Kategorie:
Soziale Gerechtigkeit

Das Fundament des elitären Klassenbewusstseins

Ist eine Gesellschaft, die offen von “sozial Schwachen” und “bildungsfernen Schichten” spricht, eingebettet in ein sozialdarwinistisches Fundament? Meint eine solche Gesellschaft etwa damit, dass Armut und mangelnde Bildung vererbte Mängel sind? Oder handelt es sich bei solchen und ähnlichen Begrifflichkeiten nur um unglücklich gewählte Wortkonstrukte?
Von Roberto De Lapuente

Studiengebühren schrecken ab

Sie wollen es ja selbst nicht wahr haben, die Vertreter des Marktliberalismus. Aber sie haben mal wieder recht: Die Nachfrage nach einem Gut ist abhängig von seinem Preis. Verteuert man den Preis einer Ware, so sinkt die Nachfrage danach. Wen wundert es daher, dass junge Leute sich durch Gebühren vom Studium abschrecken lassen? Von Karl-Heinz Heinemann

Das Versagen der herrschenden neoliberalen Lehre – Anmerkungen zum Umgang mit dieser Irrlehre

Die Auseinandersetzung mit der herrschenden Lehre in Wirtschaft und Gesellschaft wird von vielen Kritikern bei der Frage nach der sozialen Gerechtigkeit, also nach der Verteilung der Einkommen und Vermögen gesucht. Es ist richtig, die immer weiter auseinanderdriftende Verteilung und die offensichtlichen Ungerechtigkeiten zu beklagen und hier einzugreifen. Aber wenn die Auseinandersetzung allein darauf konzentriert wird, dann vergeben sich die Kritiker die Chance, zu einem wesentlich breiteren Bündnis zu kommen. Die herrschende neoliberale Ideologie, wie sie in Deutschland in der so genannten Reformpolitik konkreten Ausdruck gefunden hat, ist nicht nur ungerecht, sie ist ineffizient und zerstörerisch. Wir haben es bei den herrschenden Kreisen mit Versagern zu tun. Das sollte in gleicher Weise wie die soziale Gerechtigkeit ein öffentliches Thema werden. In einer Serie von Beiträgen werde ich in den nächsten Wochen auf dieses Versagen und diese zerstörerische Wirkung eingehen. Albrecht Müller

Mindestlohn in Deutschland notwendig – Kein Gegensatz zwischen sozialer Gerechtigkeit und Beschäftigung

Niedriglohnbeschäftigung ist in Deutschland in den letzten Jahren durch die Erosion des Tarifsystems stark gewachsen. Gleichzeitig hat sich die Struktur des Niedriglohnsektors geändert. Er ist an den Rand des Arbeitsmarktes gewandert, die Aufstiegschancen haben sich vermindert. Im Vergleich zu Ländern mit Mindestlöhnen ist die Lohndifferenzierung nach unten sehr hoch. Sie kann durch einen Mindestlohn ohne Beschäftigungsverluste korrigiert werden. Die ökonomische Theorie sieht Gestaltungsspielräume für Mindestlöhne durch Produktivitätssteigerungen oder bei Nachfragemacht der Unternehmen (Monopson, Oligopson). Empirische Untersuchungen zu Mindestlöhnen zeigen, dass die Beschäftigung von Erwachsenen nicht beeinträchtigt wird und geringe Risken bei Jugendlichen bestehen. Durch eine schrittweise Einführung wie in Großbritannien mit begleitender Evaluation kann man die Risiken auch in Deutschland beherrschen. Es kommt nicht nur auf das „Ob“, sondern auch auf das „Wie“ von Mindestlöhnen an. Mindestlöhne sind ein notwendiges Korrektiv auf Arbeitsmärkten mit ungleicher Machtverteilung, wie sie sich in Deutschland herausgebildet
haben. Gerhard Bosch, Präsident des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen, hat uns diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.

Das Gerechtigkeitsverständnis der Volksparteien im Wandel Sozialpolitik in den Parteiprogrammen von CDU, CSU und SPD

Aufgrund der sich hierzulande immer mehr vertiefenden Kluft zwischen Arm und Reich einerseits sowie eines wachsenden Protestpotenzials im außerparlamentarischen Raum und Wahlerfolgen der neuen LINKEN andererseits ist die soziale Gerechtigkeit als Schlüsselthema auf die politische Agenda der Bundesrepublik zurückgekehrt. Mit dem Sozialstaat und Gerechtigkeitsfragen beschäftigten sich auch die etablierten Parteien zuletzt wieder intensiver als zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Seinerzeit beherrschte der Um- bzw. Abbau des Wohlfahrtsstaates alle Debatten über die Sozialpolitik, sowohl jene der rot-grünen Koalition wie auch der Union. Umso erstaunlicher ist, wie stark sich trotz fortbestehender politischer Gegensätze zwischen den Parteilagern in Bezug auf die angeblich notwendige Umgestaltung des Sozialstaates und das ihnen zugrunde liegende Gerechtigkeitsverständnis alle drei Programme gleichen. Manchmal reichen die Gemeinsamkeiten bis in die Begrifflichkeit und einzelne Programmformulierungen hinein. Von Christoph Butterwegge

Nochmals: Die SPD in einer strategischen Falle

Auch wenn die SPD-Spitze – wohl nur um Druck auf die FDP zu einer Ampelkoalition auszuüben – es Hessens Kandidatin Andrea Ypsilanti jetzt freistellte, mit den Stimmen der Linken Regierungschefin zu werden, bleibt das strategische Dilemma für die Sozialdemokraten bestehen. Dazu Anmerkungen eines regelmäßigen Lesers der NachDenkSeiten aus Sofia/Bulgarien

Stimmungswandel?

Ist das Maß der Einschnitte und Zumutungen voll? Gibt es einen Stimmungswandel? Reagiert die Politik? Dazu ein kleiner Essay von Kurt Pittelkau vom Arbeitskreis Alterssicherung ver.di Berlin.

Die Politik ist über weite Strecken in den Händen der Finanzindustrie – ein weiterer Beleg.

Jeder Handwerker zahlt für seine Dienstleistung Mehrwertsteuer. Die Fondsverwalter jedoch, die meist mehr verdienen als Vorstände von DAX Unternehmen, sollen nach der Vorstellung der Bundesregierung für ihre Dienstleistungen weiterhin keine Mehrwertsteuer zahlen. “Die Bundesregierung erwägt“ so das Managermagazin, „eine beschlossene und für Finanzinvestoren nachteilige Steuerregel aufzuheben. Während auf viele Dienstleistungen 19 Prozent Umsatzsteuer anfallen, sollen Beratungsleistungen der Private-Equity-Branche davon befreit bleiben.” Dass Bundesfinanzminister Steinbrück ernsthaft ein „Kritiker der Private-Equity-Branche“, wie es heute bei SpiegelOnline heißt, fällt mir schwer zu glauben. Albrecht Müller.

Heute großes Staunen über einen Tiefstwert für die SPD. – Vergleichen Sie den FAZ-Beitrag Becks mit der Rede Lafontaines. Wundern Sie sich noch?

Am 11.6. habe ich auf der Basis von Vorabmeldungen den Namensartikel von Kurt Beck in der FAZ einigermaßen freundlich kommentiert, allerdings nach den Konsequenzen gefragt. Nach intensiver Lektüre dieses mit Sicherheit nicht alleine von Kurt Beck, sondern im Zusammenspiel von Partei- und Fraktionsführung geschriebenen Grundsatzartikels komme ich zu einem bedrückenden Ergebnis: Dieser Beitrag enthält nahezu keinen eigenständigen Gedanken, logisch nachvollziehbare sowieso nicht, aber dafür eine Unzahl von geliehenen Gedanken, Versatzstücken und Klischees. Prüfen Sie selbst. Es folgen die Links zu Becks Beitrag und zur Lafontaine-Rede und einige kritische Anmerkungen. Albrecht Müller.

G8, eine mit viel Steuergeld erkaufte unbezahlte Wahlkampfwerbung

„Bild ernennt Merkel zur Miss World“ oder sieht „Angela Merkel auf dem Gipfel der Macht“ so in der Sache auch die meisten anderen Schlagzeilen: Etwa „Angela Merkel setzt Klima-Kompromiss durch“: Selbst der DGB sieht „erste ermutigende Schritte“. Und das Bundespresseamt liefert zwar weniger solide Nachrichten aber dafür um so fulminantere Lobreden auf die Kanzlerin. So etwa unter der Überschrift „Durchbruch beim Klimaschutz“ und bei Afrika habe es einen „deutlichen Impuls“ gegeben.
Stellt man die konkreten Ergebnisse von Heiligendamm gegen den Propagandaaufwand, dann stehen 100 Millionen Kosten gegen eine von den Medien kräftig inszenierte Merkel-Show von bisher kaum gekanntem Ausmaß.

Christoph Butterwegge: Argumente gegen das bedingungslose Grundeinkommen

Sowenig eine Kopfpauschale im Gesundheitssystem der unterschiedlichen finanziellen Leistungsfähigkeit von Krankenversicherten gerecht würde, sowenig eignet sich jedoch das Grundeinkommen, um die tiefe Wohlstandskluft in der Gesellschaft zu schließen. Letztlich würde es als Kombilohn für alle wirken. Weil das Existenzminimum seiner Bezieher/innen gesichert wäre, könnten diese noch schlechter entlohnte Jobs annehmen, wodurch den Unternehmen mehr preiswerte Arbeitskräfte zur Verfügung stünden und die Gewinne noch stärker steigen würden. Gleichzeitig wäre die Regierung nicht nur ihrer Pflicht zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit enthoben, sondern auch die Durchsetzung weitreichender Deregulierungskonzepte möglich.
Christoph Butterwegge hat uns eine Langfassung seines am 24. Mai 2007 in der taz erschienenen Aufsatzes zur Verfügung gestellt.