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Heute unter anderem zu folgenden Themen: Mythos “Jobwunder”; Hartz IV im Vermittlungsausschuss; Zeit für ein finanzielles Großreinemachen; Eurobonds und Wachstumsprogramm gegen Krise der Währungsunion; die Angst der Wall Street; ehemaliger Infineon-Chef: 1534 Euro pro Tag; tarifliche Ausbildungsvergütungen; horrende Transfergebühren für Gastarbeiter bei Überweisungen; SPD-Linke streitet mit Gabriel; Spenden: CDU knapp vor der DVU; Obama gibt dem Öldruck nach; Linken-Bashing; der Hypo Alpe-Sumpf; BayernLB – Ex-Risikovorstand Gribkowsky verhaftet; Pflegeversicherung – Zu laut, aber richtig; die Wahr-Lügner; Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand; Bundesverfassungsgericht und Meinungsfreiheit; Zu guter Letzt: Hagen Rether beim Satire Gipfel Jahresrückblick. (JK/WL)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Mythos “Jobwunder”
  2. Hartz IV im Vermittlungsausschuss: „Das ist kein ehrliches Spiel“
  3. Joseph E. Stiglitz – Zeit für ein finanzielles Großreinemachen
  4. IMK: Eurobonds und Wachstumsprogramm gegen Krise der Währungsunion
  5. Die Angst der Wall Street
  6. Ehemaliger Infineon-Chef: 1534 Euro pro Tag
  7. Tarifliche Ausbildungsvergütungen
  8. Horrende Transfergebühren für Gastarbeiter bei Überweisungen in ihre Heimat
  9. SPD-Linke streitet mit Gabriel
  10. Spenden: CDU knapp vor der DVU
  11. Obama gibt dem Öldruck nach
  12. Linken-Bashing – CSU fordert Totalüberwachung der Linken
  13. Der Hypo Alpe-Sumpf
  14. BayernLB – Ex-Risikovorstand Gribkowsky verhaftet
  15. Pflegeversicherung – Zu laut, aber richtig
  16. Die Wahr-Lügner
  17. Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand
  18. Bundesverfassungsgericht und Meinungsfreiheit
  19. Zu guter Letzt: Hagen Rether beim Satire Gipfel Jahresrückblick

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Mythos “Jobwunder”
    Im Oktober fiel die offiziell registrierte Arbeitslosigkeit unter 3 Millionen und auf den niedrigsten Stand seit knapp zwanzig Jahren. Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) sprach von einem „großem Erfolg“. Aber was steckt tatsächlich hinter dem sogenannten Jobwunder? DIE LINKE. befragte dazu die Bundesregierung. Die Antwort: Statt regulärer Vollzeitjobs wurden viele Teilzeit- und Minijobs geschaffen. Und: Den Arbeitsmarkt entlastete vor allem das Ausscheiden vieler älterer Menschen. Sabine Zimmermann, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion, dokumentiert die wichtigsten Ergebnisse der Anfrage.
    Quelle: Die Linke im Bundestat
  2. Hartz IV im Vermittlungsausschuss: „Das ist kein ehrliches Spiel“
    Fritz Kuhn, der für die Grünen im Vermittlungsausschuss sitzt, spricht über die Hartz-IV-Verhandlungen und äußert sich zum Bildungspaket.
    Herr Kuhn, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen sagt, sie sehe gute Einigungschancen für die Verhandlungen über die Hartz-Reform. Sie auch?
    Frau von der Leyen macht PR, sie sollte sich lieber mal der Sacharbeit widmen. Man kann nicht von Einigungschancen reden, gleichzeitig aber die Diskussion um die Regelsätze tabuisieren, wie es die Union gerade macht. Das ist kein ehrliches Spiel.
    Warum denn nicht?
    Wir haben vor Weihnachten gemeinsam beschlossen, dass wir über drei Themen sprechen: das Bildungspaket, die Mindestlöhne und die Regelsätze. Über alle drei Fragen muss offen verhandelt werden, sonst werden die Verhandlungen scheitern.
    Könnte man das Bildungspaket schon einmal beschließen und über die anderen Punkte getrennt weiterverhandeln?
    Es kann nur eine Gesamteinigung geben. Einigungen in Teilbereichen gelten nur unter Vorbehalt.
    Die Union sagt, SPD und Grüne hätten gar kein wirkliches Interesse an höheren Regelsätzen.
    Das ist dummes Zeug. Wir haben vom Verfassungsgericht einen Auftrag, das Zustandekommen der Regelsätze transparent zu machen und das Existenzminimum abzusichern. Deswegen muss die Art, wie die Regierung gerechnet hat, auf den Tisch. Die Antworten, die das Ministerium auf Fragen des Vermittlungsausschusses geliefert hat, zeigen aber, wie einseitig und defizitär das Ministerium von Februar bis Oktober gearbeitet hat. Um bestimmte Dinge hat man sich gar nicht erst bemüht, zum Beispiel darum, die versteckt Armen aus der Vergleichsgruppe für das Existenzminimum herauszurechnen.
    Was schließen Sie daraus?
    Ich komme von der These nicht weg, dass die Regelsätze nach Kassenlage bestimmt worden sind. Man hat sich nach den Vorgaben des Finanzministers gerichtet, nicht nach der Notwendigkeit zum Lebensunterhalt. Verfassungskonform ist so was nicht.
    Quelle: FR
  3. Joseph E. Stiglitz – Zeit für ein finanzielles Großreinemachen
    Die Welt sollte nicht länger auf jene Marktakteure hören, die ihr das Desaster eingebrockt haben. Die sollen lieber den Großteil der Folgekosten übernehmen. Argentinien zeigt, wie eine Umschuldung gelingen und ein Land dadurch auferstehen kann. von Joseph Stiglitz
    Der Beginn eines neuen Jahres ist die Zeit der guten Vorsätze und der Besinnung. Ist das vergangene Jahr nicht so gut verlaufen, darf man hoffen, dass das kommende besser wird.
    Für Europa und die USA war 2010 ein Jahr der Enttäuschung. Drei Jahre sind seit dem Platzen der Blase vergangen und mehr als zwei, seit Lehman Brothers pleitegegangen ist. 2009 sind wir einer Depression entgangen, und 2010 sollte eigentlich das Jahr werden, in dem sich die Dinge zum Besseren wandeln: Die Wirtschaft sollte sich erholen, parallel dazu sollten die Konjunkturpakete allmählich eingedampft werden.
    2011 werde sich das Wachstum wohl etwas verlangsamen, so dachte man, doch das wäre nur eine kleine Unebenheit auf dem Weg zur robusten Erholung. Dann würde die große Rezession nur als böser Traum in Erinnerung bleiben.
    Tatsächlich aber war 2010 ein Albtraum. Die Krise in Irland und Griechenland stellte das Überleben des Euro infrage und ließ Staatspleiten möglich erscheinen. Auf beiden Seiten des Atlantiks hielt sich die Arbeitslosigkeit hartnäckig hoch – bei rund zehn Prozent.
    Leider wurden in Europa und Amerika fürs neue Jahr die falschen Vorsätze gefasst. Als Reaktion auf die Versäumnisse und Verschwendungssucht des Privatsektors, die die Krise ausgelöst hatten, wurde Sparsamkeit im öffentlichen Sektor verlangt. Die Folge dessen wird mit ziemlicher Sicherheit eine langsamere Erholung sein, und es wird noch länger dauern, bis die Arbeitslosigkeit auf ein annehmbares Niveau zurückgeht.
    Zudem wird die Wettbewerbsfähigkeit abnehmen. Während China seine Volkswirtschaft durch Investitionen in Bildung, Technologie und Infrastruktur am Laufen hielt, wurde in Europa und Amerika der Rotstift angesetzt.
    Inzwischen ist es in der Politik chic, von den Tugenden des Leidens und des Schmerzes zu sprechen. Denn die Stimme derer, die den Löwenanteil davon zu ertragen haben – Arme und künftige Generationen -, hat kaum Gewicht und wird nicht gehört.
    Quelle: FTD
  4. IMK: Eurobonds und Wachstumsprogramm gegen Krise der Währungsunion
    Wichtige Weichen in der deutschen und europäischen Wirtschaftspolitik sind Anfang 2011 falsch gestellt. Das drängendste Problem: Die EU-Länder haben trotz ihrer jüngsten Beschlüsse noch nicht die nötigen Vorkehrungen getroffen, um die Krise der Währungsunion einzudämmen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung in seinem Jahresausblick, der heute als IMK Report 59 erscheint.* Um die Eurokrise dauerhaft zu entschärfen, empfehlen die Wissenschaftler einen Mix von Maßnahmen. Dazu gehören unter anderem: Der Rettungsfonds sollte so erweitert werden, dass er die bestehenden Staatsschulden von Krisenländern garantiert. Bis dahin sollte die Europäische Zentralbank (EZB) Staatsanleihen notfalls auch in größerem Umfang als bisher aufkaufen. Ferner sollten Kredite des Rettungsfonds niedrig verzinst werden. Ab 2013 sollten Eurobonds aufgelegt und ein Europäischer Währungsfonds gegründet werden. Die Steuerbasis in den Krisenländern sollte verbreitert und ein verbindliches Mindestniveau der Besteuerung EU-weit etabliert werden. Schließlich sollte es in Deutschland und anderen EU-Staaten mit Leistungsbilanzüberschüssen Investitionsprogramme geben, um die Binnennachfrage zu stärken. Dies sei notwendiger Bestandteil eines Stabilisierungskonzepts, so das IMK.
    Quelle: IMK Report 59/21011 [PDF – 492 KB]
  5. Die Angst der Wall Street
    Es gab Zeiten, da waren Geheimdienste Behörden und Spione Staatsdiener. Doch viele Großunternehmen sind heute mächtiger als mancher Staat, und so verwundert es kaum, dass die hohe Kunst des Auskundschaftens längst auch in Konzernzentralen praktiziert wird. Vermutete das Management die Spitzel bisher im Dienst von Konkurrenten, ist in Wikileaks eine neue Bedrohung erwachsen. Die Spionageplattform im Internet kündigte unlängst an, die Betriebsgeheimnisse einer großen US-Bank zu verraten. Einblicke in ein “Ökosystem der Korruption” stellte Wikileaks-Chef Julian Assange in Aussicht – und versetzte die Wall Street in Aufruhr.
    Vor allem die Bank of America sieht sich in großer Gefahr. Die vagen Drohungen von Assange reichten aus, um dem Aktienkurs in den vergangenen Wochen stark zuzusetzen. Inzwischen hat das Institut reagiert und einen Stab zur Spionageabwehr zusammengestellt. Der Abschirmdienst soll Informationslecks aufspüren und die hausinterne Kommunikation auf brisante Inhalte durchforsten.
    Doch offenbar fühlt sich kein anderes Institut so verwundbar wie die Bank of America. Dafür gibt es Gründe. Assange prahlte schon Ende 2009 damit, die Festplatte eines führenden Managers der Bank of America in Händen zu haben. Zudem steht außer Frage, dass der größte Geldkonzern der USA ein lohnendes Ziel abgibt. Im Herbst 2008 übernahm die Bank of America die kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehende Investmentbank Merrill Lynch zu einem völlig überhöhten Preis. Kurz darauf musste die Bank of America massive Staatshilfe in Anspruch nehmen. Den Pleitebankern von Merrill zahlte sie dennoch Erfolgsprämien in Höhe von 3,6 Milliarden Dollar. Seither ist die Bank of America zum Symbol für Missmanagement geworden.
    Quelle: SZ
  6. Ehemaliger Infineon-Chef: 1534 Euro pro Tag
    Ulrich Schumacher liebt schnelle Autos. Als er noch Chef von Infineon war, fuhr er schon mal im Rennanzug in seinem Porsche vor. Das Geld für sein Hobby dürfte ihm kaum ausgehen – auch wenn er momentan keinen Job hat.
    Schumacher hat ein stattliches Ruhestandsgehalt ausgehandelt. Sein früherer Arbeitgeber, der Halbleiterkonzern Infineon, hat den jahrelangen Abfindungsstreit mit seinem Ex-Vorstandschef beigelegt. Er zahlt ihm von 2018 an ein saftiges Ruhegehalt: Jährlich 560.000 Euro oder 1534 Euro pro Tag wird Schumacher von diesem Zeitpunkt an kassieren. 60 Jahre alt wird der heute 52-Jährige dann sein. Allerdings muss die Hauptversammlung von Infineon Mitte Februar der Einigung noch zustimmen.
    Es wäre ein Triumph für den Manager, der bis vergangenen Herbst dem chinesischen Chiphersteller Grace Semiconductor vorstand, dann aber wegen „strategischer Differenzen“ ausschied. Denn im vergangenen Jahr sah es für Schumacher noch ziemlich düster aus. Nach seinem Abgang bei Infineon im Jahr 2004 − angeblich legte er sein Amt „aus persönlichen Gründen“ nieder − stand er wegen Bestechlichkeit, Untreue, versuchtem Betrug und Steuerhinterziehung vor Gericht.
    Quelle: FR

    Anmerkung J. K.: Jeder Kommentar erübrigt sich hier.

  7. Tarifliche Ausbildungsvergütungen
    688 € brutto im Monat verdienten die Auszubildenden 2010 durchschnittlich in Westdeutschland. Die tariflichen Ausbildungsvergütungen erhöhten sich im Durchschnitt um 1,3 % und damit deutlich geringer als im Jahr 2009 mit 3,3 %. In Ostdeutschland stiegen die tariflichen Ausbildungsvergütungen 2010 um 2,9 % auf durchschnittlich 612 € im Monat – und somit ebenfalls geringer als im Jahr zuvor (4,9 %). Der Abstand zum westlichen Tarifniveau hat sich 2010 weiter vermindert: Im Osten werden jetzt 89 % der westlichen Vergütungshöhe erreicht (2009: 88 %). Das hat das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) ermittelt.
    Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB)
  8. Horrende Transfergebühren für Gastarbeiter bei Überweisungen in ihre Heimat
    Western Union verlangt horrende Transfergebühren von armen Arbeitern auf der ganzen Welt und streicht damit gewaltige Gewinne ein.
    Zu Jahresbeginn, kratzen Millionen von hart arbeitenden Männern und Frauen das Geld zusammen, das sie über das Jahr hinweg gespart haben, um es in einem Western Union-Büro ihren Verwandten in den Entwicklungsländern zu überweisen. Doch die Transfergebühren verschlingen bis zu 20% ihres Ersparten und bescheren den Konzernen Milliardenprofite auf dem Rücken der Ärmsten dieser Welt.
    Obwohl die Weltbank eine maximale Transfergebühr von 5% fordert, war Western Union nie einem ernsthaften öffentlichen Protest ausgesetzt, um dieses schamlose Geschäftsmodell herauszufordern. Wenn wir jetzt unsere Stimmen erheben und ihre räuberischen Gebühren in Frage stellen, könnten wir sie zum Umdenken bewegen.
    Quelle: avaaz.org
  9. SPD-Linke streitet mit Gabriel
    SPD-Chef Sigmar Gabriel stößt mit seiner Forderung nach einer Senkung der Sozialabgaben für Gering- und Durchschnittsverdiener auf massiven Widerstand des linken Parteiflügels. „Eine solche Entlastung wäre kaum spürbar. Im Bildungssystem sind die Gelder deutlich besser angelegt“, sagte Vorstandsmitglied Björn Böhning der Frankfurter Rundschau. „Ich fühle mich verschaukelt“, klagte Juso-Chef Sascha Vogt. Gabriel konterkariere die Beschlüsse des Parteitags vom September. Die Jusos wollen bei der Vorstandsklausur einen Antrag einbringen, der die Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 53 Prozent fordert.
    Auf ihrem Sonderparteitag hatten die Sozialdemokraten eine Anhebung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent beschlossen. Der Verlauf des Tarifs blieb jedoch ebenso offen wie die genaue Verwendung der erhofften Mehreinnahmen von etwa fünf Milliarden Euro.
    Im FR-Interview legte sich Gabriel am Montag nun fest: „Wir wollen die Mehreinnahmen aus der Anhebung des Spitzensteuersatzes dazu nutzen, um Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen von ihren teilweise enorm hohen Abgaben zu entlasten“, sagte er. Die angestrebten Investitionen in Kinderbetreuung und Ganztagsschulen wolle die SPD durch Einsparungen im Haushalt und den Abbau schwarz-gelber Subventionen bezahlen.
    Quelle: FR
  10. Spenden: CDU knapp vor der DVU
    Wie das Büro des Bundestagspräsidenten nun veröffentlichte, bekam die CDU im vergangenen Jahr 1,1 Millionen Euro an Spenden von mehr als 50.000 Euro. Da diese sogenannten Großspenden unverzüglich an den Bundestagspräsidenten gemeldet werden müssen, sind die Zahlen für das Jahr 2010 nun bekannt.
    Betrachtet man nur die bisher bekannten Großspenden, bekam die CDU am meisten. Die Schwesterpartei CSU erhielt etwas mehr als eine halbe Million, Koalitionspartner FDP bekam circa 446.000 Euro. Wesentlich weniger Geld ging an die Oppositionsparteien. Die SPD sammelte etwa 350.000 Euro ein, die Linkspartei 175.000 Euro und an die Grünen genau 60.001 Euro – übrigens von der Allianz. Das Versicherungsunternehmen bedachte 2010 alle im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der Linkspartei mit 60.001 Euro. An alle oder mehrere Parteien zu spenden, ist eine Praxis, die viele Unternehmen verfolgen.
    Dem Online-Dienst Abgeordnetenwatch zufolge, der die Veröffentlichung des Bundestagspräsidenten auswertete, ist der größte Spender der Autohersteller BMW. Er überließ CDU, CSU, FDP und SPD Fahrzeuge in einem Gesamtwert von fast einer halben Million Euro. An zweiter Stelle der Großspender kommt die Deutsche Vermögensberatung mit ihrer Tochtergesellschaft Allfinanz, die 400.000 Euro an CDU und FDP spendete. Die dritthöchsten Spenden verteilte der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie. Nach Angaben von Abgeordnetenwatch überwies er FDP und CSU zusammen 380.000 Euro.
    Quelle: SZ

    Anmerkung J. K.: An zweiter Stelle der Großspender kommt die Deutsche Vermögensberatung mit ihrer Tochtergesellschaft Allfinanz, die 400.000 Euro an CDU und FDP spendete – das sollte man sich immer im Hinterkopf behalten. Dann werden einige politische Entscheidungen vielleicht verständlicher.

  11. Obama gibt dem Öldruck nach
    Die Regierung von US-Präsident Barack Obama will für 13 Unternehmen den Weg frei machen, ihre Tiefseebohrungen fortzusetzen, die im vergangenen Frühjahr wegen der Umweltkatastrophe nach der Explosion der BP-Bohrinsel »Deepwater Horizon« gestoppt werden mussten. Washington will darauf verzichten, bereits laufende Projekte, die lediglich unterbrochen sind, erneut auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu prüfen, wie das Innenministerium mitteilte.
    Damit seien allerdings noch nicht alle Hürden für die Fortsetzung der Bohrungen abgebaut, hieß es. Die 13 Unternehmen, zu denen die Multis Shell und Chevron gehören, müssen zunächst noch belegen, dass sie die strengeren Sicherheitsvorschriften erfüllen, die nach der Explosion der Bohrinsel im April 2010 eingeführt wurden. Bei der größten Umweltkatastrophe in der USA-Geschichte war das Öl 87 Tage lang unkontrolliert ins Wasser geflossen – insgesamt rund 800 Millionen Liter Rohöl. Bei der Explosion waren elf Menschen ums Leben gekommen.
    Die jetzt in Washington erfolgte Ankündigung stellt nach offizieller Lesart keine Änderung der neuen, schärferen Regeln für Tiefseebohrungen dar, die das Ministerium erst im Dezember bekannt gegeben hatte. Denen zufolge werden neue Bohrvorhaben oder neue Genehmigungen für bereits erlaubte Projekte deutlich strenger überprüft als bislang. Für Bohrungen, die schon liefen, als die Bohrinsel des Ölkonzerns BP im Golf von Mexiko versank, gelte dies nicht in vollem Maße, wie aus der Behörde nun verlautete.
    Quelle: Neues Deutschland
  12. Linken-Bashing – CSU fordert Totalüberwachung der Linken
    Der Text war eine Steilvorlage für den politischen Gegner: Mitten in der Programmdebatte der Linken hat deren Vorsitzende Gesine Lötzsch in einem Beitrag für das Marxisten-Blatt “Junge Welt” den Kommunismus zum Ziel ihrer Partei erklärt. Nun schwillt die Welle der Empörung an.
    “Frau Lötzsch stellt sich außerhalb unserer Verfassung”, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am Mittwoch SPIEGEL ONLINE. “Wer den Kommunismus zum Parteiziel erhebt, greift die freiheitlich demokratische Ordnung unseres Grundgesetzes an.” Ähnliche Töne schlug Dobrindts Amtskollege von der CDU, Hermann Gröhe, an. “Die skandalöse Kommunismus-Sehnsucht von Gesine Lötzsch ist ein Schlag ins Gesicht aller Opfer dieser menschenverachtenden Ideologie”, erklärte Gröhe.
    Quelle: Spiegel

    Siehe zur Kampagne gegen Lötzsch vorher im Spiegel selbst:

    Wege zur Desinformation
    Quelle: le bohémien

    Anmerkung J. K.: Man muss Frau Lötzschs Position nicht teilen. Allerdings scheint es den Pharisäern der CDU/CSU keinerlei Kopfzerbrechen zu bereiten ganze Nationen an Finanzmarktspekulanten und Bankrotteure zu verkaufen. Ganz zu schweigen von den realen kriminellen Machenschaften um das Desaster der Bayerischen Landesbank mit der Hypo Alpe Adria.
    Und wen die Spiegel-Journaille in diesem Zusammenhang über die „Blutspur“ des Kommunismus schwadroniert, wie sieht es dann mit der „Blutspur“ des Finanzmarktkapitalismus aus?
    Siehe dazu den Beitrag “Finanzkrise XXXI

  13. Der Hypo Alpe-Sumpf
    1. Reiche Ernte für die Wohlhabenden – Die Hypo Alpe erwies sich als Goldgrube für betuchte Investoren.
      Die Hypo Alpe-Adria-Bank erwies sich für eine Reihe betuchter Investoren als Goldgrube: Von der Milliardärswitwe Ingrid Flick über den Ex-Chef von Kika/Leiner, Herbert Koch, bis zu Gesundheitsökonom Christian Köck – sie steckten in Summe Millionen in die Hypo-Leasing-Tochter und gingen dabei so gut wie kein Risiko ein.
      Denn sie ließen sich von den Hypo-Vorständen nicht nur fette Dividenden zusichern, sondern auch den Rückkauf der Aktien zum Nominale, ganz unabhängig von der Geschäftsentwicklung der Hypo Leasing. So musste das Unternehmen für 2007, als es bereits bergab ging, insgesamt 14,75 Millionen Euro auf das Volumen von 200 Millionen Euro Vorzugsaktien ausschütten. Auch 2008, als die Leasing bereits 140 Millionen Euro Verlust schrieb, gab es 12,25 Millionen Euro Dividende. Und 2009 – wenige Monate vor der Verstaatlichung der Hypo – erhielten die Investoren ihr gesamtes Kapital zurück.
      Quelle: Kurier
    2. Wer ist wer im Hypo-Sumpf?
      Entschlossen blickte Ivo Sanader, einst Premierminister von Kroatien und derzeit in Auslieferungshaft in Salzburg, in die Webcam. Per Videokonferenz stellte er sich den Fragen des Untersuchungsausschusses des Kärntner Landtages, der das Desaster der einst landeseigenen Hypo Alpe Adria-Bank aufklären möchte. Nein, er habe nie Provisionen von dieser Bank erhalten oder verlangt, versicherte der Mann, der sich in seiner Heimat massiven Korruptionsvorwürfen stellen müssen wird. Kein Ausschussmitglied im überfüllten Saal 209 des Klagenfurter Landesgerichts kam auf die Idee nachzuhaken. Etwa, ob er dann nicht Gefälligkeiten von kroatischen Kreditkunden des Kärntner Finanzinstitutes erhalten habe? Infrage kämen zum Beispiel der kroatische Multiunternehmer Miroslav Kutle oder der Industrielle und deutsche Honorarkonsul in Rijeka, Robert Ježic, der nur einen Tag vor Sanader verhaftet worden war. Gegen beide ermittelt die kroatische Antikorruptionsbehörde seit Jahren wegen des Verdachts der Bestechung und des Betrugs. Mit beiden stand die Hypo in umfangreicher Geschäftsbeziehung.
      Gerade die oft irrwitzigen Investitionen in Kroatien waren es, welche das provinzielle Geldinstitut, das sich zur Hausbank der Balkanmafia gemausert hatte, an den Rand des Ruins brachten. Die einzige Rettung: Vor einem Jahr musste die Hypo notverstaatlicht werden. Die Bayerische Landesbank, drei Jahre stolzer Mehrheitsaktionär der Bank, hatte zu diesem Zeitpunkt 3,7 Milliarden Euro bei ihrem Kärnten-Abenteuer verloren und das Handtuch geworfen. Unter dem neuen Eigentümer, der Republik Österreich, kämpft die Bank nach wie vor mit milliardenschweren Altlasten. Gottwald Kranebitter, der derzeitige Chef, rechnet auch für 2010 mit »massiven Verlusten«, die er auf 700 bis 900 Millionen Euro schätzt. Ganz Zweckoptimist, hofft er, in zwei Jahren wieder die Gewinnzone erreicht zu haben.
      Quelle: Die Zeit
    3. Bank für Kriegsverbrecher und Terroristen?
      Als vor fast genau drei Jahren der Kaufvertrag für die Hypo Alpe Adria unterschrieben war, bejubelte der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser das seiner Ansicht nach tolle Geschäft. Der Kauf der Kärntner Finanzgruppe durch Bayerns Landesbank sei ein “klassischer Win-Win-Vorgang”. Die BayernLB bekomme mit ihrer Expansion nach Österreich und von dort auf den Balkan mehr als eine Million neue Kunden, rechnete der CSU-Politikern den Kritikern des Milliardengeschäfts vor, die seinerzeit bereits Bedenken äußerten.
      Hätte Faltlhauser gewusst, welche Kunden sich die Landesbank bei der Hypo Alpe Adria zum Teil einhandelte, dann wäre seine große Freude vermutlich schnell in blankes Entsetzen umgeschlagen. Nach der Übernahme der Kärntner Bank, die insbesondere im ehemaligen Jugoslawien gerne Kredite gewährte, schaute sich die BayernLB Ende 2007 die neue Tochterbank etwas genauer an.
      Die Hypo Alpe Adria verglich ihre Kundendaten mit Listen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen, die mutmaßliche Kriminelle aufzählten, mit denen keine Geschäfte gemacht werden sollten. Das Ergebnis war erschreckend.
      Bei Tochtergesellschaften der Hypo Alpe Adria außerhalb Österreichs seien 24 Kriegsverbrecher und zwei Terroristen als Kunden entdeckt worden, berichtete der Konzernbeauftragte der Landesbank für Wirtschaftskriminalität, als ihn die Münchner Staatsanwaltschaft kürzlich als Zeugen vernahm.
      Die Strafverfolger gehen dem Verdacht dunkler Machenschaften beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) nach, und sie stoßen auf immer neue Abgründe. Die HGAA war damals schon als Skandalbank bekannt – und als “Haider-Bank”. Der inzwischen verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hatte sich mit Hilfe der Hypo Alpe Adria als Wohltäter des Volkes aufgespielt.
      Quelle: SZ
  14. BayernLB – Ex-Risikovorstand Gribkowsky verhaftet
    Vor einer Woche erschien Gerhard Gribkowsky, früherer Risikovorstand von Bayerns Landesbank, bei der Münchner Staatsanwaltschaft. Er beichtete ein heimliches Millionen-Vermögen, das er in einer österreichischen Stiftung versteckt hatte und auf das die Süddeutsche Zeitung gestoßen war.
    An diesem Mittwoch kam die Staatsanwaltschaft zu ihm nach Hause in den Münchner Vorort Grünwald, um ihn wegen “dringenden Tatverdachts” zu verhaften. Gribkowsky wird Veruntreuung von Vermögen der Landesbank, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vorgeworfen. In Ermittlerkreisen heißt es, daraus könnte Deutschlands spektakulärster und größter Korruptionsfall werden.
    Am späten Nachmittag setzte die Staatsanwaltschaft nach und untersagte der Landesbank eigene Ermittlungen. Auch das Finanzministerium wurde darüber informiert. So soll sichergestellt werden, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht behindert werden.
    Gribkowsky war am Mittwoch verhaftet worden. Der 2008 bei der Landesbank gefeuerte Manager war wegen der ungeklärten Herkunft eines 50-Millionen-Dollar-Vermögens in das Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Das Geld stamme nach ersten Ermittlungen aus einem Geschäft mit Anteilen an der Formel 1, teilte die Behörde mit. Aus der Politik war die BayernLB seither mehrfach zu eigenen Untersuchungen gedrängt worden. # dpa-Notizblock 50 Millionen Dollar soll Gribkowsky 2006 und 2007 in mehreren Tranchen insgeheim aus der Karibik und aus Mauritius kassiert und in die von ihm in Salzburg gegründete Privatstiftung “Sonnenschein” investiert haben, als er noch Vorstandsmitglied der Landesbank war. Das Geld kam nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus der Formel 1. Es wurde in Österreich als “Honorar aus einem Beratungsvertrag in Zusammenhang mit der Formel 1” deklariert.
    Quelle: SZ
  15. Pflegeversicherung – Zu laut, aber richtig
    Der CSU ist es zu verdanken, dass viele Norddeutsche denken, Bayern könnten besser poltern als taktieren. Die bayerische Sozialministerin Christine Haderthauer müht sich redlich, dieses Vorurteil zu bestätigen: Wenn sie nun lautstark gegen die private Pflegezusatzversicherung zu Felde zieht, die auf Wunsch der FDP im Koalitionsvertrag verankert wurde, bringt sie die angeschlagenen Liberalen gegen sich auf und erschwert eine Einigung.
    Das ist schade, denn in der Sache hat Haderthauer recht. Die Pflegeversicherung ist nicht auf eine Zusatzversicherung angewiesen. Und so, wie sie derzeit angedacht ist, besteht die Gefahr, dass die neue private Police viel Aufwand und wenig Ertrag bringen würde.
    Allen Horrorszenarien zum Trotz ist die gesetzliche Pflegeversicherung recht solide finanziert. Steigt die Arbeitslosigkeit nicht dramatisch an, muss der Beitrag voraussichtlich nur um einen Prozentpunkt steigen, um die – vorübergehende – starke Zunahme alter und pflegebedürftiger Menschen zu bezahlen. Das entspricht einem Volumen von 8 bis 9 Mrd. Euro jährlich.
    Und genau hier liegt der Haken: Die neue Zusatzversicherung müsste, um diesen überschaubaren Betrag aufzubringen, einen hohen Verwaltungsaufwand treiben. Denn um soziale Härten zu vermeiden, soll die Zusatzversicherung nach dem Willen der Koalition von einem Sozialausgleich begleitet werden. Und das ist erfahrungsgemäß ein teurer, aufwendiger Prozess.
    Quelle: FTD
  16. Die Wahr-Lügner
    An einem Mittwochabend Anfang Dezember erzählte Peer Steinbrück von seinen Heldentaten während der Krise. Die Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin hatte zur Diskussion eingeladen – und Steinbrück teilte kräftig aus. Gegen die Banker, die den Ernst der Lage nicht begriffen hatten. Gegen die Amerikaner, die Lehman Brothers nicht retteten. Gegen die Opposition, die die Verstaatlichung der Hypo Real Estate nicht mitmachen wollte. Ob auch er einen Fehler gemacht habe, wurde Steinbrück gefragt. Der frühere Finanzminister hielt inne. Ja, das mit den Konjunkturprogrammen, sagte er dann: »Die hätten zwei Monate früher kommen müssen.«
    Die meisten deutschen Ökonomen lehnten Konjunkturprogramme vor der Krise ab. Sie werden Steinbrück für diese Antwort noch lange dankbar sein. Der Staat kann es nicht, das haben sie immer gewusst – und nun die amtliche Bestätigung. Es sind Experten wie Stefan Homburg, Finanzwissenschaftler an der Universität Hannover und im Nebenberuf Steuerberater. Konjunkturprogramme wirken »gar nicht oder immer zu spät«, sagt er. Also solle man am besten ganz die Finger davonlassen.
    Die FAZ berief sich auf eine Studie des Ökonomen Volker Wieland von der Universität Frankfurt ( Keynesian Government Spending Mulitpliers and Spillovers in the Euro Area ). Demnach erscheine es »wahrscheinlich, dass die Konjunkturprogramme insgesamt mehr gekostet als gebracht haben«. Was die Zeitung nicht schrieb: Dass der Geldtheoretiker Wieland von der neoklassischen Denkschule geprägt wurde, also ein ausgewiesener Gegner staatlicher Konjunkturprogramme ist. Das ist ungefähr so, als ließe man einen Vegetarier eine Currywurst beurteilen. Oder einen FDP-Wirtschaftspolitiker das Parteiprogramm der Grünen.
    Es gab nur das Urteil, keinen Hinweis auf den Hintergrund des Urteilenden. Unbedarftere Leser mussten die Ergebnisse für allgemeingültig und wahr halten.
    So ist das oft, wenn Ökonomen in den Medien zitiert werden, auch in der ZEIT. Und so wird eine Objektivität suggeriert, die es nicht gibt. Denn die Ökonomie ist keine exakte Wissenschaft, sie kennt Moden, Trends, Ideologien. Der Ökonom Ralph Brüggelmann, immerhin vom arbeitsnahen (? arbeitgebernahe (WL)) Institut der Deutschen Wirtschaft, hat ausgerechnet, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt allein im Jahr 2010 zwischen ein und 1,5 Prozentpunkte höher ausgefallen sein dürfte als ohne Konjunkturprogramm. Es kommt also stark darauf an, wen man fragt.
    Quelle: Die Zeit

    Anmerkung J. K.: Durchaus verblüffend was in diesem Artikel zu lesen ist. Leider spricht die sonstige Berichterstattung der Zeit eine andere Sprache.

  17. Sarrazins Thesen auf dem Prüfstand
    Die hier dargestellte empirische Datensammlung soll … eine kritische Bestandsaufnahme der von Thilo Sarrazin in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ (Wiesbaden, 2010, 1. Auflage) verwendeten Daten ermöglichen – speziell von jenen aus dem 7. Kapitel „Zuwanderung und Integration“. Einzelne Textpassagen und Zitate aus anderen Kapiteln seines Buches sowie explizite Aussagen zu „Muslimen“ in Interviews fanden hierbei ebenfalls Berücksichtigung.
    Das daraus entstandene und nun vorliegende Dossier möchten wir dazu nutzen, die empirische Sachlage zum Stand der Integration von „Muslimen“ in Deutschland unter den Aspekten der strukturellen, kulturellen und sozialen Vergemeinschaftung zusammenzutragen, um sie mit den diesbezüglichen Aussagen von Thilo Sarrazin zu vergleichen.
    Aufgrund der verzerrten medialen und politischen Debatten im Anschluss an die Buchveröffentlichung aber auch aufgrund unserer langjährigen diesbezüglichen Analysen in unserem wissenschaftlichen Arbeitsalltag an der Humboldt-Universität zu Berlin, sehen wir uns verpflichtet, eine Richtigstellung in der gegenwärtigen Diskussion herbeizuführen und uns vorliegende Daten zum tatsächlichen Stand der Integration von „Muslimen“ in Deutschland in einer Übersicht zusammenzutragen und zu analysieren.
    Auszug aus dem Fazit:
    Man muss das Buch von Thilo Sarrazin nicht gelesen haben, um die abwertenden Thesen speziell mit Bezugnahme auf „die Muslime“ – wahlweise auch auf „die Türken und Araber“ – nachvollziehen oder rechtfertigen zu können. Auch nach intensiver Lektüre bleiben sie tendenziös und pauschal abwertend. Vielmehr verliert sich durch die Lektüre der, durch die mediale Wortmeldung suggerierte, Objektivitätsgehalt hinter einer deutlich volkswirtschaftlich geprägten, den Menschen nach ökonomischen Aspekten wertenden Subjektivität, die Geringverdiener als weniger wert für die deutsche Gesellschaft einschätzt, Migranten als potenzielle Belastung und Muslime als volkswirtschaftliche Schädlinge. Besserverdiener gelten im Gegenzug als intelligenter, als wertvoller und als berechtigter, Nachwuchs zu zeugen.
    Die Thesen des Buches sind zudem weitgehend identisch mit Thilo Sarrazins Wortbeiträgen in den Medien und den Vorab-Publikationen der BILD und des SPIEGEL. Es ist daher eher als eine Verkaufstaktik zu bewerten, wenn Sarrazin suggeriert, sein Buch könne nicht verstanden werden, ohne dass man es vorher gelesen habe.
    Quelle: Forschungsprojekt „Hybride europäisch-muslimische Identitätsmodelle (HEYMAT)“ an der Humboldt-Universität zu Berlin [PDF – 1.6 MB]
  18. Bundesverfassungsgericht und Meinungsfreiheit
    1. Bundesverfassungsgericht stärkt Rundfunkfreiheit
      Das Bundesverfassungsgericht hat die Durchsuchung eines lokalen Rundfunksenders als grundgesetzwidrig bezeichnet. Mit der Razzia und der Sicherstellung von Redaktionsunterlagen sei gegen die Rundfunkfreiheit verstoßen worden, entschied das Gericht in Karlsruhe. Die Polizei hatte im Jahr 2003 die Räume des Lokalradios „Freies Senderkombinat” in Hamburg durchsucht, der Mitschnitte von Telefonaten der Redaktion mit einem Pressesprecher der Polizei gesendet hatte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen möglicher Verletzung der Vertraulichkeit. Das Landgericht Hamburg hatte die Durchsuchung und Beschlagnahmung für rechtens befunden. Das Verfassungsgericht verwies den Fall nun zur erneuten Entscheidung an das zuständige Amtsgericht in der Hansestadt zurück.
      Aus der Entscheidung:
      Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit schützt in seiner objektiven Bedeutung die institutionelle Eigenständigkeit des Rundfunks von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen. Von diesem Schutz ist auch die Vertraulichkeit der
      Redaktionsarbeit umfasst, die es staatlichen Stellen grundsätzlich verwehrt, sich einen Einblick in die Vorgänge zu verschaffen, die zur Entstehung von Nachrichten oder Beiträgen führen, die in der Presse gedruckt oder im Rundfunk gesendet werden. Unter das Redaktionsgeheimnis
      fallen auch organisationsbezogene Unterlagen, aus denen sich Arbeitsabläufe, Projekte oder die Identität der Mitarbeiter einer Redaktion ergeben. Sowohl die Anordnung der Durchsuchung der Räume des Beschwerdeführers als auch die fachgerichtlichen Entscheidungen, die die
      bild- und skizzenhafte Dokumentation der Redaktionsräume und die Mitnahme redaktioneller Unterlagen sowie die Anfertigung von Ablichtungen hiervon als rechtmäßig erachten, greifen daher in die Rundfunkfreiheit ein.
      Diese Eingriffe sind verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
      Quelle: Bundesverfassungsgericht
    2. Siehe aber auch:

    3. Publikationsverbot für die „Verbreitung rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts“ ist verfassungswidrig
      Die Meinungsfreiheit schützt grundsätzlich – in den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG – auch die Verbreitung rechtsextremistischer Meinungen. Die Weisungsbefugnis im Rahmen der für verurteilte Straftäter angeordneten Führungsaufsicht gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB fällt unter die Schranke der allgemeinen Gesetze. Das Instrument der Führungsaufsicht erlaubt es grundsätzlich, einem verurteilten Straftäter auch nach Verbüßung seiner Strafe aus präventiven Gründen bestimmte legale und grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen zu verbieten. Bei einer solchen präventiven Zwecken dienenden staatlichen Maßnahme, die an eine Meinungsäußerung anknüpft, ist indes – neben einer sich auf nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte stützenden Gefahrenprognose – eine am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierte sorgfältige Abwägung zwischen den durch die Meinungsäußerung drohenden Beeinträchtigungen und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch deren Einschränkung erforderlich.
      Hierbei kann dahin stehen, ob die durch das Oberlandesgericht vorgenommene Gefahrenprognose den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Denn das Publikationsverbot schränkt den Beschwerdeführer jedenfalls unverhältnismäßig in seiner Meinungsfreiheit ein.
      Quelle: Bundesverfassungsgericht
    4. Siehe dazu auch:

    5. Meinungsfreiheit auch für Neonazis
      Quelle: SZ
  19. Zu guter Letzt: Hagen Rether beim Satire Gipfel Jahresrückblick
    Hagen Rether beim Satire Gipfel Jahresrückblick am 30. Dezember 2010 über Apokalypter von gestern, sozial Schwache und beim Stummen seines Bartes
    Quelle: 3Sat / YouTube

    Anmerkung M. B.: Bekam eigentlich jemand mit, dass Mathias Richling den Satiregipfel abgibt und das seine letzte Sendung war? Dieter Nuhr wird der Nachfolger. Richling war nicht immer schlecht. Doch nachdem den Satireklassiker „Scheibenwischer“ kaputt gewirtschaftet und zum Klamaukformat umstrukturiert hatte, die komplette Stammbelegschaft von Georg Schramm über Richard Rogler bis Bruno Jonas fort ging und er mit seinen affektierten Nummern nur noch nervte, nachdem er immer öfter triviale Spaßmacher in die Sendung holte und ihm bzw. der ARD der Scheibenwischer-Erfinder Dieter Hildebrandt, die Namensrechte entzog, werden wir ihn nicht unbedingt vermissen.
    Ob es Nachfolger Dieter Nuhr besser machen wird, werden wir sehen.

    So wird 2011

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