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Staatsorgane

Ziel der Einführung von Hartz I-IV etc. ist der Aufbau des größten Niedriglohnsektors in der EU

Wenn die Befürworter der Hartz-Gesetze und dabei insbesondere die mitverantwortlichen Sozialdemokraten diese zerstörerischen Reformen verteidigen, dann verweisen sie routinemäßig auf das angeblich notwendige Ziel der Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenunterstützung. Ziel war jedoch etwas ganz anderes. Ein Freund der NDS hat dies in einer Analyse niedergeschrieben, die einen guten Überblick verschafft. Albrecht Müller.

Vor 5 Jahren kassierte das Bundesverfassungsgericht die Studiengebührenfreiheit

Am 26. Januar 2005, hat das Bundesverfassungsgericht § 27 Absatz 4 des Hochschulrahmengesetzes für nichtig erklärt und die Studiengebührenfreiheit abgeschafft. Zahlreiche CDU-regierten Länder haben auf das Urteil nur gewartet und Studiengebühren eingeführt. Zum 5-jährigen Jahrestag, dieses Paradigmenwechsels, der die Hochschulbildung von einem öffentlichen Gut zu einem privates Investment in das „persönliche Humankapital“ umkehrte, erinnere ich an meine damalige Kritik „Studiengebührenentscheidung des Bundesverfassungsgerichts – ein politisches Urteil“ .
Ich habe daran nichts zu korrigieren und alles, was damals nur prognostiziert werden konnte, ist so eingetreten, wie es zu erwarten war.
Die Website „Studis Online“ veröffentlicht aus Anlass dieses „Jubiläums“ einen Buchbeitrag von mir, der die Ausrichtung der Hochschulen auf die Einwerbung von Drittmitteln und Studiengebühren skizziert. Wolfgang Lieb

Nachtrag zu den vergessenen „Neben“-Wirkungen von HartzIV

Vier Ergänzungen zum Thema sind fällig: 1. Eine PDF-Datei zum Ausdrucken; 2. Verantwortung der Grünen für die „Reformen“ nicht ausblenden; 3. Hinweis Nr. 13 b von heute und 4. dazu passend wie die Faust aufs Auge: die TAZ mit einem unglaublichen Kommentar. Albrecht Müller

Spiele statt Brot

Was Angela Merkel mit ihrer Neujahrsansprache wirklich sagen wollte, darüber haben auch schon andere gerätselt. So versuchte sich etwa die Süddeutsche Zeitung an einer „radikal-ehrlichen“ Version dieser Ansprache ans Volk. Doch man braucht eigentlich nicht in Ironie zu flüchten, um die „wahre Rede“ der Kanzlerin zu erfassen, dazu genügt es die tatsächlich gehaltene Neujahrsansprache einmal etwas genauer nachzulesen. Es ist eine Rede wie aus einem Sprachgenerator altbekannter Redeversatzstücke. Was die Kanzlerin konkret verspricht sind Spiele statt Brot. Wolfgang Lieb

Zum Koalitonsvertrag (IV): Die schwarz-gelbe Koalition vertieft die Kluft zwischen Arm und Reich.

Aufgrund des gegenwärtigen Krisendebakels, das sie ohne Zweifel mit verursacht hat, schien die neoliberale Hegemonie, d.h. die Meinungsführerschaft des Marktradikalismus, vielen Beobachtern in der Bundesrepublik endgültig gebrochen. Dass der Neoliberalismus hierzulande keineswegs im Niedergang, sondern auf dem besten Weg zu einer Renaissance im schwarz-gelben Gewand ist, zeigt der am 24. Oktober vorgestellte Koalitionsvertrag. Von Christoph Butterwegge

Zum Koalitionsvertrag (III): Die „Bildungsrepublik“ als bildungspolitische Bananenrepublik

Bildung gehört neben Wachstum und Zusammenhalt zur Überschrift des schwarz-gelben Koalitionsvertrages [PDF – 1 MB] und im Kapitel II. taucht das Schlagwort der Kanzlerin von der „Bildungsrepublik Deutschland“ wieder auf. Wie in vielen anderen Feldern auch besteht eine riesige Kluft zwischen dem bemühten Pathos und den konkreten Vorschlägen. Wolfgang Lieb

An ihren Taten sollen sie gemessen werden – Betrachtungen zum Abstimmungsverhalten der SPD-Bundestagsabgeordneten

Der Umbau von Staat und Gesellschaft gemäß den Forderungen der Arbeitgeberseite wurde auch in der vergangenen Legislaturperiode mit Hilfe der SPD fortgesetzt. Das Abstimmungsverhalten vor allem bei Angriffen auf die Sozialsysteme weist fast 80% der SPD-Abgeordneten als konsequente Überzeugungstäter aus. Zehn Prozent können als Mitläufer gelten, und nur etwa weitere zehn Prozent stimmten häufiger gegen die Vorschläge der Fraktionsführung. Von Kai Ruhsert

Bundesregierung sieht Korrekturbedarf bei der Bologna-Reform – Korrekturen allein reichen aber nicht

„In den Diskussionen mit den Studierenden bestand Konsens, dass die Ziele der Bologna-Reform richtig sind, es aber Korrekturbedarf bei der Umsetzung gibt. Wichtige Fragestellungen sind in diesem Zusammenhang die Studierbarkeit der Studiengänge und die Modularisierung, die konsequente Anwendung der Instrumente ECTS und Diploma Supplement sowie sachgerechte, studienerfolgsorientierte Anerkennungspraxis von Studienleistungen bei Hochschulwechsel, ein flexibler Übergang von Bachelor zu Master und insgesamt eine sowohl wissenschaftliche wie berufsbefähigende Ausbildung. Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen kommt den Hochschulen eine Schlüsselrolle zu“, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung [PDF – 110 KB] auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke.
Ziele richtig, Umsetzung korrekturbedürftig, die Hochschulen sind verantwortlich, so könnte man die Position der Bundesregierung zusammenfassen. Es ist also nicht an einen Kurswechsel im Bologna-Prozess gedacht, sondern nur an Korrekturen bei der Umsetzung. Dabei wäre eine Re-Reform nötig. Was fehlt ist jede Suche nach den Ursachen warum die Umsetzung des Bologna-Prozesses vor allem in Deutschland vielerorts zu einem Desaster geriet. Wolfgang Lieb

Weitere Informationen zur Verflechtung von Politik und Finanzindustrie (Finanzkrise XXI)

Am 2. Juli 2009 veröffentlichten wir den Beitrag „Unser Führungspersonal ist in den Fängen der Finanzwirtschaft – ein weiterer Hinweis (Finanzkrise XIX)“ Darauf hin erreichten uns weiterführende Texte vor allem über die Zuarbeit von internationalen Anwaltskanzleien bei der Gesetzgebung. Siehe Teil I. Wir weisen gleichzeitig auch auf das Protokoll des Untersuchungsausschusses zur HRE hin. Siehe Teil II. Albrecht Müller.

Bundesverfassungsgericht: Nationaldemokratische Starrheit – Europäische Demokratie bleibt auf der Strecke

Das BVerfG hat den Lissabon-Vertrag im Großen und Ganzen passieren lassen, allerdings hat es das sog. Begleitgesetz moniert, das die Rechte des Bundestages festschreiben soll. Das heißt, das BVerfG hat in Übereinstimmung mit den Klägern ein demokratisches Defizit im politischen Mehrebenensystem Europa und Bundesrepublik festgestellt, das allerdings nicht auf europäischer, sondern auf nationaler, d.h. bundesdeutscher Ebene behoben werden soll. Gestärkt wird damit die nationale Legislative gegenüber der Exekutive – das ist gegenüber dem gegenwärtigen Zustand eine Stärkung der Demokratie, aber nur eine halbherzige. Von Andreas Fisahn*

Horst Köhler im Sommerinterview mit dem ZDF: Wahlwerbung für Schwarz-gelb

Steuersenkungen seien möglich: “Die Grundvoraussetzung ist, dass wir wieder eine wirtschaftliche Dynamik bekommen, die auch die Steuereinnahmen verstärkt.“ Es sei wichtig und richtig, „dass diejenigen, die dafür sorgen, dass in diesem Land etwas produziert wird, dass Ideen, Innovationen und damit Arbeitsplätze entstehen, das Gefühl haben, ihre Anstrengungen werden belohnt und sie können weitermachen.“ Wir brauchten ein „einfacheres Steuersystem“ und wir brauchten „ein besseres System“, „damit die Mittelschicht, die sich anstrengt und ihre Kinder ernährt, weiß, sie arbeitet nicht umsonst.“ Genauso liest es sich das auch in den Wahlprogrammen von CDU und FDP. Dass seine Wiederwahl von Union und Liberalen als Signal für Schwarz-gelb benutzt wird, verwundert Köhler nicht: „Sie haben ja vorher gesagt, dass sie mich unterstützen und darüber haben sie sich jetzt gefreut”. Zum Dank unterstützt jetzt Köhler eben bei der kommenden Bundestagswahl Schwarz-gelb. Wolfgang Lieb

Nachtwächter über den Nachtwächterstaat

Mit einem „Zwar-Aber“-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht den Vertrag von Lissabon passieren lassen, die Selbstentmachtung von Bundestag und Bundesrat durch das Begleitgesetz zur Zustimmung jedoch kassiert. Das Gericht entzog sich weitgehend einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Reformvertrag und stellte vor allem darauf ab, ob dieser die staatliche Souveränität tangiere. Das Gericht ließ den Lissabon-Vertrag passieren und schränkte nur die Reichweite dieses Vertrages etwa im Justizwesen und beim Militär ein. Nur für zukünftige Entscheidungen einer fortschreitenden europäischen Integration verlangte es „Einzelermächtigungen“ die dem „Demokratieprinzip“ (also vor allem der Zustimmung der Gesetzgebungsorgane) entsprechen. Der Sozialstaat sei durch die Vertragswerke der europäischen Union nicht tangiert. Das Bundesverfassungsgericht reduzierte seine Existenzberechtigung auf eine „Reservekomptenz“ über die „unverfügbare Verfassungsidentität“, also letztlich auf den Kernbestand der Staatlichkeit. Dem Gericht bleibt künftig die Rolle des Nachtwächters über den Nachtwächterstaat. Wolfgang Lieb

Lissabon-Vertrag – Bundesverfassungsgericht hält sich an einer Fiktion fest

Mal abgesehen von manchen bemerkenswerten Seiten dieses Urteils, die Gegenstand der Kommentierung der Prozessparteien und der Medien sind, mir fiel beim Zuhören auf, wie sehr die Verfassungsrichter an das Funktionieren der Demokratie und an die tatsächliche Macht des Volkes glauben. Dieser Glaube war offensichtlich wichtig für das Urteil. – Die Erkenntnis, dass einzelne Personen und Interessengruppen, die über viel Geld und publizistische Macht verfügen, in Europa wie auch hierzulande die Entscheidungen bestimmen, hat sich noch nicht bis Karlsruhe herumgesprochen. Selbst Berlusconi stört das schöne Bild von der Demokratie in Europa nicht. Fast schon bewundernswert, wenn es nicht auch jämmerlich wäre. Albrecht Müller.

Schuldenbremse – eine Absage an eine aktive, zukunftsgerichtete Wirtschaftspolitik

Der 29. Mai wird als ein schwarzer Tag für die aktive und die zukünftigen Generationen in die Geschichte unseres Landes eingehen. Kurz nach den Lobgesängen auf das wirtschaftspolitisch bisher neutrale Grundgesetz anlässlich des 60. Jahrestages seiner Verkündung wird einer aktiven makroökonomischer Wirtschaftspolitik und einer nachhaltigen Finanzpolitik eine verfassungsrechtliche Barriere vorgeschoben. Die Chance, von diesem unverantwortbaren Irrweg wieder mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag und Bundes abzukehren, dürfte sich politisch so bald nicht mehr ergeben – das wäre nur noch durch eine dramatische Notsituation denkbar, die hoffentlich nie eintreten möge. Die Hoffnung, dass der Bundesrat oder die Gerichte diese Verfassungsänderung wegen ihres Eingriffs in die Finanzautonomie und damit in die Eigenstaatlichkeit der Länder [PDF – 270 KB] stoppen, ist nur gering.
Als Bürgerinnen und Bürger bleibt uns nur noch die Möglichkeit, die Kandidatinnen und Kandidaten für den künftigen Bundestag zur Rede zu stellen. Deswegen können wir Sie nur noch ermuntern, sich mit Argumenten gegen die Schuldenbremse zu wappnen, und – auf welchem Wege auch immer – Ihre Vertreterinnen und Vertreter für das Bundes- und für die Länderparlamente damit zu konfrontieren. Wolfgang Lieb

70 Prozent der Deutschen würden Köhler wählen. – Wie das?

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet. Genau 60 Jahre später dürfte Horst Köhler zum zweiten Mal zum Bundespräsident gewählt werden. Die Wahl in der Bundesversammlung ist weitgehend Formsache, dort spiegeln sich die Mehrheiten im Bundestag und in den Länderparlamenten wieder und dort haben eben Schwarz-gelb zusammen mit den gleichfalls konservativen freien Wählervereinigungen eine knappe Mehrheit. Diese konservative Mehrheit ergibt sich daraus, dass die SPD seit der letzten Wahl zum Staatsoberhaupt eine Wahl nach der anderen verloren hat, zuletzt in Bayern und Hessen. Es reicht also nicht einmal mehr zu einer Mehrheit von Rot-rot-grün. Köhler profitiert also vor allem vom Niedergang der SPD.
Das ist aber nur die parteipolitische Seite der Präsidentenwahl.
Viel deprimierender ist allerdings, dass Köhler, wenn er direkt vom Volk gewählt würde noch eine viel deutlichere Mehrheit erhielte.
Wie ist es zu erklären, dass ein Hardliner des Weiter-so in der Bevölkerung eine derart unkritische Unterstützung und Sympathie erfährt? Wolfgang Lieb