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Wichtige Debatten

Sexueller Missbrauch: Wann endlich geht’s den Hehlern an den Kragen?

Vermutlich sind Hunderte von Kindern von Priestern und anderen Beauftragten der Katholischen Kirche missbraucht worden. Fachleute der Traumaforschung meinen, dass bei sexuellem Missbrauch die Gefahr posttraumatischer Belastungsstörungen bei 60 % liegt. Zugleich ist in der öffentlichen Debatte die Rede davon, dass die meisten dieser Verbrechen verjährt sind. Kaum jemand spricht jedoch von den Hehlern, die diese Verjährung möglich machen. Albrecht Müller

„Schurkenwirtschaft“ – eine bemerkenswerte Rede vom Oberstaatsanwalt der Anti-Mafia-Direktion Palermo (Finanzkrise XXXII)

Heute erschien in der FR die Übersetzung einer Rede, die Roberto Scarpinato am 5.2. auf einer Konferenz in Karlsruhe gehalten hat. Zitat: „Die Auswüchse der Wirtschaftskriminalität in den Chefetagen der internationalen Konzerne, die die Weltwirtschaft bestimmen, verursachen weit größere und schwerer zu behebende Schäden als andere Verbrechen“. Das ist eine äußerst lesenswerte Rede. Albrecht Müller

Kratzen am Lack – Zur Kritik an 100 Tagen Schwarz-Gelb

„Katastrophaler Start“, „kein Kurs“, „Chaos“, „Klientelpolitik“, „handwerklich schlecht“, so oder so ähnlich lauten die Urteile der Opposition oder der meisten Medien über die ersten 100 Tage der schwarz-gelben Koalition. Auffallend ist, dass sich die Kritik an Äußerlichkeiten, an Stilfragen, am Aufspießen von Zwist innerhalb der Regierungsparteien, kurz: an Oberflächlichkeiten festmacht. Nur ganz selten oder allenfalls am Rande findet man Kritik an den Inhalten der Regierungspolitik. Das liegt weniger daran, dass die CDU/CSU/FDP-Regierung nicht für eine ziemlich eindeutige politische Linie steht, sondern eher daran, dass ihre Kritiker selbst keine klare inhaltliche Gegenposition dagegen stellen können. Wolfgang Lieb

Ziel der Einführung von Hartz I-IV etc. ist der Aufbau des größten Niedriglohnsektors in der EU

Wenn die Befürworter der Hartz-Gesetze und dabei insbesondere die mitverantwortlichen Sozialdemokraten diese zerstörerischen Reformen verteidigen, dann verweisen sie routinemäßig auf das angeblich notwendige Ziel der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenunterstützung. Ziel war jedoch etwas ganz anderes. Ein Freund der NDS hat dies in einer Analyse niedergeschrieben, die einen guten Überblick verschafft. Albrecht Müller.

Ohne Manipulation und Irreführung kommen Kampagnenmacher in den Medien nicht aus.

Das gilt z.B. für die Bewertung der Agenda 2010- und der Hartz-„Reformen“, wo immer wieder behauptet wird, sie seien ein „Segen“ (siehe Hinweis Nr. 3 d von heute), oder für die demographische Debatte oder für die aktuelle Debatte um den Streit bei der Linkspartei. Ich erlebe beispielhaft an NachDenkSeiten-Texten zu diesem Thema, wie manipulativ damit umgegangen wird. Das reizt zu einigen Informationen über die Kanäle manipulativer Durchsteckereien. Albrecht Müller

Die “Behördenbahn” war Gold im Vergleich zur Unternehmer-Mehdorn-Bahn – Die Auflösung des Monopols wäre die falsche Antwort auf die Schwierigkeiten

Zurzeit häufen sich die Schwierigkeiten bei der Deutschen Bahn AG. Züge fallen aus oder fahren nur mit der Hälfte der Waggons, Güterwagen springen aus den Gleisen, die Schlangen in der Reisezentren sind unerträglich lang, die von der Bahn betriebene S-Bahn in Berlin funktioniert immer noch nicht. Die Berliner Verkehrssenatorin will das Monopol der Bahn brechen und erwägt, Strecken auch für private Anbieter ausschreiben. Das ist die von den privaten Anbietern gewünschte Antwort und keine Lösung des Problems. Albrecht Müller

Hochschulpolitik als bayerische Standortpolitik – Wie die Autonomie der Wissenschaft untergraben wird

„Eine zukunftsweisende Hochschulpolitik ist Standortpolitik. Die bayerische Wirtschaft braucht hervorragend ausgebildete Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Sie sind die Basis für Innovationen und damit für den Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen.“ Damit sind die Ziele des Projekts „Mehr Exzellenz an bayerischen Hochschulen“, das die CHE Consult im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V (vbw) [PDF – 1,4 MB] durchgeführt hat, treffend beschrieben. Es soll also an den bayerischen Hochschulen nicht mehr um „Bildung durch Wissenschaft“ oder auch um den durchaus beruflich bezogenen Kompetenzerwerb zu selbstständigem wissenschaftlichen Denken und Reflexions- und Urteilsvermögen gehen und es geht auch nicht mehr um die „gesamt“-gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen, sondern um „Standortpolitik“ für den „Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Unternehmen“. Wolfgang Lieb

Dreikönigstreffen: „Jetzt regiert die FDP“

Auch beim traditionellen Dreikönigstreffen der FDP gehörte es wieder einmal zu den Eigenheiten der Reden Westerwelles, dass er höchst selten Probleme konkret benennt. Das erspart ihm, sie zu analysieren und aus einer gründlichen Auseinandersetzung Lösungen abzuleiten. Seine rhetorische Welt ist die ständige Wiederholung von abgegriffenen Phrasen. Wo ihm seine Ideologie keine Sprüche anbietet, ist er sprachlos. Westerwelle ist eine Marketing-Figur für eine Ideologie, deren Scheitern wir soeben erleben. Das ist das Raffinierte und zugleich Gefährliche. Er redet von einer „geistig-politischen Wende“, dabei trimmt der politische „Leichtmatrose“ (Stoiber) nur die Segel für die Beibehaltung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Crash-Kurses. Wolfgang Lieb

Spiele statt Brot

Was Angela Merkel mit ihrer Neujahrsansprache wirklich sagen wollte, darüber haben auch schon andere gerätselt. So versuchte sich etwa die Süddeutsche Zeitung an einer „radikal-ehrlichen“ Version dieser Ansprache ans Volk. Doch man braucht eigentlich nicht in Ironie zu flüchten, um die „wahre Rede“ der Kanzlerin zu erfassen, dazu genügt es die tatsächlich gehaltene Neujahrsansprache einmal etwas genauer nachzulesen. Es ist eine Rede wie aus einem Sprachgenerator altbekannter Redeversatzstücke. Was die Kanzlerin konkret verspricht sind Spiele statt Brot. Wolfgang Lieb

Dienstleistungsrichtlinie – die Vollendung des Binnenmarkts oder Unterbietungswettlauf und Chaos für alle?

Am 15.11.2006 hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit die umstrittene Dienstleistungsrichtlinie (DL-RL) verabschiedet, mit der die im EU-Vertrag festgelegten Zielen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verwirklicht werden. Sie ist ein wichtiger Bestandteil des in der Lissabon-Strategie formulierten Ziels der EU, bis zum Jahr 2010 „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasiertesten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen“. Merkwürdigerweise gibt es kaum eine öffentliche Wahrnehmung darüber, dass die Dienstleistungsrichtlinie (Siehe dazu Informations- und Service-Portal zur europäischen Dienstleistungsrichtlinie ) bis zum 28.12.09 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Alle staatlichen und vom Staat mit Rechtssetzungsbefugnissen ausgestatteten Ebenen sind davon betroffen. Wir sind den Fragen nachgegangen: Wie soll die Umsetzung erfolgen, welche Auswirkungen hat die DL-RL auf Arbeitnehmerrechte, die Liberalisierung und Privatisierung von Dienstleistungen und ist der Datenschutz gewährleistet? Von Annette Groth und Christine Wicht

Über Mythen zur Relation von Bezahlung und Wertschöpfung

Wir weisen auf eine interessante Vereinigung hin: “nef (the new economics foundation) is an independent think-and-do tank that inspires and demonstrates real economic well-being”. Einen bemerkenswerten Beitrag dieser Website über Mythen stellen wir im Folgenden ein. Der englische Text wurde von einem Nutzer der NachDenkSeiten, von Daniel Dannemeyer, freundlicherweise übersetzt. Herzlichen Dank. Albrecht Müller.

Buchbesprechung: „Die 68er in der SPD – Marsch durch die Institutionen?“

Wer sich ein einigermaßen realistisches Bild über einen öffentlich weniger wahrgenommenen aber durchaus prägenden Teil der 68er-Bewegung verschaffen möchte, der sollte das Buch von Jeanette Seiffert studieren. Anders als die meisten anderen Autoren, die sich mit dieser Epoche der Nachkriegsgeschichte auseinandersetzen, betreibt diese von Professor Eckart Conze betreute und am Fachbereich Geschichtswissenschaften der Philipps-Universität Marburg eingereichte Dissertation keine persönliche Vergangenheitsbewältigung und keine aus der heutigen ideologischen Sicht geprägte Abrechnung, sondern zeichnet an Hand von Quellen und Leitfadengesprächen mit unmittelbar Beteiligten die Entwicklung und den Niedergang der 68er aus der Perspektive des Sozialdemokratischen Hochschulbundes (SHB) und der Jungsozialisten (Jusos) nach. Für mich auch ein biografisches Geschichtsbuch. Wolfgang Lieb

Die totale Manipulation ist möglich – Musterbeispiel Demographie und Altersvorsorge

Für heute, Montag den 7. Dezember, hat die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zu einer Tagung zur Altersvorsorge nach Berlin eingeladen. (Siehe Anlage A.) Schon das Thema „Vor Sorge ums Alter – Was tun gegen die Rentenlücke?“ enthält eine irreführende Tendenz. Die Rentenlücke wird als Gott gegeben dargestellt, von der „Absenkung des Versorgungsniveaus“ ist die Rede. Das Tagungsarrangement läuft auf Werbung für Privatvorsorge hinaus. – Mit einem Feuerwerk von Propaganda und diese stützenden politischen Entscheidungen ist es gelungen, zumindest den jungen Leuten einzubläuen, dass es die gesetzliche Rente mit dem Umlageverfahren nicht mehr bringt. Allerdings hat die auch von den NachDenkSeiten angefachte kritische Diskussion zur Riester- und Rürup-Rente kombiniert mit der Finanzkrise dafür gesorgt, dass die Zweifel in die Privatvorsorge wachsen. Deshalb wird von Seiten der Befürworter zurzeit ein maßloses Gegenfeuer entfacht. In diesen Kontext gehört die Tagung. Im Folgenden werden einige zusammenfassende Anmerkungen zum Gesamtkomplex gemacht. Albrecht Müller