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Medien und Medienanalyse

„Ich hoffe, dass in den Verlusten auch ein Zeichen von Abwendung steckt“ – Interview mit Günter Wallraff

Die Otto Brenner Stiftung (OBS) hat wieder einmal einen kritischen Blick auf die Berichterstattung der deutschen Medien geworfen. Nachdem die Autoren Hans-Jürgen Arlt und Wolfgang Storz im letzten Jahr den Wirtschaftsjournalismus vor und während der Wirtschafts- und Finanzkrise begutachteten, analysierten sie in diesem Jahr die Berichterstattung Deutschlands auflagenstärkster Tageszeitung während der Euro- und Griechenlandkrise. Die Studie »Drucksache „Bild“ – Eine Marke und ihr Mägde« wird heute im Printformat veröffentlicht und am Freitag ausführlich auf den NachDenkSeiten vorgestellt. Bereits heute möchten wir unseren Lesern das Interview der OBS-Autoren mit dem Enthüllungsjournalisten und BILD-Kenner Günter Wallraff vorstellen. Jens Berger

Über die Beschönigung der Lage und des Versagens der Medien

In den NachDenkSeiten hatten wir gelegentlich schon mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass selbst als kritisch geltende Medienschaffende die Lage der Medien in Deutschland freundlich sehen und deshalb unsere Sorgen wegen des „Versagens der Medien als kritischer Instanz“ nicht teilen. Jetzt erscheinen Plakate und Anzeigen von ARD und ZDF mit der Überschrift „Eine Demokratie ist so stark wie ihre Medien.“
und dem Text: „Deutschland hat eine der vielfältigsten und hochwertigsten Medienlandschaften der Welt.“ Überschrift und Text steht neben einem groß abgebildeten Berlusconi. Wir sollen lernen, dass Berlusconi weit weg ist und anders als in Italien die „Berlusconisierung“ bei uns nicht ansteht. Wer die Wirklichkeit mit wachen Augen beobachtet, wird sich über eine solch beschönigende Beschreibung der Medienlandschaft wundern. Albrecht Müller.

Eine erstaunliche Kampagne der Süddeutschen Zeitung gegen Urban Priol

Zwischen 28. und 31. März sind in der Süddeutschen Zeitung und bei süddeutsche.de drei Artikel mit heftiger Kritik an Urban Priol veröffentlicht worden. Siehe Dokumentation am Ende dieses Textes. Bei allen drei Artikeln von drei verschiedenen Autoren geht es um den Auftritt von Priol bei der Anti-Atomkraft-Demonstration in München. Wenn Sie sich für Neues aus der Anstalt und für Priols Arbeit oder auch nur dafür, wie solche Kampagnen angelegt werden, interessieren, dann ist die Lektüre dieser drei Artikel zu empfehlen. Albrecht Müller.

Da findet zusammen, was zusammen gehört: Guttenberg wird BILD-Chef

Interne Dokumente, die den NachDenkSeiten vorliegen, bestätigen, was die Spatzen bereits seit längerem von den Dächern pfiffen: Der ehemalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wird in den Vorstand der Axel Springer AG wechseln. Er wird dort Nachfolger von Andreas Wiele, der seinerseits in den Vorstand der RTL-Group wechselt. Zum Verantwortungsbereich Guttenbergs wird dabei neben der BILD-Gruppe auch das neugeschaffene Ressort Social-Media-Relations gehören. Der Axel Springer Verlag sieht hier vor allem auf Facebook ein großes PR-Potential, das bislang noch weitestgehend brachliegt.

Nichts Neues in Sachsen-Anhalt

Wie schon zuvor gibt es auch im künftigen Landtag zwar eine „linke“ Mehrheit (DIE LINKE 23,7% = minus 0,4%, d.h. 29 Sitze; SPD 21,5% = plus 0,1; d.h. 26 Sitze), aber die CDU wird den Ministerpräsidenten stellen, obwohl sie deutlich an Stimmenanteilen verliert (32,5% = minus 3,7%; d.h. 41 Sitze). Die Grünen haben ihren Stimmanteil von 3,6 auf 7,1 % in etwa verdoppeln konnten und ziehen nach 13 Jahren mit 9 Mandaten wieder in den Landtag ein. Die FDP ist mit 3,8% (minus 2,9%) nicht mehr vertreten und hat ihr schlechtestes Ergebnis in diesem Land erzielt. Die rechtsextreme NPD scheitert mit 4,6% nur knapp, holt aber bei den jungen Männern erschreckende 17%. Die CDU rühmt sich mit einem knappen Drittel der abgegebenen Stimmen als „stärkste Kraft“, obwohl von den etwa 2 Millionen Wahlberechtigten nur etwas über eine Million (ca. 51,2%) überhaupt zur Wahlurne ging. Die SPD hat ihr Wahlziel, stärker als die LINKE zu werden, nicht erreicht. Der SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn will auf keinen Fall Wulf Galert von der LINKEN zum Ministerpräsidenten wählen; bleibt also nur die Fortsetzung der Großen Koalition unter Reiner Haseloff (CDU), dem blassen Nachfolger des ausscheidenden Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer. Wolfgang Lieb

Nachtrag zur Frage, ob die demokratische Sanktion noch funktioniert. Ein NachDenkSeiten-Leser meint im Blick auf Baden-Württemberg: Nein!

Seine Beobachtungen sind von allgemeinem Interesse. Hier seine Mail: Ihre vor kurzem im Sonderbeitrag „Spannendes Großexperiment zur Frage, ob die demokratische Sanktion, also die Bestrafung für Fehlverhalten, noch funktioniert“ (15. März 2011) gestellte Frage, ob das System der demokratischen Meinungsbildung noch funktioniert, kann ich zumindest für Baden-Württemberg mit ziemlicher Gewissheit vorhersagen: es funktioniert nicht. Albrecht Müller.

Libyen im toten Winkel der Medien

Der Volksaufstand in Libyen unterscheidet sich gleich in vielfacher Hinsicht von den Revolutionen in den Nachbarländern Ägypten und Tunesien. Während die Diktatoren Mubarak und Ben Ali nach relativ kurzer Zeit dem friedlichen Druck der Straße nachgaben und den Weg für Reformen freimachten, verteidigt der libysche Diktator Gaddafi seine Macht mit äußerster Gewalt. Während die ägyptische und die tunesische Armee bei den Aufständen die Rolle des stabilisierenden Mediators einnahmen, kämpfen in Libyen regierungstreue und abtrünnige Fraktionen der Armee gegeneinander. Aus Perspektive der westlichen Öffentlichkeit besteht der größte Unterschied zwischen den Konflikten jedoch in der medialen Berichterstattung.
Von Jens Berger.

Medienkonzentration und das Fehlen kritischen Verstandes beim Publikum – beides zusammen zerstört die Substanz der Demokratie

Pluralität der Meinungsbildung ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass demokratische Verhältnisse wenigstens der Tendenz nach geschaffen werden können. In weiten Teilen auch der westlichen Welt, nicht nur in Ägypten, in Tunesien oder Saudi Arabien, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Wir haben es mit hoch konzentrierten Medienkonzernen, mit Monopolen und Oligopolen zu tun. In Großbritannien steht eine neue Welle der Konzentration an. www.NachDenkSeiten.de unterstützen einen Vorstoß gegen diese weitere Konzentration. Siehe die Mail dazu in Teil A. – Ein NachDenkSeiten Leser macht aber mit Recht darauf aufmerksam, dass hoch konzentrierte und gleichgerichtete Medien zwar schlimm sind, dass demokratiezerstörend aber hinzu kommt, dass es dem Publikum an Fachwissen und Zusammenhangwissen mangelt, um Vorgänge richtig einzuordnen. Es fehlt der kritische Verstand. Seine Mail finden Sie in Teil B. Albrecht Müller.

Ein weiterer Beleg für die Verflechtung der herrschenden Kreise – Springer hat wie Bertelsmann überall seine Finger im Geschäft

Und wie so oft auf unsere und andere Leute Kosten. Hier eine Mail einer unserer aufmerksamen Leserinnen: ein guter Bericht von Zapp, der den Nagel kurz und bündig auf den Kopf trifft: Um Springer einen Gefallen zu tun und Jens Koch, den Hof-Fotografen von Westerwelle zu helfen, lässt sich Westerwelle vom Iran instrumentalisieren. Hier werden staatliche Stellen erkennbar eingesetzt, um privaten Interessen zu dienen. Selbstverständlich wird sich das dann auch für Westerwelle wieder auszahlen. Wir sollten aufmerksam beobachten, wie er im weiteren Verlauf von den Springer-Medien – Bild, Bild am Sonntag, Welt, Welt am Sonntag, Hörzu und viele regionale Zeitungen und Sender – bedient wird. Albrecht Müller.

Retten die Blogger die Demokratie?

“Retten die Blogger die Demokratie?” – unter diesem bewusst zugespitzten Motto diskutierten am Wochenende auf dem 1. Kölner Bloggerkongress Vertreter der politischen Blogosphäre untereinander und mit dem Publikum. Um es vorwegzunehmen: Eine selbstständige Kraft, die es vermag, große Änderungen zu bewirken, sind die deutschen Politblogs noch lange nicht; als Korrektiv und meinungsbildendes Instrument spielen sie jedoch bereits heute eine relevante Rolle. Um diese Relevanz signifikant zu steigern, wären jedoch Entwicklungen nötig, die aus heutiger Sicht nicht unbedingt realistisch erscheinen. Jens Berger.

SPIEGEL Online-Redakteure, die man sich merken sollte

Man kommt schneller durch den Wust täglicher Nachrichten und Kommentare, wenn man ein bisschen die Hintergründe der Autoren kennt. Im Folgenden ist einfach zusammen kopiert, was in den letzten Tagen bei Spiegel Online an typischen Produkten des Kampagnenjournalismus erschienen ist. Schauen Sie sich bitte die Texte an. Wir haben sie nicht kommentiert. Sie sprechen für sich. Wenn Ihnen andere Autorinnen und Autoren des gleichen Mediums begegnen, die in unsere Zusammenstellung fehlen, aber es verdient hätten, aufgenommen zu werden, dann lassen Sie uns das mit Link wissen. Albrecht Müller.

Auch bei Personen funktioniert die demokratische Kontrolle nicht, wenn ihre PR stimmt. Oder, Verzeihung: „Flaschen“ stützen „Flaschen“.

Im Sozialkundeunterricht lernen unsere Schüler, in Demokratien solle belohnt werden, wer etwas leistet, und politisch bestraft werden, wer versagt. Mit der Realität hat das schon lange nichts mehr zu tun. Wir sind umgeben von Versagern, deren öffentliches Ansehen unglaubliche Höhenflüge macht. Beste aktuelle Beispiele: Bundesbankpräsident Weber und Ex-Finanzminister Steinbrück. Auf sie werden in nahezu allen Medien Loblieder gesungen, die mit der Realität ihrer Arbeit nahezu nichts zu tun haben. Der demokratische Sanktionsmechanismus funktioniert auch bei anderen nicht, die den Interessen jener dienen, die über viel Geld und publizistische Kraft verfügen. So zum Beispiel bei Merkel und Merz, bei zu Guttenberg und bei Schröder, bei Rürup und Riester, bei Sinn und Regling, bei Mehdorn, Köhler, usw. Albrecht Müller.

„Deutschland unter Druck“ – Dazu beginnt heute eine Dokumentationsreihe im Ersten. Empfehlenswert.

Gelegentlich begegnen uns in den öffentlich-rechtlichen Medien Redakteure, die fundiert recherchieren und kritische Filme machen. Einer davon ist Johannes Edelhoff. Er zeichnete verantwortlich für den Film “Der Drückerkönig und die Politik”, hier übrigens zu sehen; Edelhoff verantwortet jetzt zusammen mit einem Kollegen den zweiten Teil der anlaufenden Dokumentationsreihe „Deutschland unter Druck“ Albrecht Müller.

Ist Unterhaltungsfernsehen gesellschaftlich und gesellschaftspolitisch von Bedeutung?

Dieser Frage geht Wolf Bauer, Produzent und Chef der mächtigen Bertelsmann-Tochter Ufa, in einem langen Artikel mit dem Titel „Die unheimlichen Erzieher“ der gedruckten FAZ vom vergangenen Dienstag nach. (Am 27.1. erschienen bei FAZ.NET) Wenn man die jahrzehntelange Diskussion um dieses Thema verfolgt hat, dann weiß man nicht, ob man lachen oder weinen soll. Albrecht Müller.

Neues aus der Anstalt mit Hinweis auf das Konversionsproblem im Finanzsektor

Gestern lief wieder „Neues aus der Anstalt“ mit einer Reihe von Anstößen zum Lachen und zum Nachdenken. Für NachDenkSeiten-Leser war leicht zu erkennen, dass uns mit Priol und Pelzig viel verbindet. Zum Beispiel die Sorge um die galoppierende Ignoranz der Oberschicht. Zum Beispiel die Sympathie für Panorama wegen der Sendungen zu Maschmeyer & Co. Zum Beispiel der Hinweis darauf, dass die Banken und Finanzdienstleister mit dem Verkauf riskanter Papiere weitermachen wie bisher und dass der Finanzsektor offensichtlich ein Beschäftigungsproblem hat. Albrecht Müller.