Schlagwort:
Staatsschulden

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Das Rettungspaket des EU-Gipfels aus griechischer Sicht

Eine abschließende Bewertung der Brüsseler Beschlüsse vom 21. Juli ist beim derzeitigen Informationsstand kaum möglich. Dennoch lassen sich im Blick auf die griechischen Entwicklungen einige vorläufige Anmerkungen machen, die man je nach Stimmung sarkastisch, ironisch oder verbittert formulieren kann. Von Niels Kadritzke

Spiegel online mit einer wirklichen Lachnummer, der Analyse von „Promi-Halbwissen zur Euro-Krise“

Eines muss man der Redaktion von Spiegel online zugestehen: Sie hören manchmal das Gras wachsen. Also haben sie sensibel wahrgenommen, dass im Rest der kritischen Öffentlichkeit immer mehr erkannt wird, wie unaufklärerisch und voll gepumpt mit Vor- und Fehlurteilen Spiegel und Spiegel online die Finanzkrise begleiten. Also hat sich die Redaktion an das Prinzip „Haltet den Dieb erinnert“ und anderen, Politikern und Schauspielern Halbwissen vorgeworfen und deren angebliches Halbwissen analysiert. Wir haben diese Texte von Spiegel online kommentiert. Albrecht Müller.

Wo bleibt die Steuererhöhungsdebatte?

Die Forderung nach einem schlankeren Staat zieht sich wie ein roter Faden durch die politische Diskussion der letzten Jahre. Warum eigentlich? Wenn man einen Blick auf die Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen Sektors wirft, stellt man fest, dass der schlanke Staat schon längst Realität ist. Sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben des öffentlichen Sektors befinden sich seit dem Beginn der Ära Kohl im Sinkflug. Wenn der Staat seinen Schuldenberg abbauen will, müsste er lediglich seine Einnahmen wieder auf das Niveau der Kohl-Jahre bringen. Von Jens Berger

Eurozone stabilisieren

Nach mehr als einem Jahr Anti-Krisenpolitik und „Griechenland-Rettung“ stehen die EU-Instanzen und die Bundesregierung vor dem Scherbenhaufen ihrer neoliberalen Spardiktate-Politik. Trotz der Sanierungsversuche hat sich die Situation in den südeuropäischen Krisenländern (und teilweise Irland) nicht verbessert, die Staatsschuldenquoten steigen und die Verunsicherung hat weiter zugenommen. Zwei Gründe sind dafür neben anderen besonders wichtig: Erstens stürzen die Krisenländer wegen der ihnen aufgezwungenen drakonischen „Sparmaßnahmen“ in die Rezession, was Arbeitsplätze, Masseneinkommen und Steuereinnahmen wegbrechen lässt. Zweitens sind die an die Rettungskredite gebundenen Zinsen von fünf bis sechs Prozent viel zu hoch und von den Ländern objektiv nicht leistbar. Von Werner Schieder MdB

Staatsfinanzierung als Subvention des Finanzsektors

Ein Leser stellte uns neulich die Frage, warum Staaten sich eigentlich über die Märkte finanzieren? Diese Frage ist mehr als berechtigt und es gibt keine zufriedenstellende Antwort, die diese Praxis rechtfertigen würde. Wenn sich die Euroländer mit den selben Konditionen wie die Banken direkt über die EZB finanzieren würden, könnte der deutsche Bundeshaushalt jedes Jahr 25 Mrd. Euro einsparen. Auch Griechenland hätte, statt mit immer neuen Krediten seine Kreditzinsen zu finanzieren, realistische Chancen, seine Schuldenproblematik wieder in den Griff zu bekommen. Die Macht der Ratingagenturen würde mit einem Federstrich marginalisiert werden. Warum stellt sich die Politik eigentlich nicht so kluge Fragen wie unsere Leser? Von Jens Berger

Die griechische Krise und das Dilemma der Privatisierungen

Nebenbei bemerkt, flocht der Moderator im Frühprogramm des griechischen Staatssenders NET am letzten Dienstag ein, seit acht Monaten habe er kein Gehalt mehr bezogen. Das Mitleid der TV-Zuschauer dürfte sich in Grenzen gehalten haben. Im privaten Sektor sind ausbleibende Lohnzahlungen längst die Regel.
Die Kassenlage im staatlichen Fernsehen ist eines von vielen Anzeichen dafür, dass der griechische Staat die Grenze zur Zahlungsunfähigkeit bereits überschritten hat. Im öffentlichen Dienst insgesamt beträgt der Gehaltsrückstand durchschnittlich zwei Monate. Ähnlich sieht es bei den Rentenkassen aus: Bis die Rente bewilligt ist, vergehen im Durchschnitt 18 Monate, in denen nur eine Abschlagszahlung geleistet wird. Müsste man die vollen Renten von Anfang an auszahlen, wären einige Berufskassen bereits pleite. Und über die Summen, die der Staat dem privaten Sektor schuldet (z.B. Baufirmen und Krankenhaus-Lieferanten) gibt es nur Schätzungen, die gnädigste liegt bei 10 Mrd. Euro. Von Niels Kadritzke

Gefährliche Gerüchte aus Berlin

Am gestrigen Montag hat in Athen die leitende Staatsanwältin Elena Raikou eine strafrechtliche Vorermittlung gegen die Redaktion von SPIEGEL-Online in die Wege geleitet. Verfolgt werden soll ein Delikt namens „Verbreitung falscher Nachrichten“, das in Griechenland eine Panik ausgelöst habe. Gemeint ist damit die Publikation vom vergangenen Freitag, wonach die Regierung Papandreou überlege, den Euro aufzugeben und wieder eine eigene Währung einzuführen.
Die Ermittelungen werden wahrscheinlich in einer juristischen Sackgasse enden, aber der Vorgang zeigt, wie intensiv das vom SPIEGEL verbreitete Gerücht die griechische Öffentlichkeit beschäftigt. Dabei sind informierte Beobachter und die seriöse Presse in der Meinung einig, dass hinter der Publikation politische Kreise in Berlin stehen. Das ist nicht unrealistisch, weil SPIEGEL-Online in der Vergangenheit mehrmals als Outlet für Ideen aus der Regierung und speziell aus dem Finanzministerium diente. Von Niels Kadritzke

Die gewollte Reservearmee an Arbeitslosen – Oder: Wie einige Linke das Geschäft der Monetaristen und Rechten betreiben, indem sie die Verantwortung der Krise des Kapitalismus zuschieben.

Es gibt ein Zitat des ehemaligen britischen Notenbankers Sir Alan Budd, das Gold wert ist für die Argumentation jener, die den Anstieg der Arbeitslosigkeit in den siebziger, in den achtziger Jahren und auch heute für gewollt und damit für vermeidbar halten und – spiegelbildlich – den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit für möglich und für aussichtsreich halten, wenn man nur will und die richtigen Entscheidungen trifft. Sir Alan Budd beschreibt, dass unter Thatcher die Arbeitslosigkeit bewusst erzeugt worden ist, um die Arbeiterklasse zu schwächen und hohe Profite zu realisieren. Das gleiche Spiel begann bei uns schon in den siebziger Jahren und währt bis heute. Albrecht Müller.

Iudex non calculat – Die Verfassungsrichter in NRW als Oberökonomen

„Iudex non calculat“ oder „Richter können nicht rechnen“, so wird scherzhaft ein Rechtsgrundsatz aus dem römischen Recht übersetzt. Dieser Satz gilt offenbar auch noch nach 2000 Jahren. Diesen Schluss muss man ziehen, wenn man das Urteil des Verfassungsgerichtshofs NRW in Münster liest, mit dem der Nachtragshaushalt des Landes für das zurückliegende Jahr 2010 für verfassungswidrig erklärt wird.
Hier wird die Propaganda der Bundesregierung, dass wir uns schon wieder in einem Aufschwung befinden, zur Entscheidungsgrundlage gemacht und die herrschende einzelwirtschaftliche Perspektive beim Umgang mit Staatsschulden zum Verfassungsprinzip erhoben. Wolfgang Lieb

Volksabstimmung in Hessen – Nein zur Schuldenbremse!

Am 27. März müssen die Hessen über die Verankerung einer Schuldenbremse in die hessische Verfassung abstimmen. Im Falle einer Zustimmung ist davon auszugehen, dass diese Schuldenbremse unabhängig von bundespolitischen Entwicklungen in der hessischen Verfassung verankert bleibt. Daher ist es wichtig, am 27. März gegen die Schuldenbremse zu stimmen. Klemens Himpele begründet, warum.

Die Mehrheit der Menschen ist der gezielten Agitation oft hilflos ausgeliefert – auch dank der Unfähigkeit der Medien, Widersprüche aufzudecken und aufzuklären

Die totale Manipulation ist möglich, hatten wir am 11. Februar 2009 und noch einmal am 7. Dezember 2009 geschrieben. Wir kommen darauf zurück, weil das Geschehen falsch analysiert, wer die Möglichkeit und die Bedeutung der totalen Manipulation nicht begriffen hat. Das erleben wir bei den krampfhaften Versuchen, den Aufstieg Guttenbergs zu deuten. Wir erleben es an vielen anderen Beispielen. Angela Merkel beherrscht im Verein mit den ihr verbundenen Medien die Methode perfekt. Albrecht Müller.

Wie aus der Finanz- und Wirtschaftskrise eine Krise der Staatsverschuldung gemacht wird

Die Finanzkrise ist aus der öffentlichen Debatte nahezu verschwunden, die dadurch verursachte Wirtschaftskrise wird systematisch schön geredet. Alle reden vom Aufschwung XXL und, dass Deutschland „gestärkt“ aus der Krise hervorgegangen sei. Dabei hat selbst der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der Regierung ins Stammbuch geschrieben, dass von einem „neuen Wirtschaftswunder“ keine Rede sein könne und dass das Bruttoinlandsprodukt 2010 immer noch unter dem Niveau von 2006 liege. Und sobald es um Lohnverhandlungen geht erklärt dann Gesamtmetall-Chef Kannegiesser, dass wir bei der Produktion sind erst 70 Prozent und beim Auftragseingang 80 Prozent des Einbruchs wettgemacht hätten. Wolfgang Lieb

Wessen Interessen vertritt der Bund der Steuerzahler?

In der Öffentlichkeit hat der 1949 gegründete Bund der Steuerzahler das Image als Schutzpatron aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Jeweils im Herbst veröffentlicht er sein „Schwarzbuch“ zur öffentlichen Verschwendung. Es enthält Beispiele für die tatsächliche oder angebliche Verschwendung von Steuergeldern bei Bund, Ländern oder Kommunen. Einen hohen Bekanntheitsgrad hat auch die so genannte „Schuldenuhr“: Diese „Uhr“ schreibt laufend die Entwicklung der Staatsverschuldung fort. Sie wurde zum Symbol für eine angeblich immer weiter um sich greifende Verschuldung, der Einhalt geboten werden müsse. Besonders medienwirksam ist auch der so genannte Steuerzahlergedenktag: Ab diesem Tag arbeiten die Steuerzahler nach den Berechnungen des Steuerzahlerbunds nicht mehr für den Fiskus, sondern für sich selbst.
Durch eine erfolgreiche Medienarbeit und vermeintlich wissenschaftlich untermauerte Positionen wird der Steuerzahlerbund in Politik und Öffentlichkeit als neutraler und seriöser finanzpolitischer Akteur wahrgenommen. Hierdurch gelingt es ihm, seine letztlich neoliberalen und unsozialen Politikvorstellungen bis weit in linke und linksliberale Organisationen und Parteien hinein zu streuen. Von Kai Eicker-Wolf / Patrick Schreiner