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Ideologiekritik

Nach dem Flop der Riester-Rente nun auch noch der „Pflege-Bahr“

Was im allgemeinen Erstaunen darüber, dass sich die schwarz-gelbe Koalition nach monatelangem Gezerre zusammengerauft hat, unterzugehen droht: Neben einer bisher nur versprochenen Leistungsverbesserungen für Demenzkranke und deren Angehörige durch eine Anhebung des Beitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte auf 1,96 % des Bruttolohns (auf 2,3% für Kinderlose) hat die FDP bei der Pflegeversicherung den Einstieg in die kapitalgedeckte Vorsorge durchgesetzt: Den „Pflege-Bahr“, wie der Gesundheitsminister stolz verkündet. Die private Zusatzversicherung soll sich an der Riester-Rente orientieren und analog dazu auch steuerlich gefördert werden.
Die Klientel-Partei FDP hat „geliefert“. Die Versicherungswirtschaft reibt sich die Hände. Von Wolfgang Lieb.

WZB-Studie: Studiengebühren sollen keinen negativen Effekt auf die Studierneigung haben – oder: wie die gewählte Untersuchungsmethodik zum erwünschten Ergebnis führt

Wieder einmal wurde eine Studie angefertigt, die belegen soll, dass Studiengebühren „keinen signifikant negativen Effekt auf die Studierneigung“ weder insgesamt noch bei Studienberechtigten aus „schichtniedrigen“ Familien oder bei Frauen haben. Diesmal ist das an und für sich seriös geltende „Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung“ (WZB) dieser Frage nachgegangen [PDF – 240 KB].
Statt in den sozialwissenschaftlichen Instrumentenkasten zu greifen, hätten die Autoren aber besser ein paar Gespräche mit Studienberechtigten geführt, deren Eltern nicht in der Lage sind, einen monatlichen Wechsel für das Studium ihrer Kinder auszustellen. Diese ganz einfache Methode hätte zu realistischeren Ergebnissen geführt. Von Wolfgang Lieb

Von der deutschen Tea Party zur Henkel-Partei (I) – Rechtspopulist Hans Olaf Henkel spielt mit den Ängsten der Bevölkerung

Hans Olaf Henkels Drohung könnte eindeutiger kaum sein – entweder es gelänge, die FDP für die politischen Ziele der deutschen Tea Party zu vereinnahmen, oder man müsse halt eine neue Partei gründen, für die er höchstpersönlich zur Verfügung stünde. Henkel ist das wohl bekannteste Gesicht der deutschen Tea-Party-Bewegung. Im letzten Jahr war er nach Heiner Geißler der am zweithäufigsten eingeladene Talkshow-Gast, seine Bücher verkaufen sich wie warme Semmeln und er ist gern gesehener Interviewpartner der Printmedien. Henkel haftet immer noch der Ruf eines „Wirtschaftsexperten“ an, der gern klare Kante zeigt und unpopuläre „Wahrheiten“ ausspricht. Was für eine Fehleinschätzung! Von Jens Berger

EZB-Personalwechsel: Zwischen Skylla und Charybdis

Mit Jürgen Stark räumt ein monetaristischer Überzeugungstäter seinen Schreibtisch in der EZB. Das wäre eigentlich ein Grund zur Freude, wenn die europäischen Institutionen auch nur im Ansatz die Demokratie leben würden. Da es bei der Besetzung des EZB-Direktoriums aber ungeschriebene Gesetze gibt, kann die deutsche Regierung de facto Starks Nachfolger bestimmen. Dass sich Angela Merkel und Wolfgang Schäuble jedoch ausgerechnet für Staatssekretär Jörg Asmussen entschieden haben, ist ein schwerer Schlag für die EZB und die Bevölkerung der Eurozone. Von Jens Berger

Bundesverfassungsgericht hilft Bundesregierung bei der Griechenlandhilfe aus der Patsche und erhebt die Maastricht-Regeln auf Verfassungsrang

Durch eine eigenmächtige Umdeutung des Wortlauts des Euro-Stabilitätsgesetzes retten die Karlsruher Richter die Bundesregierung vor dem politischen Desaster, bei der Griechenlandhilfe gegenüber den europäischen Partnern einen Rückzieher machen zu müssen. Andererseits erhebt das höchste Gericht die dem Maastricht-Vertrag zugrundeliegende ökonomische Lehre des Monetarismus geradezu auf Verfassungsrang und verbaut damit einer makroökonomischen Zusammenarbeit auf dem Feld der Finanz- oder Wirtschaftspolitik in einer Währungsunion unter Berufung auf das Grundgesetz den Weg. Von Wolfgang Lieb

Kritik an der Zinskritik

Die Folgen der Finanzkrise haben auch dazu geführt, dass Fundamentalkritik am Geldsystem immer populärer wird. Auch die NachDenkSeiten bekommen regelmäßig Mails von Lesern, die uns fragen, warum wir der Zinskritik auf unserer Plattform keinen Raum bieten. Die Antwort auf diese Frage ist denkbar einfach: Wir halten die Zinskritik für einen Irrweg, der nur von den eigentlichen Problemen ablenkt. Von Jens Berger

Schock-Strategie für Europa

Was Angela Merkel und Nicolas Sarkozy gestern im Élysée-Palast der Öffentlichkeit präsentierten, ist kaum mehr als alter Wein in neuen Schläuchen. Anstatt die Spekulation gegen einzelne Eurostaaten mit der Einführung von Eurobonds zu beenden, wollen Merkel und Sarkozy die deutsche Schuldenbremse in der gesamten Eurozone verfassungsrechtlich verankern und die gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik mit der vielzitierten Wirtschaftsregierung harmonisieren. Was sich Merkel unter einer Wirtschaftsregierung vorstellt, ist jedoch bereits hinlänglich bekannt – die neoliberale Schock-Strategie für Europa. Von Jens Berger

US-Schuldenstreit – Das Spiel mit dem Feuer

Das unwürdige Blockadepoker des parlamentarischen Arms der Tea-Party-Bewegung erreicht an diesem Wochenende seinen bisherigen Höhepunkt. Sollte es zu keinem überparteilichen Kompromiss bei der Anhebung der Schuldengrenze kommen, wird US-Präsident Obama wohl dazu gezwungen, mit „Notstandsvollmachten“ am Kongress vorbei zu regieren. Andererseits würde nicht nur den USA, sondern der gesamten Welt ein wohl irreparabler Schaden drohen. Der ideologische Fundamentalismus der Tea-Party-Bewegung treibt bereits heute ein gefährliches Spiel mit dem Feuer und es besteht kein Grund zur Hoffnung, dass sich die Krise im Präsidentschaftswahljahr 2012 entspannen könnte.
Von Jens Berger.

Grundsatzprogramm der LINKEN: Viele Ideale, wenig Ökonomie

Ein Programm das radikal anders ist, das Ideale hochhält, die im Wesentlichen einer Mehrheitsmeinung entsprechen und dennoch nur bei einer Minderheit Vertrauen findet. Das liegt vor allem an der Medienbarriere und an der politischen Ausgrenzung der Linkspartei. Die Gründe liegen aber auch im Programm selbst: Es fehlt ein Vertrauen schaffendes Bild der System-Alternative und es mangelt an einem vermittelbaren ökonomischen Modell jenseits kapitalistischer Produktionsbedingungen. Von Wolfgang Lieb

Eine seltsame Reaktion der Stellv. Vorsitzenden der Linkspartei auf meinen Antisemitismus-Artikel

Der Stein des Anstoßes ist mein Beitrag vom 21.6.: „Der Antisemitismus-Vorwurf wird zur friedens- und gesellschaftspolitischen Gleichschaltung der Linken benutzt“. Die Vizevorsitzende Halina Wawzyniak reagiert auf den dort enthaltenen Hinweis auf die bedrohliche Kampagne gegen ihre Partei mit einer lustig aufgemachten und zugleich aggressiven Wortklauberei: ‚Müllers „Trojaner” oder vom Umgang mit schiefen Bildern’. Wenn Sie Mitglieder oder Mandatsträger der Linken kennen, dann wäre zu empfehlen, diese auf diesen Vorgang aufmerksam zu machen. Sie sollten sich um die erkennbare Blindheit eines Teils ihrer Führung kümmern. Albrecht Müller.

Der Antisemitismus-Vorwurf wird zur friedens- und gesellschaftspolitischen Gleichschaltung der Linken benutzt

Mit der Linkspartei beschäftige ich mich deshalb, weil es dort mehr als in anderen Parteien noch Kräfte gibt, die sich der neoliberalen und militärpolitischen Gleichschaltung entziehen und erwehren. Ohne die Linke werden sich Grüne und Sozialdemokraten vollends ergeben. Wer eine Alternative zur herrschenden Lehre und Politik will, wer will, dass sich bei der SPD und den Grünen Widerstand gegen die Agenda 2010 und die Fortsetzung dieser falschen Linie regt, muss daran interessiert sein, die Linke in möglichst vielen Parlamenten vertreten zu sehen. Dagegen wird massiv mobilisiert nach dem Motto: Entweder: Ihr passt Euch an, oder: Ihr habt in den Parlamenten – und an der Regierungsmacht sowieso – nichts zu suchen. Mit der Resolution zum Antisemitismus vom 7. Juni hat die Bundestagsfraktion der Linken die Rettung durch Anpassung versucht. Damit hat sie die Stöckchen geschnitzt, über die die Linke in Zukunft wird springen müssen. Albrecht Müller.

Zweiseitige Texte und Druckvorlagen zu den Themen Privatisierung, Arm/Reich, Boom und Überwachung

Die NachDenkSeiten-Leserin S.M. schlägt vor, des Öfteren kurze Texte zu wichtigen Themen anzubieten, die von den Nutzern der NachDenkSeiten per E-Mail oder gedruckt weitergegeben werden können. Das ist eine gute Idee. Noch besser: S.M., von der wir im vergangenen September und am 3. Dezember schon Texte zu „Neoliberal – was ist das?“ veröffentlichten, hat gleichzeitig zweiseitige Texte zu den zuvor genannten Themen vorbereitet. Herzlichen Dank.
Bitte nutzen Sie diese Möglichkeit zum Aufbau einer Gegenöffentlichkeit. Heute zum Thema Privatisierung [PDF – 115 KB]. Albrecht Müller.