Brief von Uli Maurer an den SPD-Vorstand
Wir dokumentieren einen interessanten Brief des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der baden-württembergischen SPD und Vorstandsmitglied Ulrich Maurer.
Wir dokumentieren einen interessanten Brief des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der baden-württembergischen SPD und Vorstandsmitglied Ulrich Maurer.
Von Heiner Flassbeck, Wirtschaft & Markt, Juni 2005.
Als ich vor mehr als zwei Jahren zum ersten Mal den Begriff „kollektiver Wahn“ verwandte, um damit die ruinösen Denkfehler und trügerischen Hirngespinste unserer Meinungsführer zu kritisieren, wonach hierzulande alles marode sei und ständig alles umgekrempelt werden müsse, glaubte ich nicht, dass sich solche Hirngespinste noch lange aufrecht erhalten lassen würden. Ich werde leider täglich mit immer neuen Trugbildern konfrontiert.
„Redaktion und Freunde der Nachdenkseiten möchte ich unbedingt auf das unlängst erschienene Buch der Schweizer Autoren Philip Löpfe und Werner Vontobel: “Der Irrsinn der Reformen – Warum mehr Wettbewerb und weniger Staat nicht zu mehr Wohlstand führen“”(Orell Füssli Verlag, Zürich 2005) hinweisen“, schreibt uns ein Freund der NachDenkSeiten. Und weiter:
5,2 Millionen Arbeitslose in Deutschland, massiver Sozialabbau, wachsende Armut – und es ist kein Ausweg aus der Misere in Sicht. Politik und Wirtschaft halten nach wie vor am Kurs der Reformen fest, das deutsche Volk aber fühlt sich verraten und verkauft, reagiert mit Politikverdrossenheit und Protest.
Die 30 Dax-Unternehmen verbuchten im Jahr 2004 einen Gewinn von insgesamt 60 Mrd. €. Nach Rechnung des Statistischen Bundesamtes wuchsen die Einkünfte aus Unternehmertätigkeit und Vermögen in 2004 so stark wie noch nie nach der Wiedervereinigung. Auch für das Jahr 2005 erwartet die Bundesregierung ein weiteres starkes Wachstum der Gewinne.
Am Mittwoch den 2. März wird der 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung im Kabinett behandelt. Die wichtigsten Ergebnisse sind: Die Kluft zwischen Arm und Reich wird tiefer; nahezu jeder siebte Haushalt lebt in Armut. Der Anteil der von Armut betroffenen Haushalten ist seit 1998 von 12,1 auf 13,5% gestiegen. Dagegen verfügt ein Zehntel der reichen Haushalte über 47% (1998 waren es noch 45%) des Nettovermögens von 5 Billionen Euro.
Die Bundesfamilienministerin Renate Schmidt kommentiert die zunehmende Armut in „Bild am Sonntag“ vom 27.2.05 vorab so: „Armut hängt nicht nur vom Geld ab“. Sie fordert von den „klugen Müttern“ Eintopf mit Saisongemüse statt Fast Food und plädiert für „Haushaltskurse“ damit Eltern und auch Kinder „mit ihrem Geld wirtschaften lernen“.
T. S., ein Leser der NachDenkSeiten aus Erfurt, schickt mir einen Leserbrief, den die Thüringer Landeszeitung am 25.2.05 veröffentlichte. Er knüpft an der sogenannten „Schuldenuhr“ an und hinterfragt die gängige Argumentationslinie. Ein Stück Aufklärung. Danke.
Auszug aus einem Interview der Magdeburger Volksstimme vom 17.2.05:
Walter:
… und wir müssen dringend erkennen, dass mit der Globalisierung auch Wettbewerb um Arbeitskosten entsteht. Deshalb müssen wir bei leicht vergleichbaren und ersetzbaren Arbeiten die Alternativangebote ernst nehmen.
Volksstimme: Das bedeutet (…) dass manche von uns – wegen des intensiven Wettbewerbs mit Mittel- und Osteuropa – nicht so viel verdienen werden, wie sie in Deutschland zum Überleben brauchen. Dann kann es sein, dass zwei oder drei Mitglieder einer Familie arbeiten müssen, damit es zum Leben reicht. Wir haben in Deutschland die Vorstellung entwickelt, es sei Pflicht eines Unternehmers, einem Beschäftigten einen Familienlohn zu zahlen. Das geht wirtschaftlich aber nicht.
Quelle: www.volksstimme.de
Anmerkung: Wirtschaftlich geht aber schon, dass die Deutsche Bank einen Gewinn von 2,5 Milliarden einfährt, 6000 Leute entlässt und der Bankchef Ackermann 11 Millionen Euro verdient. Hoffentlich reicht ihm das zum Leben.
Auf der Homepage von Professor Gerhard Bäcker – www.sozialpolitik-aktuell.de – finden sich hochinteressante Daten und Grafiken. Sie belegen die Umverteilung von unten nach oben und das Scheitern des herrschenden ökonomischen Kurses – jedenfalls für Arbeitnehmer und für Ärmere. Da gibt es nicht viel zu kommentieren. Die Fakten sprechen für sich.
Zusammenhänge von sozialer Polarisierung und Rechtsradikalismus.
Quelle: Tagesspiegel »
„Leistung und Erfolg müssen belohnt werden“ so begründete der Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann die 15,9 Millionen-€-Abfindung des Mannesmann-Bosses Klaus Esser vor dem Düsseldorfer Landgericht. Was muss Esser gemessen am Gillette-Chef James Kilts für eine Versager gewesen sein? Kilts erhält für die 4 Jahre, die er Gillette „geführt“ hat, fast das zehnfache, nämlich 153 Millionen $ und, damit er im Alter nicht darben muss, noch jährliche Pensionszahlungen von 1,2 Millionen $ dafür, dass er den Rasierklingen-Konzern an Procter&Gambel für schlaffe 57 Milliarden $ verscherbelt hat. Den Verdacht der Käuflichkeit wies Kilts natürlich zurück. Klar, was will man auch für so viel Geld noch kaufen. Durch den Zusammenschluss will P&G 4% oder 6.000 Stellen „einsparen“. Logisch, irgendwie muss das Geld für die Abfindung ja wieder reinkommen. Merke: Des einen Reichtum geht eben immer auf Kosten anderer.
Quelle: Manager Magazin »
In allen Blättern heute: der Vorwurf Stoibers (WamS vom 6.2.) an Schröder, letzterer sei wegen der hohen Arbeitslosigkeit verantwortlich für das Erstarken der NPD, und die Gegenwehr von Bundesregierung und SPD, Stoiber habe „unterstes Niveau“ erreicht. Das zwingt zu einigen Anmerkungen. Stoiber hat mit seiner Analyse vermutlich recht, mit seiner Schuldzuweisung allein an die jetzige Regierung nicht.
Unter diesem Link finden Sie interessante Zahlen über die Entstehung und Verwendung des Bruttoinlandsproduktes und über die Entwicklung und Verteilung des Volkseinkommens. Schauen Sie mal nach. Vieles was wir auf den NachDenkSeiten im vergangenen Jahr in Einzelbeiträgen immer wieder belegt, kritisiert oder gegen den Meinungsmainstream gestellt haben, finden Sie jetzt in der amtlichen Statistik belegt. Z.B. Gewinne steigen 10,7%, Löhne stagnieren 0,0%. Der Kuchen ist, wenn auch nur 1,7% größer geworden, nur die einen haben ihre Kuchenstückchen etwas größer geschnitten und die anderen fielen halt etwas kleiner aus. Private Konsumausgaben gehen um 0,3 % zurück. Unsere ach so schlecht geredete Wettbewerbsfähigkeit reicht immerhin für einen Anstieg der Exporte um 8,2%.
Die argentinische Volkswirtschaft war im Dezember 2001 kollabiert. Hoffnungslos, wie es schien. Jetzt stellen wir fest: zwei Jahre hintereinander wuchs die argentinische Volkswirtschaft um jeweils 8%, die Exporte sind steil angestiegen, die Währung ist stabil, die Arbeitslosigkeit sank von über 20% auf ca. 13%, die Armut – 2002 lebte eine Rekordziffer von 53,4% unterhalb der Armutsgrenze – sank mit dem Aufschwung um 10%. Und dies alles, obwohl (oder weil) sich Argentinien den Auflagen des IMF und den orthodoxen neoliberalen Wirtschaftstheorien widersetzt hat. – Dies berichtet die New York Times in ihrer Ausgabe vom 26.12.2004.