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Hochschulen und Wissenschaft

Rezension: Hochschule und Demokratie 1968-2008

Zum 40jährigen Jubiläum von „1968“ erschien das fünfte BdWi-Studienheft „Hochschule und Demokratie“. Nach Meinung der HerausgeberInnen soll jedoch gerade kein Jubiläum gefeiert werden, sondern der Frage nachgegangen werden, „ob die Themen, Analysen, und Strategien, die im politischen 68er-Milieu und der durch dieses nachhaltig mitgeprägten zeitlich folgenden Bildungsreformbewegung entwickelt wurden, etwas zum Verständnis des Aktuellen beitragen“ (S. 2). Deshalb gliedert sich das Heft in drei Teile: Retrospektive (I), Hochschule in der Demokratie – 1968-2008 (II) und Demokratie in der Hochschule – 1968-2008 (III). Von Dominik Düber

Studiengebühren schrecken ab – für manchen überraschend?

Wer auch immer die Ergebnisse der HIS-Studie kurz vor dem ›Bildungsgipfel‹ lancierte – das Timing war perfekt. Das zentrale Diskussionsthema – die Nachdenkseiten berichteten – war die Aussage, dass Studiengebühren im Jahr 2006 bis zu 18.000 Menschen vom Studium abgehalten hätten. Wohlgemerkt: Zu diesem Zeitpunkt hatten erst zwei Länder (NRW und Niedersachsen) Studiengebühren eingeführt. Hierbei seien Frauen und Kinder aus sogenannten ›bildungsfernen Schichten‹ besonders betroffen. Nichts davon ist überraschend, dennoch schreien einige in bewährter Manier: ›Haltet den Dieb‹. Ein Rückblick von Klemens Himpele.

Studiengebühren schrecken ab

Sie wollen es ja selbst nicht wahr haben, die Vertreter des Marktliberalismus. Aber sie haben mal wieder recht: Die Nachfrage nach einem Gut ist abhängig von seinem Preis. Verteuert man den Preis einer Ware, so sinkt die Nachfrage danach. Wen wundert es daher, dass junge Leute sich durch Gebühren vom Studium abschrecken lassen? Von Karl-Heinz Heinemann

Nochmals: 10. Studierendensurvey20

Horrormeldungen aus dem Studentenalltag, etwa in Köln: man kommt nicht in die Veranstaltungen, die man laut Studienplan belegen müsste, denn die sind überfüllt. In Seminaren mit hunderten von Teilnehmern bekommt man seine Kreditpunkte, die die Studienleistung quantifizieren sollen, ohne sich je zu Wort gemeldet und mit dem Professor ein Wort gewechselt zu haben. Wie auch, bei 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern?! Alles falsch. „Die Zeit“ berichtet über Glücksgefühle der Studierenden im Hörsaal. Noch nie waren die Studierenden mit der Qualität des Studiums so zufrieden wie heute, lässt Bundesbildungsministerin Annette Schavan mitteilen. Sie stützt sich auf den 10. Studierendensurvey, also einer empirischen Erhebung. Man glaubt es nicht, und so sieht man mal genauer hin. Von Karl-Heinz Heinemann

Korrektur zu „An den Hochschulen bleibt die „Elite“ unter sich“

In meinem Beitrag vom 15.08.08 ist mir ein Irrtum unterlaufen. Ich habe aus dem „9. Studierendensurvey“ zitiert und nicht aus dem neuen, gerade veröffentlichten „10. Studierendensurvey“ [PDF – 1.5 MB]. Das bedaure ich sehr.
Ich muss meine Kritik jedoch nur insoweit korrigieren, dass in der Presseerklärung, die das BMBF anlässlich der aktuellen Veröffentlichung herausgegeben hat, darauf hingewiesen wird, dass sich die “Schere” der sozialen Herkunft beim Hochschulzugang vergrößert hat. Allerdings sieht Ministerin Schavan die Schuld für die „akademische Selbstreproduktion“ ausschließlich bei den Schulen. Die Tatsache, dass auch die Übergangsquoten von Abiturienten an die Hochschulen von der sozialen Herkunft bestimmt werden, wird von der Bundesbildungsministerin nach wie vor ignoriert. Wolfgang Lieb

An den Hochschulen bleibt die „Elite“ unter sich

Bei der Vorstellung des „9. Studierendensurveys“ lenkt das Bundesbildungsministerium das Augenmerk vor allem die vermeintlichen Erfolge. Die zentralen Aussagen seien, dass die Studierenden mit der Qualität der Lehrveranstaltungen zunehmend zufrieden seien. Viele wünschten sich allerdings noch eine bessere Betreuung während des Studiums und beim Übergang in den Arbeitsmarkt sowie einen höheren Praxisbezug.
Unerwähnt bleibt, dass die soziale Selektion im Studium eher zugenommen hat und dass dien neuen Studienabschlüsse mit Bachelor und Master vor allem an den Universitäten an Zustimmung verloren haben. Wolfgang Lieb

Am falschen Ende gespart – 5.500 Euro pro Studierendem im Jahr

Dieser Betrag entspricht nach Angaben der Bundesregierung [PDF – 84 KB] in etwa den „jährlichen Ausgaben pro Studierenden für eigentliche Bildungsdienstleistungen“ in der Bundesrepublik Deutschland. Der Durchschnittsbetrag für die „eigentlichen Bildungsdienstleistungen“ in Höhe von 5.500 Euro ist die Berechnungsgrundlage für den Hochschulpakt, mit dem der erwartete, demografisch bedingte „Studentenberg“ bewältigt werden soll. Aus dieser Annahme lässt sich auch ablesen, in welchen Fächern eine Ausweitung der Studienplatzkapazitäten angestrebt wird, nämlich bei den „billigen“ Buchwissenschaften, wie BWL oder Jura, nicht jedoch bei den teuren Ingenieurwissenschaften oder gar in der Medizin. Wolfgang Lieb

Hochschulräte in NRW: Wirtschaft übernimmt die Kontrolle an den Hochschulen

“Eine beeindruckende Mischung von Führungspersönlichkeiten aus allen gesellschaftlichen Bereichen prägt das Bild der ersten Hochschulräte in Nordrhein-Westfalen”, erklärte Innovationsminister Pinkwart nachdem nun alle 26 öffentlich-rechtlichen Universitäten und Fachhochschulen ihre Hochschulräte besetzt haben. Knapp die Hälfte, nämlich 67 der 146 „Führungspersönlichkeiten“ kommen aus der Wirtschaft. 19 aus weiteren gesellschaftlichen Bereichen, wie Medien oder Kultur, darunter etwa der Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe, Bodo Hombach, der Chefredakteur der WAZ Ulrich Reitz oder als weitere „Prominente“ die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer Ersatzkasse, Birgit Fischer. Aus „unternehmerischen Hochschulen“ werden künftig von Unternehmensführern gesteuerte Hochschulen.

„Hochschulfreiheit“ oder das Ende der Hochschulautonomie

An der Universität Siegen wird zum ersten Mal die weitgehende Entmachtung der Selbstverwaltung der Hochschulen gegenüber dem im Hochschul-„Freiheits“-Gesetz neu geschaffenen „Hochschulrat“ offenkundig. Dieser Aufsichtsrat hat ohne jede Rückkoppelung mit dem Senat der Hochschule einen neuen Präsidenten gewählt. Der Senat hat diese Wahl mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Man hatte mit der Wiederwahl des bisherigen Rektors gerechnet. Doch der Hochschulrat kann sich mit einer Zweidrittelmehrheit über dieses ablehnende Votum des Senats hinwegsetzen. „Dieses Gesetz hätte in Berlin eine Palastrevolution ausgelöst, das hätte sich keine Universität gefallen lassen“, meinte der vom Hochschulrat gewählte neue Präsident Jörg Steinbach von der TU Berlin, und weiter: „Habt Ihr alle geschlafen als das gemacht worden ist?“ Es ist schlimmer: Die Hochschulen in NRW haben mit dem Hochschul-„Freiheits“-Gesetz freiwillig auf ihre Freiheit verzichtet.

Anmerkungen zu den Empfehlungen des Wissenschaftsrats zur Qualitätsverbesserung von Lehre und Studium

Nach Jahren umwälzender Hochschulreformen hin zur „unternehmerischen“ Hochschule, nach einer weitgehend vollzogenen grundsätzlichen Umstrukturierung des Studiums in konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge im Rahmen des sog. Bologna-Prozesses, nach einer mit hohem propagandistischen Aufwand durchgeführten „Exzellenz-Initiative“ nimmt sich endlich ein wissenschaftspolitisch bedeutsames Gremium der neben der Forschung zentralen Aufgabe der Hochschulen an: der Lehre und dem Studium. Das ist für sich genommen schon ein Gewinn.

Aus vielen Feststellungen ergibt sich ein ziemlich kritisches Urteil über die zurückliegenden Reformen. Vielen Forderungen und Empfehlungen kann man nur zustimmen, sie sind allerdings altbekannt. Neues, wie die Einführung von Lehrprofessoren, ist kritisch zu bewerten. Der WR hat einen ganzen Bauchladen an unverbindlichen Vorschlägen vorgestellt, woraus sich jeder bedienen kann, ohne dass sich viel ändern dürfte. Eine Konzentration auf das Wesentliche wäre wirkungsvoller gewesen.

Studiengebührenurteil des Hessischen Staatsgerichtshofs: Chancengleichheit durch Verschuldung

Mit Wortverdreherei und juristischer Rabulistik gelingt es der Mehrheit der Richter am hessischen Verfassungsgerichtshof, den eindeutigen Wortlaut des Artikels 59 der Hessischen Landesverfassung in sein Gegenteil zu wenden. Aus der Unentgeltlichkeit des Studiums wird die Zulässigkeit des Bezahlstudiums für alle. Wer kein Geld hat, muss sich eben verschulden, dann hat er genauso viel, wie derjenige, der Geld hat. Ein klassischer Fall von Oberschichten-Justiz.

Die Verwendung von Studiengebühren in NRW – eine Studie ohne Wert

Eine wunderschön ausgewogene Studie über die „Verwendung von Studienbeiträgen an Hochschulen in Nordrhein-Westfalen“ [PDF 2,6 MB] hatte „Innovationsminister“ Andreas Pinkwart in Auftrag gegeben. Auftragnehmer waren das „Deutsche Studentenwerk“, das sich um soziale Anliegen der Studierenden kümmert, und der „Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft“, der verlängerte Arm der Unternehmerverbände in Hochschule und Wissenschaft. Die Auftragnehmer der Studie mögen ausgewogen sein, allerdings ist ihre Studie ohne Wert.