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Meinungsmache

FAZ-Ökonomenranking – ein Armutszeugnis für die Massenmedien

Nun haben wir schwarz auf weiß, was wir eigentlich schon immer wussten. In den deutschen Medien kommen nahezu ausschließlich neoliberale Ökonomen zu Wort, wobei ein beängstigend großer Teil von ihnen direkt in Diensten der Finanzinstitute steht. So kann – und muss – man ein Teilergebnis des in der letzten Woche veröffentlichten FAZ-Ökonomenrankings interpretieren. Wenig überraschend ist auch das Ergebnis, dass Hans-Werner Sinn, das Enfant terrible der Talkshow-Ökonomen, sowohl für die Medien auch als auch für die Politik der einflussreichste Ökonom des Landes ist. Von Jens Berger.

Jürgen Todenhöfer: Der nächste Lügenkrieg?

Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und Kenner des Nahen Ostens und anderer Brennpunkte hat den NachDenkSeiten einen Text zu einem möglichen Syrien-Krieg geschrieben. Jürgen Todenhöfer skizziert darin die Lügen, mit denen fast alle US-Kriege der letzten Jahrzehnte begonnen haben. Wir empfehlen Ihnen, diesen Text weiter zu verbreiten. Das ist angesichts der in deutschen Medien inzwischen weit verbreiteten Kriegstreiberei sinnvoll und notwendig. Trotz kritischer Distanz zu vielen unserer Hauptmedien hätte ich das jetzt erkennbare, fast schon lustvolle Spiel mit der Möglichkeit von Militärschlägen nicht für möglich gehalten. Aber der Grad der Verkommenheit kennt wohl keine Grenzen. Albrecht Müller.

Menschenrechte versus Völkerrecht?

Mit der Charta der Vereinten Nationen [PDF – 405 KB] versuchten die Staaten am Ende des Zweiten Weltkriegs eine internationale Ordnung zu schaffen, die für immer “die Welt vor der Geißel des Krieges bewahren“ sollte (Präambel). Als wichtigste Grundsätze hierfür gelten zwei Artikel. Nach Artikel 2 Ziff. 4 und Artikel 2 Ziff. 7 der Charta ist Gewalt gegen Staaten also grundsätzlich tabu. Ebenso auch jede Androhung von Gewalt gegen einen Staat. Einzig Art. 51 belässt den Staaten im Falle eines bewaffneten Angriffs „das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung.“ Medien und Politik starren nun allerdings immer öfter auf Kapitel VII der Charta, das in der Tat – auch – militärische Zwangsmaßnahmen des Sicherheitsrats (und also explizit nicht etwa einer „Koalition der Willigen“, es sei denn, diese ist vom Sicherheitsrat autorisiert) bei „Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen“ zulässt, wenn Maßnahmen zur „Friedlichen Beilegung von Streitigkeiten“ (Kap. VI der Charta) ausgeschöpft sind.
Seit der ersten vom Sicherheitsrat legitimierten „humanitären Intervention“ im Irak im Jahre 1991 wurde das „Interventions-Notwendigkeits-Verständnis“ weiterentwickelt und als Konzept einer „Schutzverantwortung“ in die völkerrechtliche Debatte eingeführt, ohne allerdings bisher von der Vollversammlung der VN beschlossen worden zu sein.
Gerade wenn es um „humanitäre Interventionen“ geht, sind die beiden wichtigsten Frage daher immer: Wie verlässlich sind die Informationen, von wem kommen sie? Und: wer verfolgt welche Interessen? Darüber wird jedoch in aller Regel nicht gesprochen. Von Werner Ruf[*] und Jens Wernicke[**].

Militärschlag gegen Syrien – Die hinterhältige Taktik der Kanzlerin

Militärschlag gegen Syrien – Die hinterhältige Taktik der Kanzlerin
Merkels Regierungskunst besteht darin, dass sie sich bei jeder politischen Aussagen ein Hintertürchen offenhält, durch das sie das Gegenteil des Gesagten rechtfertigen kann. Merkel hat sich bei all ihren nur auf die ablehnende Stimmung innerhalb der Bevölkerung abhebenden Absagen zu einem Militärschlag gegen Syrien immer hintenherum eine Ausflucht offen gelassen. Eine solche Taktik, dem Mehrheitswillen zu entsprechen und hintenherum das Gegenteil zu tun, nennt man üblicherweise hinterhältig. Von Wolfgang Lieb.

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Dass die Wählerpräferenzen für die Grünen sinken, ist nicht verwunderlich

Die Forschungsgruppe Wahlen hat für das ZDF zwischen 2. und 4. September für die Grünen nur noch 10 % ermittelt. Auch wenn man bei Umfragen bekanntlich skeptisch sein muss: Das ist nach den Höhenflügen in Richtung 20 % in der Tat ein „Absturz der grünen Überflieger“, wie Spiegel online das nennt. Der von Umfragen erhobene Niedergang ist nicht allzu schwer zu erklären und ein bisschen anders, als SpiegelOnline es tut. Wie immer scheinen mir mehrere Faktoren im Spiel zu sein. Von Albrecht Müller

Wahlkrampf

Nahezu täglich tauschen die bekannten Gesichter der fünfeinhalb großen Parteien in aufgesetzt wirkenden TV-Duellen ihre auswendig gelernten Phrasen aus. Drei Wochen vor dem großen Urnengang scheint das Land endlich aus seiner politischen Lethargie erwacht zu sein. Doch der Schein trügt. Man kennt das Spiel ja. Die Union stellt Deutschland als schwarz-rot-goldenes Schlaraffenland dar, während Brüderles FDP sich redlich Mühe gibt, ihren Ruf als Comedy-Truppe zu verteidigen. SPD und Grüne werfen sich derweil das Oppositionsmäntelchen über und sogar Peer Steinbrück entdeckt in letzter Sekunde seine sozialdemokratischen Wurzeln. Grotesk! Gibt es eigentlich irgendjemanden – außer Jakob Augstein -, der dieses Schmierentheater nicht durchschaut? Von Jens Berger.

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Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um

In seiner treffenden Analyse des Duell-Spektakels zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück kam Wolfgang Lieb hier auf den NachDenkSeiten zu dem Schluss: „90 Minuten Duell – zumal unter Show-Bedingungen – reichen zur Erzeugung einer Wechselstimmung eben nicht aus.“ Das gibt nicht nur die gegenwärtige, für einen Regierungswechsel fast aussichtslose Situation richtig wieder. Es verweist auch auf die entscheidenden strategischen Fehler, die Rot-Grün und vor allem die SPD in diesem Wahlkampf von Beginn an begangen haben. Viel zu lange haben sie sich erstens nicht als echte politische Alternative präsentiert und zweitens nicht als reale Machtoption. Ein Beitrag von Stephan Hebel, Autor des Buches „Mutter Blamage“.

Ein Duell ohne Treffer – Sprechblasen platzten aufeinander

Das war es also das große Duell, für das wie beim Tamtam vor einem Boxkampf auf allen Kanälen die Stimmung aufgeheizt wurde. Schon die Vorankündigungen ähnelten eher dem Rummel vor einem Sportereignis als der Berichterstattung über eine wichtiges politisches Ereignis. Da gab es eine „Favoritin“ und einen „Herausforderer“, da ging jemand als „Außenseiter ins Spiel“ und da hatte jemand den Bonus des Titelverteidigers. Politik wird zur Schau getragen und zur Show gemacht – verkörpert auch noch durch einen Spaßmoderator als Fragesteller. Zeitlich begrenzt wie ein Fußballspiel auf 90 Minuten, ein Münzwurf entscheidet wer „Anstoß“ hat. Keine Aktion der Duellanten soll länger als 90 Sekunden dauern dürfen. Und anschließend sollen mittels der Umfrageinstitute die Zuschauer als Kampfrichter, die Punkte verteilen.
Dafür konnten die Duellanten nichts, sie sind Opfer dieser Inszenierung. Aber statt eine politische Debatte zu liefern, haben auch Merkel und Steinbrück sich nur selbst inszeniert.
Von Wolfgang Lieb.

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Wahlkampf: Faule Zahlenspiele mit atypischen Jobs

Lauter gute Nachrichten gehen derzeit durch die Mainstream-Medien. Zuletzt jubelte SPIEGEL Online darüber, dass die Zahl der atypischen Beschäftigungsverhältnisse seit Jahren erstmals zurückgehe. Sind wir also endlich am Ende der Krise angekommen? Hat die Bundesregierung womöglich doch einen guten Job gemacht? Wohl kaum, auch wenn es sich so anhört. Von Jörg Wellbrock.

Die Arbeitslosenzahlen sind 11 Monate in Folge gestiegen

Mit dieser Überschrift hätte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-J. Weise seine heutige allmonatliche Pressekonferenz eigentlich eröffnen müssen. Stattdessen verkündete er eine „stabile Entwicklung“. Tatsächlich sind seit Oktober 2012 die Arbeitslosenzahlen jeden Monat  höher als im gleichen Monat des Vorjahres – und für August gilt das auch (+ 41.000). Diesen „stabilen“ Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf nunmehr 2.946.000 hat der Chef der Bundesagentur mit seiner Überschrift „Stabile Entwicklung“ sicherlich nicht gemeint. Aber die schlechten Nachrichten erspart Herr Weise der Bundesregierung schon seit Monaten, schließlich steht ja die Wahl an. Von Gerd Bosbach.

Giftgaseinsatz in Syrien – gibt es wirklich keine Zweifel?

Während die UN-Inspektoren noch bis Montag Zeit haben, den vermeintlichen Giftgaseinsatz vom 21. August in den Vororten der syrischen Hauptstadt Damaskus zu untersuchen, ist für die USA und die NATO bereits jetzt alles klar. Für US-Vizepräsident Biden gibt es „keine Zweifel“ daran, dass es sich um einen Giftgaseinsatz handelte und das dieser völkerrechtswidrige Angriff vom syrischen Regime ausgeführt wurde. Auch Großbritannien und Frankreich sind sich ihrer Sache sicher und warten nur noch auf den Startschuss zum lange geplanten Militäreinsatz in Syrien. Zweifel an der US-Version werden auch in den deutschen Massenmedien nicht geäußert. Gibt es denn wirklich keine Zweifel? Doch, wenn man sich abseits der Massenmedien informiert, stößt man unweigerlich auf eine ganze Schar von Indizien, die gegen die „offizielle“ US-Version sprechen. Man fühlt sich dabei unweigerlich an die Propaganda im Vorfeld des Kosovo- und des Irakkrieges erinnert. Von Jens Berger.

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Chronik der Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmer

Der Manipulationsapparat gegen Steuererhöhungen läuft auf Hochtouren. Die Wirtschaftsverbände, die wirtschaftsnahen Medien und die CDU sowie die FDP sowieso laufen gegen die Steuererhöhungspläne von SPD und Grünen und schon gar der Linkspartei Sturm. Selbst der wirtschaftsliberale neue Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) reiht sich in die Reihe der Kritiker ein. Der Ansturm gegen Steuererhöhungen bei den obersten 5 Prozent der Einkommensbezieher und bei den Besitzern riesiger Vermögen ist so heftig, dass Ministerpräsident Kretschmann von den Grünen und der SPD-Vorsitzende Gabriel von den in den Wahlprogrammen beschlossenen Steuererhöhungsplänen abrücken.

Bundesfinanzminister Schäuble warnte dieser Tage einmal mehr vor Steuererhöhungen, weil sie das Investitionsklima schädigten. Dabei belegen alle Daten [PDF – 2.4 MB], dass Deutschland (auch im EU-Vergleich) trotz aller Steuersenkungen der letzten Jahre unter einer Investitionsschwäche leidet und sich Deutschland „kaputt spart“ und das Geld ins Ausland fließt. Um die Hysterie vor Steuererhöhungen auf eine reale Basis zurückzuführen und aufzuzeigen welche Steuern für Reiche und Unternehmer in den letzten Jahren gesenkt wurden haben Gerd Bosbach und Jens Jürgen Korff, die Autoren des Buches „Lügen mit Zahlen“, dankenswerterweise eine kleine Chronik der Steuererleichterungen zusammengestellt.

In der Ferne töten, um zu Hause die Umfragen zu verbessern und Wahlen zu gewinnen – mit solchen Spießgesellen leben wir in einer „Wertegemeinschaft“

Cameron fordert das Bombardement, der Sozialist Hollande hetzt hinterher und Obama hat sein Ethos erkennbar in den Orkus geworfen. Bei allen dreien spielt offensichtlich der Blick auf die – gemachte – Stimmung im Land die entscheidende Rolle für die Kriegstreiberei. So war es schon bei George W. Bush. So war es auch beim Suez Konflikt vor vielen Jahren, als Briten und Franzosen ihre Interventions-Waffenbrüderschaft übten. Und so war es letztlich auch bei den Bomben gegen Restjugoslawien im Kosovo Krieg. Und Rot und Grün bei uns? Statt klar zu sagen, dass uns mit dem aus innenpolitischen Gründen geplanten Morden nichts verbindet, eiern sie herum wie Angela Merkel und verleugnen ihre Wurzeln bzw. ihre gelegentliche Nähe zur Friedensbewegung. Die SPD feiert Willy Brandt und verleugnet ihn zugleich. Was bleibt den früheren Wählern von SPD und Grünen in dieser Situation anderes übrig, als die Linke zu wählen. Albrecht Müller.

Arabischer Winter – Wenn „Demokratie“ zum Kampfbegriff wird

Demokratie ist für die westliche Politik nur dann erstrebenswert, wenn bei Wahlen die „Richtigen“ gewinnen. Der Muslimbruder Mohammed Mursi gehörte nicht dazu. Daher haben die Regierungen der westlichen Welt offenbar auch kein großes Problem damit, dass der demokratisch gewählte Präsident Ägyptens durch eine Junta aus dem Amt geputscht wurde. Erst als die neuen Machthaber in zahlreichen Massakern tausende Demonstranten abschlachteten, machte sich in Berlin, London und Washington leises Unbehagen breit. Ägypten steuert mit voller Fahrt zurück zur Militärdiktatur. Aus dem arabischen Frühling ist ein arabischer Winter geworden – währenddessen lügt man sich im Westen in die eigene Tasche und phantasiert immer noch von einem „Transformationsprozess“. Der Westen wünscht sich keine Demokratie, sondern Stabilität. Und wenn man dafür die Demokraten niederschießen muss, dann sei dem so. Von Jens Berger

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Glosse: Herzlichen Glückwunsch, lieber SPIEGEL!

Was im April noch eine beißende Satire des Tagesspiegel war, ist seit heute Realität: Nikolaus Blome, seines Zeichens stellvertretender Chefredakteur und „Gesicht“ der BILD-Zeitung, wird zum 1. Dezember neuer stellvertretender Chefredakteur und „Gesicht“ des SPIEGEL. Ein kleiner Schritt für einen Journalisten, ein großer Schritt für die Medienlandschaft. Da findet zusammen, was zusammen gehört. Nun ist der langjährige Transformationsprozess des ehemaligen Nachrichtenmagazins zur „BILD am Montag“ endlich abgeschlossen. Die NachDenkSeiten gratulieren dem SPIEGEL zu dieser konsequenten Personalentscheidung. Von Jens Berger.

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