Hinweise des Tages

Ein Artikel von:

(KR/WL/AM)
Heute unter anderem zu diesen Themen:

  • Japans Exporte brechen um fast die Hälfte ein
  • Horn: Deflationsgefahr deutlich größer als Inflationsrisiken
  • Selbständigkeit reicht oft nicht zum Leben
  • EU bastelt am Bad-Bank-Konzept
  • Eine Bank des Vertrauens: Geld als öffentliches Gut
  • Kein Ende der Finanz-Kleinstaaterei
  • Einseitige Expertengruppen zur Finanzkrise
  • Wrackt die Landesbanken ab!
  • Heribert Prantl: Urteil gegen Kassiererin – Justiz und kleine Leute
  • Mitbestimmung: Zonen der Ratlosigkeit
  • Gemeinsame Presse-Erklärung der Gesellschafter der Schaeffler Gruppe und der IG Metall
  • Peter Grottian: Tarifpolitik und Konjunkturpaket verbandeln
  • Mit einer europäischen Lohnpolitik die Währungsunion retten
  • Vorsicht Riester
  • Schweizer Altersvorsorge: Die zweite Säule geradebiegen
  • Viele deutsche EU-Abgeordnete tricksen für die zweite Rente
  • Finanzkrise Niederlande: Jetzt wackeln die Pensionsfonds – dem Vorbild der Riester-Rente droht die Insolvenz
  • Wer zahlt für Sanierung von Asse II?
  • Kindern den Stempel aufdrücken
  • Mit dem Zweiten sieht’s nicht besser aus
  • Nobel Prize-Winning Economist Joseph Stiglitz: Obama Has Confused Saving the Banks with Saving the Bankers

Vorbemerkung: Dieser Service der NachDenkSeiten soll Ihnen einen schnellen Überblick über interessante Artikel und Sendungen verschiedener Medien verschaffen.

Wir kommentieren, wenn wir das für nötig halten. Selbstverständlich bedeutet die Aufnahme in unsere Übersicht nicht in jedem Fall, dass wir mit allen Aussagen der jeweiligen Texte einverstanden sind. Wenn Sie diese Übersicht für hilfreich halten, dann weisen Sie doch bitte Ihre Bekannten auf diese Möglichkeit der schnellen Information hin.

  1. Japans Exporte brechen um fast die Hälfte ein
    Japan verzeichnete das größte Handelsdefizit seit 1980, als die zweite Ölkrise im Nahen Osten die Wirtschaft lähmte. Die Exporte des Landes sind wegen der weltweiten Wirtschaftskrise so stark eingebrochen wie nie zuvor. Im Januar verminderten sich die Ausfuhren im Jahresvergleich um nahezu die Hälfte. Vor allem eine Branche erfährt einen drastischen Einbruch.
    Quelle: Handelsblatt

    Anmerkung Orlando Pascheit: Jetzt wissen wir in etwa, was auf uns, den Exportweltmeister, zukommt.

  2. Horn: Deflationsgefahr deutlich größer als Inflationsrisiken
    Das Risiko, dass die deutsche Wirtschaft in einer lange andauernden Rezession mit deflationären Tendenzen stecken bleibt, ist derzeit deutlich größer als die Wahrscheinlichkeit einer mittelfristig stark steigenden Inflation. Trotz aktuell hoher Kreditaufnahme ist die staatliche Konjunkturstabilisierung auch nach dem Abflauen der Krise mit der Geldwertstabilität vereinbar. Darauf weist Prof. Dr. Gustav A. Horn hin, der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung.
    “Die aktuellen Daten liefern keine Basis für Warnungen, der Staat treibe die Inflationsgefahr hoch, wenn er zur Stabilisierung der Wirtschaft zusätzliche Kredite aufnimmt”, sagt Horn. “Und das hat einen sehr grundsätzlichen Grund: Solche Befürchtungen beruhen auf einem Denkfehler.”
    Quelle: Hans-Böckler-Stiftung
  3. Selbständigkeit reicht oft nicht zum Leben
    In den vergangenen Jahren hat sich die Zahl der Selbständigen mit Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen mehr als verdreifacht. Jeder zweite der bedürftigen Kleinunternehmer kommt aus den neuen Bundesländern.
    Quelle: Tagesspiegel
  4. EU bastelt am Bad-Bank-Konzept
    Die EU-Kommission schaltet sich in die Debatte um Bad Banks ein: Weil faule Wertpapiere die Bilanzen vieler Geldhäuser belasten, dringt Brüssel auf eine rasche Entsorgung der Finanztitel.
    Die Kommission plädiert für EU-weite Regeln beim Aufbau sogenannter Bad Banks, die ausfallgefährdete Kredite und andere Risikopapiere von Finanzkonzernen übernehmen. “Wenn wir diese Sache nicht angehen, verlängern wir die Krise mit Zombie-Banken, die keine nützliche Rolle in der Wirtschaft mehr spielen können”, warnte Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy.
    Unter anderem will die Brüsseler Behörde einheitliche Prinzipien dafür, welche Finanztitel entsorgt werden können und wie diese bewertet werden sollen. Zentrale Voraussetzung dafür sei, dass die Banken die Papiere völlig offenlegen, heißt es in den am Mittwoch präsentierten Leitlinien.
    Die EU-Staaten sollen den Geldhäusern dafür ein Zeitfenster von sechs Monaten einräumen, das nur in Ausnahmefällen verlängert werden könnte. Die Aktion würde neben den US-Papieren auch noch andere Kategorien von Finanztiteln einschließen, die EU-weit festgelegt werden sollen.
    Auch die Bewertung der Wertpapiere soll einheitlichen Regeln folgen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Um die Banken zu entlasten, sei es unvermeidlich, einen Preis über dem aktuellen Marktwert anzusetzen, hieß es weiter. Schließlich werden viele Papiere gar nicht mehr gehandelt.
    Die Banken müssen dem Konzept zufolge strikte Auflagen erfüllen, wenn sie das Angebot annehmen. So wären sie dazu verpflichtet, das Kreditgeschäft in Gang zu bringen und mit dem neu gewonnenen Spielraum nicht etwa eine Wachstumsstrategie zu verfolgen. Auch für Dividenden und Managergehälter sollen Einschränkungen gelten.
    Quelle 1: Spiegel Online
    Quelle 2: Das Original: “TREATMENT OF IMPAIRED ASSETS IN THE EU BANKING SECTOR” [PDF – 168 KB]

    Anmerkung AM: Auch die EU-Kommission plädiert für eine Bad Bank. Die Berechtigung kann ich auch hier nicht einsehen. Wenn faule Forderungen von den Banken auf Staatskosten beziehungsweise pro forma auf eine gesonderte Bank übernommen werden, entsorgt werden, wie es beim Spiegel heißt, dann ist das eine Bestätigung ihres unverantwortlichen spekulativen Verhaltens. Der gesamte Ansatz hat einen nicht akzeptablen Beigeschmack. Hier wollen einzelne Unternehmen ihre Verluste auf der Allgemeinheit abladen, damit sie so weitermachen können wie bisher. Ob das auf nationaler Ebene oder auf EU-Ebene geschieht, ist gleichgültig.

    Ergänzende Anmerkung unseres Lesers T.B.: Dazu passt der folgende Beitrag aus dem Krisenticker des Manager Magazins, wenn es um die Umverteilung verzockter Milliarden geht und die Politik gegenüber den Banken so schön unverbindlich bleibt. O-Ton:

    16.40 Uhr: Die Europäische Kommission hat erstmals Leitlinien zum Umgang mit faulen Wertpapieren verabschiedet. Demnach dürfen Banken das Risiko für Ramschanleihen nicht überwiegend auf die Steuerzahler abwälzen, hieß es laut Mitteilung aus Brüssel. Hintergrund: Die EU will Banken die Auslagerung fauler Wertpapiere ermöglichen, um eine Kreditklemme zu verhindern. “Europa ist voll von Zombie-Banken”, sagte Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy mit Blick auf die Risiko-Wertpapiere zahlreicher Institute. Der Ire zeigt dabei echten Sinneswandel: Lange Zeit hatte sich McCreevy gegen eine stärkere Regulierung des Finanzsektors in Europa gewehrt. Bei der Auslagerung der toxischen Papiere müsse es eine “faire Lastenverteilung zwischen Banken und Steuerzahlern geben”, betonte Wirtschaftskommissar Joaquín Almunia. Eine Mindesthaftung der Banken ist nicht vorgesehen.

    Quelle: Manager Magazin

    Ich weiss ja nicht, worum diese Herren nachts träumen, aber dass der dumme Steuerzahler diesen Mist bezahlt, das muss ein Traum bleiben!!!

    Dieser Meinung sind auch andere:

    @hobbysniffer:
    Zur Info: Bereits 2003 dachte man über die Einrichtung einer Bad Bank nach (auch wenn man die nicht so nannte), die schlechten Risiken der HypoVereinsbank lagerte man auf die HRE aus, um lukrativ an die italienische Bank UniCreditGroup verkaufen zu können, siehe Handelsblatt. D.h. man wusste von Anbeginn von unkalkulierbaren Risiken, die wissentlich und billigend und bei vollem Bewusstsein in Kauf genommen wurden.
    Und nun sollen wir Steuerzahler das ausbaden.
    Nein!
    Das ist ganz klar ein Fall für den Staatsanwalt!!!

  5. Eine Bank des Vertrauens: Geld als öffentliches Gut
    Plädoyer für eine grundlegende Neuausrichtung des Bankenwesens: Anstatt die Verluste von Banken aufzufangen, sollte man diese selbst vergesellschaften und unter demokratische Kontrolle bringen.
    Die sich auswachsende Krise bietet eine historische Chance, die Finanzmärkte neu zu ordnen und dabei auch gleich das Bank- und Geldwesen gründlich zu reformieren. Banken haben am besten funktioniert, als sie – in den Nachkriegsjahrzehnten – nicht gewinnorientiert waren.
    Ihr oberstes Ziel war die Versorgung der klein- und mittelständischen Wirtschaft mit günstigem Kreditgeld. Durch Liberalisierung (EU, WTO) und Privatisierung (Nationalstaaten) ändern Banken diese Priorität. Ihr oberstes Ziel ist nunmehr Gewinn. Dieses neue strategische Ziel liefert das Motiv für fast alle Ingredienzien der gegenwärtigen Krise.
    Quelle: der Standard.at
  6. Kein Ende der Finanz-Kleinstaaterei
    Die Vorschläge von Ex-IWF-Chef Jacques de Larosière zur Reform der EU-Finanzarchitektur sind mutlos. Zwar soll es neue Gremien zur grenzüberschreitenden Aufsicht geben – doch die können nur funktionieren, wenn sie mehr Macht über nationale Aufseher bekommen. Doch das, was die Gruppe am Mittwoch nach monatelangen Beratungen vorgelegt hat, ist nur ein Reförmchen. Larosière geht aus Rücksicht vor den Befindlichkeiten der Mitgliedsstaaten nur Trippelschritte auf dem Weg zu einer einheitlichen Finanzaufsicht in der EU. Die soll nach Larosières Ansicht national organisiert bleiben. Einen integierten EU-Finanzkontrolleur mit einer zentralen, mächtigen Institution nach dem Vorbild der Europäischen Zentralbank (EZB) soll es nicht geben. Stattdessen sollen sich die nationalen Aufseher in einem Europäischen System der Finanzaufsicht organisieren und untereinander besser austauschen. Das ist nur wenig mehr als der Status quo.
    Für eine neue EU-Finanzaufsicht müssten die Mitgliedsstaaten aber ihre Verträge ändern. Da die meisten Regierungen keine Aufsichtsrechte abgeben wollen, scheint es Larosière und der EU-Kommission wohl aussichtslos zu sein, so etwas überhaupt vorzuschlagen. Doch von einer unabhängigen Expertengruppe wäre eine mutigere Vision zu erwarten gewesen. Diese tiefe Krise hätte die Chance geboten, die Mitgliedsstaaten zu einer ehrgeizigeren Reform anzutreiben.
    Quelle: FTD

    Anmerkung WL: Wie sagt Frau Merkel doch immer: „Wir brauchen internationale Regeln.“ Damit lenkt sie davon ab, dass im Inland viel Handlungsbedarf ist. Der Druck der Bundesregierung auf Europa für solche Regeln scheint sich allerdings sehr in Grenzen zu halten. Umso unglaubwürdiger ist, dass sich Merkel bei den G 20-Staaten für eine schärfere Finanzaufsicht stark macht.

    Siehe dazu auch:

  7. Einseitige Expertengruppen zur Finanzkrise
    Die EU-Kommission verlässt sich bei der Bewältigung der Finanzkrise zu einseitig auf Experten aus der Finanzindustrie, kritisiert eine Kurzstudie von Corporate Europe Observatory, Friends of the Earth Europe, LobbyControl und Spinwatch. Die Studie „Would You Bank on Them?“ (pdf, englisch) untersucht die Zusammensetzung und Hintergründe der sogenannten de Larosière Expertengruppe, die der EU-Kommission heute Vorschläge für die Reform der Finanzmärkte unterbreiten soll. Diese Vorschläge sollen die Grundlage für eine gemeinsame europäische Position beim Frühjahrstreffen des Europäischen Rates sein und wesentlich die Verhandlungen beim G20-Finanzgipfel am 2. April in London beeinflussen. Die achtköpfige Expertengruppe ist extrem einseitig besetzt. Vier Mitglieder haben direkte Verbindungen zu den Großen der Finanzbranche: Jacques de Larosière war lange als Berater von BNP Parisbas tätig, Otmar Issing ist Berater von GoldmanSachs, Onno Ruding berät CitiGroup. Mit Rainer Masera ist auch der ehemalige Geschäftsführer von Lehman Brothers Italy in der Gruppe vertreten. Einem fünften, Callum McCarthy, wird in seiner Rolle als Chef der britischen Finanzaufsicht FSA grobes Versagen vorgeworfen. Ein weiterer, Leszek Balcerowicz, gilt als marktradikaler Gegner von Regulierung. Kritische Perspektiven fehlen in der Gruppe.
    Die deutsche Expertenkommission der Bundesregierung zur Reform der internationalen Finanzmärkte, genannt „Neue Finanzarchitektur“, weist ein ähnliches Muster auf. Ihr Vorsitzender ist Otmar Issing – neben der bereits erwähnten Beratertätigkeit für GoldmanSachs Präsident des Center of Financial Studies, einem von der Finanzbranche gesponsorten Institut an der Universität Frankfurt. Mit Klaus Regling ist ein weiterer knallharter Monetarist in der Gruppe, der auch schon in der Finanzbranche arbeitete (für Moore Capital Strategy Group, einen Hedge-Fond). Außerdem gehört der deutschen Gruppe Jan Pieter Krahnen an, der neben seiner Tätigkeit als Professor an der Goethe Universität Frankfurt Direktor des Center of Financial Studies ist und im Beirat der DZ Bank sitzt.
    Quelle: LobbyControl

    Anmerkung WL: Dass die Neigung, eine effektive Bankenaufsicht zu installieren, nicht sehr groß ist, verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass zum Vorsitzenden dieser Expertengruppe Jacques de Larosière berufen wurde, der zuletzt Berater des einst weltgrößten US-Versicherers AIG war, welcher gerade den größten Quartalsverlust in der Wirtschaftsgeschichte mit einem Minus von 60 Milliarden Doller eingefahren hat. Er stand u.a. von 1978 bis 1987 als Chief Executive Director an der Spitze des Internationalen Währungsfonds (IMF), nach leitenden Positionen bei BNB Paribas, France Télécom, Mid Europa und zuletzt auch beim US-Versicherer AIG. Dort war er 2005 bis 2007 im „international advisory board“ und hat die katastrophalen Wetten auf Kreditderivate mit zu verantworten.
    Solche „Experten“, die tief in die Finanzkrise verstrickt sind, sollen nun also auf europäischer Ebene Vorschläge für die künftige Finanzmarktaufsicht machen?
    Ähnliches gilt für Ottmar Issing, den die Bundeskanzlerin zum Vorsitzenden ihres Beratergremiums gemacht hat. Er war zuletzt Berater des Wall-Street-Hauses Goldman Sachs, der weltgrößten Investmentbank.
    Wer sich von solchen Experten beraten lässt, kann gleich Böcke in seinem Garten als Gärtner beschäftigten, sie werden vollends verschlingen, was noch nicht kahl gefressen ist.

  8. Wrackt die Landesbanken ab!
    Wer braucht eigentlich die Landesbanken? Die Frage ist rein rhetorisch – ihren Sinn haben diese Institute schon lang verloren. Die spannendere Frage ist: Warum gibt es die Landesbanken überhaupt noch?
    Quelle: Spiegel Online

    Anmerkung WL: Über die Aufgabe von Landesbanken und ggf. auch über eine Fusion könnte man vernünftig debattieren. Aber das ist mal wieder so ein unbedarfter Kommentar, der kein anderes Ziel hat, als die Landesbanken als das größte Übel darzustellen, um damit gleichzeitig von dem größeren Versagen der Privatbanken abzulenken (HRE, Commerzbank etc.). Mit keinem Wort wird z.B. erwähnt, dass der Finanzinvestor J.C. Flowers mit knapp 26 % an der HSH Nordbank beteiligt war und warum er überhaupt beteiligt wurde. Ich verweise auf „Die Landesbanken sind die schlimmsten“.

  9. Heribert Prantl: Urteil gegen Kassiererin – Justiz und kleine Leute
    Ein Gericht hat die Kündigung einer Supermarktkassiererin wegen Pfandbons im Wert von 1,30 Euro bestätigt – ein maßloses Urteil.
    Es ist dies ein Urteil ohne Maß, ein maßloses Urteil. Es liegt aber nicht außerhalb der Rechtsprechung. Immer wieder bestätigen die Gericht fristlose Kündigungen wegen kleiner und kleinster Fehltritte, nicht selten mit der Folge von Dauerarbeitslosigkeit.
    Helmut Kramer, ein früherer Richter am Oberlandesgericht, hat solche Fälle zusammengetragen in einem Beitrag für das soeben erschienene “Schwarzbuch Deutschland”, Untertitel: “Das Handbuch der vermissten Informationen”. Dort finden sich auch die Urteile, die belegen, wie man die Großen laufen lässt.
    Die Großen sind beileibe nicht nur die Ackermänner aus der Wirtschaft. Der frühere Oberlandesrichter Kramer analysiert auch eine ganze Reihe von Ladendiebstahls- und Schwarzfahrer-Fällen und kommt zu dem Schluss: “Was einfachen Bürgern vorenthalten wird, nämlich Verständnis für situativ bedingte Ausnahmesituationen, wird gutbetuchten Beschuldigten nicht selten großzügig zuteil.”
    Die Strafmaßunterschiede bei U-Bahn-Schwarzfahrern einerseits und bei Steuerhinterziehung oder Korruption andererseits sind krass: Massenfälle hier, Sonderfälle dort. Strafrecht gilt deshalb in besseren Kreisen immer noch als Spezialrechtsgebiet gegen das Prekariat und den unteren Mittelstand.
    Quelle: SZ

    Übrigens: Interessante Hintergründe zum Urteil werden in den Kommentaren von „epunion.de“ (24.02.2009, 11:27:33 Uhr und 11:52:17 Uhr) zu einem Artikel im Tagesspiegel erläutert:

    Die für das Urteil verantwortliche Richterin, Daniel R., gibt u. a. Seminare für das ´FORUM · Institut für Management GmbH´. Dort heißt es auf der Webpräsenz (Zitat):

    Das Forum Institut für Management ist eine internationale Institutsgruppe, die sich mit der Weiterbildung von Fach- und Führungskräften der Wirtschaft befasst.

    Am 17. und 18. Oktober 2008 referierte die Richterin u. a. für das Institut zu folgenden Themen:

    AGG

    • Annahmeverzug/böswilliges Unterlassen
    • Tarifvertragliche Bezugnahmeklauseln
    • Neuere Rechtsprechung des 4. Senats
    • Zielvereinbarungen und deren Fehlen
    • Betriebsübergang: Von der eigenwirtschaftlichen Nutzung
    • zum Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs
    • Wie weit gehen die Informationspflichten des Arbeitgebers?; Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers; Verwirkung

    Kündigungsrecht allgemein: Schriftform; Vertretung; Zurückweisung

    • Europarechtswidrigkeit von Kündigungsfristen
    • Verdachtskündigung: Dringender Tatverdacht und
    • Anhörung des Arbeitnehmers
    • Verhaltensbedingte Kündigung wegen Internetnutzung
    • Kündigung wegen Minderleistung
    • Betriebsbedingte Kündigung: Sozialauswahl und Altersdiskriminierung
    • Wegfall der Dominotheorie
    • Betriebsbedingte Änderungskündigung
    • Verhältnismäßigkeit und Sozialauswahl

    Am 01.04.2009 organisiert das ´FORUM – Institut für Management GmbH´ u. a. ein Seminar in Frankfurt. Titel: „Die besten Kündigungsstrategien – So beenden Sie effektiv Arbeitsverhältnisse“.

    Die Themen:

    • Geeignete Kündigungsgründe identifizieren
    • Außerordentliche Kündigung
    • Alternativen zur Kündigung
    • Prozessvorbereitung
    • Vermeidung typischer Fehler
    • Wie kündigt man ´Unkündbare´?

    Hinweis WL: Damit Sie sich von der haarsträubenden Argumentation der Richterin selbst überzeugen können, hier noch aus der Pressemitteilung des Berliner Landesarbeitsgerichts:

    Das oft gebrauchte Argument der „Unschuldsvermutung“ greife hier im Übrigen nicht; es gehe nicht um eine Verurteilung aufgrund des Strafrechts, vielmehr werde das (arbeitsrechtliche) Kündigungsrecht vom „Prognoseprinzip“ beherrscht, das danach frage, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts dringender Verdachtsmomente für das Vorliegen einer Straftat des Arbeitnehmers noch zumutbar sei oder nicht. Das sei etwas völlig anderes als eine strafgerichtliche Verurteilung wegen eines begangenen Vermögensdeliktes.

    Quelle: Arbeitsgericht Berlin

    Würde man dieses sog. Prognoseprinzip auf Bankmanager übertragen, müsste es an fristlosen Kündigungen nur so hageln.

    Dazu passt:

    Wie mobbt man ungeliebte Mitarbeiter?
    Der Personalvorstand der Telekom Austria, Gernot Schieszler, hat dafür eine klare Anleitung geliefert. Die Aufzeichnung landet bei Youtube und sorgt für so große Empörung, dass der Manager sein Ressort abgeben muss. FTD.de zeigt das Video.
    Quelle: FTD

  10. Mitbestimmung: Zonen der Ratlosigkeit
    Welche Unternehmen haben keinen Betriebsrat? Soziologen der TU München unterscheiden vier Unternehmens-Typen ohne Interessenvertretung. Es zeigt sich: Betriebsräte fehlen gerade da, wo sie am nötigsten wären.
    Zone 1: Prekäre Dienstleistung
    Der Mangel an Arbeitnehmervertretung ist besonders misslich für die meist prekär Beschäftigten von Discountern, Wachdiensten, von Betrieben der Gebäudereinigung und im Gastgewerbe.
    Zone 2: Familienunternehmen
    Etwas besser sind die Bedingungen in patriarchalisch geführten Familienunternehmen, wo die Gunst des Chefs wichtiger ist als eine objektive Leistungsbewertung.
    Zone 3: New Economy
    Betriebsräte sind in der Computer-Branche bislang noch rar. Das Management lehnt betriebliche Interessenvertretungen in der Regel ab, auch Tarifverträge bilden nicht einmal einen entfernten Bezugspunkt für die Arbeitsverträge. Die Soziologen sprechen in einigen Fällen von einem “neopaternalistischen Orientierungsmuster”.
    Zone 4: Hochspezialisierte Industrie
    Ein Sonderfall sind sehr spezialisierte Industrieunternehmen, die eine Nische am Weltmarkt gefunden haben. Oft in ländlichen Gebieten angesiedelt, haben sie kaum mehr als 100 Beschäftigte, überwiegend gut qualifizierte männliche Facharbeiter.
    Quelle: Böckler Impuls 03/2009
  11. Gemeinsame Presse-Erklärung der Gesellschafter der Schaeffler Gruppe und der IG Metall
    IG Metall und Schaeffler Gesellschafter vereinbaren wesentliche Eckpunkte zur Zukunftssicherung der Conti/Schaeffler Gruppe:

    • Unternehmensgruppe Schaeffler/Conti wird Mitbestimmung einführen
    • Schaeffler Gesellschafter wiederholen Bereitschaft zur Abgabe von Anteilen an der Schaeffler Gruppe
    • Unternehmerfamilie Schaeffler soll auch zukünftig wesentlicher Ankergesellschafter der Conti/Schaeffler Gruppe bleiben
    • Schaeffler Gesellschafter werden ein Beteiligungsprogramm für die Mitarbeiter auflegen

    Quelle: IG Metall [PDF – 34 KB]

    Anmerkung WL: In der gemeinsamen Erklärung lässt sich IG Metall zwar nicht ausdrücklich für staatliche Hilfen vereinnahmen, aber Schaeffler wird schon dafür sorgen, dass das so interpretiert wird. Bei allem Verständnis für die Arbeitsplatzinteressen der Arbeitnehmer der Conti/Schaeffler Gruppe, werden sich die Zusicherungen nicht als Linsengericht herausstellen?

  12. Peter Grottian: Tarifpolitik und Konjunkturpaket verbandeln
    Ein Prozent oder 880 Millionen Euro des Tarifverhandlungsvolumens sollen für „Brennpunkte im Kita- und Schulbereich“ mit 30 000 Vollzeit- und Teilzeitstellen eingesetzt werden.
    Quelle: FR

    Anmerkung WL: Bei aller Sympathie für die Überlegung von Grottian, sie folgt der Logik, dass Lohnverzicht im Öffentlichen Dienst zu Mehreinstellungen führen könnten. Die letzten Jahre beweisen das Gegenteil. Die Wirkung wird sein, dass die Kampfkraft der Gewerkschaften in diesem Tarifkonflikt geschwächt wird.

  13. Mit einer europäischen Lohnpolitik die Währungsunion retten
    Deutschland hat Mitschuld an der Malaise der Euro-Zone. Berlin sollte Euro-Anleihen mittragen, um angeschlagene Nachbarstaaten zu stützen.
    Quelle: FR

    Anmerkung Orlando Pascheit: Ein Einwand möge gestattet sein. Jenseits der Lohnstückkosten bleibt die Frage offen, auf welche Industrien sich der Export Griechenlands, Portugals oder Spaniens stützen könnte. Chemie, Maschinenbau, Fahrzeuge?

    Anmerkung WL: Die Risikozuschläge, die die südlichen Länder der Euro-Zone an den Finanzmärkten bezahlen müssen, stützen sich auch nach wie vor auf die Bewertungen von Rating-Agenturen wie Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch, die auch die Kreditwürdigkeit von Staaten bewerten. Obwohl sie durch ihre falschen (und gekauften) Bewertungen wesentliche Beihilfe zur Finanzkrise geleistet haben, können diese Agenturen weiter schalten und walten, ohne dass man ihnen das Handwerk legt.

  14. Vorsicht Riester
    Was haben Hessens Riester-Sparer eigentlich wirklich auf dem Konto? Was viele nicht wissen: Fast alle Verträge sind im Minus – und das trotz staatlicher Zulagen.
    Dass Fazit nach einem Tag Riester-Beratung: Nicht einer hat auf die Kosten hingewiesen. Und dass wir die allesamt in den ersten Jahren zahlen müssen, davon war keine Rede. Mit dem Experten Brunne schauen wir uns an, wie lange es dauert, bis ein Riester-Vertrag endlich Gewinne verzeichnet. Beispiel Branchenriese DWS und seine Premium-Rente: Wir geben unsere Daten ein und im Jahr 2020 kommen wir endlich in die Gewinnzone. Links oben Beiträge und Zulagen, rechts unten das Guthaben. Erstmals im Plus nach elf Jahren.
    Quelle: hr-fernsehen
  15. Schweizer Altersvorsorge: Die zweite Säule geradebiegen
    Die 2. Säule hat bisher dazu beigetragen, die Schweizer Wirtschaft zu destabilisieren, weil sie die Krisen verschärft. Das muss jetzt anders werden. SonntagsBlick zeigt wie.
    Quelle: Blick (CH)
  16. Viele deutsche EU-Abgeordnete tricksen für die zweite Rente
    Zahlreiche deutsche Europaabgeordnete sind oder waren Mitglieder in einem umstrittenen Luxemburger Pensionsfonds, der ihnen eine Altersversorgung von monatlich bis zu 5575 Euro sichern kann. Das berichtet das Hamburger Magazin stern in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe. Die deutschen EU-Parlamentarier haben allerdings bereits das gleiche Anrecht auf eine Altersentschädigung wie Bundestagsabgeordnete. Zahlungen aus dem EU-Fonds, der von einem Luxemburger Verein verwaltet wird, müssen laut Gesetz mit der deutschen Pension verrechnet werden. Allerdings ist nach Recherchen des stern nicht gewährleistet, dass die Bundestagsverwaltung von allen Anwartschaften aus dem Luxemburger Fonds erfährt. Er wird zu zwei Dritteln mit Steuergeldern finanziert und stieß mehrfach auf Kritik seitens des EU-Rechnungshofes.
    Quelle 1: Presseportal
    Quelle 2: Presseportal
  17. Finanzkrise Niederlande: Jetzt wackeln die Pensionsfonds – dem Vorbild der Riester-Rente droht die Insolvenz
    Entweder stark steigende Beitragszahlungen oder aber Absenkung der Altersbezüge – das ist die Perspektive hunderttausender Niederländer im Ruhestand. Nicht in zehn oder 20 Jahren, sondern schon sehr bald. Der Countdown läuft, sagt der niederländische Arbeits- und Sozialminister Piet Hein Donner. Die niederländischen Pensionsfonds waren einmal das Vorbild für die deutsche Riester-Rente. Und einige von ihnen stehen nun vor dem Bankrott.
    Quelle: Kopp Verlag e.K.
  18. Wer zahlt für Sanierung von Asse II?
    Berechnungen von Greenpeace auf Basis eines Inventarberichts zeigen, dass gut zwei Drittel der Radioaktivität in dem maroden Atommüll‑Lager Asse II auf das Konto der kommerziellen Stromerzeugung gehen. Offiziell räumen die Stromkonzerne bisher nur ein, für einen kleinen Teil der eingelagerten Strahlenbelastung verantwortlich zu sein. Mit der Argumentation geht es vor allem darum, die Milliardenkosten für die Sanierung des absaufenden “Versuchs‑Endlagers” auf die Steuerzahler abzuwälzen.
    Quelle: Telepolis
  19. Kindern den Stempel aufdrücken
    Berlin hat die zentrale Speicherung von Schülerdaten beschlossen, um Schulschwänzer besser zu finden. Von Datenmissbrauch hat man in der Hauptstadt noch nie etwas gehört
    Quelle: Freitag
  20. Mit dem Zweiten sieht’s nicht besser aus
    In die Debatte um die Vertragsverlängerung von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender hat sich nun auch der hessische Ministerpräsident Roland Koch eingeschaltet. Wie viel Einfluss hat die Politik beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Wäre Roland Koch nicht so eindimensional in seiner Denke – Brender muss weg! –, könnte er die richtige Diskussion befördern. Wo soll, wo muss ein öffentlich-rechtliches Programm seine Informationssendungen platzieren? Das „Auslandsjournal“ ist so lange durch das zweite Programm auf einen späten Sendeplatz am Mittwoch getrieben worden, bis ein Gutteil des Publikums die Spur verloren hat. Wie man Zuschauer hält, zeigt die ARD mit dem „Weltspiegel“, der am Sonntag erstklassig um 19.20 Uhr platziert worden ist. Das interessierte Publikum dankt es mit erstklassigen Quoten von mehr als 2,5 Millionen Zuschauern. Das ZDF-Gremienmitglied Koch sollte seine Mitgremienmitglieder daran erinnern, dass der Fernsehrat das Programm zu überwachen hat. Wo sind sie alle, wenn es um das Kulturmagazin „Aspekte“ geht? Gerade mit Fleiß scheinen es die ZDF-Programmplaner darauf anzulegen, dass diese Sendung ausfällt.
    Quelle: Tagesspiegel

    Anmerkung Orlando Pascheit: Wie bilanzierte der Chef der US-Militärregierung, General Lucius Clay, die Versuche der Besatzungsmächte, die westdeutschen Politiker von der Notwendigkeit eines freien Rundfunks und einer freien Presse zu überzeugen:

    Die deutsche Unfähigkeit, demokratische Freiheit wirklich zu erfassen, hat sich wohl auf keinem anderen Gebiet … so deutlich gezeigt. Es schien unmöglich zu sein, zu einer Gesetzgebung zu gelangen, in der die Presse der regierenden Macht nicht auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert war … Beim Rundfunk war es fast genauso schwierig.

  21. Nobel Prize-Winning Economist Joseph Stiglitz: Obama Has Confused Saving the Banks with Saving the Bankers
    We get reaction to President Obama’s speech from Nobel economics laureate and former World Bank chief economist, Joseph Stiglitz. Stiglitz says the Obama administration has failed to address the structural and regulatory flaws at the heart of the financial crisis that stand in the way of economic recovery. Stiglitz also talks about why he thinks Obama’s strategy on Afghanistan is wrong and that Obama’s plan to keep a “residual force” in Iraq will be “very expensive.” On health care, Stiglitz says a single-payer system is “the only alternative.”
    Quelle: Democracy Now

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