Schlagwort:
Staatsschulden

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Zypern – ein weiteres Opfer der Finanzkrise

Die Republik Zypern ist ein sehr anschauliches Beispiel für den Charakter der Eurokrise. Ebenso wie Irland und Spanien hatte Zypern am Vorabend der Finanzkrise kein Staatsschulden- und auch kein Haushaltsproblem. Noch im Jahre 2008 konnte Zypern einen Haushaltsüberschuss von 0,9% erzielen und damit seine Staatsschuldenquote auf 48,9% des BIP senken – weit unter den Maastricht-Kriterien von 60%. Nicht die Staatsschulden, sondern die geographisch und kulturell bedingte Nähe zum Krisenstaat Griechenland und die zu großen Banken wurden dem Land zum Verhängnis. Bislang konnte die zypriotische Volkswirtschaft dank einer antizyklsich Wirtschaftspolitik an der großen Krise vorbeischrammen. Doch nun droht Zypern eine von der Troika EU/EZB/IWF verordnete Austeritätspolitik, die dem Land wahrscheinlich das Genick brechen wird. Von Jens Berger.

Fiskalpakt durch Schuldentilgungspakt und Wachstumsinitiative ablösen

Bei der Zustimmung zum Fiskalpakt zeichnet sich im Deutschen Bundestag die verfassungsrechtlich erforderliche Mehrheit ab. SPD und DIE GRÜNEN haben ursprünglich ihr Ja an drei Bedingungen geknüpft: eine Wachstums- und Beschäftigungsinitiative vor allem für die Euro-Krisenländer, ein entschiedener Einstieg in die Finanztransakti­onsteuer sowie einen zu schaffenden Fonds zur Tilgung übermäßiger Staatsschulden. Alle drei Forderungen sind für sich genommen richtig und verdienen Unterstützung. Die entscheidende Frage ist jedoch, in welchem Ver­hältnis diese drei Forderungen zu den mit dem Fiskalpakt eingehandelten gesamtwirtschaftlichen Folgen stehen. Von Rudolf Hickel.

Einigung auf Fiskalpakt – ein politisches Schmierentheater

Da hat das Bundesverfassungsgericht in dieser Woche dem Parlament gegenüber der Regierung und deren Tendenz, politisch brisante Entscheidungen mittels Geheimdiplomatie über die europäische Ebene durchzusetzen, nachdrücklich den Rücken gestärkt, doch die Opposition denkt nicht daran ihre parlamentarische Macht einzusetzen. SPD und Grüne könnten angesichts der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Bundestag zur Verabschiedung des Fiskalpakts wie kaum bei einer anderen Entscheidung in dieser Legislaturperiode politischen Druck ausüben, doch Frank-Walter Steinmeier, Sigmar Gabriel, Cem Özdemir und Jürgen Trittin spielen bestenfalls parlamentarisches Schmierentheater. Da hauen SPD und Grüne ein paar Wochen lang auf die Pauke und wollen dem Publikum einpauken als hätten sie eine Alternative zur Regierung anzubieten, doch jedem einigermaßen Kundigen war von Anfang an klar, dass es nur viel Lärm um nichts war. Von Wolfgang Lieb.

Spanien und die Brandstifter – eine hausgemachte Krise

Wer das Epizentrum der Eurokrise in Athen verortet, wird sich vermutlich schon bald verwundert die Augen reiben. Während Europa ohne eine ernstzunehmende Debatte den Fiskalpakt verabschiedet und gespannt auf das Wahlergebnis in Griechenland wartet, hat sich die Finanzkrise binnen weniger Wochen in Spanien von einer steifen Brise zu einem zerstörerischen Orkan entwickelt. Die spanische Krise kann als Musterbeispiel für das Versagen Europas gelten. Sehenden Auges haben Brüssel und Berlin eine bis vor kurzem noch grundsolide Volkswirtschaft mit ihrer aufgezwungenen Austeritätspolitik ruiniert. Selbst jetzt – wo die Katastrophe unmittelbar vor der Tür steht – verweigert Europa jegliche echte Hilfe und schaut stattdessen tatenlos zu, wie sich die Eurokrise zu einem Flächenbrand ausweitet … einem Flächenbrand, der nicht an Ländergrenzen haltmacht und nun ganz Europa bedroht. Von Jens Berger.

„Die total verrückte Lindner-Show“

Der plötzliche Aufschwung der Piraten wird vielfach damit erklärt, dass diese neue Partei eine Projektionsfläche für viele Politikverdrossene biete, die mit den Strukturen und Inhalten der etablierten Parteien unzufrieden sind. Daneben geht völlig unter, dass es einen viel größeren „Scheinriesen“ gibt, nämlich Christian Lindner. Wie in dem Kinderbuch Jim Knopf ist es so, dass je näher man ihm kommt, der Riese umso kleiner wird. Während der Piratenpartei wenigstens die Rolle eines Hoffnungsträgers zukommt, ist Christian Lindner ausschließlich das Produkt eine Medienhypes und ein praktisches Beispiel dafür, wie eine kleine gesellschaftliche Interessengruppe mit großem Geld demokratische Wahlentscheidungen kaufen kann. Von Wolfgang Lieb

Die Legende von der Pleite der DDR

Exbundeskanzler H. Schmidt ließ sich Anfang April in dem umstrittenen Film über Margot Honecker zitieren. Dort stützte er seine Auffassung über die besonders hohe Westverschuldung der DDR als deren Grund für ihren “ausweglosen Untergang“. Dadurch befestigte er die gängige Klischee-Vorstellung der herrschenden Mainstream-Ideologie, die im Widerspruch zum offiziellen Bundesbankbericht von 1999 steht, der u. a. diese Westverschuldung der DDR abschließend und vollständig dokumentierte und bewertete. Von Karl Mai.

Die Griechen befragen sich selbst

Im Folgenden wird eine Debatte dokumentiert, die einen wichtigen Aspekt der griechischen Wirklichkeit widerspiegelt. Diese Debatte setzt sich aus den Auszügen von Leserbriefen zusammen, die auf einen Artikel in der Athener Zeitung „To Vima“ (Die Tribüne) vom 15. März reagieren. Der Text des Journalisten Sifis Polymilis nimmt Bezug auf zwei Ereignisse, die man kennen muss, um die Argumente und Anspielungen der Leserbriefschreiber zu verstehen. Da ist zunächst ein aktueller Skandal von Korruption bei einer Verwaltungsstelle der allgemeinen staatlichen Krankenkasse (IKA) und zum anderen eine provokative Äußerung des Pasok-Politikers Theodoros Pangalos, der behauptete „Gemeinsam haben wir das (Geld) aufgegessen“.
In den Reaktionen der Leser spiegelt sich das ganze Spektrum der innergriechischen Debatten wider, die in unseren Medien fast keinen Widerhall findet. Insgesamt bietet diese Debatte ein authentisches – und meines Erachtens ziemlich repräsentatives – Abbild einer intensiven Selbstbefragung, die für die Zukunft der griechischen Gesellschaft von entscheidender Bedeutung ist. Von Niels Kadritzke.

Onkel Dagobert öffnet seinen Geldspeicher

Am 1. März gab es wieder Liquidität zum Vorzugspreis für die Kreditinstitute. Die Europäische Zentralbank (EZB) stellte 529 Milliarden Euro zur Verfügung. Zusammen mit den knapp 500 Milliarden vom Dezember 2011 wurde innerhalb weniger Wochen über eine Billion Euro in das Bankensystem gepumpt. Es ist der US-amerikanische Ansatz zur Krisenbewältigung bzw. Krisenprävention. Aber ist es auch der richtige? Von Günther Wierichs.

Fiskalpakt: Selbstmord aus Angst vor dem Tod

Mit dem am 2. März auf europäischer Ebene unterzeichneten Fiskalpakt verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten dazu, künftig keine nennenswerte Neuverschuldung mehr zuzulassen. Dies jedoch ist fatal, besteht die beste Möglichkeit, den Schuldenberg zu entschärfen, doch in einem soliden Wachstum. Eine Schuldenbremse bremst jedoch nicht die Schulden, sondern das Wachstum. Schlussendlich wird der Fiskalpakt somit nicht zur Stabilisierung, sondern zur Destabilisierung beitragen. Von Jens Berger.

Die Milliardenlüge

In steter Regelmäßigkeit malen die Medien das Schreckensbild, dass der Steuerzahler für Verluste der EZB haften müsste. Gerade im Zusammenhang mit einer immer wahrscheinlicher werdenden Umschuldung Griechenlands wird beim Bürger damit Angst geschürt und darauf hingewirkt, Angela Merkels Sparpolitik als alternativlos darzustellen. Doch eine Lüge wird nicht wahrer, wenn man sie ständig wiederholt. Die EZB ist eine Zentralbank und keine „Europäische Sparkasse“. Verluste der EZB müssen nicht zwingend durch den Steuerzahler beglichen werden – wer Gegenteiliges behauptet, kolportiert somit eine Milliardenlüge. Von Jens Berger.

Flassbecks „Zehn Mythen der Krise“ – ein Kippbild zur herrschenden Lehre

Heiner Flassbeck, 1998/1999 Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen und seit 2003 Chefvolkswirt der Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen (UNCTAD) liebt die klare Sprache und er ist ein unerbittlicher Kritiker der herrschenden ökonomischen Lehre. Sein wirtschaftstheoretischer Blick auf die Wirklichkeit lässt sich – bildlich gesprochen – am ehesten mit einem Kippbild vergleichen. Das heißt, man muss sich auf einen Wechsel der Wahrnehmung der ökonomischen Zusammenhänge gegenüber der „Mainstream-Ökonomie“ einlassen und erkennt plötzlich ein völlig anderes Bild als dasjenige, das die herrschende Meinung zeichnet. Von Wolfgang Lieb

Szenarien für die Zukunft Griechenlands

In der Zeitung Kathimerini erschien am letzten Sonntag ein Artikel, der herausarbeitet, wie sich aus Athener Sicht die „griechische Frage“ zu Beginn einer Woche darstellt, die von den meisten Kommentatoren als entscheidend für das weitere Schicksal des Landes angesehen wird. Im Mittelpunkt steht dabei das drohende Scheitern der sogenannten PSI+ -Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und ihren Gläubigern, repräsentiert durch Charles Dallara vom Institute of International Finance (IIF) und Jean Lemierre als Bevollmächtigten für die anderen privaten Gläubigergruppen. Dabei steht das Kürzel PSI für „private sector involvement“, während PSI+ bedeutet, dass auch nicht private Bondholder wie die EZB in die Umschuldung einbezogen werden könnten. Übertragung und Anmerkungen von Niels Kadritzke

Die geplante, angestrebte Weltwirtschaftskrise und Versuche zur Rettung (AM’s Wochenrückblick)

Es ist ja immer wieder erstaunlich, welch einen ausgemachten Stuss ein öffentlich-rechtlicher Sender wie der Deutschlandfunk in den Äther entlassen kann. Und es ist bedrückend mit anzusehen, mit welchem Zynismus wohl dotierte und im allgemeinen Bewusstsein hochgestellte Persönlichkeiten den wirtschaftlichen Niedergang zulasten der Mehrheit predigen können. Im konkreten Fall geht es um ein am vergangenen Montag im Deutschlandfunk ausgestrahltes Interview mit dem Präsidenten der Frankfurt School of Finance and Management, Udo Steffens. Albrecht Müller.

Michel Rocard / Pierre Larrouturou, „Warum sollen Staaten 600-mal mehr als Banken zahlen?“

Kann es sein, dass Privatbanken, die sich üblicherweise zu 1% bei Zentralbanken refinanzieren, in Krisenzeiten in den Genuss eines Zinssatzes von 0,01% kommen, während in der gleichen Krise einige Staaten gezwungen werden, 600 bis 800 mal höhere Zinssätze zu zahlen?
Inhalte eines in der Pariser Tageszeitung Le Monde vom 3.1.2012 (S.20) erschienen Artikels übertragen von Gerhard Kilper