Hinweise des Tages

Albrecht Müller
Ein Artikel von:

Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante aktuelle Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen. Heute u. a. zu folgenden Themen: Irland-Krise, Kurzen in den USA, Zwangsräumungs Skandal in den USA, Merkels Werbekampagne, Grüne fordern Umverteilung zulasten von Reichen, Steuersenkungswettbewerb, Stuttgart 21, Castor, Mikrofinanzkrise, Hartz-IV-Sätze für Asylbewerber, die Pharmabranche leidet, Zimmermanns Eiertanz, Trick 67, Uncle Sam und seine nützlichen Nazis, Kleine Bürger, Foltervorwürfe gegen Polizei in Griechenland, Roma, Fernsehempfehlung. Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert. (RS/AM)

  1. Irland-Krise
  2. USA: Kürzen und streichen – nur nicht bei Reichen
  3. Zwangsräumungs-Skandal: US-Ausschuss verlangt neuen Banken-Stresstest
  4. Merkels Werbekampagne: Eine überaus edle Anzeige
  5. Sozialer Ausgleich: Grüne fordern Umverteilung zulasten von Reichen
  6. Sarkozy will Steuerreform nach deutschem Vorbild
  7. Interne Dokumente zu Stuttgart 21: Notbremse für Neubaustrecke nach Ulm
  8. Drohnen beim Castor
  9. Fragwürdige Elendsbekämpfung: Indiens Microfinanzkrise
  10. Nur zwei Drittel von Hartz IV
  11. Die Pharmabranche leidet
  12. Zimmermanns Eiertanz: Unerwünschte Studienergebnisse beim DIW
  13. Trick 67
  14. Uncle Sam und seine nützlichen Nazis
  15. Kleine Bürger
  16. Europarat erhebt Foltervorwürfe gegen Polizei in Griechenland
  17. Bei den Roma ist der Westen alles andere als konsequent
  18. Fernsehempfehlung: Monitor: hier die Themen der kommenden Sendung:

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Irland-Krise
    1. Wirtschaftsweiser Bofinger: “Die Irland-Krise ist für Deutschland bedrohlich”
      Erst die Griechen, jetzt die Iren: Das zweite Euro-Land will sich von der EU retten lassen. Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hält das für den einzig richtigen Schritt. Die Krise sei gerade für Deutschland “sehr bedrohlich”, sagt er im Interview. Und um den Euro mache er sich “große Sorgen”.
      Quelle: Spiegel-Online

      Anmerkung AM: Können Sie sich noch an die Lobeshymnen auf den keltischen Tiger erinnern? Alles heiße Luft. Besitzer der “Reformlüge” (2004) könnten die Seiten 187 ff oder gleich den gesamten Text zum Denkfehler 13: “Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig” ab S.176 nachlesen. Es ist gespenstisch, was uns die Verantwortlichen in so kurzer Zeit an Irrem und Widersprüchlichen auftischen. Und das alles ohne Einkehr.

    2. Krisentreffen der EU-Finanzminister Irland will es alleine packen
      Der irische Premier Cowen will sich nicht durch den EU-Rettungsschirm helfen lassen – die Finanzminister des Euro-Raumes bereiten trotzdem einen Notfallplan vor. Frisches Geld für die Iren könnte aber auch von außerhalb der Euro-Zone kommen – vom Nachbar Großbritannien.
      Quelle: Süddeutsche Zeitung
    3. Vorerst keine Hilfen für Irland
      Die Euro-Finanzminister beschließen auf ihrer Sitzung keine Hilfen für Irland. Dublin will die Krise ohne Unterstützung der übrigen Eurostaaten meistern. Die Furcht vor einem Übergreifen der Schuldenkrise wächst dennoch.
      Quelle: FR
    4. Banken bangen um Milliarden
      Eine Pleite Irlands würde Deutschland hart treffen. Insgesamt haben die hiesigen Banken 138 Milliarden Dollar an Krediten vergeben. Davon ging nur ein Bruchteil an den irischen Staat. Der größte Teil der Forderungen besteht gegenüber irischen Banken, oder aber es handelt sich um Wertpapiere, mit denen irische Hypothekarkredite verbrieft wurden. Mit ihren Außenständen von 138 Milliarden Dollar belegen die deutschen Banken den zweiten Platz in der Rangfolge der Gläubiger Irlands: Noch stärker sind die britischen Institute engagiert, die den Iren 148,5 Milliarden Dollar geliehen haben. Rechnet man auch die Forderungen hinzu, die gegenüber Griechenland, Portugal und Spanien bestehen, dann belaufen sich die deutschen Außenstände auf fast 400 Milliarden Dollar. Allein nach Spanien haben die deutschen Banken Kredite von 181 Milliarden Dollar vergeben.
      Im Europaparlament formiert sich derweil Widerstand dagegen, dass die Iren Hilfen ohne Gegenleistung bekommen könnten. Fraktionsübergreifend fordern der CSU-Abgeordnete Markus Ferber und der grüne Abgeordnete Sven Giegold, dass Irland sein Steuerdumping beenden müsse. Bisher liegt der Steuersatz für Körperschaften nur bei 12,5 Prozent, um Firmen aus dem Ausland anzulocken.
      Quelle: TAZ

      Anmerkung Orlando Pascheit: Es war schon immer der reinste Irrsinn, dass der europäische Steuerzahler den irischen Staat in besten Zeiten mit Transfersummen in Höhe von etwa 7% des BIP entlastete, damit dieser vielgelobte Musterschüler des Maastricht-Prozesses eine klassische Steueroase einrichtete.

    5. Anger at Germany boils over
      When George Papandreou, the Greek prime minister, this week aired frustration with Germany for pushing the eurozone to the brink of another debt crisis, he was saying publicly what other senior European officials and diplomats have been saying privately for weeks.
      Quelle: Financial Times

      Anmerkung RS: Wir haben den renommierten amerikanischen Ökonom und Freund der NachDenkSeiten James K. Galbraith gefragt, was er von den Bemerkungen Angela Merkels zur Beteiligung der Gläubiger an staatliche Umschuldungen hält. Hier seine Antwort (übersetzt aus dem Englischen von RS):

      „…meine erste Reaktion war, nachdem ich indirekt und unvollständig von Merkels Bemerkungen erfahren habe, war, sie dafür anzugreifen, dass sie die griechische Position untergraben hat. Nachdem ich Ihre Beschreibung ihrer tatsächlichen Äußerungen gelesen habe, bin ich nicht so sicher. Ich war einer der Architekten des Rettungsplans für New York City im Jahre 1975, und ein Teil des Plans der „House Banking Committee (Bankenkommission des Representantenhauses), für die ich arbeitete, war, auf einen Gläubiger „Haircut“ zu bestehen. (Ich sprach damals mit Averell Harriman – ehemaliger Gouverneur von New York – u.a. darüber, und er sagte, „ich verstehe vollkommen. Das Kapital muss zahlen, wie Arbeiternehmer auch“)

      Ich war damals 23; es war meine erste finanzielle Krise.

      Es gibt in der Welt eine ganze Menge Erfahrung mit Umschuldungen, und es ist ausreichend klar, dass sobald es vorbei ist, Kreditwürdigkeit wird sehr schnell wiederhergestellt, wenn Sie positive und nachhaltige Rahmenbedingungen etablieren. Neue Gläubiger interessieren sich nicht dafür, wie es alten Gläubigern ergangen ist, solange es nicht oft passiert. Aber das war vor CDS, und ich bin nicht überzeugt, dass der Markt für Staatsanleihen für kleine Länder wiederhergestellt werden kann, wenn die Möglichkeit, diese Märkte durch Spekulation zu überwältigen, so groß ist, wie jetzt. Es könnte durchaus sein, dass es keine Alternative zu einem gemeinsamen europäischen Fonds gibt.“

      James K. Galbraith ist einer der angesehensten Ökonomen in den USA, und hält den Lloyd Bentsen M., Jr.-Lehrstuhl für Government/Business Relations an der Lyndon B. Johnson School of Public Affairs der University of Texas in Austin. Galbraith ist Autor von mehreren Büchern, das jüngste davon „Der geplunderte Staat“, sowie hunderten von Artikeln über Politik und Wirtschaft.

  2. USA: Kürzen und streichen – nur nicht bei Reichen
    Empfindliche Einschnitte stehen an, falls sich die Vorschläge der Sparkommission für die weltweit größte Volkswirtschaft durchsetzen: In den USA würden die Löhne für BeamtInnen eingefroren, 10 Prozent der Stellen im öffentlichen Dienst würden gestrichen, die Beschäftigten müssten arbeiten, bis sie 69 sind, und bekämen selbst danach niedrigere Renten und eine schlechtere Gesundheitsversorgung als bisher. Die Einkommens- und Unternehmensteuern würden gesenkt. Die Steuernachlässe für Hypothekenrückzahlungen würden abgeschafft. Und – als ganz besondere Härte für die automobilabhängige US-Gesellschaft – die Treibstoffsteuern würden angehoben. Mit den radikalen Sparvorschlägen will die Kommission das Haushaltsdefizit der USA von jetzt 1,3 Billionen Dollar auf 400 Milliarden Dollar im Jahr 2015 senken. Anschließend sollen die Einsparungen weitergehen.
    Um die Höhe der künftigen Einkommensteuern geht es auch in der in dieser Woche begonnenen Lame duck session, der letzten Sitzungsperiode des alten Kongresses. Für ein paar Wochen haben dort noch die DemokratInnen die Mehrheit. Zentrales Thema in dieser Übergangsperiode sind die “Bush-Steuersenkungen”. Zehn Jahre nach ihrer Einführung laufen diese Senkungen der Einkommensteuern zum Jahresende aus. Die RepublikanerInnen wollen sie beibehalten, die DemokratInnen zeigen sich immer bereiter, einer mehrjährigen Übergangsregelung zuzustimmen.
    Quelle 1: TAZ
    Quelle 2: Fiscalcommission.gov [PDF – 290 KB]
    Kürzer:
    Quelle 3: The New York Times

    Anmerkung Orlando Pascheit: Absolut mysteriös ist der Vorschlag der Sparkommission, die Steuern zu senken, um die Staatsverschuldung zu reduzieren. Sind wir wieder bei den Reagonomics angelangt oder steht die Kommission in geheimer Verbindung mit unserer FDP oder sollte wirklich nur ganz schlicht die weitere Umverteilung von Unten nach Oben vorangetrieben werden. Die Rente 69 wird genauso wie hier damit begründet, dass die Bevölkerung älter wird. Fragt sich nur, ob das so bleibt, wenn länger gearbeitet wird, die Rentenbezüge niedriger und die Gesundheitsversorgung schlechter ausfallen wird. Wie beschreibt Paul Krugman die Situation so treffend: “Sie sagen also, dass der Hausmeister länger arbeiten muss, bis 70, weil die Anwälte länger als sonst leben”.

    Quelle 4: The New York Times

  3. Zwangsräumungs-Skandal: US-Ausschuss verlangt neuen Banken-Stresstest
    Der Skandal um zweifelhafte Zwangsräumungen von Eigenheimbesitzern in den USA könnte nach Auffassung einflussreicher Abgeordneter die Stabilität des gesamten Bankensystems erschüttern. “Die Regulierungsbehörden sollten die Wall-Street-Banken neuen Stresstests unterziehen, um ihre Kapazitäten zur Bewältigung einer möglichen Krise zu prüfen”, heißt es in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht eines Ausschusses, der sich mit den Folgen der Finanzkrise in den USA befasst. Der Bericht bezieht sich auf Vorwürfe, amerikanische Banken hätten ohne hinreichende Rechtsgrundlage verschuldeten Eigenheimbesitzern deren Häuser weggenommen. Sie sollen sogenannte “Robo-Signer” eingesetzt haben. Darunter versteht man Mitarbeiter, die täglich Tausende Zwangsvollstreckungstitel unterschreiben – oft, ohne die Details zu überprüfen. Nach Beschwerden unter anderem gegen die Bank of America, JP Morgan und Wells Fargo haben die Staatsanwalten aller 50 US-Bundesstaaten Ermittlungen aufgenommen. Mehrere Institute setzten daraufhin laufende Zwangsvollstreckungen aus, landesweit ging die Zahl der Verfahren im Oktober um neun Prozent zurück.
    Die Überprüfung der Zwangsversteigerungen könnte im Extremfall die Gültigkeit von 33 Millionen ausstehenden Hypotheken in Frage stellen, schreibt das Congressional Oversight Panel (COP). Der Ausschuss wurde auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Oktober 2008 vom US-Kongress eingerichtet, um die Umsetzung des 700 Mrd. Dollar schweren Programms zur Stabilisierung des Bankensystems zu überwachen. Die Abgeordneten befürchten, dass die Banken ihren Anspruch auf die Rückzahlung der ausstehenden Hypotheken nicht zweifelsfrei nachweisen können. Zur Begründung verweisen sie auf die massenhafte Verbriefung und den Weiterverkauf solcher Schuldtitel in den vergangenen Jahren.
    Quelle: FTD

    Anmerkung RS: Das Brisante an dieser Sache ist, dass es bei den Millionen Hypotheken nicht klar ist, wer zur Zwangsvollstreckung berechtigt ist. Das heißt, dass es auch nach einer Zwangsvollstreckung nicht klar ist, wem ein Immobilienstück tatsächlich gehört. Solange die Eigentumsverhältnisse nicht geklärt sind, ist es unmöglich, ein Immobilienstück zu verkaufen, ohne dass die Gefahr besteht, dass irgendjemand Eigentumsansprüche anmeldet.

  4. Merkels Werbekampagne: Eine überaus edle Anzeige
    So ein Zufall: Ausgerechnet am Tag nach ihrer Wiederwahl zur CDU-Chefin wirbt Angela Merkel in ihrer Eigenschaft als Kanzlerin für die Regierung – oder doch für Schwarz-Gelb? Bezahlt hat die Anzeige jedenfalls der Steuerzahler, für die 2,8 Millionen Euro ausgegeben werden. Die Kanzlerin dankt uns darin für unsere gemeinsamen Anstrengungen, mit denen wir die Wirtschaftskrise so famos gemeistert haben. Und sie verspricht: Die christlich-liberale Koalition werde die Finanzen sichern, das Gesundheitswesen auch und die Energieversorgung noch dazu, sowie Deutschland zu einer Bildungsrepublik machen. Das kann man glauben oder nicht – neu aber sind diese Versprechen nicht.
    Die Regierung habe das Recht und die Pflicht, die Bürger über ihre Arbeit zu unterrichten. Dies sei sogar „eine der edelsten Aufgaben des Presse- und Informationsamtes“, erklärte dessen Chef.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Übrigens kann jetzt jeder eine Analyse der Handschrift unserer Kanzlerin versuchen. Anrede und Grüße sind in ihrer Handschrift abgedruckt. Leider bin ich kein Fachmann, allerdings habe ich Schwierigkeiten ihren Namen zu entziffern .Ich lese Angela “What”. Wenn das kein Hinweis ist.

  5. Sozialer Ausgleich: Grüne fordern Umverteilung zulasten von Reichen
    Als Gegengewicht zu den Einkommens-Unterschieden in Deutschland schlagen führende Grüne einen höheren Spitzensteuersatz vor.
    Wenige Tage vor ihrem Parteitag in Freiburg plädieren führende Grüne für eine Umverteilung zulasten von Spitzenverdienern. Während das reichste Zehntel der Bevölkerung in den vergangenen Jahren seinen Anteil am Gesamtvermögen auf 61 Prozent steigern konnte, hätten die übrigen 90 Prozent Einbußen hinnehmen müssen, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ aus einem Papier von Grünen-Chef Cem Özdemir und dem Finanzexperten der Grünen- Fraktion, Gerhard Schick.
    „Je stärker die Verteilung der Markteinkommen aus dem Lot geraten ist, desto intensiver muss die Verteilungskorrektur durch das Steuer- und Transfersystem sein“, heißt es dort weiter.
    Quelle: WELT

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Soso. Das Gegenteil der Politik in sieben Regierungsjahren. Und wer hat noch mal mit aller Macht dafür gesorgt, daß “die Verteilung der Markteinkommen aus dem Lot geraten” und “die übrigen 90 Prozent Einbußen hinnehmen mußten”? Wohl doch vor allem die Grünen. Hier ruft der Brandstifter die Feuerwehr.

  6. Sarkozy will Steuerreform nach deutschem Vorbild
    Das Steuersystem Frankreichs soll im Frühjahr nach dem Vorbild Deutschlands reformiert werden. Das kündigte Präsident Nicolas Sarkozy an. Derzeit fließe viel Kapital nach Deutschland, weil es dort keine Vermögenssteuer gebe.
    Quelle: Tagesschau.de
  7. Interne Dokumente zu Stuttgart 21: Notbremse für Neubaustrecke nach Ulm
    Die Aufseher vom Eisenbahn-Bundesamt ziehen einen Schlussstrich: Sie geben “vorläufig keine Baufreigaben” für die Neubaustrecke nach Ulm, Teil des Projekts Stuttgart 21. Der Grund: die Finanzierung. Allein für die Tunnels durch die Schwäbische Alb fallen 280 Mio. Euro mehr an als geplant. Die Bahn wiegelt ab.
    Quelle: FTD
  8. Drohnen beim Castor
    Vom Polizeieinsatz gegen Castordemonstranten im Wendland sickern immer mehr Informationen über Rechtsverstöße und Übergriffe durch: Wie das Internetportal MVregio dieser Tage meldete, ist während der Proteste vom 5. bis 9. November eine Überwachungsdrohne eingesetzt worden. Die Pressestelle der zuständigen Polizeidirektion Lüneburg bestätigte am Dienstag auf jW-Nachfrage, der »Drehflügler« sei während des Castortransportes vier Mal eingesetzt worden. Dem Portal MVregio zufolge, das sich auf »interne Polizeiinformationen« stützt, soll die Drohne »im Bereich Leitstade/Harlingen zum Einsatz gekommen« sein. Sie solle bei der »nachträglichen Aufklärung von Straftaten eine Rolle« spielen. Das würde bedeuten, daß Videos von Demonstranten angefertigt und gespeichert worden sind.
    Der niedersächsische Datenschutzbeauftragte Joachim Wahlbrink hat laut MVregio den Einsatz für unzulässig erklärt, »weil mit der Drohne Fotos und Videoaufnahmen gemacht werden können«. Vor einem solchen Einsatz hätten Polizei oder Innenminister Informationen über Sinn und Zweck der Drohne »zur Prüfung vorlegen müssen.« Unter polizeitaktischen Gesichtspunkten dürfte vor allem die Fähigkeit, aus der Luft und damit ohne Behinderung durch Blockaden einen Rundumblick über die zahlreichen Protestaktionen zu erhalten, verlockend sein. Einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes zufolge ist allerdings eine pauschale Videoerfassung friedlicher Demonstrationen rechtswidrig, weil Bürger sich abgeschreckt fühlen könnten, von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch zu machen.
    Quelle: junge Welt
  9. Fragwürdige Elendsbekämpfung: Indiens Microfinanzkrise
    Normalerweise vergeben sie Minidarlehen an Menschen, die von anderen Banken kein Geld bekommen würden. Doch jetzt brauchen Dutzende Mikrofinanzierer in Indien selbst Hilfe, trotz Zinssätzen von 30 Prozent und mehr.
    Quelle: FTD
  10. Nur zwei Drittel von Hartz IV
    Die Bundesregierung hat bestätigt, daß das Asylbewerberleistungsgesetz verfassungswidrig ist. In ihrer Antwort auf eine große Anfrage der Linksfraktion führt sie aus, daß die Berechnung der Grundsicherung bislang »auf der Grundlage von Kostenschätzungen« erfolgt. Dies entspreche aber »nicht den Anforderungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts« zur Ermittlung der Hartz-IV-Regelsätze vom Februar dieses Jahres. Konkret betroffen von dieser diskriminierenden Regelung sind derzeit mehr als 120000 Menschen. Ihnen wird das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verweigert. Sie erhalten lediglich 224,97 Euro monatlich, ohne daß ersichtlich wäre, nach welchen Kriterien der »normale« Mindestsatz derart gekürzt wird. Die Bundesregierung hat nun angekündigt, die Leistungssätze zu überprüfen. Damit will sie sich aber offenkundig Zeit lassen. Die Linksfraktion fordert, das Gesetz komplett abzuschaffen, vor allem die Zwei-Drittel-Kürzung: Wenn der »normale« Hartz-IV-Satz offiziell die untere Grenze des Existenzminimums definiert, darf es kein Darunter mehr geben«.
    Quelle: junge Welt
  11. Die Pharmabranche leidet
    Roche muss die Axt ansetzen, der längerfristigen Innovationsfähigkeit wegen. Und weil die Preissetzungsmacht futsch ist. Und die Kosten im Gesundheitssektor aus dem Ruder laufen. Uns blutet das Herz.
    Quelle: FTD
  12. Zimmermanns Eiertanz: Unerwünschte Studienergebnisse beim DIW
    Der Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung wird durch eine Studie aus dem eigenen Haus widerlegt – jetzt wird sie überarbeitet und nicht wie angekündigt veröffentlicht.
    Quelle: FR
  13. Trick 67
    Immer mehr arbeiten noch im Alter zwischen 55 und 65 Jahren. Funktioniert also die Rente mit 67? “Die Regierung will nicht einsehen, dass es auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben die Voraussetzung für die Rente mit 67 nicht gibt”, sagt der Ökonom und Rentenforscher Ernst Kistler. Die Kritik, die man an die Regierung richten kann, wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, ist umfangreich. Da werden Menschen in der passiven Phase der Altersteilzeit als “Beschäftigte” gezählt, obwohl sie gar nicht mehr im Betrieb arbeiten. Auch die Gruppe der 55- bis 64-Jährigen zusammenzufassen, verschleiere die Realität am Arbeitsmarkt, sagt Kistler. Denn ab 63 Jahren nimmt die Erwerbsquote, zumal die der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, rapide ab. Gerade einmal jeder Zehnte hat mit 64 Jahren, also kurz vor der derzeit noch aktuellen Rentengrenze von 65 Jahren, eine abgesicherte Beschäftigung. Und die kann dann immer noch Teilzeit- oder Leiharbeit sein. Doch eines ärgert Kistler besonders: “Man ignoriert völlig, dass es einen demografischen Effekt gibt.” Weil die geburtenstarken Jahrgänge in die Gruppe der 55- bis 60-Jährigen hineinwüchsen, steige deren Beschäftigungsquote automatisch an. “Das hat aber nichts damit zu tun, dass sich in den Betrieben oder am Arbeitsmarkt etwas geändert hat.” Die Zahlen zeigen, wie schwer es für Ältere am Arbeitsmarkt immer noch ist. Mehr als ein Drittel aller Betriebe beschäftigte im Jahr 2008 keine Menschen über 50 Jahre. Und die Anzahl der Betriebe, die in Maßnahmen investieren, um ihren älteren Beschäftigten das Arbeitsleben zu erleichtern, sank zwischen 2002 und 2007 sogar von 20 auf 17 Prozent.
    Im Waggonbauwerk Görlitz hält schon heute fast niemand bis 65 durch. “Unter hohen Temperaturen schweißen, hämmern und mit dem 10 Kilogramm schweren Vorschlaghammer die Waggonwände richten, das wird mit 60 Jahren nicht leichter”, erzählt Volker Schaarschmidt. Atemwegs-, Skelett- und Muskelerkrankungen seien bei den Kollegen an der Tagesordnung. Der 58-Jährige selbst hat Glück, er ist als Betriebsratsvorsitzender freigestellt. Er könnte sich aber nicht vorstellen, mit über 60 noch in der Produktion zu arbeiten. Gerade mal zwei oder drei Kollegen von 800 hätten in den letzten zehn Jahren bis 65 gearbeitet. “Der Rest geht deutlich früher.” Untersuchungen zeigen: Dachdecker, Bauarbeiter, ErzieherInnen, LehrerInnen, Fleischer, Beschäftigte im Gastgewerbe oder in den Metallberufen: Sie alle steigen lange vor 65 aus, weil die Belastungen so hoch sind. Auch im bundesweiten Durchschnitt wird die magische Zahl von 65 Jahren nicht erreicht. Mit durchschnittlich 63,2 Jahren gingen die Menschen 2008 in Rente. Mit 61,7 Jahren treten sie aber bereits aus dem aktiven Erwerbsleben aus. Bis zur Rente drehen dann viele Schleifen: Sie sind krankgeschrieben oder arbeitslos. So erzeugt die Rente mit 67 neue Ungerechtigkeiten. Leute mit sehr stressigen Jobs und wenig Bezahlung müssen durchhalten, weil ihnen sonst im Alter hohe Rentenabschläge drohen. Ähnlich ist es, wenn sie krank werden und lange gar nicht oder mit reduzierter Stundenanzahl arbeiten. In Folge sinkt das Gehalt und damit auch die spätere Rentenhöhe.
    Trotzdem halten Regierung und Arbeitgeber an ihrer Forderung nach der Rente mit 67 fest. Wenn die Leute älter würden, müsse sich die Lebensarbeitszeit erhöhen, fordern die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Für Kistler greifen diese Argumente viel zu kurz. “Die Ursachen für die knappen Sozialkassen liegen vor allem in der niedrigen Lohnentwicklung der letzten Jahre und im wachsenden Anteil der Niedriglohnbeschäftigung, nicht im Mangel an den Köpfen.”
    Quelle: taz

    Anmerkung Orlando Pascheit: Dass der Einstieg der geburtenstarken Jahrgänge in die Gruppe der 55- bis 60-Jährigen zwar die Beschäftigungsquote ansteigen lässt, aber letztlich wenig aussagt, wird sich an der Entwicklung der Arbeitslosenquote zeigen. Die Bundesagentur für Arbeit zeigt bereits für den Oktober in ihrer monatlichen “Analyse des Arbeitsmarktes für Ältere ab 50 Jahren”, dass die Arbeitslosigkeit  in dieser Altersgruppe mit 880.000 noch um 5000 über dem Wert vom Vorjahr lag. Dabei geht dieser Anstieg allein auf die 55- bis 64-Jährigen zurück: Ihre Arbeitslosigkeit nahm im Jahresvergleich um 29.000 oder sechs Prozent zu.

  14. Uncle Sam und seine nützlichen Nazis
    Barbie, Gehlen, von Braun: Die USA profitierten von Experten und Tätern des Dritten Reichs. Hauptsache, die Deutschen waren stramme Antikommunisten. Erst in den siebziger Jahren versuchte Washington, die nützlichen Nazis loszuwerden.
    Quelle: Süddeutsche Zeitung
  15. Kleine Bürger
    Die Justizministerin will Kindern Nichtdeutscher ein eigenständiges Bleiberecht verschaffen. Endlich mal ein Plan mit liberaler Handschrift. Hochvernünftig und überfällig. Wer Deutsch lernt und hier Kindergarten oder Schule besucht, dem ist Deutschland Heimat. Mit Heimat identifiziert sich, wer sie gefunden hat. Wem sie ständig verlustig zu gehen droht, dem wird es schwergemacht, sich zu binden. Aufnahme aber schafft Verbindlichkeit. Darum wäre ein konditioniertes Bleiberecht Flickwerk. Wer Kinder mit schlechten Noten oder wenig Anschluss ausschließt, übersieht, dass mit dem Bleiberecht gerade erst eine entscheidende Grundbedingung für umfängliche Integration geschaffen wird.
    Quelle 1: FR
    Quelle 2: FR
  16. Europarat erhebt Foltervorwürfe gegen Polizei in Griechenland
    Das Antifolterkomitee des Europarates beschuldigt Griechenland in seinem neuesten Bericht der Folter. In den Abschiebezentren für illegale Flüchtlinge sollen unzumutbare Verhältnisse herrschen.
    Misshandlungen durch griechische Polizeibeamte sind in einigen Fällen mit Folter gleichzusetzen. Zu dieser Erkenntnis kommt das Antifolterkomitee des Europarates, das am Mittwoch in Straßburg seinen jüngsten Bericht vorlegt hat.
    Quelle: Tagesspiegel
  17. Bei den Roma ist der Westen alles andere als konsequent
    Nach ihrer öffentlichkeitswirksamen Ausweisung aus Frankreich nach Osteuropa ist es um die Roma wieder ruhig geworden. Die rumänische Regierung ist weiter untätig. Aber auch auf EU-Ebene fehlt es an einer Strategie, sagt der Zürcher Osteuropa-Historiker Daniel Ursprung.
    Quelle: NZZ
  18. Fernsehempfehlung: Monitor: hier die Themen der kommenden Sendung:
    1. Absurdistan: Wie der neue Personalausweis Menschen umtauft
    2. Entsorgt: Deutscher Atommüll soll nach Russland
    3. Vogelfrei: Warum Whistleblower in Deutschland zu wenig geschützt werden
    4. Kostenfalle Olympia: Wie die Winterspiele Kommunen ruinieren
    5. Gefahr fürs Trinkwasser? Wie internationale Konzerne in Deutschland Erdgas fördern

    Wiederholungen am 19.11.2010:

    • 05:00 Uhr – ARD
    • 09:30 Uhr – RBB Berlin/Brandenburg
    • 14:15 Uhr – WDR
    • 20:15 Uhr – EinsExtra

    Quelle: WDR

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