Hinweise des Tages

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Ein Gespräch mit Wolfgang Lieb; Was er nicht gesagt hat – (Schäuble bei den Bankern); Sarrazin lässt sich den Abgang honorieren; SPD leitet Sarrazin-Rauswurf ein; Bildung in Berlin – Sarrazin gab den Sparkommissar; Bundesagentur will Frühverrentung abschaffen; Schwere Versäumnisse: Warum ein Ökonom seine Zunft aufmischt; Leiharbeit in der Pflege als letztes Mittel?; Generation Biedermeier; Christian Lindner: „Reduzierung der Mehrwertsteuer war ein Fehler“; Klaus Töpfer “Wir müssen eine Welt ohne Kernkraft erfinden”; Atomdeal; Auf den Spuren von Stuttgart 21; Geheimdienst hat Schüler im Visier. (JK / MB / AM)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Ein Gespräch mit Wolfgang Lieb, einer der Betreiber der NachDenkSeiten, über die rechtskonservative politische Meinungsmache der Springer-Presse: “Die Bild-Zeitung benutzte Sarrazin, wie ein Bauchredner seine Puppe”
  2. Was er nicht gesagt hat – (Schäuble bei den Bankern)
  3. Sarrazin lässt sich den Abgang honorieren
  4. SPD leitet Sarrazin-Rauswurf ein
  5. Bildung in Berlin – Sarrazin gab den Sparkommissar
  6. Hypo-Real, Lehmann und andere Grausamkeiten
  7. Unsinnige Geldspritze
  8. Sozialausgaben in Berlin steigen rasant
  9. Bundesagentur will Frühverrentung abschaffen
  10. Schwere Versäumnisse:  Warum ein Ökonom seine Zunft aufmischt
  11. Dumpinglöhne: Die Rentenversicherung verschenkt Milliarden
  12. Leiharbeit in der Pflege als letztes Mittel? Institut Arbeit und Technik warnt vor Auswirkungen des Fachkräftemangels
  13. Junge Erwachsene: Viele Hürden vor dem ersten sicheren Job
  14. Generation Biedermeier
  15. Christian Lindner: „Reduzierung der Mehrwertsteuer war ein Fehler“
  16. Klaus Töpfer”Wir müssen eine Welt ohne Kernkraft erfinden”
  17. Atomdeal – Eine halbe Milliarde für die Sicherheit
  18. Auf den Spuren von Stuttgart 21: Warum München einen Kopfbahnhof hat
  19. Die neue Partei der Heimatlosen
  20. Märklin drängt ohne Käufer aus der Insolvenz
  21. Geheimdienst hat Schüler im Visier

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Ein Gespräch mit Wolfgang Lieb, einer der Betreiber der NachDenkSeiten, über die rechtskonservative politische Meinungsmache der Springer-Presse: “Die Bild-Zeitung benutzte Sarrazin, wie ein Bauchredner seine Puppe”
    Der promovierte Jurist Wolfgang Lieb betreut gemeinsam mit Albrecht Müller (siehe „Alleine mit den gezahlten Boni kann man eine unserer Parteien mehrmals kaufen) die kritische Nachrichtensite NachDenkSeiten. Telepolis sprach mit ihm über “rechtskonservative politische Meinungsmache”.
    Quelle: Telepolis
  2. Was er nicht gesagt hat – (Schäuble bei den Bankern)
    Wenn Politiker ihre Reden zuvor schriftlich an Journalisten verteilen lassen, ist das eine Art Hilfestellung. Mit beiderseitigem Nutzen, schließlich möchten Politiker ihre Worte später in der Zeitung lesen, und die schreiben sich leichter von einem Manuskript ab, als dass man sie mitschreiben muss. Für gewöhnlich steht über den Vordrucken allerdings ein Arbeitshinweis: „Es gilt das gesprochene Wort“.
    vergangenen Freitag hielten die Journalisten vom „Handelsblatt“ eine Rede von Schäuble anlässlich einer (vom „Handelsblatt“ veranstalteten) Banker-Tagung in der Hand und stellten fest, dass sich die gesprochenen Worte von den geschriebenen erheblich unterschieden. Statt – wie im Skript vermerkt – die in Frankfurt am Main versammelten 400 Banker barsch für ihr renditegieriges Verhalten abzubürsten, warnte sie Schäuble eher in einem nachdenklicheren Ton davor, die Ursachen für die weltweite Finanzkrise zu vergessen. „Schäuble erspart der Finanzelite eine scharfe Abrechnung“, titelte das „Handelsblatt“ daraufhin in seiner Montagausgabe und wies ausführlich auf die Differenzen der von den Redenschreibern verfassten „ungehaltenen“ und der vom Minister gehaltenen Rede hin. Tenor: Der Minister schont ausgerechnet die Verursacher der Krise vor einer klaren Abrechnung. Ein beachtlicher Vorgang, wäre er von Schäuble denn so intendiert gewesen. Der allerdings, wiegeln seine Mitarbeiter jetzt ab, sei – wie so oft – ohne Manuskript, dafür aber mit auf Zetteln notierten Gedanken aufgetreten. Den Vorwurf der bewussten Schonung von Bankern weisen sie zurück. Und das „Handelsblatt“? Es hat sich am Montag entschuldigt.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung OP: Schade, dass das Handelsblatt eingeknickt ist. Ist es die Schuld der Journalisten, wenn offiziell abgesegnete Manuskripte verteilt werden und dann andere Reden gehalten werden. “Es gilt das gesprochene Wort”. Ist deshalb das Manuskript falsch? Ist es so unwahrscheinlich, dass Schäuble eine gepfefferte Rede halten wollte und sich dann aus welchen Gründen auch immer nicht traute?

  3. Sarrazin lässt sich den Abgang honorieren
    Der wegen seiner Ausländerthesen umstrittene Thilo Sarrazin hat sich seinen Rückzug aus dem Bundesbank-Vorstand offenbar vergolden lassen. Medienberichten zufolge hat er unter Vermittlung des Bundespräsidialamtes eine höhere Pension ausgehandelt. „Er kassiert nun 1000 Euro mehr im Monat“, zitierte das Magazin einen Bundesbanker, der mit den Verhandlungen vertraut sei. Ein Sprecher von Bundespräsident Christian Wulff bestätigte lediglich, dass man zwischen Sarrazin und der Bundesbank vermittelt habe. „Alle inhaltlichen Vereinbarungen wurden ausschließlich von den Vertragspartnern getroffen“, betonte er. Die Bundesbank lehnte eine Stellungnahme ab. Beide Seiten hätten Stillschweigen vereinbart. Der Bundesbank-Vorstand hatte Wulff um die Ablösung des wegen Äußerungen über Einwanderer und Juden ins Kreuzfeuer der Kritik geratenen Spitzenbankers gebeten. Sarrazin kam seiner drohenden Abberufung dann aber zuvor und bat den Bundespräsidenten um seine Entlassung, was Wulff die juristisch heikle Entscheidung über den Rauswurf des Notenbankers ersparte.
    Quelle: FR online

    Anmerkung Jürgen Karl: Nun, wenn es darum geht, sich die eigenen Taschen zu füllen nimmt man es mit der Moral, die man so gerne von anderen einfordert, nicht so genau.
    Ergänzende Anmerkung MB: Diese Einigung ist um so ärgerlicher, als Sarrazin damals ALG-II-Haushalten Empfehlungen gab, wie sie mit weniger als drei Euro am Tag angeblich eine ausgewogene Ernährung finanzieren sollten. Er war während seines gesamten Berufslebens ein teilweise hoch bezahlter Angestellter eines Sozialsystems, welches er verbal demontierte. Zur Haushaltssanierung in Berlin (s. weiter unten) setzte er Gehaltskürzungen in der frühkindlichen Bildung und im Schulbetrieb durch und verantwortete einige der Probleme, die er danach kritisierte. Da muss man sich wirklich zusammen reißen, um nicht in totale Verachtung zu verfallen.

  4. SPD leitet Sarrazin-Rauswurf ein
    Der Agent provocateur soll sein Parteibuch abgeben: Die SPD hat das Ordnungsverfahren gegen Thilo Sarrazin beschlossen. Im Parteivorstand gab es zuvor offenbar großen Gesprächsbedarf.
    Quelle: Süddeutsche
  5. Bildung in Berlin – Sarrazin gab den Sparkommissar
    Als Thilo Sarrazin Berliner Finanzsenator war, sanken die Gehälter von Erzieherinnen und Lehrern, die Vorklassen wurden abgeschafft. Das schadete gerade Einwandererkindern. Fast scheint es, als habe er seine Prophezeiungen selbst eingeleitet.
    Quelle: Frankfurter Allgemeine
  6. Hypo-Real, Lehmann und andere Grausamkeiten
    1. Schwere Hypothek
      Der Steuerzahler bürgt bereits mit 102 Milliarden Euro für die Pleitebank HRE. Jetzt sind erneut 40 Milliarden Euro nötig. Warum?
      Quelle: Tagesspiegel
    2. Basel III: Bankenlobby setzt unzureichende Eigenkapitalregeln durch
      Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat das Ergebnis des Baseler Ausschusses als “völlig ungenügend” bezeichnet. Zwar sei es richtig, die Eigenkapitalvorschriften für Banken anzuheben. Doch die beschlossenen Maßnahmen reichten bei Weitem nicht aus, um zukünftige Krisen zu verhindern. “Die Notenbanker und Börsenaufsichten haben es verbaselt. Die Eigenkapitalanforderungen sind deutlich niedriger angesetzt, als zum Beispiel die Quoten, die die in der Krise stabilen kanadischen Banken schon vor Jahren nachweisen mussten”, sagte Max Bank vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Auch die Übergangsfristen seien viel zu lang, wenn man sich die weiterhin hohe Volatilität der Märkte anschaue oder auf das Bankenwanken von 2008 zurückblicke. Besonders erschreckend sei der Vergleich der aktuellen Ergebnisse der Verhandlungen mit den Ankündigungen von 2008. Vor allem die Regelung der Verschuldungsobergrenze (leverage ratio) mit einer Übergangsfrist bis 2017 sei in Anbetracht der Gefahr neuer Spekulationsblasen nicht tragbar. “Passend zum Ende der Verhandlungen in Basel hat der marode Immobilienfinanzierer HRE weitere 40 Milliarden Euro an Steuergeld geschluckt. Es ist unglaublich, wie zögerlich die Bankenregulierung vorankommt”, sagte Jutta Sundermann, ebenfalls Mitglied im Attac-Koordinierungskreis. “Die Bankenlobby setzt sich durch, die Verantwortlichen in Basel riskieren den Supercrash.”
      Quelle: Attac
    3. Hypothek für den Bürger
      Fummeln im Markt: »Systemrelevanter« Immobilien- und Staatsfinanzierer Hypo Real Estate nach »Verstaatlichung« weiter Faß ohne Boden.
      Quelle: Junge Welt
    4. Lehren aus der Lehman-Pleite: “Deutschland braucht höhere Löhne”
      Als einer der wenigen Ökonomen warnte er schon frühzeitig vor einer Finanzkrise. Zwei Jahre nach dem Lehman-Kollaps zieht US-Starökonom Raghuram Rajan eine alarmierende Bilanz.
      Quelle: Financial Times Deutschland
    5. Nichts dazugelernt
      Mit seinem Investitionsprogramm sorgte der US-Präsident zwar für Wachstum, doch mehr Jobs folgten darauf nicht. Obamas Ökonomen haben die Lehren der 30er Jahre vergessen: Nur beherzte staatliche Programme führen aus der Krise.
      Folgende Situation: Die US-Wirtschaft ist durch eine Finanzkrise gelähmt. Die Maßnahmen des Präsidenten haben den Schaden begrenzt, aber er hat zu wenig beherzt gehandelt. Die Arbeitslosigkeit bleibt erschreckend hoch. Es muss mehr getan werden. Doch die Öffentlichkeit hält nichts von staatlichen Eingriffen, und es sieht so aus, als würden die Demokraten bei den nächsten Wahlen eine schwere Niederlage erleiden.
      Der fragliche Präsident heißt Franklin D. Roosevelt. Wir schreiben das Jahr 1938. Es ist gleichermaßen lehrreich wie entmutigend, sich die damalige Lage Amerikas vor Augen zu führen. Lehrreich, weil die folgende wirtschaftliche Erholung die Argumente widerlegt, die die öffentliche Debatte heute prägen. Entmutigend, weil es nicht so aussieht, als könne sich das Wunder der 40er Jahre wiederholen.
      Präsident Obamas Ökonomen versprachen, die Fehler von 1937 nicht zu wiederholen. Damals stoppte Roosevelt die staatlichen Programme zu früh. Doch Obamas erstes Investitionsprogramm war zu klein und lief nicht lange genug. Es förderte Wachstum, brachte aber kaum Jobs.
      Quelle: FR online
    6. Postbank-Übernahme Deutsche Bank braucht richtig viel Geld
      Postbank-Übernahme – und neue Regeln für das Eigenkapital: Die Deutsche Bank muss “mindestens 9,8 Milliarden Euro” einsammeln, um auch künftig gut bei Kasse zu sein.
      Quelle: Süddeutsche
  7. Unsinnige Geldspritze
    Das ist nichts anderes als eine lebensverlängernde Maßnahme für einen unheilbar Kranken, der sich selbst den Tod wünscht. Schon vor einigen Jahren hatten die Versicherungskonzerne in einem Strategiepapier deutlich gemacht, dass sich das Geschäftsmodell einer privaten Krankenvollversicherung, die keinerlei Kostensteuerung kennt, auf Dauer nicht rechnen kann. Doch das Geschäft wird man nicht los, schließlich wurde den Versicherten eine lebenslange Leistungsgarantie gegeben. Schwarz-Gelb verlängert nun das Sterben, statt sich zu überlegen, wie die unsinnige Trennung zwischen gesetzlicher und privater Versicherung aufgehoben werden kann. Die Niederländer haben vorgemacht, wie die Systeme in einem jahrelangen Prozess zusammengeführt werden können. Den Startschuss dafür muss die Politik so schnell wie möglich geben. Sonst werden die Versicherungsprämien von immerhin acht Millionen Privatversicherten bald unbezahlbar.
    Quelle 1: FR online
    Quelle 2: FR online
  8. Sozialausgaben in Berlin steigen rasant
    Die großen Wirtschaftsprobleme und die hohe Arbeitslosigkeit in Berlin seit Anfang der neunziger Jahre kommen die Stadt jetzt teuer zu stehen. Denn die Zahl der alten Menschen, die mit ihrer schmalen Rente nicht auskommen oder die vorzeitig erwerbsunfähig werden, steigt vehement. Und damit steigen auch die öffentlichen Ausgaben für Grundsicherung, Pflege und Hilfen in besonderen Lebenslagen. Für die soziale Absicherung der Altersarmut muss das Land Berlin im laufenden Jahr mehr als 1,3 Milliarden Euro zahlen.
    „Was wir jetzt haben, ist noch ein laues Lüftchen“, sagt Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) voraus, zuständig für die Sozialpolitik in Pankow. Bei einer Umfrage des Tagesspiegels in den Berliner Bezirken wiesen alle Fachpolitiker darauf hin, dass der aktuelle Wirtschaftsaufschwung für jene, die jetzt schon arm und alt sind, zu spät kommt.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung OP: Das sind schon sehr seltsame Fachpolitiker. Nehmen wir einmal an, wir hätten Aufschwung und diese Menschen würden als Vollzeitbeschäftigte daran teilhaben können. Wie kann man verkünden, dass dieses Jahr, oder lassen wir es mehrere Jahre sein, sich signifikant auf deren Rente auswirken würde. Deren Erwerbsbiografien haben sich über Jahrzehnte so entwickelt. Und “Aufschwünge” hatten wir auch in der Vergangenheit. Sie haben weder die hohe Arbeitslosigkeit noch die ansteigende prekäre Beschäftigung verhindert.

  9. Bundesagentur will Frühverrentung abschaffen
    Die Bundesagentur für Arbeit ist für die Beendigung aller Anreize zur Frühverrentung. Ältere Mitarbeiter sollten länger arbeiten.
    Quelle: Welt
  10. Schwere Versäumnisse:  Warum ein Ökonom seine Zunft aufmischt
    Dieses Mal war alles anders: Bei der Jahrestagung des Vereins für Socialpolitik nutzte der renommierte Ökonom Martin Hellwig seinen Thünen-Vortrag nicht für eine langweilige Rede, sondern für eine Fundamentalkritik an der Volkswirtschaftslehre. Dabei forderte er seine Fachkollegen zu einer grundlegenden Neubesinnung auf.
    Quelle: Handelsblatt
  11. Dumpinglöhne: Die Rentenversicherung verschenkt Milliarden
    Illegale Dumpinglöhne in der Zeitarbeitsbranche haben die Rentenversicherung um Milliardeneinnahmen gebracht. Das Geld ließe sich zwar zurückholen. Doch die Behörde zaudert – und riskiert, dass die Ansprüche verjähren.
    Quelle: Focus

    Anmerkung MB: Da drängt sich zwangsläufig der Verdacht auf, dass die finanzielle Unterversorgung der gesetzlichen Rentenversicherung gewollt ist und mutwillig herbei geführt wird. Grotesk wirkt in diesem Zusammenhang die Batterie von Werbefenstern für kommerzielle Altersvorsorge mit Riester, Rürup und Co. auf der rechten Seite.

  12. Leiharbeit in der Pflege als letztes Mittel? Institut Arbeit und Technik warnt vor Auswirkungen des Fachkräftemangels
    Dass auch Kliniken, Seniorenheime und Pflegedienste inzwischen zunehmend auf Leiharbeit setzen, deutet auf einen immer kritischeren Fachkräftemangel in der Branche hin. Die reguläre Arbeit ist in vielen Einrichtungen bereits heute mit dem vorhandenen Personal kaum noch zu bewältigen. „Leiharbeit wird in der Pflege weitgehend nicht zur Kompensation von Auftragsspitzen eingesetzt, sondern als letztes Mittel zur Aufrechterhaltung der Versorgung bei zu geringer Personalausstattung oder fehlender Personalrekrutierung“, zeigen aktuelle Untersuchungen, die das Institut Arbeit und Technik (IAT /Fachhochschule Gelsenkirchen) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung durchgeführt hat.
    Quelle: Informationsdienst Wissenschaft
  13. Junge Erwachsene: Viele Hürden vor dem ersten sicheren Job
    Nach dem Praktikum geht es oft in Leiharbeit weiter: Knapp 40 Prozent aller Zeitarbeitnehmer waren 2007 unter 30 Jahre alt, obwohl unter allen Beschäftigten in Deutschland weniger als ein Viertel in diese Altersgruppe fällt. Von den jungen Erwachsenen unter 25 hatten ebenfalls knapp 40 Prozent lediglich eine “atypische” Beschäftigung – Leiharbeit, Teilzeit- oder befristeter Job. Junge Erwachsene haben es schwer, in der Arbeitswelt Fuß zu fassen, und die Wirtschaftskrise hat die Schwierigkeiten noch vergrößert. Die Startprobleme wirken noch lange nach, zeigt eine Bestandsaufnahme, für die Prof. Dr. Thomas Langhoff, Ina Krietsch und Christian Starke zahlreiche Statistiken und qualitative Studien ausgewertet haben. Der Professor an der Hochschule Niederrhein und seine Ko-Autoren konstatieren in ihrem Aufsatz in den WSI Mitteilungen “eine Zunahme erlebter Unsicherheit und Ungleichheit”, die besorgniserregende Auswirkungen für die Zukunft der Betroffenen haben kann.
    Quelle: Böckler
  14. Generation Biedermeier
    Panische Absturzangst, massiver Anpassungswille sowie Verachtung für alle, die abgerutscht sind: Das Bild, das das Marktforschungsinstitut Rheingold von der Jugend im Jahr 2010 zeichnet, ist nicht gerade beruhigend. Alle acht Jahre befragen die Kölner Forscher in psychologischen Interviews junge Menschen zwischen 18 und 24 Jahren zu ihren Lebenseinstellungen, und in diesem Jahr haben sie signifikante Zuspitzungen ermittelt.
    Irgendwie erinnern einen die Resultate an die Sarrazin-Kontroverse, auch Rheingold-Chef Stephan Grünewald geht es so. Sarrazin „greift offenbar ein vorhandenes Lebensgefühl auf“, sagte Grünewald der FR. Sarrazin macht Migranten, vor allem die muslimischen, selbst für ihre Integrationsprobleme verantwortlich und wirft ihnen vor, der Gesellschaft mehr Kosten als Nutzen zu bringen. So populistisch und sozialdarwinistisch diese Schuldzuweisung sein mag – dafür, dass sie so viel Zustimmung erhält, bietet die Studie Erklärungshilfen.
    Quelle: FR online

    Anmerkung Jürgen Karl: Sehen wir hier die Folgen einer seit Jahren systematisch betriebenen Entsolidarisierung durch eine neoliberale Wirtschaftsideologie, die nur die Verwertbarkeit der „Human Resource“ als alleinige Richtlinie propagiert? Siehe auch den vorherigen Hinweis.

  15. „Reduzierung der Mehrwertsteuer war ein Fehler“
    FDP-Generalsekretär Christian Lindner übt im PNP-Interview Selbstkritik und beschreibt die neue Marschrichtung seiner Partei.
    Quelle: Passauer Neue Presse
  16. Klaus Töpfer”Wir müssen eine Welt ohne Kernkraft erfinden”
    “Nur auf die Laufzeiten zu schauen, greift zu kurz”, sagt Klaus Töpfer. Der Ex-Umweltminister über das Energiekonzept der Regierung, den Atomstrom und Gefahren für die Demokratie.
    Quelle: Tagesspiegel
  17. Atomdeal – Eine halbe Milliarde für die Sicherheit
    Die Kosten für mehr Sicherheit bleiben für die Betreiber der Atomkraftwerke begrenzt: Der Schutz gegen den Absturz von Verkehrsflugzeugen etwa ist trotz längerer Laufzeiten nicht mehr vorgesehen – deswegen gibt es Kritik.
    Regierung und Energiekonzerne haben am Freitag ihren Vorvertrag verteidigt, der in der Nacht zum Montag entstanden ist. Ein Sprecher des Energiekonzerns Eon sagte: „Die Bundesregierung hat ein Interesse, dass die zusätzlichen Gewinne auch entstehen. Insofern ist es ausgesprochen normal, dass die Politik mit den Eigentümern der Atomkraftwerke auch spricht, um dieses Ziel zu erreichen.“ Seinen Angaben zufolge haben sich zunächst die zuständigen Minister auf das Grundkonzept geeinigt. Die Unternehmen seien dann nur noch informiert worden. Während der Verhandlungen im Finanzministerium sei es „auf der Arbeitsebene“ nur noch um Details gegangen. Eon-Chef Johannes Teyssen habe „definitiv“ die Nacht von Sonntag auf Montag in seinem Bett verbracht. Regierungssprecher Stefan Seibert versicherte, eine Geheimhaltung sei keinesfalls Absicht der Regierung gewesen, weil es „nichts zu verheimlichen“ gegeben habe. Doch das widerspricht dem Ablauf der Ereignisse. Denn im Laufe des Montags, als die zuständigen Minister Rainer Brüderle (FDP) und Norbert Röttgen (CDU) sowie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Ergebnisse der nächtlichen Verhandlungen erläuterten, erwähnten sie die mit „Term Sheet“ überschriebene Vereinbarung mit keinem Wort. Dass die Regierung zu diesem Zeitpunkt bereits feste Verabredungen mit den Konzernen getroffen hatte, erfuhr die Öffentlichkeit nur durch einen Zufall am folgenden Dienstag. Da stellte der Energiefachmann Tobias Münchmeyer von Greenpeace bei einer Konferenz in München die Frage, wie zuverlässig die Versprechungen der Konzerne für die geplanten Einzahlungen in den Fonds seien. Daraufhin rutschte dem RWE-Manager Rolf Martin Schmitz die Bemerkung heraus, dazu sei „heute morgen um 5 Uhr 23“ ja bereits ein Vertrag paraphiert worden. Die Enthüllung schmückte Schmitz noch mit einer flapsigen Bemerkung an den anwesenden Umweltstaatssekretär Jürgen Becker: „Auch Sie, Herr Staatssekretär, haben wir dafür noch mal aus dem Bett geholt.“ Erst danach gaben die Sprecher der Ministerien die Existenz des Vertrages zu, der am Donnerstag schließlich veröffentlicht wurde.
    Quelle: Tagesspiegel
  18. Auf den Spuren von Stuttgart 21: Warum München einen Kopfbahnhof hat
    Es gibt Fakten, die der Verwaltungsmann Oberle nicht an die große Glocke hängt. Um den städtischen Anteil für Neu-Ulm 21 von rund 20 Millionen Euro zu stemmen, wurde die Gewerbesteuer erhöht. Die Verschuldung der 53.000-Einwohner-Kommune stieg dennoch kräftig. Und das Quartier zwischen Innenstadt und Bahnhof, auf dem ein 25.000 Quadratmeter großes Einkaufzentrum entstehen soll, ist infolge der Finanzkrise bis heute eine riesige Brache, über die sich nur herumtollende Hunde freuen. Zudem soll das Projekt nach Informationen der Ulmer “Südwest Presse” nicht wie veranschlagt 160, sondern 200 Millionen Euro verschlungen haben. Eine endgültige Abrechnung liegt noch nicht vor, weil sich die Deutsche Bahn zurzeit mit Bauunternehmen vor Gericht streitet, wer für die Kostensteigerung verantwortlich ist. Am Ende der juristischen Auseinandersetzung müssen wohl auch Stadt und Land ein paar Millionen nachschießen. Der überörtliche Nutzen der Maßnahme ist bescheiden. Das Vergraben der Neu-Ulmer Gleise bringt auf der europäischen Magistrale von Paris nach Bratislava einen Zeitvorteil von gerade einmal zwei Minuten. Wenn der ICE nach dem Ulmer Hauptbahnhof beschleunigt, drückt es die Fahrgäste zunächst in die Sitze, mit 120 Kilometer pro Stunde braust er durch den Neu-Ulmer Betontrog, um gleich hinter der Stadt das Tempo zu drosseln. Bis Augsburg verkehrt der Superschnellzug auf einer Langsamfahrstrecke. Die Pläne für den Ausbau liegen auf Eis, “vorerst nicht finanzierbar”, heißt es im Bundesverkehrsministerium. Erst kurz vor München wird die Zukunft des Bahnverkehrs wieder spürbar. Der ICE rast, die Landschaft versteckt sich hinter Lärmschutzwänden. Die Geschwindigkeit ist in ein graues Korsett gepresst.
    Quelle: Stuttgarter Zeitung

    Anmerkung eines Nachdenkseiten-Lesers: Der einzige tatsächlich tiefer gelegte Bahnhof ist in Neu-Ulm, ohne Vorteile für die Stadt . Und München hat abgelehnt – die Bayern scheinen gescheiter als wir zu sein…..
    Ergänzende Anmerkung MB: Auch in Frankfurt am Main war in den 90er Jahren ein unterirdischer Hauptbahnhof mit einem Tunnel quer durch die dicht besiedelte Innenstadt bis hinter den Ostbahnhof geplant – und nicht gebaut. Da hier die Haupt-Fernverkehrsroute südlich vom Main und der Haupt-/ Kopfbahnhof nördlich vom Main liegen, geht hier wirklich viel Zeit verloren. Die Alternative ist, geeignete Durchgangsbahnhöfe zu Fernbahnhöfen umzubauen und einen günstigen Anschluss durch S-Bahn-Verkehr zu schaffen. Kassel-Wilhelmshöhe ist sicher das bekannteste Beispiel dafür. In Frankfurt wird der Flughafenbahnhof bereits von ICE- und IC-Zügen angefahren. Beim Frankfurter Südbahnhof ist das immerhin bedingt möglich.

  19. Die neue Partei der Heimatlosen
    Da kugelt die Maske endgültig vom Gesicht! Jetzt, ausgerechnet jetzt, da landauf landab von einer neuen konservativen Partei salbadert wird, deren geistigen Vorsitz ein Chefideologe namens Sarrazin innehaben soll, mag sich auch Erika Steinbach, Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, eine solche neue Partei vorstellen. Inspiriert haben sie diejenigen dazu, die sie für ihre Äußerungen zur Mobilmachung Polens schalten, die aus der Vertriebenenpräsidentin gerne eine vertriebene Präsidentin gemacht hätten. Unverstanden wie sie sich nun fühlt, jetzt auch noch heimatlos geworden auf dem politischen Parkett, giert sie nach einer neuen politischen Heimat, in der “Töne der linken Schickeria” nicht vernehmbar sind.
    Quelle: ad sinistram
  20. Märklin drängt ohne Käufer aus der Insolvenz
    Modelleisenbahner können aufatmen: Das schwäbische Traditionsunternehmen soll 2011 aus der Insolvenz entlassen werden. Der entsprechende Sanierungsplan sieht keinen neuen Investor vor, allerdings müssen erneut Stellen abgebaut werden.
    Quelle: Financial Times Deutschland
  21. Geheimdienst hat Schüler im Visier
    Niedersächsischer Verfassungsschutz entwickelt Unterrichtsmaterialien.
    Quelle: Junge Welt

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