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Hier finden Sie einen Überblick über interessante Beiträge aus anderen Medien und Veröffentlichungen. Wenn Sie auf “weiterlesen” klicken, öffnet sich das Angebot und Sie können sich aussuchen, was Sie lesen wollen. (AT)

Hier die Übersicht; Sie können mit einem Klick aufrufen, was Sie interessiert:

  1. Panama Papers
  2. Handelsblatt: Höhere Mindestlöhne sind gut
  3. 4 Millionen Jobs vom Mindestlohn betroffen
  4. Der Unterbietungswettbewerb im Werkvertragsrecht
  5. Steigende Armut trotz guter Wirtschaftslage –Problem Kinderarmut ungelöst
  6. Politische Zustimmung für Riester-Rente bröckelt
  7. Flüchtlingskrise: Die Türkei-Lösung ist keine
  8. Die USA pokern
  9. UN-Sicherheitsrat blockiert Russlands Appell zum innersyrischen Dialog und Einbeziehung der Kurden
  10. Wohnungsnot: Studierende leiden unter stark steigenden Mieten
  11. Weltromatag: Ein Mahnmal genügt nicht
  12. Kabinett beschließt Strafen für Freier
  13. Im neoliberalen Käfig
  14. Es gibt keine Alternative, Herr Gabriel!
  15. RT-Exklusivinterview mit Bernie Sanders: “Wir haben eine echte Chance zu gewinnen”

Vorbemerkung: Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Panama Papers
    1. Panama Papers: Leak ist Pop!
      Die Inszenierung übertrumpft die Inhalte: Die Panama Papers zeigen, wie sich die Bedeutung von Leaks verändert hat. Jeder liest darin, was er eh schon immer geglaubt hat. […]
      Beispiel Sahra Wagenknecht. Die auf Facebook ihre Version des Pegida-Schlachtrufs “Lügenpresse!” veröffentlicht. Die Panama Papers offenbarten “manipulative Meinungsmache der westlichen Mainstream-Medien. Zum Beispiel: kein einziger veröffentlichter Name aus den USA – und das bei rund 2,6 Terabyte an Daten.”
      Wagenknecht weiß nicht mehr über die Panama Papers als alle anderen, aber sie weiß ganz, ganz genau, dass die Amerikaner (samt höriger Medien) irgendwie böse sein müssen, und zwar wegen des Nichtauftauchens amerikanischer Namen. Längst wird in amerikanischen Medien diskutiert, dass die USA mindestens drei eingebaute Panamas haben, Delaware, Wyoming und Nevada, wo die Gründung von offshore-artigen Firmen ein Kinderklick ist. Aber Gründe und Hintergründe sind egal, denn Wagenknecht benutzt das erste Popleak, um zu sehen, was sie sehen möchte und entsprechend darauf zu reagieren. Und sie ist damit nicht allein.
      Quelle: Sascha Lobo auf SPIEGEL Online

      Anmerkung Jens Berger: Auch Sascha Lobo sei einmal ein kompletter Aussetzer gestattet. Wagenknechtes vermeintlicher „Lügenpresse-Schlachtruf“ ist ein Zitat aus dem Artikel von Craig Murray, den wir für unsere Leser ins Deutsche übersetzt haben. Den ehemaligen Botschafter Murray, der eigentlich von Freund und Feind als honoriger Mann angesehen wird, mit den besorgten Pegida-Schreihälsen in einen Topf zu werfen, ist schon tolldreist. Aber nicht genug. Lobo wischt die berechtigte Frage, warum in den Panama Papers keine US-Amerikaner zu finden sind, mit einem fragwürdigen Link einfach weg. Debatte beendet! Wirklich? Leider haben weder Lobo noch die sicher ebenfalls honorigen Leute, die in seinem „Fusion-Link“ debattieren, sich die Mühe gemacht, sich näher mit den Panama Papers bzw. der Hintergrundgeschichte rund um die Panama Papers zu beschäftigen. Der in diesem Kontext (auch anderenorts) genannte Foreign Account Tax Compliance Act (FACTA) wurde 2012 in Kraft gesetzt, die ebenfalls erwähnten – und klar zu kritisierenden – Regulierungserleichterungen in Nevada und Wyoming sind auch vergleichsweise jung. Der Datenbestand der Panama Papers geht aber bis ins Jahr 1977(!) zurück. Auch ein großer Teil der wenigen Dokumente, die von den handverlesenen Medien öffentlich gemacht wurden, ist älter als FACTA und Co. Die Argumente aus der „Fusion-Debatte“ ziehen also nicht. Hoffen wir, dass Sascha Lobo in seinen nächsten Kolumnen der Versuchung widersteht, sich mit solchen Kurzschlussattacken billigen Applaus vom Mob zu holen.

    2. Die Panama Papers und der große Unbekannte: Wie glaubhaft ist die Saga vom hehren Whistleblower?
      Das internationale Medienecho auf die Veröffentlichung der Panama Papers ist gewaltig. Die Süddeutsche Zeitung hat dabei vorgeführt, wie man einen Investigativ-Scoop in der heutigen Zeit perfekt orchestriert und über die Kanäle Print, Online und TV mit maximalem Effekt ausliefert. Doch trotz der akribischen Reporterleistung und der Fülle an Material bleiben Fragen – vor allem die nach der Quelle. […]
      Man fragt sich, warum die offenbar mindestens seit dem Frühjahr vergangenen Jahres laufenden Ermittlungen und die „Großrazzia“ (SZ) bei der Commerzbank und verdächtigen Kunden in der Panama Papers-Berichterstattung nicht deutlicher benannt wird. Zu welchen Ergebnissen sind die Fahnder in den vergangenen zwölf Monaten gekommen? Warum war darüber in der Zwischenzeit in der Presse nichts zu lesen? War möglicherweise der damalige SZ-Artikel Auslöser dafür, dass sich der Informant ausgerechnet die Süddeutsche als Lieferadresse aussuchte? Zwischenzeitlich hatten sich laut SZ die Commerzbank, die HSH Nordbank sowie die Hypovereinsbank wegen der Geschäfte mit Mossack Fonseca zu Strafzahlungen in Millionenhöhe bereit erklärt.Wie die Süddeutsche weiter berichtet, haben haben auch andere Länder Daten aus dem älteren, kleineren Bestand erworben, etwa die USA, Großbritannien und Island. […]
      Dabei scheint die Quelle von zentraler Bedeutung. Ein Whistleblower, der aus Gewissensgründen ihm unbekannten Münchner Reportern 2,6 Terrabyte brisanter Daten frei Haus liefert, wie es nun kolportiert wird. Eine Tageszeitung als Anlaufstelle statt der international bekannten Plattform Wikileaks? Das wäre alles nicht undenkbar, aber kann man das einfach so glauben? Wenn nicht einmal die SZ ihren Informanten kennt, wie sie erklärt, wie will man ausschließen, dass hier der Journalismus nicht instrumentalisiert wird, um politischen Druck auszuüben?
      Cui bono? Diese Frage muss gestellt und beantwortet werden.
      Quelle: Meedia

      Anmerkung Jens Berger: Ein Lob an das Medienjournal „Meedia“ für diesen kritischen Bericht, der eigentlich so auch in den großen Zeitungen stehen müsste. Doch die überschlagen sich lieber gegenseitig darin, das Material zweit zu verwerten und stellen lieber keine kritischen Fragen.

      Anmerkung Paul Schreyer: Dieser Bericht stellt wichtige Fragen, unter anderem die nach der Motivation des mutmaßlichen Whistleblowers. Denn zuvor war ja bereits ein kleineres Datenpaket zu der Kanzlei aus Panama für viel Geld verkauft worden, wie “Meedia” anführt: “Wenn das so stimmt, dann wurde der SZ von ihrem Whistleblower praktisch bedingungslos weit aktuelleres und umfangreicheres Material zugeschanzt als das auf dem Datenträger, der seinem Verkäufer immerhin fast eine Million Euro legales Geld einbrachte. Das ist nicht auszuschließen, wirklich plausibel erscheint es nicht.”

    3. Panama Papers: Vor der eigenen Haustür kehren
      Die hiesige Empörung über Briefkastenfirmen in Panama ist groß – dabei ist Deutschland ein wichtigerer Hafen für schmutzige Gelder als das lateinamerikanische Land –
      Nach der Veröffentlichung der sogenannten Panama Papers schlagen die Wellen hoch. Auf die Enthüllungen über Geschäfte mit Briefkastenfirmen in Steueroasen will Bundesjustizminister Heiko Maas mit einem „Transparenzregister“ reagieren. „Die Heimlichtuerei muss ein Ende haben“, sagte der SPD-Politiker. Die Generalsekretärin seiner Partei sprach von Steuerhinterziehung und Geldwäsche „in nie dagewesenem Ausmaß“. Es handele sich um „asoziales Verhalten“, so Katarina Barley, das nicht straflos bleiben dürfe. „Wir müssen Briefkastenfirmen und Stiftungen, deren wirtschaftlich Berechtigte anonym bleiben, weltweit verbieten“, fordert Vizekanzler Sigmar Gabriel.
      Es sei „eine Schande, dass wir im Kampf gegen die elendige Steuerflucht auf solche Datenlecks angewiesen sind“, kommentierte der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold die Medienenthüllungen. „Wir brauchen öffentliche Unternehmensregister, aus denen die wirtschaftlich Begünstigten von Briefkastenfirmen eindeutig hervorgehen“, so der Finanzexperte und Mitbegründer von Attac-Deutschland.
      Quelle: Hintergrund

      dazu: Anonymität und keine unbequemen Fragen
      Wer „Steueroase“ oder „Offshore“ hört, denkt an exotische Finanzplätze wie die Britischen Jungferninseln. Doch tatsächlich machen es ausgerechnet OECD-Staaten Steuerhinterziehern und Geldwäschern besonders einfach.
      Quelle: FAZ

      Anmerkung unseres Lesers J.A.: Sogar die reichenfreundliche FAZ hat’s gemerkt, daß Deutschland eine besonders gute Steueroase darstellt.

    4. „Steuerhinterziehung ist asozial“
      Nach den Enthüllungen durch die sogenannten Panama Papers über zweifelhafte Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen am Wochenende, fordert die SPD harte Konsequenzen. Steuerschlupflöcher müssten geschlossen, Steuerkriminalität entschieden bekämpft und die internationale Zusammenarbeit wesentlich verbessert werden. „Steuerhinterziehung ist asozial und Betrug an der Gesellschaft“, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley.
      Finanzinstitute, darunter deutsche Banken und ihre Töchter, Spitzenpolitiker, Sportstars und Kriminelle sind nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ und anderer Medien in dubiose Geschäfte mit Briefkastenfirmen in mehreren Steueroasen verwickelt. Ein riesiges Datenleck habe die Tätigkeiten von 215.000 Briefkastenfirmen offengelegt, berichteten „Süddeutsche“, NDR und WDR sowie Medien aus 78 Staaten.
      Quelle: SPD

      Anmerkung Christian Reimann: Das Verhalten der SPD-Vertreterschaft wirkt ambivalent: Entweder gehören Briefkastenfirmen verboten (Gabriel, Schäfer-Gümbel und Stegner) – dann scheinen die Vorgänge zumindest teilweise noch legal zu sein – oder es handelt sich um “Schwerstkriminalität” und die Forderung nach “harten Konsequenzen gegen Steuerhinterzieher” (Barley) erscheint berechtigt.
      Sollte jedoch die Gründung von Firmen im Ausland und der folgende Geldtransfer legal sein, könnte – oder besser müßte – sich die SPD-Spitze auch die Frage stellen, weshalb sie nicht bereits früher dagegen vorgegangen ist. Schließlich ist die SPD seit 1998 mit einer vierjährigen Unterbrechung an der Bundesregierung beteiligt und die Existenz von Offshore-Firmen nicht erst seit gestern bekannt.
      Übrigens: War es nicht die Schröder-Fischer-Regierung, die auch aus Deutschland eine Steueroase gemacht hat – z.B. durch die Einführung einer kompletten Steuerbefreiung für Gewinne aus Verkäufen von Beteiligungen durch Unternehmen?

      dazu:„Transparenzregister“ der Bundesregierung ist ein verspäteter Aprilscherz
      In Antwort auf die Enthüllung systematischen Missbrauchs von Briefkastenfirmen durch die Panamapapers hat die Bundesregierung ein Transparenzregister als Lösungsvorschlag ins Spiel gebracht. Der Wortlaut des entsprechenden neuen Passus (§ 9a) im Geldwäschegesetz (GWG) liegt Tax Justice Network und dem Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland vor (hier einzusehen). Eine Analyse offenbart gravierende Mängel, welche zur Wirkungslosigkeit des Registers führen werden.
      Quelle: blog steuergerechtigkeit

    5. »Geldanlegern ist dort fast alles erlaubt«
      Vom Skandal um die Panama-Konten profitieren in erster Linie die US-amerikanischen Steueroasen. Ein Gespräch mit Ernst Wolff
      Für fast alle Medien ist die Affäre um die Offshore-Konten in Panama der Aufreger der Woche. Sie haben sich unter anderem als Buchautor intensiv mit internationalen Finanzströmen befasst – was steckt aus Ihrer Sicht dahinter?
      Es ist ganz offensichtlich ein Manöver der USA, sich selbst als weltweit beste Steueroase zu präsentieren. Wenn man die bisher vorliegenden Informationen über diese Panama-Papiere heranzieht, fällt auf, dass dort vor allem Gegner der USA angeschwärzt werden – die USA selber bleiben aber außen vor. Banken dieses Landes werden überhaupt nicht erwähnt, ebenso wenig Konzerne. Soweit ich weiß, werden auch keine Privatpersonen aus den USA genannt.
      Das Interessante dabei ist, was nicht veröffentlicht wurde. Durch die Publizierung von Teilen dieser Papiere wird nämlich Druck auf Steuerhinterzieher aller Länder ausgeübt, ihr Schwarzgeld anderswo in Sicherheit zu bringen – niemand von ihnen kann wissen, ob nicht auch er in der Liste steht. Diese Leute werden sich vorsichtshalber eine neue Steueroase suchen: die USA.
      Quelle: junge Welt

      dazu: Steueroasen: Warum keine Namen aus den USA aufgetaucht sind
      Die USA erschweren ihren Bürgern den Weg in Steueroasen immer mehr – während einige Bundesstaaten sich neuerdings als Zufluchtsort für internationales Geld anbieten.
      Quelle: die Presse

      dazu auch: Jens Berger ist unzufrieden mit den Panama Papers
      Weil hier so viele Kommentare in die Richtung eingehen, will ich es auch mal kurz ausformulieren: Wenn hier keine US-Amerikaner enthüllt werden, und die Enthüllten keine juristischen Konsequenzen zu fürchten haben, dann stellen sich gewisse Fragen. Die USA hatten ja kürzlich erst ihre Rahmenbedingungen für inländische Steueroasen für ausländisches Geld deutlich verbessert und dann angefangen, die Schweiz als Standort sturmreif zu schießen. Und jetzt muss halt mit Panama der nächste Konkurrent dran glauben. Irgendwo muss das Geld der gebrannten Kinder ja hin. Da bieten sich die USA ja förmlich an!1!!
      Quelle: Fefes Blog

      Hinweis: Der Artikel „Panama Papers – nicht Jahrhundertscoop, sondern Jahrhundertflop“ von Jens Berger ist nun auch in englischer Übersetzung bei WikiLeaks zu finden. (siehe hier und hier)

  2. Handelsblatt: Höhere Mindestlöhne sind gut
    Wir wollen ja nicht nur immer negativ über unsere Leitmedien berichten und ihnen jede Lernfähigkeit absprechen. Ein Leser weist darauf hin (danke dafür), dass heute im Handelsblatt (Seite 15) ein klares Bekenntnis zu höheren Mindestlöhnen (zumindest für die USA) zu finden ist.
    Dort heißt es tatsächlich, man fasst es nicht: „Löhne spiegeln damit allzu oft nicht Angebot und Nachfrage wider, sondern die Machtdifferenz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Darum haben auch die Briten ihren Mindestlohn deutlich erhöht.“
    Es gibt Machtverhältnisse am Arbeitsmarkt. Bravo! Das musste einmal gesagt werden. Nun fehlt nur noch die Erkenntnis, dass sich Deutschland genau wie einige Staaten in den USA einen Mindestlohn von 15 Dollar, oder sagen wir besser 15 Euro durchaus leisten kann. Das Handelsblatt sollte mit uns zusammen eine Kampagne machen: Nix mit 8,97 Euro (die allen Ernstes von der sogenannten Mindestlohnkommission diskutiert werden), sondern ein klarer Schritt wegen der Vermachtung der Arbeitsmärkte:
    15 Euro für jeden in jeder Stunde und in diesem Jahr!
    Quelle: flassbeck-economics
  3. 4 Millionen Jobs vom Mindestlohn betroffen
    Im April 2014, relativ kurz vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes, gab es in Deutschland 5,5 Millionen Jobs, die geringer bezahlt wurden als der neue Mindestlohn von brutto 8,50 Euro je Arbeitsstunde. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, kamen davon 4,0 Millionen Jobs, das sind 10,7 % aller Jobs, zum 1. Januar 2015 unter den Schutz des Mindestlohngesetzes. Für die restlichen 1,5 Millionen sieht das Gesetz Ausnahmen vor (vor allem Auszubildende, Praktikanten und Personen jünger als 18 Jahre).
    Der gesetzliche Mindestlohn soll vor allem dort Beschäftigten Schutz bieten, wo keine Tarifverträge gelten. 82,3 % beziehungsweise 3,3 Millionen der nun geschützten gering bezahlten Jobs bestanden in Betrieben, die nicht tarifgebunden sind. Die meisten davon waren im Einzelhandel und in der Gastronomie mit jeweils rund 0,5 Millionen.
    Auf Ostdeutschland entfiel mit 1,1 Millionen gut ein Viertel der geschützten gering bezahlten Jobs. Das entspricht 22,0 % aller Beschäftigungsverhältnisse in Ostdeutschland. Dabei handelte es sich am häufigsten um Vollzeitstellen (0,4 Millionen). In Westdeutschland waren mit 2,9 Millionen 8,9 % aller Jobs vom Mindestlohn betroffen. Sie waren zu knapp zwei Dritteln geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse, sogenannte Minijobs (1,9 Millionen). In West und Ost zusammen entfiel mehr als die Hälfte (2,2 Millionen) auf Minijobs, je 0,9 Millionen waren Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigungen.
    Frauen machten einen Anteil von 61,7 % (2,5 Millionen) an den vom Mindestlohngesetz geschützten gering bezahlten Jobs aus, Männer einen Anteil von 38,3 % (1,5 Millionen). Die betroffenen Frauen verdienten im April 2014 im Durchschnitt brutto 7,21 Euro je Stunde, die Männer 7,18 Euro. Erhielten sie künftig den Mindestlohn, würde das durchschnittlich eine Lohnerhöhung von circa 18 % bedeuten. Insgesamt würden dann – unveränderte Arbeitszeiten vorausgesetzt – monatlich deutschlandweit schätzungsweise 431 Millionen Euro mehr Bruttolohn ausgezahlt, 39 % davon in Ostdeutschland und 58 % an Frauen.
    Quelle: Statistisches Bundesamt

    dazu: Noch 1,5 Millionen Jobs beim Mindestlohn außen vor
    Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns im vorigen Jahr wird nach offiziellen Angaben bundesweit gut jeder zehnte Job besser bezahlt. Für 1,5 Millionen Jobs sieht das Gesetz Ausnahmen vor.
    Quelle: Welt Online

  4. Der Unterbietungswettbewerb im Werkvertragsrecht
    Die Aufträge für Werkvertragsunternehmen werden oft zu unrealistisch niedrigen Preisen vergeben. Die Auftragnehmer und Subunternehmer kalkulieren ihre Angebote sehr knapp und ohne Aufschlag für Risiken, sodass kaum Gewinne ausgewiesen werden können. Vielmehr machen die Werkunternehmer Verluste und erhalten selbst nicht einmal den vereinbarten knapp berechneten Werklohn. Die Verluste müssen dann die Beschäftigten der Werkunternehmen ausgleichen. Sie bekommen im Endeffekt häufig noch nicht einmal den Mindestlohn, ihre Vergütungen werden gekürzt oder sehr verspätet ausbezahlt. Es ist nicht unüblich, dass die Arbeitgeber von Anfang an nicht liquide sind. Sie lassen ihre Arbeitnehmer arbeiten, obwohl sie wissen, dass sie den Lohn weder pünktlich noch vollständig ausbezahlen können.
    Quelle: Gegenblende
  5. Steigende Armut trotz guter Wirtschaftslage –Problem Kinderarmut ungelöst
    Die Einkommensschere zwischen arm und reich ging unabhängig von der verbesserten Beschäftigungslage weiter auseinander. Die gegenläufige Entwicklung von Arbeitslosigkeit und Armutsrisiko seit dem Jahr 2007 hängt mit verschiedenen Faktoren zusammen, die kumulativ Wirkung entfalten. Zu den langfristigen Entwicklungen zählt die Zunahme von relativ niedrig bezahlten Jobs im Dienstleistungssektor, die steigende Teilzeitbeschäftigung und eine Lohnentwicklung, die in den letzten Jahrzehnten insgesamt seit langem schwach verlaufen ist und dies insbesondere bei den unteren Lohngruppen. Vor dem Hintergrund dieser langfristigen Verschiebungen haben die sog. Arbeitsmarktreformen (insbesondere Hartz-Gesetze) mit einer weitergehenden Deregulierung des Arbeitsmarktes, der Kürzung von Lohnersatzleistungen und dem erhöhten Druck auf Arbeitslose die Zunahme von prekärer Arbeit und den Aufbau eines breiten Niedriglohnsektors noch beschleunigt. Das Leitmotiv „Sozial ist, was Arbeit schafft“ hatte und hat eine Kehrseite, die sich darin zeigt, dass sich Erwerbstätigkeit und Armutsgefährdung nicht mehr zuverlässig ausschließen. Working Poor ist kein Fremdwort mehr in Deutschland. Es wird sich zeigen, ob die nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum Jahresanfang 2015 zu verzeichnenden ersten positiven Signale für eine Einkommensstärkung am unteren Rand tatsächlich zu einer Trendumkehr beitragen werden.
    Quelle: DGB
  6. Politische Zustimmung für Riester-Rente bröckelt
    Die Bundesregierung ist nicht bereit, für die stagnierende staatlich geförderte Riester-Rente noch mehr staatliche Zuschüsse oder Steuervergünstigungen zu gewähren. Dies machten die Staatssekretäre im Sozial- und Finanzministerium, Yasmin Fahimi (SPD) und Dr. Michael Meister (CDU), auf eine Tagung zur Altersvorsorge in Berlin deutlich. Für Karl-Josef Laumann, den Sprecher des Arbeitnehmerflügels der Union, haben sich die 2002 an Riester gesteckten hohen Erwartungen nicht erfüllt. Für ihn sei Riester nicht in Stein gemeißelt, sagte Laumann, der der Versicherungswirtschaft vorwarf, bei Riester völlig versagt zu haben.
    Quelle: VersicherungsJournal.de

    Anmerkung Christian Reimann: Bis zum endgültigen Abschied von der Riester-Rente und anderen Fördermaßnahmen zugunsten von Versicherungsunternehmen dürfte noch eine ganze Menge Zeit verstreichen. Dabei wäre die Rückkehr zur und Optimierung der gesetzlichen und umlagefinanzierten Rentenversicherung (Vorbild Schweiz?) dringend geboten.
    Die NachDenkSeiten haben mehrfach für die solidarische Rente plädiert – dazu einige Beispiele:

    1. Es ist höchste Zeit die gesetzliche Rente wieder armutsfest zu machen
    2. Die Förderung der privaten Altersvorsorge war schon immer eine von politischer Korruption bewirkte Fehlentscheidung. Jetzt alle Mittel auf gesetzliche Rente konzentrieren
    3. Betrifft Rente: Der SPD Vorstand bewegte sich in die richtige Richtung. Aber immer noch kein Bekenntnis zur Konzentration auf die gesetzliche Rente und zum Ausstieg aus der staatlichen Förderung von Privatvorsorge

    dazu: Angst vor der Altersarmut
    Die Gewinne sind hoch, die Auszahlungen für die Versicherten dagegen mickrig. Trotzdem schließen viele private Rentenversicherungen ab. […]
    Der studierte Mathematiker Faulhaber wird am Mittwoch mit gigantischen Zahlen jonglieren: Die privaten Altersvorsorger haben im vergangenen Jahr mehr als 92 Milliarden Euro an Beiträgen von Kunden eingesammelt. Das war zwar um die 1 Prozent weniger als im Vorjahr – schließlich hat sich herumgesprochen, dass die Verträge nichts bringen. Der Gewinn der Gesellschaften ist aber deshalb nicht geschmolzen, wie das Beispiel Allianz zeigt: 31 Milliarden Euro hat die Lebensversicherungssparte des Marktführers an Beitragszahlungen von Kunden verbucht, ebenfalls weniger als im Vorjahr. Der Gewinn ist trotzdem um 4 Prozent gestiegen, auf stolze 2,7 Milliarden Euro – das Unternehmen hat die Ausgaben gedrückt. Kunden haben nichts davon, ihre Gewinnbeteiligung würde nicht angehoben. Dabei bräuchten sie dringend höhere Privatrenten, denn von der gesetzlichen haben sie nicht viel zu erwarten. In der Versicherungswirtschaft stehen nicht Kunden an erster Stelle, sondern die Interessen der jeweiligen Gesellschaft. Mehr als 200.000 Vermittler müssen ernährt, unzählige Aktionäre mit Dividenden zufriedengestellt werden.
    Quelle: taz

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Endlich mal eine klare Aussage: an der “privaten” Rentenversicherung verdient nur die Versicherungswirtschaft, “Die Riester-Rente ist komplett gescheitert”, “[Die Gewerkschaften] haben die Rentenreform 2002 fast ohne Widerstand passieren lassen.” – warum eigentlich Letzteres? Warum will der DGB lediglich das jetzt schon zu geringe Rentenniveau halten? Und warum fällt der IG Metall – immerhin! – erst jetzt auf, daß das Rentenniveau wiederhergestellt werden kann und soll? Vielleicht weil die IG Metall mit der “MetallRente” ebenfalls ein – für die IG Metall – sehr einträgliches “Privatvorsorge”-Modell anbietet?

  7. Flüchtlingskrise: Die Türkei-Lösung ist keine
    Mit dem Türkei-Pakt wirft die Europäische Union ihr letztes humanes Feigenblatt ab. Der Deal dient nicht dem Schutz von Flüchtlingen, sondern dem Schutz vor Flüchtlingen. Das Inkrafttreten des Türkei-Deals markiert eine historische Wegmarke in Richtung eines totalitären Europas. Schritt für Schritt wird die westliche Demokratie, deren Grundlage die Garantie der Menschenrechte darstellte, in ein menschenverachtendes Gewaltregime verwandelt. Wenn wir jetzt diesen Umgang mit Flüchtlingen erlauben, dürfen wir uns in Zukunft nicht wundern, wenn auch uns elementare Rechte verweigert werden. Leila Dregger zeigt in ihrem Beitrag auch auf, was statt dessen eine Lösung sein könnte. „Sterbende“ Regionen in Europa könnten mit Hilfe von Flüchtlingen wiederbelebt werden, zum Wohl nicht nur der Einwanderer, sondern auch der Einheimischen.
    Quelle: Hinter den Schlagzeilen
  8. Die USA pokern
    Was soll in Osteuropa stationiert werden? Und wer wird damit beschwichtigt? Eine Einschätzung zur Strategie Washingtons
    US-General Philip Breedlove gab sich in der vergangenen Woche in Riga als Freund starker Worte: »Wir werden kämpfen, wenn es nötig ist, und wir werden siegen«, kommentierte er in der lettischen Hauptstadt die Ankündigung des US-Verteidigungsministeriums, ab dem kommenden Jahr eine schwere Panzerbrigade in Osteuropa zu stationieren.
    Die Pentagon-Erklärung lässt jedoch viele Fragen offen: Wird die Brigade stationiert oder ihr materiell-technisches Grundgerüst? Es heißt, die 4.200 Soldaten sollten »rotierend zu Übungen ständig in Osteuropa anwesend sein«. Also: Ständig 4.200 US-Soldaten zu Übungen? Fahren sie von Manöver zu Manöver? Und wo werden sie stationiert, wenn sie »rotieren«? Irgendwo zwischen Estland und Rumänien? Oder werden sie bei Bedarf aus Westeuropa oder den USA eingeflogen und springen in die bereitstehenden Panzer?
    Quelle: junge Welt
  9. UN-Sicherheitsrat blockiert Russlands Appell zum innersyrischen Dialog und Einbeziehung der Kurden
    Der UN-Sicherheitsrat hat den von Russland eingebrachten Appellentwurf zum innersyrischen Dialog blockiert. Nach Aussage des russischen UN-Botschafters Witalij Tschurkin haben insbesondere die US-amerikanische und die ukrainische Delegation eine “destruktive Rolle” gespielt. Russland hatte vorgeschlagen, einen möglichst repräsentativen Charakter des innersyrischen Dialogs zu gewährleisten und sich für eine Einbeziehung der Kurden ausgesprochen.
    Die westlichen Länder haben den von Russland eingebrachten Appellentwurf für einen möglichst repräsentativen Charakter des innersyrischen Dialogs bei der bevorstehenden Gesprächsrunde in Genf blockiert, so der russische UN-Botschafter, Witalij Tschurkin und erläuterte: „Wir haben in den UN-Sicherheitsrat einen Appellentwurf für einen möglichst repräsentativen Charakter des innersyrischen Dialogs bei den bevorstehenden Gesprächen eingebracht. Uns verwundert, dass der Entwurf von mehreren westlichen Ländern blockiert wurde. Einen destruktiven Beitrag hat auch die ukrainische Delegation geleistet.“
    Ihm zufolge müssen alle Segmente der syrischen Gesellschaft an dem politischen Prozess beteiligt sein: „In dieser Phase hat es eine besondere Bedeutung, denn in der Gesprächsrunde im April sollen die Fragen zum politischen Wiederaufbau der Arabischen Republik Syrien zur Diskussion gestellt werden. Wir sind darüber besorgt, dass die syrischen Kurden, die in das soziale Gefüge des Landes historisch eingewebt sind, zu den Genfer Gesprächen immer noch nicht eingeladen sind. Solch eine Haltung widerspricht den Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, laut denen der politische Prozess in Syrien inklusiv sein soll.”
    Quelle: RT deutsch

    Anmerkung unseres Lesers V.M.: Seit den Einlassungen von Robert F. Kennedy Jr. ist zugegeben, dass die USA der Initiator des Syrienkrieges ist. Es scheint leider so, dass die USA die Friedensgespräche nicht den Völkern des syrischen Staates (8-15 % sind Kurden) überlassen und eher platzen lassen will. Dazu ist mitzuteilen, dass das Koordinierungskomitee, welches für demokratischen Wandel eintritt, seinen Sitz in Damaskus hat und auch die Vertreter der Kurden beinhaltet, die ersten Gespräche sofort verließ, weil vom UN-Vertreter -entsprechend der Forderung der Türkei- die Kurden nicht eingeladen worden waren. Die “Qualitätspresse” benennt immer nur das Hohe Verhandlungskomitee, welches in Riad sitzt und insbesondere die von Saudi Arabien u.a. unterstützte Kriegspartei vertritt.

  10. Wohnungsnot: Studierende leiden unter stark steigenden Mieten
    Die Mieten für Studierende sind in Deutschland in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Das geht aus einem Preisindex hervor, den das Institut der deutschen Wirtschaft heute für elf Unistädte veröffentlicht hat. Besonders viel zahlen die Studierenden in München, Köln und Hamburg. Der Wohnungsmarkt ist sehr angespannt. Selbst in der teuersten deutschen Stadt, in München, sind die Mieten für Studierende nochmals deutlich gestiegen. Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft fallen durchschnittlich pro Monat 580 Euro an, vor fünf Jahren waren es nur 517. Etwas preiswerter wohnen diese Studierenden in Köln.
    Quelle: Deutschlandfunk
  11. Weltromatag: Ein Mahnmal genügt nicht
    Am 8. April 1971 wurde der Weltromatag eingeführt. Anlass dieses Gedenktages war eine Konferenz von Sinti und Roma in London. Es ging um ihre strukturelle Verfolgung. Ganz gleich, wo sie in Europa lebten, waren sie mal mehr (höhere Kindersterblichkeit, niedrigere Lebenserwartung, Separierung, Segregierung, kein Anschluss an Wasser, Elektrizität, Kanalisation oder Gas) mal weniger (Diskriminierung, Vorverurteilung) bedroht. 45 Jahre später gibt es den Weltromatag immer noch. Weil es den Antiziganismus noch gibt. Und man kann nicht sagen, dass es irgendwie geschafft wurde, diese Problematik flächendeckend und nachhaltig zu lösen. Bloß weil nicht ständig darüber berichtet wird, heißt es ja nicht, dass diese Volksgruppe nicht ständig unter Repressalien zu leiden hätte. Vielleicht, weil Sinti und Roma als nachrangige Opfer des Nationalsozialismus behandelt wurden.
    Quelle: Zeit Online

    Anmerkung unseres Lesers G.M.H.: Schön, dass unter Deutschlands Kolumnisten jemand in dieser Woche ein Thema abseits von Panama gefunden hat. Ein Thema obendrein, das angesichts der Zustände in den “sicheren Herkunftsstaaten” (im Besonderen genannt ist der Kosovo) höchst traurig ist und ein trübes Licht auf die genannten deutschen Politiker wirft. Man darf gespannt sein, wie viel Raum das Ereignis am Freitag in den Meldungen unserer Medien eingeräumt wird – nicht viel, so fürchte ich.

  12. Kabinett beschließt Strafen für Freier
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, wer die Lage von Zwangsprostituierten ausnutze, müsse mit empfindlichen Strafen rechnen. Kinder und Frauen müssten besser vor Menschenhandel und Zwangsprostitution geschützt werden. Ein Verbot der Prostitution wie etwa in Schweden hält Maas aber für keine gute Idee. Im ARD-«Morgenmagazin» sagte er, damit würde die Prostitution «völlig in die Illegalität gedrängt».
    FrauenrechtlerInnen geht der Entwurf jedoch nicht weit genug. Die Stuttgarter Sozialarbeiterin Sabine Constabel sagte im ARD-«Morgenmagazin», Deutschland werde weiter «das Bordell Europas» bleiben. So wäre eine Altersgrenze für Prostituierte von 21 Jahren sinnvoll gewesen, da vor allem jüngere Frauen aus Osteuropa zur Prostitution gezwungen würden. «Aber die SPD hat das vom Tisch gewischt», beklagte Constabel.
    Quelle: neues deutschland

    Anmerkung Christian Reimann: Und auch bei diesem Thema wird die SPD ihrer historischen Rolle (Schutzpartei der Schwachen und Schwächsten der Gesellschaft) nicht gerecht. Im Gegenteil: Offenbar sind der SPD-Spitze – einschließlich des Bundesjustizministers – die BIP-Zahlen wichtiger als die Lebenssituation vieler Menschen.

    Anmerkung unseres Lesers H.B.: Leidtragende werden auch diesmal wieder die Frauen sein, die immer tiefer in die Illegalität abgedrängt werden und immer rechtloser werden.

  13. Im neoliberalen Käfig
    Ein halbes Jahrhundert Mitglied bei der SPD und viel erlebt. Wie geht es einem Genossen, der seine Partei im Südwesten bei “lumpigen” 12,7 Prozent sieht? Unser Autor erzählt, wie es dazu kommen konnte. Auf einer Kreuzfahrt im Mittelmeer. Ein Stratege aus der Berliner SPD-Zentrale ist mit an Bord. Wir reden darüber, dass heute alles viel leichter zu organisieren ist. Eigentlich. Mit Computer und Handy. “Und trotzdem kommen wir an die Menschen nicht mehr richtig ran”, frage ich mich. Der Berliner Mitreisende neigt den Kopf, ein Lächeln um die Mundwinkel: “Vielleicht liegt’s am Handy?” Das hat sich in meinem Kopf festgesetzt.
    Quelle: Kontext: Wochenzeitung

    In der Gesamtausgabe von Kontext lesen sie diese Woche unter anderem:

    • Schwarze Verzwergung: Viel hat die Südwest-CDU nicht zustande gebracht seit der Landtagswahl. Kein Wunder, dass Stimmen laut werden, sie sei inhaltlich und personell nicht regierungsfähig. Die überdimensionierten Fachgruppen, die den Koalitionsvertrag mit den Grünen aushandeln sollen, zeigen jedenfalls mehr Masse als Klasse.
    • Mensch am falschen Platz: Samuel Danziger hatte Auschwitz überlebt, nicht aber seinen Besuch in Stuttgart, wo er Frau und Kinder wiedergefunden hat. Am 29. März 1946 lag der 35-jährige polnische Jude tot auf dem Pflaster der Reinsburgstraße im Stuttgarter Westen, in den Kopf getroffen von der Kugel aus einer Polizeipistole. 70 Jahre später ist die Schuldfrage ebenso ungeklärt wie die Identität des Schützen.
    • Macht und Moneten: Eine Wahl sorgt auch für eine Umverteilung der Einkommen. Neue Abgeordnete dürfen sich über üppige Diäten freuen. Wem das nicht reicht, kann sich in Aufsichtsräten landeseigener Unternehmen etwas hinzuverdienen. Unser Autor hat geschaut, welche Posten sich besonders lohnen.
    • Gemein zur Gemeinschaftsschule: Das Thema Bildung ist ideologisch aufgeladen und bestens geeignet für polemische Kampagnen. An der Zukunft der Gemeinschaftsschule wird sich zeigen, ob Winfried Kretschmann und die Seinen bestehen können im Machtpoker um die grün-schwarze Koalition.
    • Wann kommt die nächste Explosion? Nach dem Zweiten Weltkrieg müssen junge deutsche Soldaten in Dänemark Minen entschärfen. Für den Feldwebel, der sie bewacht, sind sie immer noch der verhasste Feind. Ausgangslage für ein Drama, das zwar konventionell, aber immer sehenswert ist, meint unser Filmkritiker.
    • Im Knaste vereint: Auf dem “Hausberg der schwäbischen Intelligenz” schmorten seit Jahrhunderten in Ungnade gefallene Opernsängerinnen, Dichter, Terroristen und Nazis. Seit kurzem ist die Ausstellung auf dem Hohenasperg, einem Zweigmuseum des Hauses der Geschichte, um den Ur-Wutbürger und Remstalrebellen Helmut Palmer reicher.
  14. Es gibt keine Alternative, Herr Gabriel!
    Die Analyse nach den Landtagswahlen, die AfDer-Show-Party gewissermaßen, gebar doch eine Überraschung: Denn sie traf weitestgehend ins Schwarze. Man hatte die Sozialdemokratie der letzten Jahre und Jahrzehnte als Verursacher dieses Resultates der Urnengänge benannt. Sozialdemokraten mahnten und selbst von Seiten der Union wurde attestiert, dass die völlige Anpassung der Sozialdemokraten an die neoliberale Agenda ein wesentlicher Faktor ist, weswegen die Menschen sich jetzt eine Alternative dort suchten, wo es überhaupt keine Alternative geben kann: Bei denen, die in einer gestrigen Welt leben und somit keinen Plan haben, wie man die heutige Welt regulieren könnte.
    Ja, selbst der große Vorsitzende Gabriel tirilierte zögerlich was über Spaltung im Lande und badete seine eigene Stimme in Überzeugung. Am Wahlabend wohlgemerkt. Danach legte er sich in die Kissen und schlief eine Nacht drüber und als er wieder erwachte, da war alle Verzagtheit wie fortgeblasen, denn im Traum war ihm eine Erkenntnis erschienen: An ihm und an seiner Partei könne es nicht liegen. Er wolle daher auf Kurs bleiben und überhaupt, das Freihandelsabkommen werde auch die Sozialdemokratie wieder fest in den Sattel schnüren.
    Quelle: ad sinistram

    dazu: Seit Schröder hat SPD mehr als zehn Millionen Wähler verloren
    Bei der SPD liegen Freud und Leid ganz nah beieinander. Im aktuellen “Stern”-RTL-Wahltrend können die Genossen im Vergleich zur Vorwoche zwar einen Prozentpunkt gewinnen. Damit erreichen sie nun 21 Prozent. Trotzdem würden der Partei nur aktuell rund 9,5 Millionen Wahlberechtigte ihre Stimmen geben. Das wären eine halbe Million Stimmen weniger als 2009, als die SPD ihr schlechtestes Nachkriegsergebnis einfuhr. […]
    “Als 1998 der SPD-Kandidat Gerhard Schröder gegen Helmut Kohl antrat, um nach dessen 16-jähriger Kanzlerschaft das Land aus dem Reformstau zu führen und zu modernisieren, erhielt seine Partei über 20 Millionen Stimmen”, sagt Forsa-Chef Manfred Güllner. Die Folge war Rot-Grün. Weil im Mai 2005 aber die letzte rot-grüne Landesregierung fiel, stellte Schröder die Vertrauensfrage und setzte schließlich Neuwahlen an. Angela Merkel übernahm. Die SPD kam dabei auf 16,4 Millionen Stimmen. Vier Jahre später aber entschieden sich nur noch knapp zehn Millionen Wähler für die SPD. “Und wenn jetzt rund 9,5 Millionen für die Sozialdemokraten stimmen würden”, so Güllner, “hätte die Partei seit Schröder mehr als die Hälfte ihrer Wähler verloren.” Ohne einen überzeugenden Gesellschaftsentwurf, der die verlorenen Wähler aus der Mitte zurückholen könnte, werde die SPD nicht kanzlerfähig werden.
    Quelle: Welt Online

    Anmerkung unseres Lesers J.A.: Diese völlig bizarre Analyse – Schröder habe den “Reformstau” aufgelöst und die ehemaligen SPD-Wähler seien “in die Mitte” abgewandert – scheint von vielen geglaubt zu werden. Als hätte die SPD nicht in Wirklichkeit – übereinstimmend nach allen Analysen – ihre Wähler vor allem nach links (schon mal von der erfolgreichen Gründung einer Partei in diesem Spektrum gehört?) und ins Nichtwählerlager verloren. Der SPD-Vorsitzende Gabriel teilt diese Haltung und versucht sich, in die angebliche Mitte (für mich der äußerste rechte, konservervativ-neoliberale Rand des politischen Spektrums) zu orientieren, was mit sozialdemokratischer Programmatik überhaupt nichts zu tun hat. Weitere Wählerverluste und weitere “Tiefpunkte” bei Wahlen sind vorprogrammiert.

  15. RT-Exklusivinterview mit Bernie Sanders: “Wir haben eine echte Chance zu gewinnen”
    RT hat den US-Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders interviewt. Nach den jüngsten Vorwahlen hat der Senator aus Vermont Aufwind und rechnet sich gute Chancen bei den verbleibenden Abstimmungen aus. Außerdem habe er die besseren Chancen Donald Trump zu schlagen, so Sanders und spricht seiner Konkurrentin Hillary Clinton das Potential dazu ab. Diese stecke tief im Sumpf von Lobbyorganisationen und leide unter einem Mangel an Glaubwürdigkeit.
    Quelle: RT deutsch

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