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Ideologiekritik

Modische Trends und Vitamin B (neudeutsch: Netzwerke) prägen und erlauben die Fehlentscheidungen unserer Spitzen.

Heute erwägt DaimlerChrysler auf Druck seiner Hauptversammlung, Chrysler wieder los zu werden. Gestern erschien in der Süddeutschen Zeitung ein Leser-Kommentar zu einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 30.3.. Der Kommentar ist exzellent und animiert zu einigen Anmerkungen über unsere Wirtschaftseliten und die angeschlossenen politischen Eliten. Zunächst zitiere ich eine kurze Passage aus dem Kommentar: Albrecht Müller.

Erich-Fromm-Preis für Eugen Drewermann und Konstantin Wecker

In seiner Laudatio begründete Norbert Copray, von der Frankfurter Fairness-Stiftung, die diesjährige Vergabe des Preises mit dem furchtlosen Auftreten der Preisträger gegen Antisemitismus und Fremdenhass und ihrem Einsatz für eine humane Zukunft der Menschheit und gegen eine Praxis, die den Menschen nur noch als Ware, Kostenfaktor und Konsument sieht. Die Erich-Fromm-Stiftung ehrte mit der Auszeichnung zwei Persönlichkeiten für ihre Verdienste um einen Aufrechten Gang für Humanität, Mitgefühl, Mitverantwortung und Courage im Sinne des radikalen Humanismus Erich Fromms. Ein Bericht von Christine Wicht.

Nachtrag zu Globalisierung und ZDF-Dreiteiler dazu

Zu den beiden Tagebucheinträgen „Globalisierung als Entschuldigung fürs Nichtstun und für Fehlentscheidungen“ (28.3.) und „Mein Gott, dafür zahlen wir Gebühren“ (29.3.) schickte Werner Calmus ergänzende zugespitzte Hinweise mit vielen Fakten, im wesentlichen zum Beleg der These, dass gewaltige Globalisierungsschübe und Strukturveränderungen unserer Industrie schon hinter uns liegen. Albrecht Müller.

„Mein Gott, dafür zahlen wir Gebühren“

So der Kommentar eines unserer Leser zur ZDF-Serie „Wettlauf um die Welt“. Und weiter: „Ich bin erst 38 Jahre alt, aber ich vermute, dass das TV/Radio zu Hitlers Zeiten ähnlich strukturiert war.“ Mein Eindruck war ganz ähnlich. Das war eine Angst machende Propagandaschau, und dies schon in der Tonlage der Sprache und der Musik. Auch wenn es zu Hitlers Zeiten noch kein TV gab, ist die zitierte Bewertung des Vorgangs berechtigt. Zu Ähnlichkeiten übrigens siehe auch die Einladungen zum 19. Pleisweiler Gespräch und den anderen Veranstaltungen mit Gunter Haug. Nun aber noch einige Anmerkungen zur Sendung im ZDF.

Globalisierung als Entschuldigung fürs Nichtstun und für Fehlentscheidungen

In meinem Buch die Reformlüge hatte ich davon gesprochen, die Globalisierung sei „ein alter Hut“. Ich hatte gleichzeitig angemerkt, dass auch aus meiner Sicht die weltwirtschaftliche Verflechtung deutlich zugenommen hat und gefragt, ob diese quantitative Veränderung eine neue Qualität bedeute. (Siehe z.B. Denkfehler 1, 2 und 13 in „Die Reformlüge“). Über die Formulierung „ein alter Hut“ lässt man sich in einer anderen Website, bei Joachim Jahnke, seitenlang und immer wieder neu aus – so als hätte ich ein Tabu verletzt und so als sei dies von irgendwelcher weltbewegenden Bedeutung. Diese Fixierung begreife ich nicht mehr. Bei dieser Anmerkung will ich es bewenden lassen. Da aber ab 28.3. im ZDF ein Dreiteiler von Stefan Aust und Claus Richter ins Haus steht (Wettlauf um die Welt (1/3) Das Ende der Deutschland AG – Markt ohne Grenzen und Folgen), der uns vermutlich die Globalisierung dramatisch vor Augen führt, ist es angebracht, einige Gedanken zum Thema Globalisierung zu formulieren. Auf den Punkt gebracht: Die Globalisierung wird zusammen mit dem demographischen Wandel als die große Herausforderung verkauft und damit als Alibi fürs Nichtstun, vor allem in der Makropolitik, und zugleich als Instrument zur Zerstörung des verhassten Systems „Sozialstaat“ instrumentalisiert. Warum sich eher fortschrittliche Kräfte darauf einlassen, die Neoliberalen vom Schlage eines Gabor Steingart, Stefan Aust, Hans-Werner Sinn, Wolfgang Cllement u.a.m. als Argumentationshelfer zu unterstützen, kann ich mir nicht erklären. Albrecht Müller.

Die Klötze am Bein einer von der herrschenden Lehre geprägten Volkswirtschaft.

Viele Beobachter merken inzwischen, dass die herrschende Lehre – man kann sie Neoliberalismus nennen, ich nenne Sie einfach die herrschende Lehre – von der notwendigen makroökonomischen Steuerung einer Volkswirtschaft nicht viel versteht. Mein Eindruck ist immer mehr, dass diesen Ideologen auch das ziemlich fremd ist, was sie meinen gepachtet zu haben: die Sorge für die Wettbewerbsfähigkeit, die optimale und effiziente Allokation der Ressourcen. Sie hängen unserer Volkswirtschaft jedenfalls einen Klotz nach dem andern ans Bein. Sie versagen genau da, wo sie sich besonders stark fühlen: bei der volkswirtschaftlichen Effizienz und damit bei der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit. Albrecht Müller.

Stephan Schulmeister: Das neoliberale Weltbild – wissenschaftliche Konstruktion von „Sachzwängen“ zur Förderung und Legitimation sozialer Ungleichheit

Schulmeister, Ökonom am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung, versucht in seinem Aufsatz [1.7 MB] die wesentlichen Aspekte des Neoliberalismus als sozialphilosophische und wirtschaftswissenschaftliche Doktrin sowie als Leitlinie für die Politik zusammenzufassen und die gesellschaftlichen Folgen ihrer (partiellen) Umsetzung herauszuarbeiten. Dabei widmet er dem Verhältnis zwischen Neoliberalismus und dem Finanzkapitalismus einerseits und der Globalisierung andererseits besondere Aufmerksamkeit. Denn diese beiden „Regimes“ stellten jene großen „Sachzwänge“ dar welche vielen als Hauptursachen für die sich seit 25 Jahren vertiefenden Krise in den europäischen Sozialstaaten erscheinen.

Nochmals: Sprache im neoliberalen Deutschland

In der letzten Zeit haben wir uns öfters mit der Umdeutung, ja der Korruption unserer Sprache und damit auch des Denkens befasst. Wir haben dabei unter Hinweis auf Victor Klemperers „Lingua Tertii Imperii“, einem Tagebuch über die Sprache des Dritten Reiches, oder unter Bezug auf George Orwells Jahrhundertroman „1984“ auf historische und literarische Parallelen zum heutigen „Neusprech“ verwiesen. Einer unserer Leser, Dieter Staadt, hat uns sein ABC des Neoliberalismus zugeschickt – ein Falschwörterbuch aus Wörtern, die absichtlich zu politischen Zwecken umgedeutet wurden.
„Die Dinge falsch benennen, heißt das Unglück der Welt zu vergrößern“, hat Albert Camus einmal gesagt.

Evangelikale und christliche Fundamentalisten machen Stimmung für den Endkampf und drängen Bush zum Krieg gegen den Iran

„Achse des Bösen“, der „Krieg gegen den Terrorismus“ oder der Kampf gegen den Islamismus als „entscheidender ideologischer Kampf unserer Zeit“, das sind Denk- und Deutungsmuster extremistischer christlicher Fundamentalisten und ihrer Think-Tanks. Sie prägen Weltbild und Sprache des amerikanischen Präsidenten. Selbst die Demokraten in den USA scheinen sich, um ihre Wahlchancen zu wahren, evangelikalen Strömungen anpassen zu müssen. Sarah Posner hat sich seit langem mit diesen Strömungen beschäftigt, mit einem Beitrag in AlterNet beschreibt sie, wie christliche Fundamentalisten die Stimmung für einen Krieg der Amerikaner gegen den Iran schüren.
Roger Strassburg und Brigitta Huhnke haben den Beitrag übersetzt und zum besseren Verständnis mit Fußnoten versehen. In Fußnote 4 hat Brigitta Huhnke noch einige Erläuterungen zur Wirkung der Evangelikalen auch auf die deutsche Politik hinzugefügt.

Der „Bremer Entwurf“ für ein neues Grundsatzprogramm der SPD: Der Parteivorstand hatte am Entwurf der Programmkommission nicht viel auszusetzen

Außer dass die von Allgemeinplätzen strotzende Präambel („Die Zukunft ist offen“) durch eine geschäftsleitende Vorbemerkung von Kurt Beck und Hubertus Heil ersetzt wurde, hat der Parteivorstand der SPD im „Bremer Entwurf“ [PDF – 559 KB] einige kleinere Ergänzungen und Akzentverschiebungen vorgenommen, einige der banalsten Forderungen wurden etwas aufgeblasen und einige der Widersprüche im Text ausgebügelt.
Das erspart mir meine Kritik am Entwurf der Programmkommission zu korrigieren oder gar zurück zu nehmen.
Ich wiederhole sie und füge – damit Sie die 67 Seiten nicht auch noch einmal lesen müssen – in kursiver Schrift, einige Verschlimmbesserungen in meinen damaligen Beitrag ein. Wolfgang Lieb.

Michael Hartmann: Die Exzellenzinitiative – ein Paradigmenwechsel in der deutschen Hochschulpolitik

Als im Januar 2004 die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder erstmals über ein Programm zur Schaffung von Eliteuniversitäten in Deutschland sprach, löste sie einen enormen Medienwirbel aus. Die Tatsache, dass ausgerechnet die Sozialdemokratie – auf dem Bildungssektor traditionell für das Prinzip der Chancengleichheit zuständig – den Begriff der Elite enttabuisierte, sorgte für größte Verwunderung. Die Reaktionen führten schnell zur offiziellen Umbenennung der geplanten Initiative. Sie hieß fortan „Exzellenzinitiative.“ Damit sollte signalisiert werden, dass es keinesfalls um die Privilegierung einzelner Universitäten, sondern um einen allgemeinen Leistungswettbewerb gehen solle. Alle Hochschulen hätten im Grundsatz die gleichen Chancen; jede Universität, die in der ersten Runde des Wettbewerbs verliere, könne in der zweiten zu den Gewinnern zählen, so die öffentlich immer wieder zu hörenden Äußerungen von den Befürwortern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
Der Eliteforscher Michael Hartmann hat uns diesen Beitrag, der in der Zeitschrift für Sozialwissenschaft „Leviathan“ abgedruckt ist, zur Verfügung gestellt.