Kategorie:
Ungleichheit, Armut, Reichtum

Billig-Discounter und Freihandel

In letzter Zeit häufen sich die Meldungen, dass einige Billig-Discounter sich nicht an ihre Zusagen halten, faire Arbeitsbedingungen für Beschäftigte bei ihren Lieferanten sicherzustellen. Orlando Pascheit meint, dass an einer generellen Regelung des globalen Handels im Sinne des Arbeiter- und Umweltschutzes kein Weg vorbeiführt.

Gunnar Heinsohn und die „Aufartung“ des deutschen Volkes

Historische Parallelen sind stets fragwürdig. Besonders problematisch werden sie, wenn die deutsche NS-Vergangenheit bemüht wird, um in denunziatorischer Absicht aktuelle Gescheh­nisse zu kommentieren. Denn ein Regime, das unter neuzeitlichen Bedingungen und in kühler Rationalität den industriell durchgeführten Massenmord praktizierte, entzieht sich jedem Ver­gleich. Wenn der Autor dieser Zeilen gleichwohl den Aufsatz von Gunnar Heinsohn „Sozial­hilfe auf fünf Jahre begrenzen“ in der FAZ vom 17.03.10 zum Anlass nimmt, auf Affini­täten zur NS-Ideologie in diesem Text hinzuweisen, so ist er sich dieser Problematik bewusst. Von Friedhelm Grützner

Zum Programmentwurf der Partei DIE LINKE

Ein Programmentwurf, der die Kritik vieler Menschen aufgreift und den herrschenden Verhältnissen positive Utopien entgegenstellt. Die Kritik tut den etablierten Parteien weh und dementsprechend aggressiv ist die Abwehr der Forderungen der Linkspartei. Dennoch, bis zur Verabschiedung sind noch viele Fragen zu klären. Allzu oft, werden die kritisierten Missstände undifferenziert auf die kapitalistische Verwertungslogik zurückgeführt. Dem bestehenden System wird unvermittelt ein alternatives System gegenübergestellt. Es hapert an einer mittleren und konkret untermauerten Perspektive. Wolfgang Lieb

Eine kritische Bilanz von Hartz IV fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes am 1.1.2005

Die sog. Hartz-Gesetze, vor allem das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene vierte als ihr unrühmlicher Höhepunkt, sind Kernbestandteil eines Projekts zur Restrukturierung der Gesellschaft, das die ganze Architektur und die innere Konstruktionslogik des bisherigen Sozialstaates in Frage stellt. Es ging dabei nicht bloß um Leistungskürzungen in einem Schlüsselbereich des sozialen Sicherungssystems, vielmehr um einen Paradigmawechsel, anders formuliert: um eine gesellschaftliche Richtungsentscheidung, die das Gesicht der Bundesrepublik seither prägt. Die rot-grüne, durch eine Mehrheit der damaligen Oppositionsparteien CDU/CSU und FDP im Bundesrat und die Kompromissbereitschaft der Regierungsparteien radikalisierte Arbeitsmarktreform hat unser Land so tiefgreifend verändert, dass es kaum übertrieben erscheint, von der „Hartz-IV-Republik“ oder der „Hartz-IV-Gesellschaft“ zu sprechen. Von Christoph Butterwegge

Über Mythen zur Relation von Bezahlung und Wertschöpfung

Wir weisen auf eine interessante Vereinigung hin: “nef (the new economics foundation) is an independent think-and-do tank that inspires and demonstrates real economic well-being”. Einen bemerkenswerten Beitrag dieser Website über Mythen stellen wir im Folgenden ein. Der englische Text wurde von einem Nutzer der NachDenkSeiten, von Daniel Dannemeyer, freundlicherweise übersetzt. Herzlichen Dank. Albrecht Müller.

Zum Koalitonsvertrag (IV): Die schwarz-gelbe Koalition vertieft die Kluft zwischen Arm und Reich.

Aufgrund des gegenwärtigen Krisendebakels, das sie ohne Zweifel mit verursacht hat, schien die neoliberale Hegemonie, d.h. die Meinungsführerschaft des Marktradikalismus, vielen Beobachtern in der Bundesrepublik endgültig gebrochen. Dass der Neoliberalismus hierzulande keineswegs im Niedergang, sondern auf dem besten Weg zu einer Renaissance im schwarz-gelben Gewand ist, zeigt der am 24. Oktober vorgestellte Koalitionsvertrag. Von Christoph Butterwegge

Bei so genannten Wirtschaftsexperten fällt der Groschen – DIW für Wiedereinführung der Vermögenssteuer

SpiegelOnline verbreitet heute den Vorschlag des DIW, die Vermögen stärker zu besteuern. (Siehe Anlage 1). Dabei wird darauf verwiesen, mit dem konkreten Vorschlag würde die Belastung der Vermögen auf das Durchschnittsniveau der anderen EU-Staaten und wichtigsten Industrieländer angehoben.

Wir freuen uns über diese Einsicht, wir würden uns noch mehr freuen, wenn erstens diese Vorschläge von der Politik auch ernsthaft verfolgt und nach der Bundestagswahl umgesetzt würden, und wenn zweitens die Polemik gegen jene eingestellt würde, die nahezu die gleichen Forderungen bisher schon immer vertreten haben. Albrecht Müller.

Die gespaltene Gesellschaft – Arm und Reich im Konflikt

In einer wohlhabenden Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, sozial, gerecht und demokratisch zu sein, müssen Armut, sofern sie nicht auf Einzelfälle beschränkt ist und man ein persönliches Versagen der davon Betroffenen unterstellen kann, wie Reichtum, der ein vernünftiges Maß übersteigt, öffentlich gerechtfertigt werden. Dies geschieht primär über die Lehre, wonach es Leistungsträgern in der Sozialen Marktwirtschaft besser geht und besser gehen soll als den weniger Leistungsfähigen oder gar den „Leistungsverweigerern“, „Faulenzern“ und „Sozialschmarotzern“. Dass es sich hierbei um einen Mythos handelt, merken immer mehr Bürger/innen. Ihnen bleibt nicht verborgen, dass sich die Leistungseliten auf geradezu inzestuöse Weise hauptsächlich aus ihrem eigenen Herkunftsmilieu reproduzieren und eine „geschlossene Gesellschaft“ bilden. Gleichzeitig vertreten sie ihre Interessen heute auch sehr viel massiver und rücksichtsloser als in der „alten“ Bundesrepublik, weil sich seither die Kräfteverhältnisse zwischen Kapital und Arbeit spürbar zu ihren Gunsten geändert und durch den Aufstieg des Neoliberalismus ideologische Deutungsmuster an Bedeutung gewonnen haben, die ihre soziale Privilegierung legitimieren.
Von Christoph Butterwegge

Die Sozialenzyklika von Benedikt XVI. – Eine Moralpredigt über Liebe und Wahrheit

Die Mächtigen und Reichen in der Welt können nach dem Rundschreiben des Papstes „Über die ganzheitliche Entwicklung in der Liebe und in der Wahrheit“ [PDF – 443 KB] ruhig schlafen. In wohlabgewogenen Worten „beleuchtet“ die Enzyklika zahllose Missstände und ruft im Sinne einer positiven Motivation „alle Menschen guten Willens“ auf, in „von Wahrheit erfüllter Liebe, caritas in veritate“ „entsprechend ihren Einflussmöglichkeiten in der Polis“ zu handeln.
Die gegenwärtige Krise ist nach Meinung der höchsten kirchlichen Autorität den „schädlichen Auswirkungen einer schlecht eingesetzten und darüber hinaus spekulativen Finanzaktivität auf die Realwirtschaft“ geschuldet. “Die Kompliziertheit und Schwere der augenblicklichen wirtschaftlichen Krise besorgt uns zu Recht, doch müssen wir mit Realismus, Vertrauen und Hoffnung die neuen Verantwortungen übernehmen“, tröstet der Papst. Die Kirche habe keine „technischen Lösungen“ anzubieten und beanspruche keineswegs, „sich in die staatlichen Belange einzumischen“. „Die Liebe und die Wahrheit –, zeigt uns, was das Gute ist und worin unser Glück besteht. Es zeigt uns somit den Weg zur wahren Entwicklung.“
„Die Soziallehre der Kirche beleuchtet die immer neuen Probleme, die auftauchen, mit einem Licht, das sich nicht verändert.“ Mit vielen Worten also nichts Neues von der katholischen Kirche. Wenn wir uns nur von der „Kultur der Liebe“ beseelen lassen, dann wird alles gut: „Die Finanzmakler müssen die eigentlich ethische Grundlage ihrer Tätigkeit wieder entdecken, um nicht jene hoch entwickelten Instrumente zu missbrauchen, die dazu dienen können, die Sparer zu betrügen.“
„Die Krise verpflichtet uns, unseren Weg neu zu planen, uns neue Regeln zu geben und neue Einsatzformen zu finden, auf positive Erfahrungen zuzusteuern und die negativen zu verwerfen. So wird die Krise Anlass zu Unterscheidung und neuer Planung.“ Genau so reden auch die weltlichen Würdenträger. Vom Papst haben sie also nichts zu befürchten. Und wenn es mit der „Liebe in der Wahrheit“ im realen Leben nicht so ganz klappt, dann kann man ja beichten gehen. Der Papst steht als gnädiger Beichtvater zur Verfügung. So viel ist nach dieser Enzyklika gewiss. Wolfgang Lieb

Armut untergräbt das Fundament der Demokratie

Wo die Armut grassiert, wird die Demokratie automatisch paralysiert. Armut ist eine permanente Gefahr für die Demokratie, weil diese mehr beinhaltet, als dass Bürger/innen alle vier oder fünf Jahre zur Wahlurne gerufen werden, nämlich auch einschließt, dass sie gleichberechtigt an den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen teilnehmen können. Hierzu müssen sie über die materiellen Mittel verfügen, um auch in ferner gelegenen Orten stattfindende politische und Bildungsveranstaltungen sowie Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen zu besuchen. Eine alleinerziehende Mutter, die nicht weiß, wie sie eine bevorstehende Klassenfahrt oder teure Schulmaterialien für ihre Kinder bezahlen soll, wird sich kaum an den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen beteiligen können. Von Christoph Butterwegge

Institut der deutschen Wirtschaft: Soziale Umverteilung von oben nach unten?

Mit einer geradezu trotzigen Provokation rechtzeitig zum Vorwahlkampf bestreitet das IW [PDF – 11 KB] nicht nur die für jedermann spürbare, immer weiter auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich, es widerspricht auch allen Befunden und Studien, wonach in den letzten Jahren die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer geworden sind. Dass der Sozialstaat von unten nach oben verteile, dass sei nur ein Vorurteil, meint Michael Hüther, der Chef das arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. Wolfgang Lieb

Unser Spitzenpersonal in der Politik und in der Wirtschaft ist volkswirtschaftlich ungebildet und voller Vorurteile. Zum Beispiel Exportweltmeister

Mit dem Hinweis Nr.5 vom 19. Mai wurde schon auf die Wiedergabe eines FTD-Interviews mit dem Siemens-Chef-Löscher aufmerksam gemacht und kritisiert, dass hier der Fortsetzung eines außenwirtschaftlichen Ungleichgewichtes das Wort geredet wird. Der Artikel zeigt darüber hinaus, dass unser Spitzenpersonal, im konkreten Fall die Bundeskanzlerin und der Chef eines der größten deutschen Unternehmen, die einfachsten volkswirtschaftlichen Zusammenhänge nicht begreift und Vorurteilen und Legenden hinterher rennt, unkritisch begleitet von Medienschaffenden. Das ist nicht ohne Bedeutung, weil diese Vorurteilsbeladenheit immer wieder zu falschen politischen Entscheidungen führen kann und führt. Albrecht Müller

Zum Bundestagswahlprogramm der Partei der Linken

In letzter Zeit liest man allenthalben die oft nur vorgespiegelt fürsorgliche Frage, warum die Krise der Linken nicht in die Hände spielt. Heribert Prantl begründet dieses erklärungsbedürftige Phänomen in der Süddeutschen Zeitung damit: „Wenn die Leute in der Klemme sitzen, dann wollen sie nicht immer nur hören, warum das so ist. Sie wollen wissen, wie sie da wieder herauskommen. Dazu ist von der Linkspartei nicht viel zu hören.“ Ein ausgewiesener Realo aus der Linkspartei, das Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus Carl Wechselberg, wirft seiner eigenen Partei im Spiegel vor, sie biete den „Bürgern und Wählern, die sich in der Krise existentiell bedroht sehen“ keine „echte Antworten und Konzepte“ und keine „politische Strategie zu deren Umsetzung“.
Auch der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering schlägt im ZDF in die gleiche Kerbe: Die Linke habe ihren Höhepunkt überschritten, sie „hat keine Orientierung an den Lebenswirklichkeiten, sie versucht sozialpopulistischer sein als die anderen.
Umso interessanter ist es, das Bundestagswahlprogramm [PDF – 320 KB] einmal danach abzuklopfen, ob die Linke tatsächlich keine Antworten und Konzepte oder keine Orientierung an der Lebenswirklichkeit hat. Wolfgang Lieb

Nachtrag: Der Bundespräsident täte gut daran, sich zu entschuldigen.

Eine Leserin der NachDenkSeiten, Gewerkschafterin und frühere Betriebsrätin bei Siemens, Karin Hujer, hat sich in einem Brief an den Bundespräsidenten darüber beklagt, dass Horst Köhler in seiner Berliner Rede – Kommentar siehe hier – wie selbstverständlich davon ausgeht, dass wir alle „über unsere Verhältnisse gelebt“ hätten. Sie spricht über eine Kränkung durch den Bundespräsidenten, die jene Menschen, die arbeitslos sind oder wenig verdienen, jedenfalls seit Jahren wirtschaftliche Sorgen haben, noch mehr empfinden müssen als sie selbst. Deshalb stellen wir Ihren Brief – mit kleinen Auslassungen – ins Netz.
Geben Sie den Brief mit dieser Einführung bitte weiter. Vielleicht können Sie ihn auch bei der Demo am Samstag verteilen. Darauf machen wir nochmals aufmerksam. Albrecht Müller