Kategorie:
Schulden – Sparen

AMs Wochenrückblick. Bestimmender Eindruck beim Rückblick auf diese Woche : Die Regierenden arbeiten hart und erfolgreich am Ruin unseres Ansehens.

Wenn man wie ich als junger Mensch (1961, also 15 Jahre nach der Naziherrschaft in Griechenland) die Gastfreundschaft der Griechen genossen hat, wenn man mit erlebt hat, wie engagiert deutsche Politiker (Es waren Brandt, Ehmke und andere Sozialdemokraten) den Griechen geholfen haben, sich vom Regime der Obristen zu befreien und wenn man bedenkt, dass früher nahezu alle Verantwortlichen – von Kanzler Adenauer (CDU) bis Bundespräsident Heinemann, Kanzler Brandt und Schmidt (alle SPD) sich bemüht haben, unseren Ruf in der Welt auf friedliche und freundliche Weise zu verbessern und viele von uns, Touristen und Wirtschaft, davon auch profitiert haben, dann kann man ermessen, was für Typen uns heute vertreten und was sie Schlimmes anrichten. Albrecht Müller.

Griechenland gleicht einem Labyrinth, bei dem alle Ausgänge blockiert sind

So sieht und fühlt es Maria Margaronis, die in ihrem lesenswerten Text „Athens Burning“ die Stimmung in der griechischen Hauptstadt beschreibt (Nachdenkseiten vom 15. Februar). Nachdem das griechische Parlament am Sonntagabend die nächste Stufe des „Sparprogramms“ verabschiedet hat, ist der Begriff „Sackgasse“ zu einem Euphemismus geworden, der viel zu gemütlich klingt. In einer Sackgasse kann man sich immerhin eine Zeitlang aufhalten und über einen Auswege nachdenken. Davon kann in Griechenland keine Rede sein. Das Land steht ständig unter dem Druck alter „deadlines“ – was wörtlich „Todesfristen“ bedeutet – und neuer Ultimaten. Und dieser Druck hat sich noch einmal erheblich verschärft, seitdem die Möglichkeit eines „ungeordneten“ Bankrotts und des Herausfallens aus der Eurozone von einer abstrakten Drohung zu einer sehr konkreten Planung geworden ist, die in wichtigen Entscheidungszentren als „Plan B“ vorangetrieben wird. Von Niels Kadritzke.

Parallelwelten: Merkel und Sarkozy feiern sich, während ihr Versagen offenkundig und gefährlich ist.

Gerade erschien eine Studie [PDF – 1 MB] der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema „Scheitert der Euro?“, die Sie zur Aufklärung über das Versagen der Verantwortlichen und über die Lösung der gravierenden Probleme nutzen könnten. Sie können die Studie hier bestellen: [email protected] oder selbstverständlich elektronisch weiterleiten bzw. ausdrucken. Es folgen in Abschnitt A. Informationen zum Inhalt der Studie von Klaus Busch. In Abschnitt B. versuche ich mit ein paar wenigen Anmerkungen zu erklären, wie die Verantwortlichen ihre schöne Scheinwelt zu erzeugen vermögen. Albrecht Müller.

Die Agonie der Demokratie

Der Verfassungsschutz beschäftigt sich mit der Linkspartei und gleichzeitig nutzt das Finanzsystem die von ihm provozierten Refinanzierungsprobleme der Eurostaaten, um der Politik neue und immer engere Leitplanken zu setzen, mit denen die politische Handlungsfähigkeit der demokratischen Staaten immer weiter eingeschränkt wird. Längst ist die öffentliche Verschuldung zu einem Gesslerhut geworden, der dem Volk und der Politik aufzeigt, wer der wahre Souverän in diesem Lande ist – nämlich das Finanzsystem. In steter Regelmäßigkeit wird ganz offen eine Unterscheidung zwischen den vermeintlich objektiven Interessen der Allgemeinheit und dem politischen Willen der Allgemeinheit vorgenommen. Gerade so, als seien die in einer Demokratie angeblich mündige Bürger unmündige Kinder, die nicht wissen können, was das Beste für sie sei. Die Demokratie von heute ist nicht mehr von ihren offenen Feinden – und schon gar nicht von der Linken -, sondern von denjenigen bedroht, die vorgeben, die Politik in den europäischen Staaten wieder auf den Pfad der Tugend, nämlich des Sparens zurückführen zu wollen. Von Jens Berger

Jetzt tut die herrschende Ökonomie so, als sei ihr Versagen nicht vorhersehbar gewesen.

Seit der Weltwirtschaftskrise von 1929 wissen wir, dass es keinen Sinn macht, in einer makroökonomischen Krise weiter sparen zu wollen. Weil man mit dieser pro-zyklischen Politik die Krise verschärft. Wir wissen, dass es in einem gemeinsamen Währungsraum nur gut ausgehen kann, wenn sich auf mittlere Sicht Leistungsbilanzüberschüsse und -defizite angleichen. Deshalb war von vornherein klar, dass die gemeinsame Währung Euro nur gerettet werden kann, wenn die Entwicklung der Lohnstückkosten und der Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone nicht weiter auseinander getrieben, sondern angeglichen werden. Und dennoch haben sich die herrschende Ökonomie und die herrschende Wirtschaftspolitik in Deutschland diesen und anderen Einsichten verweigert. Das herrschende Elend und die große Gefahr für die Eurozone ist ein Ergebnis der Ignoranz. Man konnte wissen was zu tun ist, wenn man wollte. Albrecht Müller.

Der neue europäische Fiskalvertrag – ein klammheimlicher Systemwechsel

Während in Deutschland die Affären um den Bundespräsidenten die Schlagzeilen und die Nachrichtenlage beherrschen, wird in den Hinterzimmern von Europäischem Rat und EU-Kommission ein Vertrag vorbereitet, der schon im März 2012 auf einem Euro-Gipfel unterzeichnet werden soll und der alle Euroländer (und perspektivisch alle Mitgliedstaaten) der Europäischen Union dauerhaft auf einen strikten Kürzungs- und Austeritätskurs festlegen soll. Da die Regierungschefs sich nicht trauen den bestehenden EU-Reformvertrag von Lissabon [PDF – 901 KB] zu ändern, weil das in einigen Ländern nur über Volksabstimmungen möglich wäre, wird der neue „fiskalpolitischen Pakt“ außerhalb des bisherigen Rechts für die gesamte Europäische Union etabliert. Dennoch soll der Pakt für die Organe der Europäischen Union bis hin zum Europäischen Gerichtshof bindend sein. Anne Karras, die am Graduiertenkolleg “Die Zukunft des europäischen Sozialmodells” in Göttingen promoviert, hat sich mit dem Entwurf dieses neuen zwischenstaatlichen Fiskal-Vertrages auseinandergesetzt.

Ist der Ruf erst ruiniert, dann lebt sich’s völlig ungeniert

Das könnte das gemeinsame Motto von Bundeskanzlerin und Bundespräsident bei ihren jeweiligen Ansprachen zu Neujahr und zu Weihnachten sein. Jedenfalls ist das ihre Strategie und die Strategie der Parteien und der Koalition, die hinter ihnen stehen. Wir Bürgerinnen und Bürger haben keine Sanktionsmöglichkeit mehr. Auch schlimme Fehler mit verheerenden Folgen werden ausgesessen, Kritik prallt ab. Keine schöne Einleitung für einen kleinen Jahresrückblick. Keine guten Aussichten. Albrecht Müller.

Griechische Verhältnisse

In der deutschen Debatte über Griechenland findet man vor allem auch innerhalb der Linken folgende Thesen:

  • Die Regierung von Lukas Papadimos sei den Griechen von außen aufgenötigt worden, um einen „Technokraten“ als Exekutor des von Brüssel vorgegebenen Kurses einzusetzen.
  • Giorgios Papandreou sei wegen seiner demokratischen Idee eines Plebiszits aus dem Amt gejagt worden.
  • Es bestünde die reale Gefahr eines Militärputsches in Griechenland.

Diese drei Thesen will ich einem Realitätstest unterziehen. Niels Kadritzke

Europas Zukunft liegt in der Schuldenbremse – bei Gabriel ist Hopfen und Malz verloren

Sigmar Gabriel hat auch noch einen Essay für die FAZ geschrieben.
Titel: „Was wir Europa wirklich schulden“. Siegmar Gabriel beruft sich ausgerechnet auf den Bundesbankpräsidenten Weidmann und meint, es müssten „bislang rein nationale Souveränitätsrechte in der Europäischen Union gebündelt, um in einer gemeinsamen Währungszone auch eine gemeinsame Strategie des Schuldenabbaus, der Sanierung der Staatshaushalte und der Investition in die Wettbewerbsfähigkeit sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu verfolgen.“ Damit lässt sich der Vorsitzende der SPD auf die gängige Forderung einer europäischen Sparunion ein. Von der notwendigen Korrektur der auseinanderdriftenden Entwicklung der Löhne, Lohnstückkosten und der Preise ist im ganzen Text keine Rede. Albrecht Müller.

Angela Merkel schwimmt auf einer Welle dumpfer Vorurteile und clever gemachter Propaganda – und viele Opfer schwimmen mit

Für Ökonomen ist schwer auszuhalten, was zur Zeit in Deutschland und Europa abläuft und dessen Triebfeder im wesentlichen Deutsche unter Anleitung der Bundeskanzlerin sind. Immerhin, die geharnischten Klagen einiger Medien über diesen Zustand und die möglichen bösen Folgen sind bemerkenswert, weil in dieser Fülle und Klarheit neu. Ich mache den Versuch, einige der wichtigsten Vorurteile und Denkfehler, Dummheiten und Kampagnen zu beschreiben und einzuordnen. Albrecht Müller.

Wie lange machen die Menschen das „Bäumchen, wechsel dich“-Spiel ihrer Regierungen noch mit?

Die Krise in Europa brachte den portugiesischen Sozilisten José Sócrates zu Fall, danach musste der Sozialdemokrat Giorgos Andrea Papandreo gehen und zuletzt wurde die Rechtsregierung Silvio Berlusconis in Italien abgesetzt. Und jetzt erzielte der rechtsbürgerliche Mariano Rajoy, mit seiner bis weit nach rechts und ins reaktionäre, erzkatholische, nationalistische Lager reichenden Partido Popular einen historisch zu nennenden Kantersieg gegen die spanischen Sozialisten des bisherigen Regierungschefs José Luis Rodriguez Zapatero.
Alle neuen Regierungen haben nur die Wahl die von EU-Kommission, der EZB und dem IWF vorgegebene neoliberale Agenda zu exekutieren: Drastisches Sparen, Schuldenbremse, Lohnsenkungen, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, Einschnitte ins soziale Netz, Rente mit 67, Privatisierungen – den ganzen Kanon der herrschenden Lehre eben. Auch die neuen Regierungschefs werden geduldig am „Marterpfahl ausharren und erleiden müssen, was ihnen die deutsche Regierungschefin diktiert. Von Wolfgang Lieb

Inhaltsverzeichnis des NachDenkSeiten-Jahrbuches und Vorwort von Peter Bofinger

Zur bessern Information über das neue kritische Jahrbuch „Nachdenken über Deutschland“ finden Sie hier [PDF – 90 KB] das Inhaltsverzeichnis, das Vorwort des Mitglieds des Sachverständigenrates Peter Bofinger. Davon hier ein Auszug:

„Die Leser dieses nun zum fünften Mal erscheinenden Jahrbuches werden wieder einmal erstaunt sein, bei wie vielen Problemen ihnen die Lektüre die Augen öffnet: …

Die Krise in der Eurozone

Nach Auffassung des US-Ökonomen James K. Galbraith ist der europäische Kontinent dabei, die Schwachen zum Schutz der Starken zu zerstören. “Der Diskurs wird vor frischen Ideen verschlossen und das politische Überleben hängt davon ab, Problemlösungen nach hinten zu verlagern.“