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Medien und Medienanalyse

„Leser-Reporter“, die „IM“ der BILD-Zeitung

Seit einigen Wochen hat die BILD-Zeitung eine neue Rubrik. „Leser-Reporter“ sind aufgefordert per SMS/MMS mit ihren Handy-Kameras Schnappschüsse an die Redaktion zu schicken. Da werden dann in Paparazzo-Manier Schnappschüsse eingesandt und abgedruckt, die für das Boulevardmedium passend erscheinen.
Neben Bildern von Promis, von sog. Erlkönigen neuer Autoserien, von peinlichen Schreibfehlern in Firmenanzeigen, aber eben auch von Polizisten, die im Dienst mal ein (verbotenes) Bierchen trinken. Für den Abdruck gibt es bis zu 1.000 Euro. Wir halten diese Anstachelung zu einem privaten Spitzelwesen für eine höchst gefährliche Entwicklung für den Schutz der Privatsphäre, für das Recht am eigenen Bild und für die Wahrung von Persönlichkeitsrechten. Man stelle sich nur einmal vor, wenn die BILD-Zeitung ihre „informellen Mitarbeiter“ vor den Karren einer ihrer Kampagnen gegen gesellschaftliche Minderheitengruppen, etwa Asylanten, Schwule oder „Alg-Schmarotzer“ spannt.

Aus einer Privatisierungsaffäre in Mülheim wird eine „Löschaffäre“ beim wdr

Am 07.03.06 hatten wir in den NachDenkSeiten eine kleine Meldung unter der Überschrift „Privatisierungen in Mülheim“ über ein wdr Feature von Werner Rügemer. Es war ein Bericht über die unglaublichen Privatisierungsvorgänge in unseren Kommunen. Einer der Akteure, der dort erwähnt wurde, ist der zurückgetretene Oberbürgermeister Mülheims, der jetzt Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium geworden ist. wdr 5 hat das Manuskript aus dem Internet gelöscht und bat den Staatssekretär um Entschuldigung.

Lesen Sie die Geschichten zur Geschichte:
Quelle 1: taz
Quelle 2: taz
Quelle 3: ComCologne
Quelle 4: Neue Rheinische Zeitung

Financial Times Deutschland – ein seltsames Blatt: Spannweite unendlich

In der Financial Times gibt es von einigen wenigen Autoren immer wieder Beiträge von erstaunlicher kritischer Qualität. Dann aber immer wieder solche, deren manipulative Absicht aus allen Zeilen quillt. Das folgende angebliche Dossier mit dem Titel „Wahre Staatsschuld liegt fünfmal höher“ von Birgit Marschall (Berlin) verdient die Einordnung in die Rubrik „Manipulation des Monats“.

Offenbar sitzen wir auf einer schiefen Ebene. Wir nehmen Zumutungen hin. Der kritische Verstand entschwindet.

Die Frankfurter Rundschau berichtete am 14. Juli im Aufmacher: „Angela Merkel (CDU) begrüßte George W. Bush vor ausgewählten Bürgern auf dem Marktplatz von Stralsund.“ – Das ist wie zu Zeiten der DDR. Es ist sogar schlimmer als z.B. in Erfurt 1970 anläßlich des Besuchs von Willy Brandt. Wo bleibt der Protest? Wo bleibt die breite kritische Kommentierung? Angela Merkel kommentiert auf ihre Weise: Gemeinsam könnten Deutsche und Amerikaner “Tyrannen und Diktatoren in die Schranken weisen”, meint sie. Das ist fundamentalistische Propaganda. Sonst nichts.
Im Folgenden dokumentieren wir den Bericht über den Bush-Besuch – er enthält noch andere Blüten – und einen Kommentar der FR. Lesen Sie einfach beides hinter einander.

Wie der Neo-Nationale Matthias Mattusek die WM-Euphorie umdeutet: Die „Bejahungswelle“ stelle selbst die Wiedervereinigung in den Schatten.

Der Kulturchef des SPIEGEL sieht in einem DLF-Interview in der Begeisterung und Partystimmung der Fußballfans auf einer „atavistischen tiefen Ebene in jedem von uns des Gefühl der Zugehörigkeit zu den eigenen Leuten“. Was da wachgerufen wurde, habe „sich ins kollektive Bewusstsein gesenkt und abgelagert und wird als abrufbare Erinnerung bleiben“.
In Klinsmann sieht er geradezu eine germanische Heldenfigur, „wo ein einzelner verkörpert, was kollektiv vorher gewünscht, geträumt, gedacht wurde.“ Eine solche „Lichtgestalt“ brauche man auch in der Politik. „Wir brauchen in der Politik unbedingt so jemanden“.
Der ausgebrochene Patriotismus sei „natürlich sehr tauglich“ durch schwierige Zeiten zu kommen und „schmerzhafte Einschnitte“ hinzunehmen und zu sagen: „Okay, das muss jetzt sein, diesen Einschnitt machen wir.“
Warum machen solche Sätze als einem Deutschen wie mir Angst?

Die „Bundespräsidenten-Partei“ im BILD-Interview

„Köhler ist ein abgeschnittener Präsident… Er ist die Hinterlassenschaft einer nicht zustande gekommenen schwarz-gelben Koalition ist.“ Diese Sätze von Heribert Prantl las ich am 4. Juli in der Süddeutschen Zeitung. Köhler bestätigt am Tag darauf mit seinem zweiseitigen Interview in der BILD-Zeitung dieses Urteil. Uns ist das schon etwas länger aufgefallen und deshalb haben wir auf den NachDenkSeiten unsere Serie die „Bundespräsidenten-Partei“ aufgelegt.

Die Handschrift des neuen Chefredakteurs der FR

Vermutlich zusammen mit vielen Nutzern der NachDenkSeiten war ich gespannt, wie sich der neue Chefredakteur Uwe Vorkötter in der Frankfurter Rundschau einführen wird. Am 27.6. erschien ein erster Kommentar zum Schwerpunkt Gesundheitsreform mit dem Titel „Die halbe Reform“.
Wenn dieser Kommentar des neuen Chefredakteurs die künftige Linie sein soll, auf die er die Redaktion bringen möchte, dann muss man sich Sorgen um den „linksliberalen Kurs“ der FR machen.

Der SPIEGEL mit „Ansturm der Armen“ – geht es noch gröber?

Ich muss eine kurze Geschichte erzählen: An einem Samstag Mittag, vermutlich im Frühherbst 1992, mitten in der damals heftigen Asyldebatte, rief mich eine mir unbekannte Bürgerin meines damaligen Wahlkreises an und beschimpfte mich minutenlang und ohne Unterbrechung wegen meiner, wie sie meinte, zu freundlichen Haltung gegenüber Asyl suchenden Menschen. Der Wortschwall war gespickt von Argumenten und Vorwürfen, die sie sich nicht selbst ausgedacht haben konnte.

Ein kleiner Erfolg unserer Leser: „Das ZDF verlängert den Vertrag mit Kerner

Ab nun muss das ZDF zustimmen, wenn der Überall-Moderator Werbung machen will,“ berichtet die Süddeutsche.
Zur Rückerinnerung für unsere Leser: Ihre Aufmerksamkeit und Mithilfe, und unsere Penetranz, die Verknüpfung von Werbung und redaktioneller Arbeit immer wieder zum Thema zu machen (Beckmann, BILD, Kerner, Professoren im Dienste der Versicherungswirtschaft, Machtwahn, etc.) hat die Öffentlichkeit und die Medien ein bisschen sensibler gemacht. Das ist ein (kleiner) Erfolg beim Aufbau einer Gegenöffentlichkeit. Wir machen weiter so. Und Sie machen weiter mit?

Doppelpass mit Günther Netzer – auf dem Platz nicht seine Stärke, aber wenn es ums Geld geht kein Problem.

Die täglichen WM-Fußballspiele, die wir mit mehr oder weniger großer Spannung verfolgen, werden von einer Firma namens Host Broadcast Services (HBS) produziert.
ARD und ZDF sowie (weil am Sonntag nur die Privaten werben dürfen, sonntags eben auch) RTL besitzen (neben Premiere) in Deutschland die Übertragungsrechte und legten dafür über 200 Millionen Euro auf den Tisch. HBS ist eine Tochter der schweizerischen Sportrechteagentur „Infront“ und Manager dieser Agentur, die weltweit 205 Fernsehanstalten unter Vertrag hat, ist wiederum Günther Netzer. Der ehemalige Traumpassgeber mit den langen inzwischen etwas ergrauten Haaren als Markenzeichen schiebt wiederum bei den von seiner eigenen Agentur vermarkteten Fußballübertragungen in der ARD mit einem zusätzlichen (sicherlich) teuren Honorar dem Moderator Gerhard Delling die Bälle zu. Wenn es ums Geld geht, spielt Netzer eben nicht mehr Traumpässe in die Tiefe des Raumes, sondern den Kurzpass zum doppelten Geld. Wie sagte doch unser Fußballphilosoph Lukas Podolski so richtig: Doppelpass alleine! Vergiss es! Da gehört ein zweiter dazu. Die ARD zahlt eben doppelt: An Infront und zusätzlich nochmals an deren Manager Günther Netzer.

Quelle 1: SPIEGEL ONLINE
Quelle 2: wikipedia