Kategorie:
Medien und Medienanalyse

Paul Nolte gelegentlich lesen, um die Leere der meinungsführenden Ideologen zu begreifen

Die Frankfurter Rundschau vom 5.11. brachte ein Interview mit dem Historiker Paul Nolte. Ich hatte einmal ein Streitgespräch bei Phoenix mit ihm. Davon und von der Lektüre seines Buches über die „Generation Reform“ weiß ich um das Markenzeichen dieses viel herumgereichten Wissenschaftlers: Ein Wortschwall ohne Inhalt. Ich unterstelle einmal, dass die Frankfurter Rundschau uns Beiträge von ihm zumutet, weil sie uns über dieses zeitgeistige Geschwätz auf dem Laufenden halten will. Zur schnellen Übersicht die ersten zwei Fragen und Antworten:

„Wie der Sozialstaat zur Selbstbedienung einlädt“

So lautet die Unterzeile des Spiegel-Titels dieser Woche mit der Schlagzeile „Das Spiel mit den Armen“. Wir kommentieren hier kurz, keineswegs um Sie zu animieren, dieses Kampfblatt der neoliberalen Bewegungen zu kaufen. Aber einige Anmerkungen sind angesichts des Versuchs, die Hartz IV-Betroffenen für das Scheitern verantwortlich zu machen, schon fällig.

Typisch Clement: Um vom eigenen Versagen abzulenken, reagiert er mit übelsten Beschimpfungen

Gerade war ich dabei einen Kommentar über den unerträglichen sog. Report aus Clements Wirtschaftsministerium “Gegen Missbrauch, ‘Abzocke’ und Selbstbedienung im Sozialstaat” zu schreiben, als ich auf den Kommentar von Thomas Maron unter dem Titel „Stimmungsmache“ in der Frankfurter Rundschau vom 20. Oktober stieß. Dazu wollte ich nicht in Konkurrenz treten und empfehle dessen Lektüre.

Medienmanipulation auf amerikanisch. Al Gore sieht im Niedergang der Medien und des öffentlichen Diskurses eine Bedrohung für die Demokratie

Es sei etwas grundsätzlich und schrecklich schief gelaufen, auf dem Weg, wie der einstmals gerühmte „Marktplatz der Ideen“ heutzutage in Amerika funktioniere. Das sagte Albert Arnold Gore Jr. in einer Rede am 5. Oktober 2005, die von Associated Press verbreitet wurde.
Es ist hoch interessant, wie offen in den USA Medienkritik geübt werden kann, ohne dass das Medienimperium zurückschlägt. Oder ist schon eine Situation eingetreten, wo die Macht der Medien in Amerika inzwischen so groß ist, dass die Kritik daran einfach abprallt.

Gibt es einen schöneren Beweis für das, was wir Meinungsmainstream nennen?

Der SWR verteidigt die einseitige Auswahl der Experten in seiner Sendung „Report“ vom 19. September unter dem Titel „Katalog der Grausamkeiten“ und sieht in der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ als „eine Gruppe von Menschen…, die sich über den Zustand unserer sozialen Marktwirtschaft nachhaltig Sorge macht und an Lösungen arbeitet. Wer die INSM finanziert und welche politische Zielsetzung sie hat, wird allerdings geflissentlich verschwiegen. Der Brief an Kritiker der Sendung erhellt, wie gleichgeschaltet die öffentliche Meinung in Deutschland schon ist.

Hinweis „Katalog der Grausamkeiten – Wie geht es weiter mit Arbeit, Rente und Pflege?“

Südwestfunk Report Mainz vom 19.09.2005
Da wurde gerade offenbar, dass es im Rahmen von ARD-Unterhaltungssendungen Schleichwerbung gab und dass auch die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bei der Serie „Marienhof“ mit 58.670 € Themen und Inhalte platziert hat, und dennoch präsentierte Report Mainz in der letzten Sendung drei so genannte Experten, die allesamt in Diensten der Arbeitgeber-Lobby Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft stehen. Hüther als Kurator, Raffelhüschen und Straubhaar als so genannte Botschafter. Schamlos. Erwartungsgemäß machen sie Propaganda für Privatvorsorge, ungeniert getragen vom Öffentlich-rechtlichen SWR.

Quelle: SWR

Was für den SPIEGEL „Chaos“ und „Anarchie“ ist, das ist in unseren Nachbarländern demokratische Normalität. Wie man den Wählerwillen auch anders interpretieren kann.

Rot ist das Cover beim SPIEGEL ja immer noch, doch die Farbe hat nichts mehr mit der politischen Gesinnung zu tun, sondern allenfalls noch etwas mit der Zornesröte der Redaktionsoberen. Da hat doch der SPIEGEL, allen voran der Leiter der Berliner Redaktion, Gabor Steingart, und mangels eigener Positionen der wieselflinke Chefredakteur Stefan Aust, mit dem Spitznamen die „linke Bügelfalte“, alles getan und geschrieben, dass der nach deren Meinung historische Irrtum des deutschen Sozialstaates, der mit Bismarck begonnen und von Adenauer fortgesetzt wurde, endlich wieder revidiert wird und wir zwingend von der sozialen Marktwirtschaft in die Marktgesellschaft wechseln müssten. Aber der blöde Wähler bockte. Die Mehrheit der Deutschen hält am Sozialstaat fest.

Einseitige Darstellung der Wahlreaktion aus Grossbritannien

Einer unserer Leser, Peter Hammels, macht uns auf die selektive Wahrnehmung der Reaktionen Großbritannien auf die Wahl in Deutschland, hier bei SpiegelOnline, aufmerksam. Ein Beispiel für die tägliche Manipulation. Das große Bild der Manipulation setzt sich aus solchen kleinen Mosaiksteinchen zusammen. Zu Ihrer Information übernehmen wir Hammels Leserbrief an SpiegelOnline.

Die liberal-konservative „The Times“ hielte eine Koalition zwischen Linkspartei und Konservativen ökonomisch für das Vernünftigste

Eine Koalition zwischen Union, FDP und Die Linke.PDS könnte ein schlüssiges Konzept gegen die wirtschaftliche Malaise anbieten, nämlich eine vernünftige Mischung aus angebots- und nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik – aber das ist natürlich undenkbar. Deshalb fürchtet „The Times“: “Whoever’s in charge, Germany is a loser”.

Medienmanipulation und Umfragedesaster: Wir von den NachDenkSeiten fühlen uns durch den Ausgang der Wahl bestätigt.

Die „krawallige“ Kritik des Kanzlers an der „Medienmacht und Medienmanipulation“ hat auch ihr Gutes: Eine Debatte über die Rolle der Medien in der Demokratie und über deren politische Ausrichtung wurde angestoßen.
Wir von den NachDenkSeiten haben die manipulative Rolle von großen meinungsprägenden Multiplikatoren und die wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Parteinahme durch die meisten Medien in unseren Einträgen im „Kritischen Tagebuch“, in unseren Rubriken „Manipulation des Monats“ oder „Strategien der Meinungsmache“ seit langem kritisiert.
Wir haben auch die Possenspiele mit den demoskopischen Umfragen lächerlich gemacht. Zum Beleg dafür brauchen Sie nur ein wenig auf unserer Eröffnungsseite zu scrollen.
Wir haben auf den NachDenkSeiten auch immer wieder behauptet, dass entgegen dem Mainstream der veröffentlichten Meinung, der nahezu unisono neoliberale „Reformen“ propagiert, eine Mehrheit der Bevölkerung für den Sozialstaat und für soziale Gerechtigkeit eintritt.
Machen wir es doch einmal wie die Politiker: Wir danken den Wählerinnen und Wähler dafür, dass sie das, was wir immer nur behaupten konnten, mit ihrer Stimmabgabe in ihrer Mehrheit so deutlich bestätigt haben! „Die Deutschen hängen am Sozialstaat und lieben die Umverteilung. Es ist ein Stück von ihnen.“ Das musste selbst die „Welt am Sonntag“ am Wahltag voller Resignation einsehen.

Ein lesenswerter Beitrag zum „Mediendebakel“:
Quelle: TAZ

Lesen Sie auch beispielhaft unsere Medienkritik:
Quelle: NachDenkSeiten vom 15.8.2005
Quelle: NachDenkSeiten vom 31.8.2005

FTD empfiehlt FDP

Die Financial Times Deutschland plädiert für einen Regierungswechsel. Von allen verfügbaren Optionen hält sie „Schwarz-Gelb“ für die beste. Angela Merkel könne nur mit einer starken FDP ihre liberale Politik durchsetzen. In den Redaktionsstuben der FTD haben ziemlich engstirnige „marktorientierte Reformer“ das Sagen.