Kategorie:
Bildungspolitik

Die Folgen der Exzellenzinitiative – Funktionale oder vertikale Differenzierung

Im Juni nächsten Jahres werden die letzten Entscheidungen im Rahmen der Exzellenzinitiative verkündet. Der 2005 gestartete Wettbewerb läuft 2017 endgültig aus. Die beiden für die Durchführung der Exzellenzinitiative verantwortlichen Organisationen, die DFG und der Wissenschaftsrat, haben ebenso wie die beteiligten Politiker für die ersten Jahre eine eindeutig positive Bilanz gezogen. Die Initiative sei ein großer Erfolg, so die einhellige Meinung der Verantwortlichen.
Die Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Exzellenzinitiative der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, die Anfang 2010 eine erste umfassendere wissenschaftliche Untersuchung der bisherigen Resultate und Folgen der Initiative vorlegte, kommt zwar ebenfalls zu einer positiven Gesamtbewertung und begrüßt auch ausdrücklich die Entscheidung, die Exzellenzinitiative fortzuführen, weist aber im Unterschied zu DFG und Wissenschaftsrat auch auf eine ganze Reihen von Problemen hin. Von Michael Hartmann.

Wenn Eltern „Billigbildung“ den Kampf ansagen!

Wäre es nicht schön, es gäbe eine Bildungspolitik, die sich an der Förderung von Kindern und Jugendlichen orientiert und nicht ausschließlich am stetig schrumpfenden Finanzbudget? Sich dies vorzustellen, geht unter gegebenen Umständen nur mit viel Phantasie. Wie sehen die tatsächlichen Begebenheiten aus? Die Regierung spart, Kinder und Eltern zahlen, im wahrsten Sinne des Wortes! Das Bildungssystem fordert ohne zu fördern, den Forderungen gerecht zu werden bleibt einzig und allein den Schülern und Eltern überlassen. Von Christiane Hennrich.

Verstoßen die Hochschulräte im „Hochschulfreiheitsgesetz“ NRW gegen die Wissenschaftsfreiheit?

Am 16. Dezember 2011 findet im Düsseldorfer Landtag ein Sachverständigengespräch zur Novellierung des NRW „Hochschulfreiheitsgesetz“ statt. Dabei geht es vor allem um die Stellung der Hochschulräte an den Hochschulen. Ich bin zu diesem Gespräch geladen und wurde um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Diese möchte ich auch den Leserinnen Lesern der NachDenkSeiten anbieten. Interessierte bitte ich um Kritik, Ergänzungen, Hinweise und zusätzlichen Rat. Wolfgang Lieb

Offene und verdeckte Privatisierung im Bildungssystem

  1. Exogene Privatisierung
    • Ersetzen von Staats- durch Privatschulen und -hochschulen
    • Ersetzen einzelner (An-)Teile des staatlichen Bildungsangebots durch ein privates (z.B. privater Nachhilfeunterricht)
    • Die Bildungspolitik selbst wird privatisiert (externe Beratung, Evaluation, Bildungsmonitor der INSM, Bertelsmann als „Bundesbildungsminsterium“
    • Definitionsgewalt über die Inhalte von Bildung wird Privaten überantwortet (PISA, Entwicklung von Lernstandards)
  2. Endogene Privatisierung
    • staatliche Bildungseinrichtungen werden ausgezehrt, Drittmittelakquise forciert
    • staatliche Bildungseinrichtungen werden zu Unternehmen umgebaut
    • Markt, Wettbewerb, Konkurrenz werden erzwungen.

Ein Überblick von Jens Wernicke

WZB-Studie: Studiengebühren sollen keinen negativen Effekt auf die Studierneigung haben – oder: wie die gewählte Untersuchungsmethodik zum erwünschten Ergebnis führt

Wieder einmal wurde eine Studie angefertigt, die belegen soll, dass Studiengebühren „keinen signifikant negativen Effekt auf die Studierneigung“ weder insgesamt noch bei Studienberechtigten aus „schichtniedrigen“ Familien oder bei Frauen haben. Diesmal ist das an und für sich seriös geltende „Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung“ (WZB) dieser Frage nachgegangen [PDF – 240 KB].
Statt in den sozialwissenschaftlichen Instrumentenkasten zu greifen, hätten die Autoren aber besser ein paar Gespräche mit Studienberechtigten geführt, deren Eltern nicht in der Lage sind, einen monatlichen Wechsel für das Studium ihrer Kinder auszustellen. Diese ganz einfache Methode hätte zu realistischeren Ergebnissen geführt. Von Wolfgang Lieb

Über die Strategie zur Steuerung der zerstörenden Bildungs“reform“

In der FAZ vom 29. September erschien ein interessanter Beitrag von Jochen Krautz („Die sanfte Steuerung der Bildung [PDF – 35 KB]“). Der Autor beschreibt, wie das deutsche Bildungswesen mit Hilfe einer für dieses Thema demokratisch nicht legitimierten OECD (=PISA) und bei strategischer Anleitung durch den Bertelsmann-Ableger CHE ausgehöhlt worden ist. Lesenswert. Albrecht Müller.

Von der „Selbstständigen“ zur „Kommunalen Schule“

Neben der Debatte um die sog. „Selbstständige Schule“ gibt es inzwischen einen neuen schulpolitischen Diskurs. Es ist dies der Diskurs um die Kommunalisierung von Schule unter den Schlagwörtern „Kommunale Schule“ oder „Kommunale Bildungslandschaft“. Auch wenn vereinzelt auch Sinnvolles unter diesem Label firmiert, ist die Debatte vor allem dadurch gekennzeichnet, dass sie – wie bereits von der „Selbstständigen Schule“ bekannt – für den Fall einer „Kommunalisierung“ der Schulen das Blaue vom Himmel herab verspricht. In Zwischentönen wir jedoch deutlich, dass das Ziel einer solchen Dezentralisierung in erster Linie Kürzungen im Bildungsbereich sind, die sich angeblich mittels sagenhafter Synergieeffekte bei gleichzeitiger „Qualitätssteigerung“ erreichen lassen sollen.
Es geht darum, die Zuständigkeit – angefangen von den Lehrerarbeitsverhältnisse bis hin zur Definition von Bildungsinhalten – auf die Kommunen als pädagogische „Alleskönner“ zu übertragen. Hinter den wohlklingenden Worten von Liberalisierung und Dezentralisierung versteckt sich nicht nur eine massive Verschlechterung der Lehr-, Lern- und Arbeitsbedingung sondern gleichzeitig auch eine Überwindung der Eintrittshürden für private Akteure auf dem „Bildungsmarkt“ Schule.
Von Jens Wernicke

Betr.: Krake Bertelsmann – Grün und Rot in NRW beschädigen die Aufklärungsarbeit von 7 Jahren

Als wir Ende 2003 mit der Arbeit an den NachDenkSeiten begannen, hatte die Bertelsmann Stiftung einen untadeligen Ruf. Sie galt als demokratische Einrichtung, vorteilhafter Weise ausgestattet mit viel Geld. Das, eine Einrichtung zur Förderung der Demokratie, war sie nicht und ist es nicht. Es ist dann mit Hilfe der NachDenkSeiten und mit unseren Büchern und in Zusammenarbeit mit einigen anderen Blogs und Personen gelungen, Zweifel an der demokratischen und sachlichen Qualität dieser Stiftung und des dazugehörigen Unternehmens zu säen. Die jetzt angekündigte Kooperation der nordrhein-westfälischen Landesregierung mit der Bertelsmann Stiftung beim Projekt Unterrichtsmethoden ist ein harter Schlag gegen diese Aufklärungsarbeit. Im Hinweis Nr. 14 vom 20. Juli hatten wir davon berichtet. Albrecht Müller.

Ein westfälischer (Schul-)Frieden

Der gestern zwischen SPD/Grünen und der CDU erzielte „Schulkompromiss“ [PDF – 2 MB] wird gefeiert wie der Westfälische Frieden, mit dem der Dreißig Jährige Krieg beendet wurde. Ein Stück weit trifft der Vergleich sogar zu, denn seit einem Volksbegehren über den ersten Anlauf zu einer „kooperativen Schule“ im Jahre 1978, herrschten heftige Auseinandersetzungen über das Schulsystem in diesem Lande, einem der wenigen verbliebenen Herzstücke der Landespolitik. Zwar wurde die Gesamtschule eingeführt und leider auch ständig bekämpft, aber am dreigliedrigen Schulsystem hat sich letztlich nichts geändert. Die Hauptschule war in Art. 12 der Landesverfassung festgeschrieben und keine Regierungsmehrheit seit über 30 Jahren konnte diese Barriere überwinden. Insofern ist die Möglichkeit der Einführung eines „Sekundarschule“ ein Fortschritt und vielleicht eine Chance. Doch mehr als eine Hoffnung besteht nicht. Von Wolfgang Lieb

Arbeitssuche als Facharbeiter

Der bei Bayer in Ausbildung zum Chemikanten befindliche R. freute sich Mitte 2010, nach 3 jähriger Lehrzeit, darauf, endlich bald Vollzeit zu arbeiten und Geld zu verdienen, was ihm mit rund 1900 € brutto Monatslohn immerhin ermöglichen würde, eine kleine Wohnung zu mieten und sein Leben außerhalb des Elternhauses in Selbstständigkeit zu beginnen. Er büffelte also, um seine Abschlussprüfung gut zu bestehen.
Wie bestürzt war er, als – 4 Wochen vor dieser Abschlussprüfung – ein formloses Schreiben der Bayer AG eintraf, welches ihm, ohne Gründe zu nennen, mitteilte, dass er nicht in eine Festanstellung übernommen würde und er sich bei der zuständigen Agentur für Arbeit melden solle, damit ihm dort geholfen würde. Es beruhigte ihn natürlich nicht, dass alle seine Mitauszubildenden das gleiche Schreiben erhielten. Von unserem Leser R.K.

Wirtschaft in der Schule: Der Zug fährt auch ohne uns – Gewerkschaften sollten sich einmischen!

Eine Replik auf Wolfgang Liebs Beitrag „Gewerkschaften springen auf den falschen Zug auf: Nach der Wirtschaft wollen sich nun auch die Gewerkschaften in die Schule einmischen“ vom 18. Februar 2011.
Von den Mitgliedern der Steuerungsgruppe der Initiative Schule und Arbeitswelt, Jeanette Klauza (DGB), Martina Schmerr (GEW), Oliver Venzke (IG BCE) Bernd Kaßebaum (IG Metall), Gunther Steffens (ver.di) und Klaus Buchholz (IG Metall).

Bis zu 100.000 € für einen Dr. – und der Löwenanteil landet bei den Doktorvätern und -müttern

Angestoßen durch den Beitrag vom 11. Mai „Teil der Welt des angeblichen Großbürgertums und Adels: Betrug. Gedeckt von bisher nicht behelligten Professoren.“ machte eine Nutzerin der NachDenkSeiten auf die Sendung des Hessischen Rundfunks Der Tag vom 21.2. mit dem Titel “Geliehener Geist – wenn der Autor ein anderer ist” aufmerksam. In einem Interview hatte Manuel Theisen, Professor an der Uni München, der sich seit langem mit erschlichenen akademischen  Titeln (und offenbar auch anderen Korruptionsformen) befasst, berichtet, dass bei den rund 300 gekauften Doktortiteln pro Jahr sehr oft die Doktorväter und -Mütter finanziell mit im Boot sind. Albrecht Müller.

Teil der Welt des angeblichen Großbürgertums und Adels: Betrug. Gedeckt von bisher nicht behelligten Professoren.

„Die Zahl der prominenten Ex-Doktoren wächst: Nach Karl-Theodor zu Guttenberg muss jetzt auch die Tochter von Edmund Stoiber den Dr. vor ihrem Namen streichen.“ So berichtet sueddeutsche.de. Siehe auch vroniplag.wikia.com. Und auch bei der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments Koch-Mehrin (FDP) wächst der Verdacht auf Plagiate. Die Universität Bayreuth hat den Bericht zum Fall Guttenberg veröffentlicht. (Siehe unten Anlage) Darin wird Vorsatz festgestellt. Die Gutachter – Doktorvater Häberle und der Zweitgutachter – kommen glimpflich davon. Das ist nicht gerechtfertigt. Albrecht Müller.

Nationale Bologna-Konferenz

Am 6. Mai findet die zweite Nationale Bologna-Konferenz in Berlin statt. Die erste Konferenz („Schavan-Show“) war eine Folge der Bildungsproteste des Jahres 2009 und sollte einen Dialog zwischen Studierenden, Beschäftigten, Hochschulen und Politik eröffnen. Die zweite Konferenz findet in einem deutlich kleineren Rahmen statt und bereits heute lässt sich das Ziel dieser Veranstaltung erahnen: Der Bachelor soll als Erfolgsmodell dargestellt werden. Auf der Tagesordnung stehen daher: Der Übergang vom Bachelor in den Master, die Berufschancen von Bachelorabsolventen auf dem Arbeitsmarkt und Mobilität. Klemens Himpele beleuchtet die Themen im Vorfeld der Konferenz.

Deutschland lebt von der Substanz

Europas weitaus größte Wirtschaftsmacht, die durchsetzen möchte, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union dem deutschen Beispiel folgen und über Lohnsenkungen und Sozialabbau wieder wettbewerbsfähig werden, verspielt auf einem der wichtigsten Felder, nämlich der Bildung und Qualifizierung der nachrückenden Generation seine Zukunftsfähigkeit. Das belegt nicht nur der neue Bildungsbericht der EU-Kommission, das beweist auch das Scheitern der groß angekündigten „Qualifizierungsinitiative für Deutschland“. Wolfgang Lieb