzt wurde, endlich wieder revidiert wird und wir zwingend von der sozialen Marktwirtschaft in die Marktgesellschaft wechseln müssten. Aber der blöde Wähler bockte. Die Mehrheit der Deutschen hält am Sozialstaat fest.

Einseitige Darstellung der Wahlreaktion aus Grossbritannien

Einer unserer Leser, Peter Hammels, macht uns auf die selektive Wahrnehmung der Reaktionen Großbritannien auf die Wahl in Deutschland, hier bei SpiegelOnline, aufmerksam. Ein Beispiel für die tägliche Manipulation. Das große Bild der Manipulation setzt sich aus solchen kleinen Mosaiksteinchen zusammen. Zu Ihrer Information übernehmen wir Hammels Leserbrief an SpiegelOnline.

Schröder pokert weiter. Trotz einer Wahlniederlage erklärt er sich zum Kanzler. Mit einer großen Koalition wird eine Mehrheit links vom bürgerlichen Lager umgedreht.

Gerhard Schröder ist eine Spielernatur. Seit der Bundestagswahl 2002, die Schröder durch Irak-Krieg und Oderflut entgegen aller Trends mit etwa 6000 Stimmen gerade noch einmal gewonnen hat, hat die SPD bei allen 11 Landtagswahlen teilweise dramatisch verloren. Schröder und Müntefering haben alle diese Niederlagen schön geredet, ja – gemessen an den vorausgehenden Umfragewerten – sogar dem staunenden Wahlvolk als Siege verkauft. So auch am Wahlabend der vorgezogenen Bundestagswahl.

FTD empfiehlt FDP

Die Financial Times Deutschland plädiert für einen Regierungswechsel. Von allen verfügbaren Optionen hält sie „Schwarz-Gelb“ für die beste. Angela Merkel könne nur mit einer starken FDP ihre liberale Politik durchsetzen. In den Redaktionsstuben der FTD haben ziemlich engstirnige „marktorientierte Reformer“ das Sagen.

Das „Duell“, das keines war. Spiegelfechterei auf neoliberalem Paukboden.

Schröder versuchte vergeblich, seine Reformen als Erfolg darzustellen, und Merkel mäkelte daran herum. Die entscheidende Frage, wie das Schrödersche „Weiter so“ und das Merkelsche „noch Weiter so“ Erfolge bei Wachstum und Beschäftigung bringen und den Sozialstaat erhalten kann, wurde weder gestellt noch beantwortet. Das war kein „Duell“, sondern eine mediale Selbstinszenierung von vier Talk-show-„Stars“, einem Kanzler und einer Kanzlerkandidatin, die versuchten, mit eingeübten Floskeln beim Gegner Treffer zu landen. Dass es in zwei Wochen um eine wirkliche Richtungsentscheidung gehe, konnte man nun wahrlich nicht erkennen, es geht um einen Kanzler, der seinen Kurs fortsetzen will, oder eine Kanzlerin, die verspricht, dass sie das Land auf diesem Kurs noch viel rücksichtsloser umkrempeln will.

SPD-Politiker rücken die Linkspartei in die Nähe der NSDAP: Implodiert die SPD in ihrer Panik geistig und moralisch?

Am 23.8. erschien als Dokumentation der Frankfurter Rundschau ein Beitrag des stellvertretenden Landesvorsitzenden der NRW-SPD, Dr. Karsten Rudolph, und eines Historikers aus Dortmund mit dem Titel „Jenseits der großen Dogmen – Die Politik der linken Mitte zwischen Neoliberalismus und Anti-Kapitalismus“: Zur “Quelle”
Man muss den Beitrag zumindest überfliegen, um zu begreifen, wie intellektuell flach und unfähig zur demokratischen Auseinandersetzung das Nachwuchspersonal der SPD inzwischen ist. Geradezu panisch ist der Versuch, die Linkspartei in die Nähe der NSDAP zu rücken. (AM/WL)

Der Stolz der Bundesregierung auf das Lob durch den Economist zeigt den Verfassungsrichtern, dass sie über einen Täuschungsversuch zu entscheiden haben.

Heute trifft sich der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichtes zur Beratung über die Klagen gegen die Auflösung des Deutschen Bundestages durch den Bundespräsidenten. Die Bundesregierung hat rechtzeitig zu dieser Verhandlung eine Übersetzung des von ihr hochgelobten Economist ins Netz gestellt. Diese Texte zeigen einmal mehr, dass der Bundespräsident, um die Auflösung des Deutschen Bundestages zu begründen, in seiner Rede vom 21. Juli nicht die Wahrheit über die Lage unseres Landes gesagt und Deutschland schlecht geredet hat. Dass die Bundesregierung und die SPD Bundestagsfraktion sich die Aussagen des englischen marktradikalen Wirtschaftsblattes so eindeutig zu eigen machen, zeigt zugleich: Wer glaubt, dass es am 18. September um eine Richtungswahl gehe, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.