Kategorie:
Globalisierung

William Baumol: Die Irrtümer der (Mainstream-)Ökonomen

Der inzwischen über 80jährige Princeton-Professor William J. Baumol, als Wettbewerbs- und Innovationsforscher ein weltbekannter Ökonom und mehrfach für den Nobelpreis vorgeschlagen, hat radikal mit einigen Irrtümern seiner neoliberalen (Mainstram-)Kollegen in der Ökonomenzunft abgerechnet. (Siehe William J. Baumol: “Errors in economics and their consequences“ , in Social Research Vol. 72 (2005) No. 1, pp. 1-26) Ein Leser der NachDenkSeiten hat die wesentlichen Aussagen zusammengefasst und übersetzt.

Nach dem TRIPS-Abkommen fällt auch die Patentierung von Saatgut und Pflanzensorten unter schützenswertes geistiges Eigentum, damit wird traditionelles Wissen zu einer weltweit handelbaren Ware gemacht

Globalisierung wird vielfach wie ein unausweichliches Naturereignis dargestellt. Dabei werden die Bedingungen des Welthandels und der weltweiten Produktion durch internationale Abkommen geregelt. Das gilt auch für die Gewinnung, den Austausch und die weitere Entwicklung von Saatgut und Pflanzensorten. Ein Meilenstein auf dem Weg zur internationalen Kommerzialisierung auf dem Gebiet der Agrarwirtschaft ist das sog. TRIPS-Abkommen unter dem Dach der Welthandelsorganisation (WTO). Christine Wicht und Carsten Lenz beschäftigen sich mit diesem Thema in unserer Rubrik „Andere interessante Beiträge“.

Der Global Compact, gedacht als Instrument zur weltweiten Bändigung des Kapitalismus, wird zum Einfallstor der transnationalen Konzerne für die Aushöhlung der Charta der Vereinten Nationen und für eine Privatisierung der Weltpolitik

Die Globalisierung beschränke die Gestaltungsmöglichkeiten nationalstaatlicher Politik und damit der parlamentarischen Demokratie. So hören wir ständig, wenn es bei uns darum geht, „Reformen“ durchzusetzen. Viele setzen deshalb ihre Hoffnungen auf eine Bändigung des Raubtierkapitalismus und auf die weltweite Durchsetzung von Menschenrechten und auf die Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards durch supranationale Vereinbarungen. Der von VN-Generalsekretär Kofi Annan angestoßene „Global Compact“ sollte dazu ein erster wichtiger Schritt sein sein. Die gute Absicht scheint sich jedoch mehr und mehr in ihr Gegenteil zu verkehren: Die transnationalen Konzerne bekommen mehr Einfluss auf die Politik der VN. Die UNO wird von ihrer weltweiten Kontroll- und Überwachungsfunktion in eine Mitspielerrolle abgedrängt. Mit der Unverbindlichkeit und der Sanktionslosigkeit der Prinzipien des „Global Compact“ wird die Charta der VN unter dem Druck wirtschaftlicher Interessen eher aufgeweicht und verbindliche völkerrechtliche Verträge und Erklärungen eher unterlaufen. Es drohe eine „Privatisierung der Weltpolitik“ resümiert Christine Wicht in ihrem Beitrag.

Jürgen Habermas sieht die EU in einer Lähmungsstarre.

In einer wenig beachteten Rede anlässlich der Verleihung des Bruno-Kreisky-Preises für das politische Buch 2005 äußerte sich der Philosoph und Sozialwissenschaftler äußerst besorgt über den Zustand und die Entwicklung der Europäischen Union: „Wenn es nicht gelingt, bis zur nächsten Europawahl im Jahre 2009 die polarisierende Frage nach der Finalité, dem Worumwillen der europäischen Einigung zum Gegenstand eines europaweiten Referendums zu machen, ist die Zukunft der Europäischen Union im Sinne der neoliberalen Orthodoxie entschieden.“ Es ist schon denkwürdig, dass das Scheitern des EU-Verfassungsvertrages bei uns keine intensive Debatte um den weiteren politischen Einigungsprozess ausgelöst hat. Das dürfte auch daran liegen, dass eine mächtige Wirtschaftslobby an einem politisch gestaltenden Europa gar nicht interessiert ist, weil sie mit der wirtschaftsliberalen Lissabon-Strategie ihre Interessen im Sinne der neoliberalen Orthodoxie gegenüber den einzelnen Nationalstaaten viel reibungsloser politisch durchzusetzen vermag. Da der Alarmruf von Jürgen Habermas weitgehend ungehört blieb, wollen wir diese Passage aus seiner Rede dokumentieren.

„Der Big Bang steht noch bevor

OFFSHORING (I) Der Job-Export zerstört die Innovationskraft ganzer Volkswirtschaften“
Freitag 47, 25.11.05
Ein Hinweis mit einem längeren Kommentar: Der Beitrag von Wolfgang Müller im FREITAG ist ein gutes Beispiel dafür, zu welchen Fehlschlüssen es führen kann, pars pro toto zu nehmen (also vom Teil auf das Ganze zu schließen). (KR/AM)

Buchbesprechung: Jean Ziegler „Das Imperium der Schande“

Jean Ziegler, seit dem Jahr 2000 UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung und Kritiker des “globalisierten Raubtierkapitalismus”, prangert in seinem aktuellen Buch “Das Imperium der Schande” die Missstände der Dritten Welt an. Das Buch ist eine aufrüttelnde Anklage eines engagierten Globalisierungskritikers. Offizielle Zahlen und Fakten der Vereinten Nationen belegen seine Vorwürfe. Christine Wicht hat für die NachDenkSeiten das Buch besprochen.

Globalisierung beflügelt deutsche Exportüberschüsse – Simulationsrechnung im neuen IMK-Report

Die deutsche Wirtschaft profitiert massiv vom globalen Handel. Die zunehmende internationale Verflechtung ist die wichtigste Ursache für das enorme Wachstum, das der deutsche Exportüberschuss in den vergangenen Jahren gezeigt hat. Daneben tragen zwei weitere Faktoren wesentlich zur positiven Entwicklung bei: die Differenz zwischen starker Auslandsnachfrage und schwächerer Nachfrage in Deutschland sowie die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.

Buchbesprechung: Daniel Cohen, Die Globalisierung zum Friedensprojekt machen

Der sich selbst überlassene Kapitalismus führe ohne bewusste Steuerung durch die Politik nicht zu einem störungsfreien Wirtschaftswachstum und bringe auch keine sozialstaatlichen Strukturen und keine befriedigenden Ergebnisse im internationalen Warenaustausch hervor. Dieser These geht Daniel Cohen in einem historischen Rückblick von der frühen Phase der Globalisierung bis heute nach. Im Ergebnis fordert er die Politik dazu auf, unter Zugrundelegung von Menschenrechten und Demokratie über die UNO einen internationalen politischen Rahmen verbindlicher Standards zu entwickeln, der geeignet ist, dem Bedrohungsszenario Globalisierung eine gerechtere globale Wirtschaftsentwicklung als langfristiges Friedensprojekt entgegenzusetzen.
Gerhard Kilper hat für uns das bisher nur auf Französisch erschienene Buch “La mondialisation et ses ennemis” besprochen.

Wenn politisch Gemachtes zum Trend erklärt wird – Anmerkungen zu Eppler und Koehnen

In der letzten Woche erschienenen zwei in der Methodik ihrer Argumentation ähnlich gelagerte Beiträge in der Frankfurter Rundschau. Von Erhard Eppler “Markt und Staat ins Lot bringen” und von Volker Koehnen, verdi-Hessen, “Eine Gefahr für die Demokratie”. Beide Beiträge sind insofern ähnlich, als sie die neoliberale Behauptung, es habe sich in den letzten Jahren Grundlegendes geändert, übernehmen. Eppler zum Beispiel behauptet, der Nationalstaat sei reichlich hilflos; Koehnen forderte die Umgestaltung des Sozialstaats jenseits der Erwerbsarbeit. Wir setzen zu beiden Beiträgen einen Link, weil man an ihnen sehen und demonstrieren kann, wie absonderlich gedacht wird und wie sich intelligente Leute dazu hergeben, die gängigen Parolen als begründet erscheinen zu lassen. Als Anstoß hier noch Hinweise zu einzelnen Passagen der beiden Beiträgen.

Blairs neoliberales Verständnis von Europas Zukunft

Heute erhielt ich – wie immer mal wieder – einen Rundbrief von Joachim Jahnke. Er betrifft die Hintergründe der Haltung Blairs beim EU-Gipfel und die wirkliche Lage in Großbritannien. Blair will ein neoliberal geprägtes Europa, genauso wie vermutlich der Kommissionspräsident Barrosso oder die Slowakische Führung und einige andere Neuzugänge, die unter US-Einfluss stehen. Die Entwicklung Europas scheint sie nicht zu interessieren, wenn sie ihre Gestaltungsvorstellung nicht durchsetzen.

Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter: „Manche von uns werden nicht so viel verdienen, wie sie in Deutschland zum überleben brauchen“

Auszug aus einem Interview der Magdeburger Volksstimme vom 17.2.05:

Walter:

… und wir müssen dringend erkennen, dass mit der Globalisierung auch Wettbewerb um Arbeitskosten entsteht. Deshalb müssen wir bei leicht vergleichbaren und ersetzbaren Arbeiten die Alternativangebote ernst nehmen.
Volksstimme: Das bedeutet (…) dass manche von uns – wegen des intensiven Wettbewerbs mit Mittel- und Osteuropa – nicht so viel verdienen werden, wie sie in Deutschland zum Überleben brauchen. Dann kann es sein, dass zwei oder drei Mitglieder einer Familie arbeiten müssen, damit es zum Leben reicht. Wir haben in Deutschland die Vorstellung entwickelt, es sei Pflicht eines Unternehmers, einem Beschäftigten einen Familienlohn zu zahlen. Das geht wirtschaftlich aber nicht.


Quelle: www.volksstimme.de

Anmerkung: Wirtschaftlich geht aber schon, dass die Deutsche Bank einen Gewinn von 2,5 Milliarden einfährt, 6000 Leute entlässt und der Bankchef Ackermann 11 Millionen Euro verdient. Hoffentlich reicht ihm das zum Leben.