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Denkfehler Wirtschaftsdebatte

Die politische Debatte kreist oft um wirtschaftliche Zusammenhänge. Vielen Menschen sind diese fremd. Denkfehler und Vorurteile zur Wirtschafts- und Finanzpolitik sind schon deshalb weit verbreitet. Die NachDenkSeiten klären immer wieder darüber auf.

25%-Renditen sind durch Wertschöpfung nicht zu erreichen.

Im gestrigen Beitrag zu den „ehrenwerten“ Plünderern hatte ich angemerkt, die hohen Renditen, die heute von einigen Unternehmen erzielt würden und deren sich zum Beispiel der Chef der Deutschen Bank Ackermann rühme, seien nicht durch normale Wertschöpfung erreichbar. Wenn alle Unternehmen eine solche Rendite anstreben, dann würden die Zins- und Dividendenzahlungen mehr als unser gesamtes Bruttoinlandsprodukt in Anspruch nehmen, so zitierte ich einen meiner Gesprächspartner. Dieser hat mir nach Lektüre des Tagebucheintrages dankenswerterweise seine Berechnung geschickt. Albrecht Müller.

Staatsquote sinkt wie noch nie. Und das BMF will noch weiter senken.

Die Staatsquote ging von 49,3% im Spitzenjahr 1996 auf 45,6% in 2006 zurück. In der Eurozone haben nur noch Irland, Spanien und Luxemburg niedrigere Quoten. Das geht aus einer Vorlage für Bundesfinanzminister Steinbrück hervor, über die die Süddeutsche Zeitung am 13.6. berichtete: ”Weniger Staat!” wird wahr. Wirtschaftsliberale Forderungen werden damit weitgehend eingelöst. Und Steinbrücks Beamte – und wohl auch der Minister selbst – halten eine weitere Senkung der Staatstätigkeit und der Staatsquote für unabdingbar. – Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass unsere Eliten in entscheidenden Funktionen ideologisch bestimmt sind und keine nüchterne, optimierende Abwägung vornehmen. Albrecht Müller.

Nochmals: Ver.di: Mindestlohn schafft 450 000 Jobs

Am 29. Mai haben wir unter der Ziffer 12 unserer Hinweise auf eine Studie von Klaus Bartsch hingewiesen, in der dieser durchgerechnet hat, dass die Einführung des Mindestlohns die Binnennachfrage spürbar anregen und dadurch mehrere Hunderttausend neue Jobs schaffen könnte.
Wir haben angesichts z.B. einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft, die zu einem gegenteiligen Ergebnis kommt, zu dem Gutachten im Auftrag von ver.di sicher sehr oberflächlich angemerkt, dass wir von solchen Studien generell nicht viel halten. Wir sind mit diesem Urteil Klaus Bartsch vor allem im Vergleich zu anderen Studien zu diesem Thema nicht gerecht geworden. Wir möchten deshalb gerne die Stellungnahme von Klaus Bartsch unseren Leserinnen und Lesern zur Kenntnis geben.

Glos will Arbeitspflicht für alle Hilfeempfänger

„Jeder Erwerbslose müsste einer regulären Beschäftigung oder einer öffentlich bereit gestellten Arbeit – in Art der Ein-Euro-Jobs – nachgehen, sonst würde er keine staatliche Unterstützung mehr bekommen. Wer einen normalen Job hat, dadurch aber zu wenig zum Leben verdient, bekäme einen öffentlichen Zuschuss: Der Staat würde sein Einkommen aufstocken, sodass er genauso viel erhält wie eine Bezieher des Arbeitslosengelds II.“
Die Ökonomen des Bonner Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) glauben, dass die Pläne von Glos ein wahres Job-Wunder auslösen könnten. 1,4 Millionen Stellen für Geringverdiener könnten entstehen, wenn Glos sich mit seinen Reformvorschlägen in der Großen Kolaition durchsetzt. Zugleich könnten die öffentlichen Haushalte bis zu 25 Milliarden Euro pro Jahr sparen.

Über den Zusammenhang zwischen unseren „verpissten“ Autobahnparkplätzen und der neoliberalen Ideologie.

Unsere herrschenden Meinungsführer in der Wirtschaftspolitik kommen bei ihrer Ablehnung von Maßnahmen zur Stärkung der Binnenkonjunktur immer wieder auf die siebziger Jahre zurück und behaupten, damals sei ja bewiesen worden, dass die von Keynesianischem Denken geprägten Konjunkturprogramme und andere expansiven Maßnahmen nichts gebracht hätten.
Das ist in zweifacher Hinsicht eine falsche Wahrnehmung:

Joachim Jahnke: Warum kann die Regierung nicht aus den Steuersenkungen der Vergangenheit lernen? Zu einem konjunkturankurbelnden Ausgabenschub der von Steuersenkungen begünstigten Unternehmen und Besserverdiener ist es nie gekommen.

Die nun von der Großen Koalition am 4. Juni in den Eckwerten bereits festgelegte Unternehmenssteuerreform soll die Unternehmenssteuern weiter drastisch absenken und erregt daher zu Recht die Gemüter. Denn während der Staat zu Lasten der „kleinen Leute” die Mehrwertsteuer erhöht und die Steuererleichterungen von der Entfernungspauschale und dem Sparerfreibetrag kürzt, verzichtet er hier auf etwa 5 Mrd Euro an Steuereinnahmen. Und dies geschieht zugunsten im Durschschnitt sehr gut verdienender Unternehmen. So sind die Gewinne der 30 führenden Konzerne in Deutschland im Jahr 2005 um 36 Prozent auf 51 Milliarden Euro gestiegen – so stark wie noch nie zuvor.

Quelle: Zusammenstellung der Daten und Grafiken

Das Wettbewerbsdogma – ein Mythos! Kritische Anmerkungen von Jacques Sapir und Heiner Flassbeck

„Konkurrenz bzw. Wettbewerb stimuliert Umsatz und Absatzmärkte der Unternehmen, was diese wiederum veranlasst, neue Arbeitsplätze zu schaffen“ (…) stellen Volkswirte der OECD fest. Allerdings beruhen die dem Wettbewerb zugeschriebenen ökonomischen Tugenden weniger auf wissenschaftlicher Erkenntnis als auf interessengeleiteter Glaubenshaltung. Da durch solche offiziellen Verlautbarungen das Konkurrenzdogma immer wieder bekräftigt wird, fällt es neoliberalen Ökonomen leicht, sich einer ernsthafte Diskussion über ihre Glaubensüberzeugungen zu entziehen – und die Unternehmen können ihre spezifischen Strategien weiter durchsetzen.
Zum nicht mehr in Frage gestellten Dogma des Wettbewerbs empfehlen wir unseren Leserinnen und Lesern zwei aktuelle kritische Beiträge: „La concurrence, un mythe“ von Jacques Sapir (übertragen von Gerhard Kilper) und „Was ist Wettbewerb?“ von Heiner Flassbeck mit einer ergänzenden Anmerkung von Wolfgang Lieb.

„Der Big Bang steht noch bevor

OFFSHORING (I) Der Job-Export zerstört die Innovationskraft ganzer Volkswirtschaften“
Freitag 47, 25.11.05
Ein Hinweis mit einem längeren Kommentar: Der Beitrag von Wolfgang Müller im FREITAG ist ein gutes Beispiel dafür, zu welchen Fehlschlüssen es führen kann, pars pro toto zu nehmen (also vom Teil auf das Ganze zu schließen). (KR/AM)

Die liberal-konservative „The Times“ hielte eine Koalition zwischen Linkspartei und Konservativen ökonomisch für das Vernünftigste

Eine Koalition zwischen Union, FDP und Die Linke.PDS könnte ein schlüssiges Konzept gegen die wirtschaftliche Malaise anbieten, nämlich eine vernünftige Mischung aus angebots- und nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik – aber das ist natürlich undenkbar. Deshalb fürchtet „The Times“: “Whoever’s in charge, Germany is a loser”.

Die Steuerfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme – ein unsicherer und höchst gefährlicher Rettungsanker

Vor allem von CDU/CSU und von der Wirtschaftslobby, aber auch von sich eher „links“ verstehenden Anhängern eines allgemeinen „Grundeinkommens“ wird eine teilweise oder gar überwiegende Finanzierung von sozialer Risikoabsicherung aus Steuermitteln statt aus nach Einkommen gestaffelten Beiträgen der Versicherten propagiert. Vorgebliches Hauptmotiv ist der Glaube, dass so die Lohnnebenkosten gesenkt werden könnten und dadurch die Wirtschaft wieder angekurbelt werden könnte. Eine trügerische Hoffnung!

“Die Produktivität ist zu hoch; die Arbeit geht aus; jeder bekommt ein Grundeinkommen” … Abstrus.

Nicht nur Gerhard Schröder hat mit seinem Vorstoß für Neuwahlen die neoliberalen Ideologen vor dem Offenbarungseid ihres Scheiterns gerettet. Das tun nun zunehmend auch eine Gruppe von Personen, die in ihrer Mehrzahl eigentlich keine Anhänger der neoliberalen Ideologie sind und aus eher ehrenwerten Motiven die Vorstellung kritisieren, wir könnten mit Wachstum die Probleme der Arbeitslosigkeit lösen, oder besorgte Menschen, die Wachstum ökologisch für problematisch halten. Es gibt tatsächlich eine, den politischen Widerstand gegen die neoliberalen Modernisierer schwächende Spaltung.